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Verdienstausfall i.S.d. § 38 Abs 4 S 2 SGB V -Elternzeit – stationäre Rehabilitation Ehemann

Eltern aufgepasst: Das Sozialgericht Stuttgart hat entschieden, dass Elternzeit während der Reha des Partners einen Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung begründen kann. Ein Familienvater klagte erfolgreich gegen die Rentenversicherung, die sich weigerte, den Verdienstausfall seiner Frau während seiner Reha zu erstatten, weil sie in dieser Zeit Elternzeit nahm. Das Gericht stellte klar: Elternzeit ist nicht gleich unbezahlter Urlaub – wenn sie zur Kinderbetreuung während der Reha des Partners genommen wird, kann sie einen Anspruch auf Entschädigung begründen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Urteil betrifft die Erstattung des Verdienstausfalls der Ehefrau des Klägers während dessen Rehabilitationsmaßnahme.
  • Der Kläger hatte eine stationäre medizinische Rehabilitation beantragt und Haushaltshilfe oder Kinderbetreuungskosten gefordert.
  • Die Ehefrau des Klägers war in Teilzeit beschäftigt und nahm während der Rehabilitationsmaßnahme ihres Mannes Elternzeit.
  • Die Beklagte lehnte die Erstattung des Verdienstausfalls zunächst ab, da die Ehefrau angeblich keinen tatsächlichen Verdienstausfall hatte.
  • Das Gericht entschied, dass der Verdienstausfall der Ehefrau während der Rehabilitationsmaßnahme des Klägers erstattet werden muss.
  • Die Entscheidung basierte darauf, dass die Ehefrau ihre Arbeit unterbrochen hat, um den Haushalt und die Kinderbetreuung während der Abwesenheit ihres Mannes zu übernehmen.
  • Das Gericht sah keinen Unterschied zwischen der Inanspruchnahme von Elternzeit und unbezahltem Urlaub hinsichtlich des Verdienstausfalls.
  • Die Beklagte wurde verurteilt, den Nettoverdienstausfall der Ehefrau des Klägers zu erstatten.

Elternzeit und Verdienstausfall – Wer trägt die Kosten einer Reha?

Die Elternzeit ist eine wichtige Zeit für Eltern, um sich um ihre Kinder zu kümmern. Für viele Eltern stellt sich jedoch die Frage, wie sie ihren Lebensunterhalt sichern können, wenn sie in Elternzeit gehen. Denn während der Elternzeit erhalten Eltern in der Regel nur das Elterngeld. Das Elterngeld ist ein staatlicher Zuschuss, der die Eltern bei der finanziellen Absicherung während der Elternzeit unterstützen soll. Es wird jedoch häufig nicht den gesamten Verdienstausfall abdecken. Für Arbeitnehmer, die in Elternzeit gehen, gilt es daher, den eigenen finanziellen Bedarf zu kalkulieren und sich über die möglichen Optionen zu informieren.

Besonders relevant ist in diesem Kontext das Thema „Verdienstausfall“ im Sinne des § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB V. Diese Regelung betrifft die Kostenübernahme für stationäre Rehabilitation. Wenn ein Elternteil während der Elternzeit eine stationäre Rehabilitation benötigt, so stellt sich die Frage, wer die Kosten dieser Maßnahme trägt. In diesem Fall gilt es die Regelung des § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB V im Detail zu betrachten. Die gesetzliche Regelung bestimmt, wie mit den Kosten der Rehabilitation während der Elternzeit umgegangen werden soll. Diese Regelung ist komplex und oft schwer verständlich.

Um die Komplexität des § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB V besser zu verstehen, wollen wir uns im Folgenden mit einem konkreten Fall befassen. Dieser Fall beschäftigt sich mit einem Ehemann, der in Elternzeit ist und eine stationäre Rehabilitation benötigt.

Ihr Anspruch auf Verdienstausfall während der Elternzeit

Stehen auch Sie vor dem Problem, dass die Rentenversicherung Ihren Verdienstausfall während der Elternzeit nicht anerkennt? Wir verstehen die rechtlichen Feinheiten des § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB V und haben Erfahrung mit ähnlichen Fällen. Nutzen Sie unsere unverbindliche Ersteinschätzung, um Ihre Ansprüche zu klären und den besten Weg nach vorne zu finden. Ihr Recht auf finanzielle Absicherung während der Elternzeit ist uns wichtig. Kontaktieren Sie uns noch heute.

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Der Fall vor Gericht


Verdienstausfall während Rehabilitation: Kostenerstattung bei Elternzeit

Der Kläger hat erfolgreich gegen die Deutsche Rentenversicherung geklagt und einen Anspruch auf Erstattung des Verdienstausfalls seiner Ehefrau während seiner medizinischen Rehabilitation durchgesetzt. Das Sozialgericht Stuttgart gab der Klage in vollem Umfang statt und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 2.374,15 Euro.

Hintergrund des Rechtsstreits

Der Fall drehte sich um die Frage, ob ein Verdienstausfall entstanden war, den die Rentenversicherung erstatten musste. Der Kläger hatte eine stationäre medizinische Rehabilitation absolviert. Seine Ehefrau arbeitete zu diesem Zeitpunkt in Teilzeit (40%) bei der Stadt Stuttgart, jeweils mittwochs und donnerstags. Um während der Reha-Maßnahme ihres Mannes die Kinderbetreuung sicherzustellen, beantragte sie für diesen Zeitraum eine Erhöhung ihrer Elternzeit auf 100%.

Die Deutsche Rentenversicherung hatte dem Kläger zunächst die Erstattung des notwendigen Verdienstausfalls zugesagt. Nach der Reha lehnte sie die Zahlung jedoch ab mit der Begründung, dass kein erstattungsfähiger Verdienstausfall vorliege, da die Ehefrau Elternzeit in Anspruch genommen habe.

Entscheidung des Sozialgerichts

Das Sozialgericht Stuttgart kam zu dem Ergebnis, dass der Ehefrau des Klägers sehr wohl ein Verdienstausfall entstanden war, der von der Rentenversicherung zu erstatten ist. Die Richter sahen keinen wesentlichen Unterschied zur Situation eines unbezahlten Urlaubs, der unstreitig einen erstattungsfähigen Verdienstausfall begründet.

Entscheidend war für das Gericht, dass die Ehefrau ihre Teilzeitbeschäftigung nur deshalb unterbrochen hatte, um während der Reha ihres Mannes den Haushalt weiterzuführen und die Kinder zu betreuen. Durch die Inanspruchnahme von Elternzeit wurden ihre Arbeitspflicht und der Vergütungsanspruch suspendiert – mit der Folge, dass ihr tatsächlich Verdienst entfallen ist.

Bedeutung für Eltern in ähnlichen Situationen

Das Urteil hat große praktische Relevanz für Eltern, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden. Es stellt klar, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit zur Sicherstellung der Kinderbetreuung während einer Reha-Maßnahme des Partners grundsätzlich einen erstattungsfähigen Verdienstausfall begründen kann.

Entscheidend ist, dass die Elternzeit gezielt und zeitlich begrenzt in Anspruch genommen wird, um die Weiterführung des Haushalts zu gewährleisten. In solchen Fällen kann die Rentenversicherung verpflichtet sein, den entstandenen Nettoverdienstausfall zu erstatten.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart erweitert den Begriff des erstattungsfähigen Verdienstausfalls im Sinne des § 74 SGB IX. Sie stellt klar, dass eine gezielte und zeitlich begrenzte Inanspruchnahme von Elternzeit zur Sicherstellung der Kinderbetreuung während der Rehabilitation des Partners einem unbezahlten Urlaub gleichzusetzen ist. Dies begründet einen Erstattungsanspruch gegen die Rentenversicherung, sofern dadurch tatsächlich ein Verdienstausfall entsteht. Die Entscheidung stärkt die soziale Absicherung von Familien in Ausnahmesituationen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie sich in Elternzeit befinden und Ihr Partner eine stationäre Rehabilitation benötigt, haben Sie nun bessere Chancen auf finanzielle Unterstützung. Das Gericht hat entschieden, dass eine vorübergehende Erhöhung der Elternzeit auf 100%, um die Kinderbetreuung während der Reha sicherzustellen, als erstattungsfähiger Verdienstausfall gilt. Dies bedeutet für Sie konkret: Sollten Sie Ihre Teilzeitarbeit während der Elternzeit unterbrechen müssen, um den Haushalt zu führen und die Kinder zu betreuen, können Sie den dadurch entstehenden Einkommensausfall von der Rentenversicherung erstattet bekommen. Diese Entscheidung gibt Ihnen mehr finanzielle Sicherheit in einer ohnehin herausfordernden Situation und ermöglicht es, die notwendige Rehabilitation ohne zusätzliche finanzielle Sorgen durchzuführen.


FAQ – Häufige Fragen

Rehabilitation während der Elternzeit ist eine besondere Situation, die viele Fragen aufwirft. Verdienstausfall während Rehabilitation: Kostenerstattung bei Elternzeit ist dabei ein besonders komplexes Thema. Diese FAQ-Rubrik soll Ihnen helfen, Klarheit und Orientierung in diesem wichtigen Bereich zu gewinnen. Hier beantworten wir Ihnen wichtige Fragen rund um die finanzielle Absicherung während Ihrer Rehabilitation und informieren Sie über Ihre Rechte und Möglichkeiten.


Welche Kosten können während einer stationären Rehabilitation erstattet werden?

Bei einer stationären Rehabilitation können verschiedene Kosten erstattet werden, die den Rehabilitanden und seine Familie entlasten sollen. Ein zentraler Aspekt ist die Haushaltshilfe, insbesondere wenn Kinder unter 12 Jahren im Haushalt leben. Die Rentenversicherung übernimmt in der Regel die Kosten für eine Haushaltshilfe, wobei bei einer privat organisierten Hilfe maximal 78 Euro pro Tag erstattet werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Erstattung von Verdienstausfall. Dies betrifft Personen, die sich für die Kinderbetreuung unbezahlt von der Arbeit freistellen lassen. Bei abhängig Beschäftigten wird der Netto-Verdienstausfall erstattet, also das Brutto-Gehalt abzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Selbstständige können bis zu 80 Prozent ihrer Gewinneinbußen geltend machen.
Besonders relevant für Eltern sind die Kinderbetreuungskosten. Diese können für Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr übernommen werden, sofern die Betreuung aufgrund der Rehabilitation des Elternteils notwendig wird. Die Erstattung erfolgt in der Regel nach den gleichen Sätzen wie bei der Haushaltshilfe.
Es ist zu beachten, dass die Mitnahme eines Kindes in die Rehabilitationseinrichtung in bestimmten Fällen möglich ist. Hierbei werden die Kosten für Unterkunft und Verpflegung des Kindes übernommen. Diese Option kommt insbesondere für Alleinerziehende oder in Situationen in Betracht, in denen die Trennung vom Kind aus medizinischen Gründen nicht ratsam ist.
Für die Unterbringung von Kindern außerhalb des eigenen Haushalts während der Rehabilitation gelten spezielle Regelungen. Erfolgt die Betreuung durch Verwandte oder Verschwägerte, werden in der Regel nur Fahrkosten erstattet. Bei einer Unterbringung bei nicht verwandten Personen gelten die üblichen Erstattungssätze für Haushaltshilfen.
Ein besonderer Fall liegt vor, wenn sich der Rehabilitand in Elternzeit befindet. Hier kann unter Umständen ebenfalls ein Anspruch auf Erstattung des Verdienstausfalls bestehen. Dies wurde in einem aktuellen Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (Az.: S 5 R 3270/21 vom 14.06.2024) bestätigt, welches die Auslegung des § 38 Abs. 4 S. 2 SGB V im Kontext der Elternzeit behandelt.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die tatsächliche Erstattung von verschiedenen Faktoren abhängt, wie der individuellen Situation des Rehabilitanden, der Art der Rehabilitation und den Richtlinien des zuständigen Kostenträgers. In der Praxis empfiehlt es sich, vor Antritt der Rehabilitation detaillierte Informationen beim Kostenträger einzuholen und die Erstattung möglichst vorab zu klären.
Die Kenntnis über diese Erstattungsmöglichkeiten kann Eltern und Familien erheblich entlasten und dazu beitragen, dass notwendige Rehabilitationsmaßnahmen ohne zusätzliche finanzielle Sorgen in Anspruch genommen werden können. Dies fördert letztlich den Erfolg der Rehabilitation und die schnelle Wiedereingliederung in den Alltag und das Berufsleben.

Wie wird der Verdienstausfall während der Elternzeit berechnet?

Die Berechnung des Verdienstausfalls während der Elternzeit erfolgt im Rahmen der Elterngeldberechnung. Das Elterngeld soll den Einkommenswegfall nach der Geburt des Kindes zu 65 bis 100 Prozent ausgleichen. Grundlage für die Berechnung ist das sogenannte „Elterngeld-Netto“, welches von der Elterngeldstelle ermittelt wird.
Zur Ermittlung des Elterngeld-Nettos wird zunächst das durchschnittliche Brutto-Monats-Einkommen im Bemessungszeitraum (in der Regel die letzten 12 Monate vor der Geburt) berechnet. Bei nicht selbstständiger Tätigkeit wird vorab eine Werbungskostenpauschale von 102,50 Euro pro Monat abgezogen.
Von diesem Brutto-Monats-Einkommen werden dann pauschal Steuern und Sozialabgaben abgezogen. Die Steuern umfassen Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Die genauen Abzüge werden anhand der Lohnsteuermerkmale des Antragstellers berechnet.
Es ist wichtig zu beachten, dass das so ermittelte Elterngeld-Netto nicht dem tatsächlichen Nettoeinkommen auf der Gehaltsabrechnung entspricht. Die Berechnung erfolgt nach einem vereinfachten Verfahren und kann daher vom realen Nettoeinkommen abweichen.
Das errechnete Elterngeld-Netto bildet die Basis für die Festsetzung des Elterngeldes. In der Regel beträgt das Elterngeld 65 Prozent des Elterngeld-Nettos. Bei niedrigeren Einkommen kann der Prozentsatz auf bis zu 100 Prozent ansteigen. Das Elterngeld beträgt mindestens 300 Euro und höchstens 1.800 Euro monatlich.
Für die Beantragung des Elterngeldes müssen Nachweise über das Einkommen im Bemessungszeitraum vorgelegt werden. Dies umfasst in der Regel Gehaltsabrechnungen oder bei Selbstständigen Gewinnermittlungen und Steuerbescheide.
Bei der Berechnung des Verdienstausfalls während der Elternzeit wird auch berücksichtigt, ob während des Elterngeldbezugs einer Teilzeitbeschäftigung nachgegangen wird. In diesem Fall wird das während der Elternzeit erzielte Einkommen teilweise auf den Elterngeldanspruch angerechnet. Die Anrechnung erfolgt nach einem komplexen Berechnungsverfahren, bei dem das Teilzeiteinkommen ähnlich wie das Einkommen vor der Geburt in ein „Elterngeld-Netto“ umgerechnet wird.
Es ist zu beachten, dass die Berechnung des Verdienstausfalls und des daraus resultierenden Elterngeldanspruchs im Einzelfall sehr komplex sein kann. Faktoren wie Einkommenschwankungen, Mischformen von Beschäftigungen oder besondere steuerliche Situationen können die Berechnung beeinflussen. Die endgültige Festsetzung des Elterngeldes erfolgt durch die zuständige Elterngeldstelle anhand der eingereichten Unterlagen und Nachweise.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um einen Verdienstausfall erstattet zu bekommen?

Die Erstattung eines Verdienstausfalls ist an bestimmte gesetzliche Voraussetzungen geknüpft, die je nach Situation variieren können. Grundsätzlich muss eine Verhinderung an der Ausübung der Erwerbstätigkeit aufgrund besonderer Umstände vorliegen.
Ein häufiger Fall ist die Notwendigkeit der Kinderbetreuung. Gemäß § 38 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Haushaltshilfe und damit verbundene Verdienstausfallerstattung, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen Krankenhausbehandlung oder bestimmter medizinischer Leistungen nicht möglich ist. Voraussetzung ist, dass im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist.
In Fällen schwerer Krankheit oder akuter Verschlimmerung einer Krankheit besteht der Anspruch für bis zu vier Wochen, bei Kindern unter zwölf Jahren oder behinderten Kindern für bis zu 26 Wochen. Wichtig ist, dass keine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt weiterführen kann.
Bei der coronabedingten Kinderbetreuung zu Hause haben Eltern ebenfalls Anspruch auf Entschädigung des Verdienstausfalls. Dies gilt für Sorgeberechtigte von Kindern unter zwölf Jahren sowie von Kindern mit Behinderung, die auf Hilfe angewiesen sind. Voraussetzung ist, dass keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sichergestellt werden kann.
Ein besonderer Fall liegt vor, wenn eine Begleitperson bei stationärer Behandlung eines Versicherten aus medizinischen Gründen mitaufgenommen werden muss. Hier kann der Verdienstausfall der Begleitperson erstattet werden, wenn die Mitaufnahme medizinisch notwendig ist. Dies ist in der Regel bei Kleinkindern oder bei Einbindung der Begleitperson in ein Therapiekonzept der Fall.
Ein aktuelles Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (Az.: S 5 R 3270/21 vom 14.06.2024) befasst sich mit dem Verdienstausfall während der Elternzeit bei stationärer Rehabilitation des Ehemanns. Das Gericht hat entschieden, dass ein Verdienstausfall im Sinne des § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB V auch während der Elternzeit entstehen kann. Dies ist relevant für Eltern, die während der Elternzeit einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen und diese aufgrund der Betreuung des Kindes während der Rehabilitation des Partners nicht ausüben können.
Für die Erstattung des Verdienstausfalls ist in der Regel die Krankenkasse zuständig, bei der das zu betreuende Kind versichert ist. Die Höhe der Erstattung richtet sich nach dem tatsächlichen Verdienstausfall, wobei bei der coronabedingten Kinderbetreuung 67% des Nettolohns, maximal 2.016 Euro pro Monat, erstattet werden.
Es ist zu beachten, dass für Verwandte und Verschwägerte bis zum zweiten Grad normalerweise keine Kosten erstattet werden. Die Krankenkasse kann jedoch in bestimmten Fällen Fahrkosten und Verdienstausfall erstatten, wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten einer Ersatzkraft steht.

Kann Verdienstausfall auch bei Inanspruchnahme von Elternzeit erstattet werden?

Diese Frage ist zentral, da sie direkt die Problematik aufgreift, ob und unter welchen Bedingungen Verdienstausfall während der Elternzeit erstattet werden kann. Sie bietet Klarheit für Eltern, die ähnliche Anträge stellen möchten.

___ Beachte thematischen Zusammenhang: Verdienstausfall i.S.d. § 38 Abs 4 S 2 SGB V -Elternzeit – stationäre Rehabilitation Ehemann (Az.: Az.: S 5 R 3270/21 – SG Stuttgart – vom 14.06.2024) ___

Welche rechtlichen Schritte können unternommen werden, wenn die Erstattung abgelehnt wird?

Diese Frage informiert Eltern über ihre Rechte und die möglichen Schritte, die sie unternehmen können, wenn die Erstattung ihres Verdienstausfalls abgelehnt wird. Es hilft ihnen, sich auf mögliche rechtliche Auseinandersetzungen vorzubereiten.

___ Beachte thematischen Zusammenhang: Verdienstausfall i.S.d. § 38 Abs 4 S 2 SGB V -Elternzeit – stationäre Rehabilitation Ehemann (Az.: Az.: S 5 R 3270/21 – SG Stuttgart – vom 14.06.2024) ___

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Elternzeit: Ein gesetzlich geregelter Zeitraum, in dem Eltern von ihrer Arbeit freigestellt werden, um sich um ihr neugeborenes Kind zu kümmern. Während dieser Zeit haben sie Anspruch auf Elterngeld, das jedoch nicht den vollen Verdienstausfall abdeckt. Im vorliegenden Fall nahm die Ehefrau des Klägers Elternzeit, um die Kinderbetreuung während der Reha ihres Mannes sicherzustellen.
  • Verdienstausfall: Der finanzielle Verlust, der entsteht, wenn eine Person vorübergehend nicht arbeiten kann und daher kein Einkommen erzielt. Im Kontext des Falls bedeutet dies, dass die Ehefrau des Klägers aufgrund der erhöhten Elternzeit keinen Lohn erhielt, was einen Anspruch auf Entschädigung durch die Rentenversicherung begründete.
  • Haushaltshilfe (§ 38 Abs. 4 Satz 2 SGB V): Diese gesetzliche Regelung ermöglicht die Erstattung von Kosten für eine Haushaltshilfe, wenn der Hauptverdiener aufgrund einer medizinischen Rehabilitation seinen Haushalt nicht führen kann. Im Fall des Klägers wurde dieser Anspruch geltend gemacht, da die Ehefrau die Haushaltsführung während seiner Reha übernehmen musste.
  • Teilhabeleistungen (§ 74 SGB IX): Diese Leistungen dienen der Unterstützung von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen. Dazu gehören auch die medizinische Rehabilitation und ergänzende Leistungen wie die Erstattung von Verdienstausfall. Im vorliegenden Fall absolvierte der Kläger eine solche Rehabilitation.
  • Nettoverdienstausfall: Der tatsächliche Verlust an Einkommen nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben. Dies ist der Betrag, den die Ehefrau des Klägers nicht erhielt, weil sie ihre Teilzeitarbeit während der Elternzeit unterbrach. Das Gericht entschied, dass dieser Betrag von der Rentenversicherung zu erstatten ist.
  • Sozialgericht: Ein Gericht, das für Streitigkeiten im Bereich des Sozialrechts zuständig ist, wie z.B. Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Im vorliegenden Fall entschied das Sozialgericht Stuttgart zugunsten des Klägers und verpflichtete die Rentenversicherung zur Zahlung des Verdienstausfalls.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB V (Haushaltshilfe): Regelt den Anspruch auf Haushaltshilfe während einer medizinischen Rehabilitation, wenn dadurch die Weiterführung des Haushalts gefährdet ist. Im vorliegenden Fall beantragte der Kläger Haushaltshilfe, da seine Ehefrau während seiner Reha die Kinderbetreuung übernehmen musste.
  • § 9 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) (Elternzeit): Gewährleistet Eltern das Recht auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit zur Betreuung ihrer Kinder. Im vorliegenden Fall nahm die Ehefrau des Klägers Elternzeit in Anspruch, um die Kinder während der Reha des Klägers zu betreuen.
  • § 15 Abs. 1 BEEG (Teilzeit in Elternzeit): Erlaubt es Eltern, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten. Im vorliegenden Fall arbeitete die Ehefrau des Klägers in Teilzeit, während sie in Elternzeit war.
  • § 16 Abs. 1 BEEG (Verlängerung der Elternzeit): Ermöglicht die Verlängerung der Elternzeit unter bestimmten Voraussetzungen. Im vorliegenden Fall beantragte die Ehefrau des Klägers eine Verlängerung ihrer Elternzeit auf 100%, um die Kinderbetreuung während der Reha ihres Mannes sicherzustellen.
  • § 74 SGB IX (Leistungen zur Teilhabe): Regelt den Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, um die Erwerbsfähigkeit wiederherzustellen oder zu verbessern. Im vorliegenden Fall absolvierte der Kläger eine stationäre medizinische Rehabilitation.


Das vorliegende Urteil

SG Stuttgart – Az.: S 5 R 3270/21 – Gerichtsbescheid vom 14.06.2024


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1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 29.04.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.08.2021 verurteilt, dem Kläger 2.374,15 € zu erstatten.

2. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung eines Verdienstausfalls der Ehefrau des Klägers für die Zeit vom 22.10.2020 bis 08.12.2021 streitig.

Der 1980 geborene Kläger ist bei der Beklagten rentenversichert. Der Kläger ist verheiratet. Die Eheleute haben zwei gemeinsame Töchter, geboren 2015 und 2018. Die Ehefrau des Klägers arbeitete in Teilzeit als Sachbearbeiterin bei der Stadt S., mittwochs und donnerstags, jeweils von 7:15 Uhr bis 16:45 Uhr. Der berufstätige Kläger hatte an diesen beiden Tagen seine Ruhetage.

Auf dessen Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Einrichtung Ch. Der Kläger beantragte am 27.07.2020 Haushaltshilfe oder Kinderbetreuungskosten. Die im Juli 2018 geborene Tochter T. gehe noch nicht in die Kindertagesstätte und müsse durch seine Ehefrau betreut werden. Er beantragte Nettoverdienstausfall für die gesamte Dauer der Leistung zur Teilhabe. Der Kläger legte eine Bescheinigung der Landeshauptstadt S. vom 23.07.2020 vor, wonach seine Ehefrau während der Elternzeit zu 40 % arbeite. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrage 16 Stunden und 24 Minuten, die sich auf Mittwoch und Donnerstag jeweils acht Stunden und zwölf Minuten verteile. Mit Schreiben vom 23.07.2020 beantragte die Ehefrau des Klägers bei der Landeshauptstadt S. unter Abänderung ihres Arbeitsvertrages während der Rehabilitationsmaßnahme ihres Ehemannes (Kläger) eine Elternzeit ohne die bisherige (Teilzeit-)Beschäftigung.

Mit Bescheid vom 05.08.2020 bewilligte die Beklagte dem Kläger Haushaltshilfe nach § 74 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in Höhe des notwendigerweise entstandenen Nettoverdienstausfalls. Der Verdienstausfall werde nach Abschluss der Leistung bei Vorlage des Formulars G0561 – Antrag auf Erstattung des entstandenen Verdienstausfalls oder Einkommensausfalls – erstattet. Der Bescheid ergehe unter der Voraussetzung, dass gegenüber den Angaben im Antrag und während der Durchführung der Leistung keine Änderungen eintreten.

In der Zeit vom 20.10.2020 bis zum 08.12.2020 absolvierte der Kläger die zuvor bewilligte stationäre medizinische Rehabilitation in der Rehabilitationseinrichtung. In dem Formular G0561 gab die Landeshauptstadt S. unter dem 03.03.2021 an, dass der Ehefrau des Klägers kein Urlaub gewährt wurde. Diese sei in Elternzeit gewesen. Die Höhe des Nettoarbeitsgeldes für den Zeitraum 20.10.2020 bis 08.12.2020 habe 2.384,15 € betragen. Ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten über ein Telefongespräch vom 14.04.2021 mit der Bezügestelle der Landeshauptstadt S. teilte diese mit, dass bereits im Vorfeld abgesprochen worden sei, dass die Ehefrau des Klägers während dessen Rehabilitationsaufenthaltes keine Teilzeit arbeite, sondern nur Elternzeit habe. Erst im Nachhinein habe die Ehefrau des Klägers von der Haushaltshilfe über die Rentenversicherung erfahren. Sie habe dann nochmals mit dem Arbeitgeber gesprochen. Dieser habe die vorherige Entscheidung nicht rückgängig machen können.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.04.2021 den Antrag auf Erstattung eines entstandenen Verdienstausfalles ab. Die Ehefrau des Klägers habe während des Rehabilitationszeitraumes tatsächlich keinen Verdienstausfall gehabt. Dies sei von der Bezügestelle der Landeshauptstadt S. bestätigt worden.

Dagegen legte der Kläger am 14.05.2021 Widerspruch ein. Seine Ehefrau habe während seiner Rehabilitationsmaßnahme zur Betreuung der gemeinsamen Kinder ihre Beschäftigung während der Elternzeit (aktuell 40%) unterbrochen und somit tatsächlich einen Verdienstausfall erlitten. Im Vorfeld habe er mehrmals mit der Beklagten telefoniert und die Situation der Familie geschildert. Ihm sei zugesichert worden, dass der Verdienstausfall seiner Ehefrau erstattet werde. Ein entsprechender Bescheid datiere auf den 05.08.2020. Auch seine Ehefrau habe mit ihrem Arbeitgeber mehrfach die Situation besprochen. Zu keinem Zeitpunkt und von keiner Seite seien Zweifel daran laut geworden, dass ein Verdienstausfall seiner Ehefrau nicht erstattet werden würde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.08.2021 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Charakter von Verdienstausfall werde durch die Nichterbringung einer Arbeitsleistung und den damit einhergehenden Verlust des Anspruchs auf Vergütung bestimmt. Durch die Inanspruchnahme von Elternzeit sei die Ehefrau des Klägers vollständig von der Arbeit freigestellt gewesen. Sie habe demnach auch keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt gegenüber ihrem Arbeitgeber gehabt. Ein Verdienstausfall sei demnach nicht entstanden. Dass die Ehefrau des Klägers Elternzeit anstelle von unbezahltem Urlaub in Anspruch nehme, sei aus dem Antrag vom 27.07.2020 nicht hervorgegangen, weshalb der Antrag auf Haushaltshilfe am 05.08.2020 dem Grunde nach bewilligt worden sei.

Dagegen hat der Kläger am 23.08.2021 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Seine Ehefrau sei bis zur Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme in Elternzeit zu 40% bei der Landeshauptstadt S. beschäftigt gewesen. Um die Betreuung der Kinder auch im Zeitraum der Rehabilitationsmaßnahme an den beiden Arbeitstagen Mittwoch und Donnerstag zu gewährleisten, habe sie bereits im Juli 2020 bei ihrer Arbeitgeberin beantragt, die Elternzeit für den Zeitraum der Rehabilitationsmaßnahme auf 100% zu erhöhen und anschließend wieder auf 60% zu senken. Das Nettoentgelt seiner Ehefrau habe insgesamt 2.374,15 € bei 50 Arbeitstagen betragen. Die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 SGB IX seien erfüllt. Ferner sei auch der durch die Erhöhung der Elternzeit entstandene Einkommensausfall in Höhe von insgesamt 2.374,15 € mit einem Verdienstausfall gleichzusetzen. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des § 74 SGB IX ergebe sich ein Ausschluss für einen Einkommensausfall, der aufgrund der Gewährung von Elternzeit entstehe. § 74 SGB XI diene als Nebenleistung zur medizinischen Rehabilitation dem Schutz des Leistungsempfängers und somit seiner Teilhabe und Selbstbestimmung. Entgegen der Meinung der Beklagten könne es keinen Unterschied machen, ob der Einkommensausfall auf der Gewährung von unbezahltem Urlaub oder auf der Gewährung von Elternzeit zu 100% beruhe.

Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß), unter Abänderung des Bescheids vom 20.04.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.08.2021 die Beklagte zu verurteilen, ihm den Verdienstausfall seiner Ehefrau während der medizinischen Rehabilitation vom 20.10.2020 bis 08.12.2021 in Höhe von 2.374,15 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat zur Begründung auf ihrer Entscheidung verwiesen.

Der vormalige Vorsitzende der Kammer hat mit dem Kläger am 29.09.2022 einen Erörterungstermin durchgeführt (Bl. 31 der SG-Akten). Die Beteiligten haben ihr Eiverständnis mit einer Entscheidung der Kammer durch Gerichtsbescheid erteilt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Die Kammer war berechtigt, über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ). Die Beteiligten sind vorher zu dieser Verfahrensweise gehört worden (§ 105 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid vom 29.04.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.08.2021 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Erstattung von Verdienstausfall der Ehefrau während der medizinischen Rehabilitation des Klägers vom 20.10.2020 bis 08.12.2021 abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt für den streitigen Zeitraum die Erstattung von Verdienstausfall seiner Ehefrau. Der Kläger hat den Nettoverdienstausfall mit 2.374,15 € konkret beziffert.

3. Die Klage ist begründet. Der Bescheid vom 29.04.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.08.2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung des Verdienstausfalls seiner Ehefrau während der medizinischen Rehabilitation vom 20.10.2020 bis 08.12.2021 in Höhe des Nettoverdienstausfalls von 2.374,15 €.

a. Nach § 28 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) werden die Leistungen zur Teilhabe – vorliegend die dem Kläger gewährten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation – u.a. durch Nebenleistungen nach § 74 SGB IX ergänzt. Der allein in Betracht kommende Abs. 1 des § 74 SGB IX lautet:

„Haushaltshilfe wird geleistet, wenn

1. den Leistungsempfängern wegen der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist,

2. eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann und

3. im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe noch nicht zwölf Jahre alt ist oder wenn das Kind eine Behinderung hat und auf Hilfe angewiesen ist.

§ 38 Absatz 4 des Fünften Buches gilt entsprechend.“

§ 38 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestimmt:

„Kann die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe zu erstatten. Für Verwandte und Verschwägerte bis zum zweiten Grad werden keine Kosten erstattet; die Krankenkasse kann jedoch die erforderlichen Fahrkosten und den Verdienstausfall erstatten, wenn die Erstattung in einem angemessenen Verhältnis zu den sonst für eine Ersatzkraft entstehenden Kosten steht.“

b. Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 1 SGB IX zwischen den Beteiligten nicht streitig, sondern allein die Frage, ob der Ehefrau während der medizinischen Rehabilitation des Klägers vom 20.10.2020 bis 08.12.2021 ein Verdienstausfall entstanden ist. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 1 SGB IX folgt bereits aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 05.05.2020, mit dem die Beklagte dem Kläger dem Grunde nach die Gewährung von Leistungen nach § 74 Abs. 1 SGB IX bewilligt und die Erstattung des notwendigerweise entstandenen Verdienstausfalls zugesichert hat (vgl. § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ). Dabei kommt allein ein Kostenerstattungsanspruch nach dem entsprechend anzuwendenden § 38 Abs. 4 SGB V in Betracht, da die Beklagte keine Haushaltshilfe als Sachleistung erbracht und dies bereits in ihrem Bescheid vom 05.08.2020 zum Ausdruck gebracht hat. Da der Kläger sich keine Haushaltshilfe beschafft und ihm insofern keine Kosten entstanden sind, sondern seine Ehefrau während der Zeit der medizinischen Rehabilitation die Haushaltsführung und Kinderbetreuung vollständig übernommen hat, kommt allein eine Erstattung von Verdienstausfall in Betracht (vgl. Bundessozialgericht 16.11.1999, B 1 KR 16/98 R, SozR 3-2500 § 38 Nr. 2).

c. Der Ehefrau des Klägers ist während der hier streitigen Zeit ein Verdienstausfall entstanden. Die Voraussetzungen des Grundlagenescheids vom 05.08.2020 sind erfüllt, sodass die Beklagte dem Kläger den entstandenen Nettoverdienstausfall zu erstatten hat. Grundvoraussetzung jeder Kostenerstattung nach § 38 Abs. 4 Satz 1 SGB V ist, dass dem Versicherten durch die Haushaltshilfe tatsächlich Kosten in der geltend gemachten Höhe entstanden sind. Eine Erstattung lediglich fiktiver Aufwendungen, so als habe der Versicherte eine familienfremde Fachkraft in Anspruch genommen, ist ausgeschlossen (BSG 16.11.1999, B 1 KR 16/98 R, SozR 3-2500 § 38 Nr. 2). Übertragen auf den geltend gemachten Ersatz eines Verdienstausfalls bedeutet dies, dass ein solcher nur dann zu erstatten ist, wenn demjenigen, der wegen der Fortführung des Haushalts des Versicherten seine Erwerbstätigkeit nicht durchführen konnte, tatsächlich ein Verdienst entfallen ist (LSG Baden-Württemberg 19.02.2020, L 5 KR 2908/19, juris). Anerkannt ist die Annahme eines Verdienstausfalles, wenn der Familienangehörige zur Weiterführung des Haushalts unbezahlten Urlaub in Anspruch nimmt mit der Folge, dass er wegen der Nichterbringung seiner Arbeitsleistung kein Arbeitsentgelt erhält (vgl. nur BSG 07.11.2000, B 1 KR 15/99 R, BSGE 87, 149-157, SozR 3-2500 § 38 Nr. 3). Dies erfolgt arbeitsvertragsrechtlich dadurch, dass während des unbezahlten Urlaubs die arbeitsvertraglichen Hauptpflichten ruhen. Die Arbeitnehmerin wird von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit, verliert aber gleichzeitig ihren Anspruch auf Vergütung. Insoweit kommt es zu einer Arbeitsunterbrechung. Vorliegend hat die Ehefrau zur Weiterführung des Haushalts während der medizinischen Rehabilitation des Klägers zwar keinen unbezahlten Urlaub genommen, sondern zur Sicherstellung der Weiterführung des Haushalts und der Betreuung der gemeinsamen Kinder genau für die Zeit der Verhinderung des Klägers wegen der Rehabilitation zeitlich begrenzt Elternzeit vereinbart mit der Folge, dass ihre unmittelbar vor und nach der medizinischen Rehabilitation ausgeübte Teilzeitbeschäftigung suspendiert wurde. Die Inanspruchnahme der Elternzeit durch die Ehefrau des Klägers führte dazu, dass lediglich die wechselseitigen Hauptleistungspflichten, d.h. die Arbeitspflicht und die Vergütungspflicht, ruhten (vgl. nur ErfK/Gallner, 24. Aufl. 2024, BEEG § 15 Rn. 25). Nach Auffassung der Kammer unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt nicht wesentlich von einem unbezahlten Urlaub, der unstreitig einen Verdienstausfall begründet. Dabei berücksichtigt die Kammer, dass die Ehefrau vor und nach der stationären Rehabilitation des Klägers in Teilzeit zu 40 % der Wochenarbeitszeit, jeweils Mittwoch und Donnerstag, an den beiden freien Tagen des Klägers, an denen dieser den Haushalt zu versorgen und die Kinder zu betreuen hatte, gearbeitet hat. Wegen der Verhinderung des Klägers während der Rehabilitation konnte dieser seine Haushalts- und Betreuungsleistungen in der Familie nicht mehr erbringen. Diese mussten von seiner Ehefrau übernommen werden. Damit sie jedoch die Weiterführung des Familienhaushaltes an den beiden Ruhetagen des Klägers Mittwoch und Donnerstag übernehmen konnte, musste sie sich ihrer Arbeitspflicht an ihren beiden Arbeitstagen Mittwoch und Donnerstag entledigen. Dies hat sie dadurch bewerkstelligt, dass sie während der stationären Rehabilitation des Klägers vollumfänglich Elternzeit in Anspruch genommen hat, mit der Folge, dass sie von ihrer Arbeitspflicht befreit wurde und im Gegenzug aber kein Arbeitsentgelt erhalten hat. Ihr ist somit ein Verdienstausfall entstanden. Ein rechtlich relevanter Unterschied zu dem Fall eines unbezahlten Urlaubs ist für die Kammer nicht ersichtlich.

Nachdem der erforderliche Verdienstausfall vorliegt, hat die Beklagte entsprechend ihrer Zusage aus dem Bescheid vom 05.08.2020 den entstandenen Nettoverdienstausfall in Höhe von 2.384,15 € zu erstatten. Einwendungen gegen die Höhe des Verdienstausfalles hat die Beklagte nicht erhoben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.


 

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