Landessozialgericht Hamburg – Az.: L 2 U 22/16 – Urteil vom 23.05.2018
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Rente aufgrund der Folgen eines Arbeitsunfalls.
Die am … 1941 geborene Klägerin, die mittlerweile in Ö. lebt, erlitt im Rahmen ihrer damaligen versicherten Tätigkeit als Raumpflegerin am 11. Mai 1990 einen Arbeitsunfall, als sie mit dem rechten Daumen an einem Staubsauger hängen blieb. Der Durchgangsarzt Dr. H1 diagnostizierte am 12. Mai 1990 eine Prellung des rechten Daumenballens bzw. des rechten Handgelenkes. Im Röntgenbild habe sich keine knöcherne Verletzung gezeigt. In einem Nachschaubericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T… vom 17. Juli 1990 wurde angegeben, dass eine Distorsion des rechten Daumens bei bestehender leichter Rhizarthrose vorliege.
Der Chirurg Dr. K. teilte am 13. August 1990 mit, dass bei der Klägerin eine Distorsion des rechten Daumens mit veralteter Ruptur des ulnaren Seitenbandes vorliege. Eine operative Revision sei am 9. August 1990 erfolgt. Es sei eine Ersatzplastik des ulnaren Seitenbandes mittels der Palmaris-Longus-Sehne durchgeführt worden. Am 21. Januar 1991 berichtete Dr. K., dass eine Beugehemmung des rechten Daumens bestehe, die für sich betrachtet eine weitere Behandlungsbedürftigkeit, aber keine fortbestehende Berufs- (oder Arbeits-)unfähigkeit begründe. Es liege eine Erwerbsminderung von 20 v. H. vor. Dr. K. teilte am 26. April 1991 mit, dass die Klägerin nunmehr derart über Schmerzen im rechten Daumen klage, dass eine Änderung der Therapie habe beschlossen werden müssen. Die verbliebenen Wackelbewegungen im rechten Daumengrundgelenk nach der Seitenband-Plastik brächten bei der glaubhaften Schmerzhaftigkeit keinerlei Vorteile. Aus diesem Grund sei nunmehr die Versteifung des Daumengrundgelenkes erfolgt.
Im Rahmen eines ersten Rentengutachtens vom 18. Juli 1991 diagnostizierte Dr. K. eine Distorsion des rechten Daumengrundgelenkes mit Zerreißung des ulnaren Seitenbandes. Als wesentliche Unfallfolgen bestünden eine Versteifung des rechten Daumengrundgelenkes, Wackelbewegungen in der Beugestellung des rechten Daumengelenkes sowie eine Schonhaltung der gesamten rechten Hand infolge übermäßiger Empfindlichkeit mit dementsprechender starker Gebrauchsbehinderung. In einer Ergänzung zu seinem Gutachten vom 30. August 1991 schätzte der Sachverständige die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vom 2. September bis 2. Dezember 1991 mit 30 v. H. und danach mit 20 v. H. ein.
Dr. R. und Dr. B. wiesen in ihrem zweiten Rentengutachten vom 12. Februar 1992 darauf hin, dass in der Röntgenaufnahme eine mäßige Rhizarthrose im Sattelgelenk mit knöcherner Ausziehung der volaren Umschlagkante zu sehen sei. Die MdE werde mit unter 10 v. H. eingeschätzt.
Dr. K. kam in einem weiteren fachchirurgischen Gutachten vom 16. Oktober 1992 dagegen zu dem Ergebnis, dass die MdE auf 30 v. H. einzuschätzen sei. In der erwerbsmindernden Bedeutung sei die funktionelle Ausgrenzung von Daumen und Zeigefinger rechts einem Verlust der genannten Finger gleichzusetzen.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 24. November 1992 ab dem 13. November 1991 eine Rente nach einer MdE von 30 v. H. Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden eine Versteifung des rechten Daumengrundgelenkes, eine Beugekontraktur des rechten Daumenendgelenkes, eine Beweglichkeitseinschränkung des rechten Zeigefingers, Empfindungsstörungen am rechten Daumen und Zeigefinger nach Seitenbandzerreißung des rechten Daumengrundgelenkes mit anschließender operativer Korrektur durch Bandplastik sowie eine Grundgelenkversteifung des rechten Daumens nach stattgehabter, nunmehr abgeheilter Sudeck´scher Dystrophie bei noch liegendem Fremdmaterial nach Arthrodese des rechten Daumengrundgelenkes anerkannt.
Prof. Dr. H2 bewertete die MdE in seinem chirurgischen Rentengutachten vom 10. Dezember 1993 mit 15 v. H. Der Faustschluss rechts sei zunächst unvollständig gewesen, habe dann aber nach mehrfacher Aufforderung aktiv erreicht werden können. Es habe eine mangelnde Kooperationsfähigkeit bestanden. Er gehe von einer wesentlichen Verbesserung der Unfallfolgen aus. Die Handgelenksbeweglichkeit rechts sei fast vollständig frei und auch die Beweglichkeit im rechten Daumensattelgelenk habe sich gebessert. Zudem sei die Arthrodese im Bereich des rechten Daumengrundgelenkes vollständig knöchern durchbaut.
Mit Bescheid vom 2. Februar 1994 entzog die Beklagte die Rente mit Ablauf des Monats März 1993. Der Chirurg und Unfallchirurg Prof. Dr. B2 schätzte die MdE im nachfolgenden Gutachten vom 24. Mai 1994 mit 40 v. H. ein. In einem weiteren Gutachten vom 10. Januar 1995 kam der Handchirurg Dr. R. dagegen zu einer Einschätzung der MdE von 15 v. H. Nach gutem Zureden könne rechts ein seitengleicher Bewegungsbefund wie links erzielt werden. In diesem Fall sei die Einsteifungsstellung nicht optimal und es finde sich zusätzlich eine Beugekontraktur im Endgelenk, die auf eine Fehlstellung während der nachfolgenden Dystrophie zurückzuführen sei. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit erscheine mit 10 bis 15 v. H. gerechtfertigt.
Im dem nachfolgenden sozialgerichtlichen Verfahren schätzten die Handchirurgen Prof. Dr. M. und Dr. W1 am 22. April 1996 die MdE ebenfalls mit 10 bis 15 v. H. ein. Die damals bereits festgestellte Besserung der Beweglichkeit der Handgelenke habe sich weiter verbessert, ebenso die Beweglichkeit der Daumensattelgelenke. Als Unfallfolgen stellten die Gutachter noch eine Versteifung des rechten Daumengrundgelenkes, eine Beugekontraktur des Daumenendgelenkes rechts, eine geringgradige Bewegungseinschränkung am rechten Zeigefinger, eine Gefühlsstörung am rechten Daumen und Zeigefinger und eine hiermit verbundene Einschränkung der Feinmotorik sowie eine Abschwächung der groben Kraft der rechten Hand fest. Die Klägerin nahm daraufhin die Klage zurück.
Die Klägerin wurde am 21. März 2000 im Krankenhaus Reutlingen erneut am Daumen operiert. Es sei die Osteotomie der Arthrodese am Daumengrundgelenk rechts und eine übungsstabile Osteosynthese in 30° Beugung (Funktionsstellung) mit Kleinfragmentblatt durchgeführt worden. Die störende beugeseitige Exostose sei entfernt und es sei die Tenolyse der Daumenbeugesehen erfolgt, so dass das Endglied wieder passiv voll zu strecken und aktiv wieder zu beugen sei.
In einem Befundbericht des Chirurgen Dr. V. vom 30. Juni 2000 gibt dieser an, dass bei der Klägerin jetzt ein Bewegungs- und Druckschmerz überwiegend im Bereich des Daumensattelgelenkes bei dort klinisch bestehender Sattelgelenksarthrose, die unfallunabhängig sei, bestehe. Mit einer MdE von 10 v. H. sei aufgrund der Verletzung und ihrer Folgen zu rechnen.
Auf einen Antrag der Klägerin lehnte die Beklagte eine Rente wegen eines anderen Arbeitsunfalls (Ausrutschen in der Personalküche) vom 26. Januar 1998 mit Bescheid vom 22. Juli 1999 ab. Nach erfolglosem Widerspruch erhob die Klägerin Klage, die sowohl im sozialgerichtlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren erfolglos blieb. Gesundheitsstörungen, die eine MdE von mindestens 10 v. H. begründet hätten, lägen nicht vor.
Die Klägerin stellte am 4. Februar 2003 einen Verschlimmerungsantrag. Der Chirurg Dr. G. stellte in seinem Gutachten vom 18. März 2003 eine MdE von 20 v. H. bei der Klägerin fest. Die Beweglichkeit im Bereich des rechten Handgelenks sei gegenüber links geringfügig eingeschränkt. Der Daumen sei in Beugestellung versteift. Es bestehe eine Beugestellung im Daumenendgelenkbereich mit Wackelbewegung. Die Daumenballenmuskulatur rechts sei verschmälert. Es bestünden eine geringfügige Muskelatrophie am rechten Unterarm, eine geringfügige Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Handgelenks, eine Überempfindlichkeit im Bereich des Daumens rechts und der Finger 2 und 3 rechts und eine Atrophie der Daumenballenmuskulatur rechts.
Mit Bescheid vom 17. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 11. Mai 1990 ab. Im Rahmen des hiergegen von der Klägerin angestrengten Sozialgerichtsverfahrens erstattete Frau Dr. B1 ein fachärztlich-handchirurgisches Gutachten vom 14. September 2004. Im Bereich des rechten Handgelenkes bestehe eine endgradige Bewegungseinschränkung rechts zu links. Der Faustschluss sowie die Streckung der Langfinger sei komplett. Im Bereich der Daumengelenke zeige sich eine Versteifung des Grundgelenkes von ca. 20° Beugung in funktionell günstiger Stellung. Das Endgelenk sei mit 0/15/60° seitengleich eingeschränkt beweglich. Die Handspanne sei rechts zu links eingeschränkt. Es könnten alle Langfingerkuppen mit der Daumenspitze erreicht werden. Die Umfangsmaße seien seitengleich. Insgesamt würden die Bewegungen zum Teil eingeschränkt vorgeführt. Eine Aggravation oder Simulation könne nicht sicher ausgeschlossen werden. Dr. B1 vertrat die Ansicht, dass die Einsteifung des Daumengrundgelenkes mit einer MdE von 15 v. H. zu bewerten sei, wie bereits von Dr. R. und Prof. Dr. M. angenommen. Sie begründete ihre Entscheidung u. a. damit, dass ein kompletter Funktionsverlust des Daumens im Sinne einer Daumenamputation nicht vorliege. Ebenso sei kein kompletter Verlust des Spitzgriffs vorhanden. Das Voranschreiten der Knorpelveränderungen und die deutliche Narbenbildung knapp vier Monate nach einer Ruptur des ellenseitigen Seitenband seien auf jeden Fall als sehr rascher Verlauf zu werten. Dies lasse sich jetzt nachträglich nicht mehr beurteilen. Die Klägerin nahm ihre Klage daraufhin zurück.
Die Klägerin beantragte am 17. Mai 2009 erneut die Zahlung einer Verletztenrente wegen einer Verschlimmerung. Ihr Orthopäde Dr. S. führte in einer ärztlichen Bescheinigung vom 21. Juli 2009 aus, dass sich im von der Klägerin mitgebrachten Röntgenbild von April 2009 eine Rhizarthrose rechts sowie Heberden- und Bouchardarthrosen am 2. und 3. Finger zeigten. Durch diese Veränderungen sei der Faustschluss rechts nicht komplett möglich.
Die Beklagte holte auf Vorschlag der Klägerin ein Gutachten von Dr. P., Facharzt für Chirurgie und Handchirurgie in W., ein. Dieser teilte in seinem Rentengutachten vom 10. November 2009 mit, dass die Klägerin über Schmerzen im Bereich des Daumenballens, ausstrahlend in den Handgelenksbereich klage. Da die Klägerin angebe, am Daumen ein herabgesetztes Hautgefühl zu haben, sei das Zweipunktunterscheidungsvermögen gemessen worden. Bei dieser Untersuchung habe die Klägerin jegliche Empfindung verneint. Dies passe mit der Ausbildung der Leistenhaut und der vorhandenen Schweißsekretion in keiner Weise zusammen. Es bestehe somit der Verdacht der Aggravation. Dr. P. stellte zudem fest, dass die Beschwielung der Handinnenflächen sowie die Umfangsmaße insgesamt für eine vorhandene Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sprächen. Die vermehrten Schmerzen, welche zu einem Verschlimmerungsantrag geführt hätten, resultierten aus dem Daumensattelgelenk, wo nunmehr eine erhebliche Rhizarthrose vorliege. Diese Veränderung sei jedoch nicht als unfallkausal anzusehen.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente aufgrund des Versicherungsfalls vom 11. Mai 1990 ab. Eine rentenberechtigende MdE liege weiterhin nicht vor. Unfallunabhängig seien eine Arthrose an beiden Daumensattelgelenken (Rhizarthrose) sowie eine generalisierte Osteoporose festgestellt worden.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid Widerspruch ein und legte eine Stellungnahme des Facharztes für Unfallchirurgie Dr. L. vom 8. Juni 2010 vor. Dieser führte aus, dass es bei der Klägerin in den letzten Jahren zu einer zunehmenden Verschlechterung der Beweglichkeit im Sattelgelenk und dadurch zu einer Schmerzsymptomatik gekommen sei, welche eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 20 v. H. rechtfertige. Im Vergleich zu den bisherigen Befunden sei es zu einer mäßiggradigen Verschlechterung der Symptomatik gekommen. Besonders schmerzhaft sei aber jetzt die Rhizarthrose, die als Folge der Versteifung durch die Überbelastung in diesem Gelenk verursacht worden sei. Das derzeitige Bewegungsausmaß betrage 0/35/70°. Durch die Arthrodese sei es zu einer verstärkten Belastung im Daumensattelgelenk mit der Folge der Abnutzung in diesem Gelenk gekommen. Auf Nachfrage der Beklagten legte Dr. L. eine ergänzende Stellungnahme vom 5. Mai 2011 vor. Auch in der Situation der Neigung zu einer Rhizarthrose löse eine Arthrodese im MP-Gelenk und eine zusätzlich Bewegungseinschränkung im IP-Gelenk eine Verstärkung und Beschleunigung der Arthrose aus. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 20 v. H. erscheine daher weiterhin gerechtfertigt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2011 zurück. Die medizinischen Gutachter hätten das Vorliegen einer Rhizarthrose im rechten und linken Daumensattelgelenk diagnostiziert und für unfallunabhängig bewertet. Zudem könne der Beurteilung von Dr. L. nicht gefolgt werden, da sich die Rhizarthrose am unverletzten linken Daumensattelgelenk mindestens im gleichen Ausmaße wie an der rechten Hand darstelle. Insofern sei ein Zusammenhang zwischen der Arthrodese im rechten MP-Gelenk und der Arthrose im rechten Daumensattelgelenk nicht wahrscheinlich. Darüber hinaus könne diese Diskussion vernachlässigt werden. Denn der Verlust eines Daumens werde nach den gängigen Erfahrungswerten in der gesetzlichen Unfallversicherung mit einer MdE von 20 v. H. bewertet. Nach den vorliegenden Befunden sei die verbliebene Funktionalität des rechten Daumens aber nicht mit einem Verlust gleichzusetzen, so dass vorliegend die MdE entsprechend niedriger zu bewerten sei.
Die Klägerin hat am 14. September 2011 Klage erhoben. Die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung übersehen, dass Dr. P. ebenso wie Prof. Dr. H. in seinem Gutachten vom 14. September 2004 zu Unrecht von einer beidseitigen Rhizarthrose ausgegangen sei. Beeinträchtigungen der linken Hand lägen nicht vor. Dr. L. habe darauf hingewiesen, dass auf den Röntgenaufnahmen zwar eine Rhizarthrose am linken Daumensattelgelenk zu erkennen sei, der Gelenkspalt aber noch ausreichend breit sei und randständige Exophyten nicht vorlägen. Überdies sei die Rhizarthrose am rechten Daumensattelgelenk Unfallfolge. Dr. P. hätten keine neuen Röntgenaufnahmen vorgelegen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten und einem chirurgischen Gutachten von Dr. D. vom 6. Mai 2013. Dr. D. hat darauf hingewiesen, dass im Nachschaubericht vom 16. Juli 1990 eine Rhizarthrose im Daumensattelgelenk rechts dokumentiert sei. In diesem Zusammenhang sei auch im OP-Bericht angeführt worden, dass für das Grundglied im Bereich der Basis als auch im Köpfchen des ersten Mittelhandstrahles je ein ½-linsengroßer Knorpeldefekt innenseitig dokumentiert worden sei. Bereits am 9. April 1990, also bereits vor dem Unfall, sei eine Rhizarthrose leichterer Form am rechten Sattelgelenk festgestellt worden. In der Vergleichsaufnahme der linken Hand vom 4. März 2011 zeige sich eine vermehrte Entkalkung des linken Handskelettes. Es liege eine ausgeprägte Rhizarthrose mit typischen Ausziehungen vor. Ebenso sei auch im Daumengrundgelenk eine vermehrte Sklerosierung der Gelenkflächen erkennbar bei normaler Gelenkkonfiguration. Die Daumensattelgelenksarthrose sei hier deutlich besser erkennbar und als stark ausgeprägt zu bezeichnen. Gleichfalls gebe es auch im STT-Bereich eine erhebliche Verschmälerung der Gelenkspalten, insbesondere zum Kahnbein hin. Letztendlich seien die geäußerten Beschwerden nicht mehr auf die Arthrodese zurückzuführen oder als mittelbare Unfallfolge einzusetzen. Das Sattelgelenk mit den arthrotischen Veränderungen sei führend. Diese hätten sich aber im Laufe der Zeit nicht wesentlich verändert. Hier fließe zusätzlich die STT-Arthrose als Schmerzursache mit ein. Eine unfallbedingte STT-Arthrose bei Verletzung des Daumengrundgelenkes sei nicht konstruierbar. Linksseitig bestünden eine erheblich ausgeprägte Rhizarthrose und dazu auch Veränderungen im Bereich der STT-Handwurzelknochen. Hier wäre dann eine erheblichere Ausprägung der Rhizarthrose rechts zu erwarten gewesen. Allein die Verschmächtigung der Daumenballenmuskulatur sei auch unter Berücksichtigung der Arthrodese nachvollziehbar, da hier die Gelenkfunktion nicht mehr gefordert werde. Gleichfalls müsse in diesem Zusammenhang noch einmal die unterschiedliche Beweglichkeit in der aktiven und passiven Ausführung bzw. auch in der aktiven Ausführung mit zusätzlicher Einflussnahme durch den jeweiligen Untersucher angeführt werden, so dass ein gewisses Aggravationspotential in die Gesamtbewertung mit einfließe. Die Rhizarthrose sei darüber hinaus eine so genannte idiopathische Erkrankung, also sich selbst entwickelnd ohne äußere Einflüsse, und zeige das typische beidseitige Erkrankungsphänomen. Bei der Versteifungssituation des Grundgelenkes sei dann tatsächlich auch mit einer Mehrbelastung zu rechnen, allerdings sei eine Rhizarthrose eine eher seltene Folge bei der Versteifung des Daumengrundgelenkes bei Schonverhalten. Bezüglich der Rhizarthrose sei unter Berücksichtigung der arthrotischen Veränderungen in diesem Gelenkbereich vor dem Unfall eine wesentliche Verschlechterung nicht erkennbar. Wäre eine deutlichere Ausprägung im Verlauf nachvollziehbar, so wäre auch hier eine mittelbare Unfallursache anzunehmen. Die jetzige Teilursächlichkeit erlaube hier lediglich eine sehr geringe Teilursächlichkeit anzunehmen, die aber nicht MdE-erhöhend wirke, da überwiegend die degenerative primäre Anlagesituation keine bedeutende Verschlechterung erfahren habe. Bezüglich der STT-Arthrose sei, unabhängig von der beidseitigen Ausbildung, auch rechtsseitig die Komponente geringer in der Umbauveränderung vorhanden. Der Sachverständige hat zusammenfassend für den Bereich des rechten Daumens im Grundgelenk folgende Unfallfolgen diagnostiziert:
- eine Versteifungssituation nach ulnarer Bandruptur und Versuch der Bandrekonstruktion sowie erforderlicher Versteifung mit danach erforderlicher Korrekturoperation
- angegebene Belastungsschmerzen und Funktionsstörungen
- eine Verschmächtigung der Daumenballenmuskulatur
- eine nicht vollständige Streckfähigkeit im Endgelenk.
Unfallunabhängig bestünden am rechten Handwurzelbereich eine beginnende STT-Arthrose und eine Rhizarthrose. Am linken Handgelenk lägen eine ausgeprägte Rhizarthrose sowie eine deutlich ausgeprägte STT-Arthrose vor. Insbesondere sei die Rhizarthrose im rechten Daumensattelgelenk nicht als mittelbare Unfallfolge zu werten. Hierzu führt der Sachverständige aus, dass sich die Veränderungen nach den Röntgenbildbefunden im Lauf von knapp 20 Jahren nicht verändert hätten und bereits am Unfalltag eine degenerative Umbausituation am rechten Daumensattelgelenk bestanden habe. Zudem sei die durch den Unfall zugezogene Zerreißung des ulnaren Seitenbandes im Rahmen einer sogenannten Skistockverletzung typisch für die Instabilität des Grundgelenkes, aber nicht des Sattelgelenkes. Anhaltspunkte für eine Veränderung der vorbestehenden Rhizarthrose durch das Unfallgeschehen lägen nicht vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit bestehe ab dem 10. Dezember 1993 in Höhe von 15 v. H. Eine Erhöhung darüber hinaus sei nach den auch danach erstellten Gutachten bei unveränderter Funktion nicht möglich, zumal sich auch eine Verbesserung nach der Korrekturoperation im Jahre 2000 durch die Endgliedbeweglichkeit des rechten Daumens zusätzlich eingestellt habe.
Aufgrund der Kritik der Klägerin an dem Gutachten hat Dr. D. in einer ergänzenden Stellungnahme vom 29. Juni 2013 noch einmal darauf hingewiesen, dass die typische Rhizarthrose und STT-Arthrose ein eigenständiges Krankheitsbild seien, das isoliert auftrete, wenn nicht zuvor Frakturen oder Nekrosen im Bereich der Handwurzel aufgetreten seien. Im Übrigen werde die Greiffähigkeit der Hand selbst durch eine Versteifung des Daumengrundgelenks nur gering eingeschränkt, zumal auch ein bewegliches Endgelenk bestehe. Eine Höherbewertung der MdE sei nur möglich bei einer Versteifung des Daumengrundgelenkes in einer ungünstigen Stellung mit gleichzeitiger Funktionseinschränkung des Daumengelenkes oder Fehlen des Endgliedes oder von Teilen des Grundgliedes.
Die Klägerin hat hiergegen vorgetragen, dass Dr. D. ungeprüft, Gutachten, Berichte und Atteste aus der Zeit vor 2008 zugrunde gelegt habe. Er habe sich auch nicht hinreichend mit der abweichenden Einschätzung von Dr. K., der eine MdE von 30 v. H. empfohlen habe, und Dr. L. auseinander gesetzt. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass eine ulnare Seitenbandzerreißung bei dem Unfall zunächst nicht entdeckt und erst behandelt worden sei, als es schon zu spät gewesen sei. Es wäre erforderlich gewesen, die Röntgenaufnahmen aus der damaligen Zeit beizuziehen. Werde eine ulnare Seitenbandzerreißung nicht sofort richtig diagnostiziert und operiert, lasse sich später trotz mehrmaliger Operation keine korrekte schmerzfreie und gebrauchsfähige Wiederherstellung erreichen. Ein Faustschluss sowie die Greiffunktion seien nicht mehr möglich. Ohne den Daumen könnten auch die Langfinger nicht mehr greifen. Die schwere Atrophie habe der Gutachter überhaupt nicht dokumentiert.
In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme hat Dr. D. ausgeführt, dass die Aktenbefunde diskutiert und ausgewertet worden seien. Die entsprechenden Umfangsmessungen der Klägerin seien in die Bewertung eingebracht worden. Diese wiesen keine Differenz auf im Sinne der Schonatrophie, mit Ausnahme der Atrophie des Daumenballens, die bereits ausführlich diskutiert worden sei. Bei der Schmerzhaftigkeit und Gebrauchsstörung, wie sie vom Bevollmächtigten vorgetragen worden seien, wäre eine Abnahme der Umfänge im Bereich der Unterarme zu erwarten gewesen. Ebenso seien auch keine weiteren pathologischen Beschreibungen bezüglich der Hautsituation und auch der Weichteilsituation in den Gutachten aufzufinden, die auf eine dauerhafte Sudeck-Problematik hinweisen könnten. Die Rhizarthrose habe bereits unfallnah bestanden und sei auch nur sehr gering ausgeprägt gewesen. Differentialdiagnostisch sei auch noch die STT-Arthrose eingebracht worden. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass, wie der Prozessbevollmächtigte vortrage, der Nervus ulnaris zerrissen sei. Dies würde zu einer ganz erheblichen Problematik im Bereich des Handgelenkes mit Auswirkungen auf alle Finger durch die Bildung der so genannten Krallenhand führen. Durch die Versteifung des Daumengrundgelenkes bei eingeschränkter Funktion des Endgelenkes sei auch eine gewisse Greiffunktion möglich. Hinzu komme auch die unfallfremde Rhizarthrose. Die Daumensattelgelenkarthrose weise auch nur eine sehr geringe Ausprägung im weiteren Verlauf auf – im Gegensatz zur linken nicht verletzten Hand, wo die STT-Arthrose deutlich ausgeprägter sei.
Die Klägerin hat erneut einen Befundbericht von Dr. L. vom 5. November 2013 übersandt, in dem dieser im Wesentlichen seine bisherige Argumentation wiederholt und durch die Schmerzsymptomatik eine MdE in Höhe von 20 v. H. für gerechtfertigt hält. Darüber hinaus hat die Klägerin ein Privatgutachten von dem Unfallchirurgen Prof. Dr. W2 vom 20. Februar 2015 vorgelegt. Nach Untersuchung der Klägerin hat Prof. Dr. W2 festgestellt, dass der Faustschluss rechts aufgrund der Versteifungsoperation des Daumens nicht durchgeführt werden könne. Der Zeigefinger tauche nicht komplett in die Hohlhand ein und es verbleibe ein Zeigefinger-Hohlhandabstand von 2 cm. Der Grobgriff rechts sei im Seitenvergleich zu 50 % vermindert. Alle weiteren Hand- und Fingergelenke würden seitengleich frei bewegt. Das Abspreizen des Daumens rechts sei bis 35 mm, links bis 60 mm möglich. Eine Anspreizung der Daumen sei auf beiden Seiten nicht möglich. Das rechte Grundgelenk sei versteift, das Endgelenk sei mit 0-30-50° rechts zu 0-0-90° links in der Beweglichkeit eingeschränkt. Der Spitzgriff sei beidseits möglich, rechts aber komplett kraftlos, der Schlüsselgriff sei rechts nicht möglich. Radiologisch sei beidseits eine Gelenkabnutzung im Daumensattelgelenk nachweisbar. An der linken Hand und dem linken Daumen bestünden hingegen keine Funktionseinschränkungen. Zum Zeitpunkt der Begutachtung bestehe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem Gebiet der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung von 20 v. H. als Folge des Arbeitsunfalls vom 11. Mai 1990.
In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 28. April 2016 ist Dr. D. zu dem Gutachten von Prof. Dr. W2 angehört worden. Dr. D. hat zu dem Gutachten von Prof. Dr. W2 angemerkt, dass in den Funktionsbefunden die Neutralnullmethode nur eingeschränkt eingesetzt worden sei und bei den Umfangpositionen nicht nach dem üblichen Standard verfahren worden sei, nämlich die Messung im Abstand vom Radiusköpfchen am Ellengelenk 15 cm zum Oberarm hin und 10 cm zum Unterarm hin durchzuführen. Weiterhin sei keine Überprüfung der Kraft mit einem Messgerät im Grobgriff sowie zwischen Daumen und den langen Fingern erfolgt. Ebenso sei nur eine aktive und keine passive Bewegungsprüfung dokumentiert. Auch die Zweipunktdiskriminationsprüfung fehle. Die Schlussfolgerung des Gutachters sei daher nicht verwertbar.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. April 2016 abgewiesen. Bereits die im Vorwege über die Jahre eingeschalteten Sachverständigen Prof. Dr. H2, Dr. R., Prof. Dr. M./Dr. W1, Prof. Dr. H./Dr. B1 und Dr. P. seien einhellig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Unfallfolgen eine MdE von unter 20 v. H. bedingen würden. Diese Einschätzung entspreche auch der in der ärztlich-wissenschaftlichen Literatur anerkannten Bewertung von Unfallfolgen an einem Finger. Danach sei erst eine Amputation des Daumens im Grundgelenk mit bis zu 20 v. H. anerkannt. Eine solche Unfallfolge liege durch die Versteifungssituation des rechten Daumengrundgelenkes bei 30° nicht vor. Schließlich habe selbst Dr. L. in seinem Befundbericht vom 5. November 2013 darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Daumengrundgelenk nach der Versteifung keine Beschwerden mehr habe. Den Einschätzungen des Handchirurgen Dr. L. und des Chirurgen Prof. Dr. W2 könne nicht gefolgt werden, da entsprechende valide medizinische Befunde fehlten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die beginnende STT-Arthrose sowie die Rhizarthrose und die dadurch geklagten Beschwerden durch die Versteifungssituation hervorgerufen bzw. verschlimmert worden seien. Der Behauptung, dass die Arthrodese die Rhizarthrose verursacht habe, könne nicht gefolgt werden. Dr. D. habe überzeugend dargelegt, dass die Rhizarthrose am rechten Daumen nicht erst durch den Unfall hervorgerufen worden sei, da diese Diagnose bereits vor dem Zeitpunkt des Unfalls getroffen worden sei und zwar an beiden Daumengelenken in gleichartiger Ausprägung. Zudem könne die Rhizarthrose auch nicht durch die Versteifungssituation verschlimmert worden sein, da es an einem röntgenologischen Nachweis fehle, dass es zu einer Ausprägung oder Ausweitung der Arthrose im Daumensattelgelenk nach dem Unfall gekommen sei. Zudem spreche gegen eine unfallbedingte Verschlimmerung bzw. Entstehung der Rhizarthrose, dass es sich dabei in der Regel um eine idiopathische, also sich selbst ohne äußere Einwirkungen entwickelnde, Erkrankung handele. Zudem weise der Sachverständige darauf hin, dass es sich bei der Arthrose um ein typisches beidseitiges Erkrankungsphänomen handele.
Gegen das ihm am 12. Mai 2016 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte am 7. Juni 2016 Berufung eingelegt. Die Klägerin moniere, dass ihre Einwendungen zur Auswahl des Sachverständigen vom Gericht missachtet worden seien und kein Handchirurg beauftragt worden sei. Außerdem habe der Sachverständige die Klägerin nicht selbst begutachtet und auch nicht selbst die Röntgenaufnahmen ausgewertet. Die Klägerin fühle sich jedenfalls mit einem unfallchirurgischen Gutachten nach Aktenlage, dem ungeprüft Aussagen Dritter zugrunde gelegt worden seien, nicht angemessen begutachtet. Die Ausführungen des Sozialgerichts zur Rhizarthrose beruhten auf falschen Darlegungen des Sachverständigen. Die Klägerin verweise auf das radiologische Zusatzgutachten des Kreiskrankenhauses Nagold vom 30. März 2003 und die originalen Röntgenaufnahmen. Eine unfallunabhängige Rhizarthrose oder eine STT-Arthrose seien weder dem Bericht noch den Röntgenaufnahmen zu entnehmen. Der vom Bevollmächtigten der Klägerin beigefügte Bericht befasst sich allein mit der Fragestellung, welche Unfallfolgen sich röntgenmorphologisch feststellen lassen würden. Eine Arthrose wird als Unfallfolge nicht erwähnt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. April 2016 sowie den Bescheid vom 15. Dezember 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. Mai 1990 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Sachverständige zu Recht davon ausgegangen sei, dass bereits vor dem Unfall eine Rhizarthrose vorgelegen habe. Dies werde durch mehrere unabhängig voneinander erstellte Untersuchungsbefunde dokumentiert. Ebenso dokumentiert sei eine noch stärker ausgeprägte Rhizarthrose im Bereich des unverletzten linken Daumengrundgelenkes. Die von der Klägerin begehrte MdE von 20 v. H. entspräche dem vollständigen Verlust des Daumens. Die Beklagte könne auch unter Berücksichtigung der Befunde von Prof. Dr. W2 eine MdE in rentenberechtigender Höhe nicht erkennen. Die marginale Umfangsminderung von 0,5 cm im Bereich des rechten Unterarms spreche darüber hinaus gegen einen erheblichen Mindergebrauch der rechten Hand.
Auf den Hinweis des Gerichts auf die Möglichkeit eines Gutachtens nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) trägt die Klägerin nunmehr vor, dass sie ebenso wenig wie der Senat Anlass für ein weiteres Gutachten sehe. Notwendig sei allerdings eine kritische Bewertung der vorliegenden Gutachten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die beigezogenen Akten sowie die Sitzungsniederschrift vom 23. Mai 2018 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 11. Mai 1990.
Anspruch auf eine Verletztenrente haben nach § 56 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.
Die Bemessung des Grades der MdE ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG eine tatsächliche Feststellung, die das Tatsachengericht unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen richterlichen Überzeugung trifft. Hierbei kann es sich MdE-Tabellen bedienen, deren Werte allgemeine (generelle) Tatsachen, die für die Bestimmung des Inhalts einer Rechtsnorm – nämlich des in § 56 Abs. 2 SGB VII verwendeten Begriffs der MdE – und damit für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle relevant sind. Bei einer Vielzahl von Unfallfolgen haben sich im Laufe der Zeit für die Schätzung der MdE Erfahrungswerte herausgebildet. Sie sind in Form von Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und dienen als Hilfsmittel für die MdE-Einschätzung im Einzelfall. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber als in sich stimmiges Beurteilungsgefüge die Grundlage für eine gleichförmige Bewertung der MdE, ohne dass eine exakte rechtsdogmatische Einordnung der MdE-Tabellen erforderlich wäre. MdE-Tabellen bezeichnen typisierend das Ausmaß der durch eine körperliche, geistige oder seelische Funktionsbeeinträchtigung hervorgerufenen Leistungseinschränkungen in Bezug auf das gesamte Erwerbsleben und ordnen körperliche oder geistige Funktionseinschränkungen einem Tabellenwert zu. Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte geben damit auch allgemeine Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit aufgrund des Umfangs der den Verletzten versperrten Arbeitsmöglichkeiten wieder und gewährleisten, dass die Verletzten bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 11/15 R, SozR 4-2700 § 56 Nr. 4, m.w.N.).
Das Sozialgericht hat im erstinstanzlichen Urteil zutreffend darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin begehrte MdE in Höhe von 20 v. H. einer Amputation des Daumens entspricht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 605). Die Funktionsfähigkeit der rechten Hand der Klägerin ist jedoch als wesentlich besser einzuschätzen als bei einer Amputation im Daumengrundgelenk. Eine mehr als nur geringfügige Verschmächtigung der Unterarmmuskulatur, die im Falle einer Schonhaltung zu erwarten wäre, konnte nicht festgestellt werden. Dr. D. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die Verschmächtigung der Muskulatur im Bereich des Daumenballens allein auf die Arthrodese zurückzuführen ist. Die Klägerin verfügt noch über eine Bewegungsfähigkeit im Daumengelenk sowie auch im Endglied des Daumens. Dies lässt sich auf den von Prof. Dr. W2 seinem Gutachten beigefügten Fotos erkennen. Auch Dr. P. hat festgestellt, dass die Beschwielung der Handinnenfläche sowie die Umfangsmaße für eine vorhandene Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sprechen. Es vermag daher auch nicht zu überzeugen, wenn Prof. Dr. W2 annimmt, dass weder Spitz-, Schlüsselgriff noch das Aufheben von Gegenständen möglich seien und sowohl die Grob- als auch die Feinmotorik der rechten Hand mittelgradig eingeschränkt seien, die rechte Hand also nur als Beihand eingesetzt werde. Die Klägerin steht damit deutlich besser da als bei einer Amputation des Daumens.
Die Gutachter stimmen zudem überein, dass ursächlich für eine Beschwerdeverschlechterung in der rechten Hand die Rhizarthrose und die Arthrose im STT-Gelenk sind. Die arthrotischen Veränderungen sind jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Nach Aktenlage bestand bereits vor dem Unfall eine Rhizarthrose. Diese wird bereits im ersten Durchgangsarztbericht erwähnt. Zudem sind bei der Klägerin auch an der linken Hand arthrotische Veränderungen erkennbar, die zwar nach Angaben der Klägerin bislang nicht zu Funktionseinschränkungen geführt hätten, aber nach den Röntgenaufnahmen sogar ausgeprägter sind als in der rechten Hand. Nach den schlüssigen Ausführungen von Dr. D. sind bei einer Verletzung im Daumengrundgelenk auch weder eine Rhizarthrose noch eine Arthrose im STT-Gelenk zu erwarten. Es handelt sich bei einer Arthrose in diesen Bereichen vielmehr um eine idiopathische Erkrankung. Eine Ursächlichkeit des Unfalls für die arthrotischen Veränderungen an der rechten Hand und der damit einhergehenden Verschlechterung ist damit jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich. Letztlich kann eine Kausalitätsprüfung aber auch offenbleiben, da entscheidend die Funktionsfähigkeit der Hand, insbesondere des Daumens, ist. Selbst unter Berücksichtigung der Arthrose in der rechten Hand verfügt die Klägerin noch – wie zuvor dargelegt – über eine Bewegungsfähigkeit im Daumengelenk sowie auch im Endglied des Daumens, so dass ihre Situation nicht mit der nach einer Amputation des Daumens vergleichbar ist.
Einer erneuten Begutachtung der Klägerin bedurfte es nicht. Die Klägerin ist von dem Handchirurgen Dr. P. begutachtet worden und es spricht nach Ansicht des Senats nichts dagegen, die ermittelten Bewegungsmaße zu berücksichtigen. Entgegenstehende Befunde liegen nicht vor, so dass auch eine erneute Untersuchung der Klägerin nicht erforderlich ist. Die von Dr. D. vorgenommene Begutachtung nach Aktenlage durch Auswertung der Fremdbefunde ist daher nicht zu beanstanden. Auch Prof. Dr. W2 hat die Klägerin nochmals begutachtet und die seiner Ansicht nach bestehenden Funktionseinschränkungen festgehalten. Dr. D. weist jedoch zu Recht darauf hin, dass es an der Ermittlung der passiven Bewegungsfähigkeit durch Prof. Dr. W2 fehlt. Da bereits in den vorangegangen Gutachten deutliche Unterschiede zwischen der von der Klägerin vorgeführten aktiven Bewegungsfähigkeit und den passiven Werten bestanden, kann nicht allein auf die von der Klägerin angegebenen Bewegungsmöglichkeiten abgestellt werden. Denn bereits Dr. P. hatte Aggravationstendenzen bei der Klägerin vermutet, die jegliche Empfindung im Rahmen der Prüfung des Zweipunktunterscheidungsvermögens verneint hatte.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine sog. Stützrente nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII. Hiernach besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die Klägerin hat zwar in der Vergangenheit eine MdE wegen eines anderen Arbeitsunfalls vom 26. Januar 1998 geltend gemacht, hieraus resultierten jedoch keine Gesundheitsstörungen, die eine MdE von mindestens 10 v. H. begründet hätten. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Versicherungsfälle liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruhte auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.