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Verletztenrente für Folgen eines Arbeitsunfalls

Landessozialgericht Hamburg – Az.: L 2 U 8/21 – Urteil vom 22.09.2021

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Folgen des Arbeitsunfalls vom 18. November 2016.

An diesem Tag erlitt der bei einem Personalüberlasser beschäftigte und bei D. eingesetzte Kläger einen Unfall, als ihm eine schwere Stahlplatte auf die rechte Hand fiel. Die rechte Hand war daraufhin stark geschwollen und röntgenologisch zeigte sich eine subcapitale Metacarpale IV Fraktur. Die operative Versorgung am 22. November 2016 erfolgte unter der Diagnose „Frische auf alte MC 4 Fraktur rechts“. Im OP-Bericht heißt es u.a.: „Erneutes Einbringen des 2,0er TENs, welches deutlich einfacher gelingt. Anschließend erfolgt der Versuch einer geschlossenen Reposition, bei jedoch alter Frakturkomponente lässt sich keine anatomische Stellung erzielen.“

Verletztenrente für Folgen eines Arbeitsunfalls
(Symbolfoto: DC Studio/Shutterstock.com)

Der Kläger war in der Folgezeit laufend arbeitsunfähig und setzte die Behandlung im Wesentlichen in seinem Heimatland P. fort, wo er auch in Eigenregie die Entfernung der Drähte vornehmen ließ. Den ersten Termin zur Heilverlaufskontrolle in Deutschland nahm der Kläger am 30. August 2017 wahr, wo er fortbestehende Beschwerden bei Belastung und Bewegung des rechten Handgelenks beklagte. Die daraufhin eingeleitete stationäre Behandlung zur komplexen Handtherapie führte zu einer leichten Besserung der Schmerzsymptomatik und ergab den Verdacht auf eine TFCC-Läsion (Schaden am knorpeligen Anteil des Handgelenks). Diese wurde im Januar 2018 operativ versorgt.

Im Oktober 2018 stellte sich der Kläger erneut im B. Klinikum F. vor und gab an, weiterhin außer Stande zu sein, schwere Lasten zu tragen. Er leide nach wie vor unter Bewegungseinschränkungen des rechten Handgelenks und unter Gefühlsstörungen, weshalb er auch weiter arbeitsunfähig sei. Für die Beklagte erstellte daraufhin der Chirurg und Unfallchirurg Dr. H. ein erstes Rentengutachten, in welchem er am 19. Dezember 2018 ausführte, der Kläger leide unter subjektiven Missempfindungen am rechten Handrücken vom 2. bis zum 5. Strahl, beim forcierten Faustschluss zittere die gesamte Hand. Außerdem leide er – bei nur gelegentlicher Schmerzmitteleinnahme – unter dauernden Schmerzen in der rechten Hand und unter Ameisenlaufen. Bewegungseinschränkungen seien bei den beobachteten Bewegungsabläufen beim Verrichten normaler Tätigkeiten wie Teilentkleiden oder Fassen von Gegenständen nicht aufgefallen. Unfallunabhängig bestehe eine konsolidierte, in Fehlstellung ausgeheilte subkapitale/metakarpale V Fraktur, welche dem Versicherten nicht bekannt gewesen sei. Unfallbedingt bestehe eine subjektive Missempfindung im Bereich des rechten Handrückens sowie der Fingerkuppen des 4. und 5. Fingers, ein muskuläres Zittern bei forcierter Streckung und Beugung des rechten Handgelenks und eine eingeschränkte Umwendbeweglichkeit im Vergleich zur Gegenseite um 10°. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 10 vom Hundert (v.H.).

Mit Bescheid vom 10. April 2019 lehnte die Beklagte daraufhin die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit sei durch das Unfallereignis nicht über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalles um mindestens 20 vom Hundert gemindert. Als Folgen des Versicherungsfalles erkannte die Beklagte eine leicht eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Handgelenkes, subjektive Missempfindung im Bereich des rechten Handrückens und der Fingerkuppen des 4. und 5. Fingers rechts nach knöchern verheilter Metakarpale–IV–Fraktur rechts mit Verletzung der Zwischengelenkscheibe des rechten Handgelenkes (TFCC-Läsion) an. Eine in Fehlstellung verheilte Metakarpale–V–Fraktur rechts wurde nicht als Unfallfolge anerkannt. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. November 2019).

Auf die hiergegen erhobene Klage hin hat das Sozialgericht ein Gutachten nach Aktenlage eingeholt, welches der Chirurg und Unfallchirurg Dr. T. am 25. August 2020 für das Gericht erstellt hat. Dieser hat zu einer Röntgenaufnahme von Februar 2017 ausgeführt: „Zur Stabilisierung einer subkapitalen MHK 4 Fraktur wurde ein Draht eingebracht. Die Fraktur erscheint konsolidiert, wobei das Köpfchen des 4. Mittelhandknochens etwas nach volar, soweit in der Schrägprojektion erkennbar, abkippt. Auffällig ist eine in Fehlstellung verheilte MHK 5 Fraktur, zumindest ist das Köpfchen nach volar abgeknickt und es findet sich eine Knochenrindenverbreiterung subkapital. Ebenfalls auffällig ist eine abgerundete Knochenstruktur köperfern des Griffelfortsatzes der Elle. Es besteht der Eindruck einer älteren Verletzung“.

Folgen des Unfalls seien zum Zeitpunkt des Ereignisses eine unterhalb des Köpfchens gelegene Fraktur des 4. Mittelhandknochens rechts, eine Weichteilschwellung der rechten Hand und nach Ausheilung subjektiv beklagte Missempfindungen am rechten Handrücken sowie an den Kuppen des 4. und 5. Fingers der rechten Hand sowie eine gering eingeschränkte Umwendbeweglichkeit. Vorbestehend sei, wie auch im ersten Rentengutachten beschrieben, eine in Fehlstellung verheilte Mittelhandknochen V Fraktur (und ebenfalls wohl vorbestehend eine knöcherne Abgliederung am Griffelfortsatz der Elle). Mit einer Einschätzung der Unfallfolge mit einer MdE um 10 v. H. sei schon die obere Grenze des Bewertungsspektrums erreicht. Eine Handfunktionsstörung rechts im Sinne einer Langfingerbeweglichkeitseinschränkung sei ebenso wenig angegeben wie eine Daumenbeweglichkeitseinschränkung. Das rechte Handgelenk sei im Seitvergleich frei beweglich.

Mit Gerichtsbescheid vom 15. Februar 2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und ist im Wesentlichen den Feststellungen der Beklagten und des Dr. T. gefolgt.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen den ihr am 17. Februar 2021 zugestellten Gerichtsbescheid am 17. März 2021 Berufung eingelegt, mit welcher sie vorträgt, der Kläger könne keine Faust bilden und zupacken, ohne dass ihm die Hand zittere, wodurch er auch in seinem Arbeitsleben erheblich eingeschränkt sei. Zudem habe er vor dem Arbeitsunfall keine Verletzung an der rechten Hand erlitten, weshalb auch die Fehlstellung der Metakarpalen V Fraktur als Folge der unfallbedingten Fraktur zu qualifizieren sei.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Februar 2021 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2019 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. zu gewähren, sowie die Fehlstellung der Metakarpale-V-Fraktur rechts als Folge des Arbeitsunfalls vom 8. November 2016 anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor, dass erst bei einer eingeschränkten Handgelenksbeweglichkeit von 40 Grad eine MdE um 10 v.H. angemessen sei. Bei dem Kläger liege indes nur eine solche von 35 Grad vor, wobei die Extension einem nahezu physiologischen Ausmaß entsprochen habe.

Mit Beschluss vom 10. Mai 2021 hat der Senat die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt. Durch Beschluss vom 3. Juni 2021 hat der Senat die Berufung der Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 22. September 2021 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts, über die die Berichterstatterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern an Stelle des Senats entscheiden konnte (§ 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG –), ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.

Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht und mit der zutreffenden Begründung, auf die nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage gemäß § 153 Abs. 2 SGG unter Absehen einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Lediglich ergänzend sei ausgeführt, worauf der Senat bereits im ablehnenden PKH-Beschluss vom 10. Mai 2021 hingewiesen hat: eine Anerkennung der in Fehlstellung verheilten Metakarpale-V-Fraktur als Unfallfolge kommt bereits deswegen nicht in Betracht, weil diese Fraktur bei der operativen Versorgung des Unfalltraumas wenige Tage nach dem Unfall bereits (in Fehlstellung) verheilt war, wie sich aus dem Operationsbericht unzweifelhaft ergibt. Im Übrigen rechtfertigen die verbliebenen Bewegungseinschränkungen auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geschilderten Missempfindungen und des Zitterns beim verstärkten („forcierten“) Faustschluss eine höhere MdE als 10 v.H. nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.

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