Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Beweislast und Herausforderunge: Ein Fall zur Erwerbsfähigkeitsrente
- Der Fall vor Gericht
- Gericht lehnt Rentenanspruch wegen fehlender Nachweise für Erwerbsminderung ab
- Versicherungsrechtliche Voraussetzungen nur bis Ende 2018 erfüllt
- Keine Nachweise für Erwerbsminderung bis Ende 2018
- Gesundheitliche Beschwerden rechtfertigen keine Erwerbsminderung
- Gericht sieht keine Grundlage für Rentenanspruch
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Nachweise sind für eine Erwerbsminderungsrente erforderlich?
- Wie lange muss eine Erwerbsminderung bestehen, um rentenberechtigt zu sein?
- Welche Rolle spielen fachärztliche Behandlungen bei der Beurteilung einer Erwerbsminderung?
- Was bedeuten die „versicherungsrechtlichen Voraussetzungen“ für eine Erwerbsminderungsrente?
- Wie wird die Schwere der Erwerbsminderung beurteilt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Fall bezieht sich auf den Antrag einer Klägerin auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für einen bestimmten Zeitraum.
- Die Klägerin, Jahrgang 1964 und Mutter von drei Kindern, hat einen Arbeitsverlauf im sozialen und pflegerischen Bereich, einschließlich einer Ausbildung zur Krankenschwester.
- Es gibt Diskussionen über die Zuordnung des gesundheitlichen Problems der Klägerin zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente.
- Schwierige Punkte umfassen die Bewertung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit der Klägerin.
- Das Gericht hat entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf die beantragte Rente zusteht.
- Diese Entscheidung wurde getroffen, weil die vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht ausreichend belegten, dass die Klägerin dauerhaft nicht erwerbsfähig ist.
- Die Entscheidung hat zur Folge, dass die Klägerin ihre finanziellen Ansprüche auf Unterstützung im Falle gesundheitlicher Einschränkungen verliert.
- Es wurde klargestellt, dass die gesetzlichen Anforderungen zur Erlangung einer Erwerbsminderungsrente strenger ausgelegt werden.
- Die Entscheidung kann Auswirkungen auf ähnliche Fälle haben, in denen Antragsteller sich auf gesundheitliche Probleme zur Beantragung von Renten stützen.
- Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Verfahren in beiden Rechtszügen.
Beweislast und Herausforderunge: Ein Fall zur Erwerbsfähigkeitsrente
Die Erwerbsfähigkeitsrente stellt eine wichtige finanzielle Unterstützung für Personen dar, die aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage sind, ihrem bisherigen Beruf nachzugehen. Diese Rente wird in der Regel als Teil der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt, wenn eine sogenannte Erwerbsminderung vorliegt. Eine Erwerbsminderung kann vollständig oder teilweise sein, wobei die Kriterien für die Gewährung in vielen Fällen strengen Anforderungen unterliegen. Bei der Beantragung einer Rente wegen Erwerbsminderung müssen Antragsteller nachweisen, dass sie aufgrund von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht mehr erwerbsfähig sind.
Ein zentraler Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Beweislast. Der Versicherte trägt die Verantwortung, durch ärztliche Gutachten zur Erwerbsfähigkeit oder andere Nachweise die eigene Erwerbsminderung zu belegen. Dies kann eine Herausforderung darstellen, insbesondere wenn Reha-Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen. Das Antragsverfahren für eine Erwerbsminderungsrente ist oft komplex und erfordert ein fundiertes Wissen über sozialrechtliche Ansprüche sowie die richtige Rentenberechnung.
Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und Aspekte der Beweislast im Kontext der verminderten Erwerbsfähigkeitsrente verdeutlicht.
Der Fall vor Gericht
Gericht lehnt Rentenanspruch wegen fehlender Nachweise für Erwerbsminderung ab
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Klage einer Frau auf Rente wegen voller Erwerbsminderung abgewiesen. Die 1964 geborene Klägerin hatte ab Oktober 2021 eine befristete Erwerbsminderungsrente beantragt, die ihr zunächst vom Sozialgericht zugesprochen wurde.
Versicherungsrechtliche Voraussetzungen nur bis Ende 2018 erfüllt
Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente letztmalig bis zum 31.12.2018 erfüllte. In den letzten fünf Jahren vor diesem Stichtag hatte sie die erforderlichen drei Jahre mit Pflichtbeiträgen nachgewiesen. Ab Januar 2019 waren die Voraussetzungen nicht mehr gegeben.
Keine Nachweise für Erwerbsminderung bis Ende 2018
Um einen Rentenanspruch zu begründen, hätte die Klägerin nachweisen müssen, dass sie spätestens Ende 2018 erwerbsgemindert war und dies seither durchgehend geblieben ist. Hierfür sah das Gericht jedoch keine ausreichenden Belege:
Die Klägerin war seit ihrer Entlassung aus einer psychiatrischen Klinik Anfang 2014 nicht mehr in fachärztlich-psychiatrischer Behandlung. Zwischen Dezember 2016 und September 2021 nahm sie auch keine fachärztliche orthopädische Behandlung in Anspruch. Im Jahr 2018 war sie nicht einmal in hausärztlicher Behandlung.
Gesundheitliche Beschwerden rechtfertigen keine Erwerbsminderung
Zwar hatte die Klägerin im November 2016 eine Schulterluxation erlitten, die zu einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit führte. Daraus ließ sich nach Ansicht des Gerichts jedoch keine dauerhafte Erwerbsminderung ableiten. Auch die von der Klägerin geltend gemachten psychischen Beschwerden rechtfertigten keine Erwerbsminderung, da sie zeitweise ohne antidepressive Medikation auskam.
Gericht sieht keine Grundlage für Rentenanspruch
Das Landessozialgericht kam zu dem Schluss, dass die Klägerin nicht nachweisen konnte, bis Ende 2018 erwerbsgemindert gewesen zu sein. Damit fehlte die Grundlage für einen Rentenanspruch ab Oktober 2021. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts war somit erfolgreich.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen an den Nachweis einer Erwerbsminderung im Rentenrecht. Entscheidend sind nicht subjektive Beschwerden, sondern objektive medizinische Befunde und eine kontinuierliche fachärztliche Behandlung. Zudem müssen sowohl die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen als auch der Eintritt der Erwerbsminderung zeitlich zusammenfallen. Diese strenge Beweislast dient dem Schutz der Solidargemeinschaft vor ungerechtfertigten Leistungsansprüchen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil verdeutlicht, wie wichtig eine lückenlose medizinische Dokumentation für den Nachweis einer Erwerbsminderung ist. Wenn Sie eine Erwerbsminderungsrente beantragen möchten, sollten Sie regelmäßige fachärztliche Behandlungen in Anspruch nehmen und alle Befunde sorgfältig aufbewahren. Beachten Sie auch, dass der Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung mit dem Erfüllen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zusammenfallen muss. Subjektive Beschwerden reichen nicht aus – objektive medizinische Befunde sind entscheidend. Planen Sie frühzeitig und dokumentieren Sie Ihre gesundheitliche Entwicklung kontinuierlich, um Ihre Ansprüche im Bedarfsfall nachweisen zu können.
FAQ – Häufige Fragen
Sie möchten wissen, wer die Beweislast bei Erwerbsminderungsrente trägt und welche Beweise Sie vorlegen müssen? Unsere FAQ-Rubrik beantwortet wichtige Fragen zum Thema Erwerbsminderungsrente verständlich und umfassend.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Nachweise sind für eine Erwerbsminderungsrente erforderlich?
- Wie lange muss eine Erwerbsminderung bestehen, um rentenberechtigt zu sein?
- Welche Rolle spielen fachärztliche Behandlungen bei der Beurteilung einer Erwerbsminderung?
- Was bedeuten die „versicherungsrechtlichen Voraussetzungen“ für eine Erwerbsminderungsrente?
- Wie wird die Schwere der Erwerbsminderung beurteilt?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Welche Nachweise sind für eine Erwerbsminderungsrente erforderlich?
Für eine Erwerbsminderungsrente sind umfangreiche medizinische und berufliche Nachweise erforderlich. Die wichtigsten Unterlagen umfassen:
Ärztliche Befunde und Gutachten
Detaillierte ärztliche Befundberichte sind das Kernstück Ihres Antrags. Diese sollten Ihre gesundheitlichen Einschränkungen ausführlich dokumentieren und erläutern, wie diese Ihre Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen. Idealerweise reichen Sie Berichte von allen behandelnden Ärzten der letzten Jahre ein, insbesondere von Fachärzten und Therapeuten.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
Legen Sie alle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der letzten Jahre vor. Diese belegen den Verlauf Ihrer gesundheitlichen Probleme und deren Auswirkungen auf Ihre Arbeitsfähigkeit.
Behandlungsnachweise
Sammeln Sie Nachweise über alle medizinischen Behandlungen, einschließlich Krankenhausaufenthalte, Rehabilitationsmaßnahmen und Therapien. Diese Unterlagen sollten Zeiträume, Diagnosen und Behandlungsergebnisse enthalten.
Beruflicher Werdegang
Eine detaillierte Auflistung Ihres beruflichen Werdegangs ist erforderlich. Beschreiben Sie Ihre Ausbildung, bisherigen Tätigkeiten und deren jeweilige Anforderungen. Dies hilft bei der Beurteilung Ihrer verbleibenden Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Versicherungsverlauf
Der Versicherungsverlauf aus Ihrem Rentenkonto belegt Ihre Versicherungszeiten. Stellen Sie sicher, dass dieser vollständig und aktuell ist.
Zeitlicher Rahmen
Die Nachweise sollten mindestens die letzten 5 Jahre vor Antragstellung abdecken. Bei länger bestehenden Erkrankungen kann es sinnvoll sein, auch ältere Unterlagen einzureichen.
Wenn Sie diese Unterlagen zusammenstellen, achten Sie darauf, dass sie ein umfassendes und konsistentes Bild Ihrer gesundheitlichen Situation und deren Auswirkungen auf Ihre Erwerbsfähigkeit vermitteln. Je vollständiger und detaillierter Ihre Nachweise sind, desto besser kann die Rentenversicherung Ihren Anspruch auf Erwerbsminderungsrente beurteilen.
Wie lange muss eine Erwerbsminderung bestehen, um rentenberechtigt zu sein?
Eine Erwerbsminderung muss mindestens sechs Monate andauern, um einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zu begründen. Dies ergibt sich aus dem Begriff „auf nicht absehbare Zeit“ im Gesetz, der von Gerichten und der Deutschen Rentenversicherung als Zeitraum von mehr als sechs Monaten ausgelegt wird.
Bedeutung der zeitlichen Komponente
Die sechsmonatige Mindestdauer dient dazu, vorübergehende Arbeitsunfähigkeiten von dauerhaften Erwerbsminderungen abzugrenzen. Wenn Sie beispielsweise nach einem Unfall für vier Monate arbeitsunfähig sind, aber danach voraussichtlich wieder voll arbeiten können, erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente.
Beurteilung durch Rentenversicherungsträger
Bei der Prüfung Ihres Rentenantrags beurteilt die Deutsche Rentenversicherung anhand medizinischer Gutachten, ob Ihre gesundheitlichen Einschränkungen voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Dabei werden Ihre individuellen gesundheitlichen Umstände und die Prognose für Ihre Genesung berücksichtigt.
Befristung und Überprüfung
Selbst wenn eine Erwerbsminderungsrente bewilligt wird, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass sie unbefristet gezahlt wird. Die Rente wird zunächst für längstens drei Jahre befristet. Danach wird erneut geprüft, ob die Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Nur wenn keine Besserung zu erwarten ist, wird die Rente unbefristet gewährt.
Beginn der Rentenzahlung
Wichtig für Sie zu wissen: Die Rentenzahlung beginnt in der Regel erst mit dem siebten Monat nach Eintritt der Erwerbsminderung. In den ersten sechs Monaten erhalten Sie üblicherweise Krankengeld von Ihrer gesetzlichen Krankenkasse.
Wenn Sie eine Erwerbsminderungsrente beantragen möchten, sollten Sie dies frühzeitig tun. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt, den Antrag einzureichen, sobald absehbar ist, dass Ihre Erwerbsminderung länger als sechs Monate andauern wird. So können Sie mögliche Verzögerungen bei der Bearbeitung vermeiden.
Welche Rolle spielen fachärztliche Behandlungen bei der Beurteilung einer Erwerbsminderung?
Fachärztliche Behandlungen spielen eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung einer Erwerbsminderung. Sie dienen als wichtiger Nachweis für die Schwere und Dauer Ihrer gesundheitlichen Einschränkungen.
Dokumentation des Krankheitsverlaufs
Regelmäßige Besuche bei Fachärzten dokumentieren den Verlauf Ihrer Erkrankung über einen längeren Zeitraum. Dies ist besonders wichtig, da die Rentenversicherung für die Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente von einer dauerhaften Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ausgeht. Wenn Sie beispielsweise an einer chronischen Rückenerkrankung leiden, können die Berichte eines Orthopäden den progressiven Charakter Ihrer Beschwerden belegen.
Spezialisierte Einschätzung
Fachärzte verfügen über spezifisches Fachwissen in ihrem medizinischen Bereich. Ihre Diagnosen und Einschätzungen haben daher ein besonderes Gewicht bei der Beurteilung Ihrer Erwerbsfähigkeit. Bei psychischen Erkrankungen etwa wird die Einschätzung eines Psychiaters mehr Beachtung finden als die eines Allgemeinmediziners.
Therapieverläufe und -erfolge
Fachärztliche Behandlungen zeigen auch, dass Sie aktiv an Ihrer Genesung arbeiten. Dokumentierte Therapieverläufe und eventuelle Misserfolge können belegen, dass Ihre Erkrankung trotz adäquater Behandlung zu einer dauerhaften Einschränkung Ihrer Erwerbsfähigkeit führt.
Unterschied zur hausärztlichen Behandlung
Während Ihr Hausarzt einen guten Überblick über Ihren allgemeinen Gesundheitszustand hat, bieten fachärztliche Behandlungen eine tiefergehende und spezialisierte Beurteilung Ihrer spezifischen Erkrankung. Beide Perspektiven ergänzen sich und tragen zu einem umfassenden Bild Ihres Gesundheitszustandes bei.
Wenn Sie eine Erwerbsminderungsrente beantragen möchten, ist es ratsam, alle relevanten fachärztlichen Unterlagen zu sammeln und dem Antrag beizufügen. Dies umfasst Arztbriefe, Befunde, Therapieberichte und Krankenhausaufenthalte. Je detaillierter und lückenloser diese Dokumentation ist, desto besser können die Gutachter der Rentenversicherung Ihren Fall beurteilen.
Was bedeuten die „versicherungsrechtlichen Voraussetzungen“ für eine Erwerbsminderungsrente?
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente umfassen zwei wesentliche Aspekte:
Allgemeine Wartezeit
Sie müssen mindestens fünf Jahre in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sein. Diese Zeit wird auch als allgemeine Wartezeit bezeichnet. Für die Erfüllung dieser Wartezeit zählen Beitragszeiten, Ersatzzeiten und unter bestimmten Umständen auch Kindererziehungszeiten.
Besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung
Zusätzlich zur allgemeinen Wartezeit müssen Sie die sogenannte 3/5-Belegung erfüllen. Das bedeutet, Sie müssen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre (36 Monate) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen.
Wenn Sie beispielsweise am 15. Oktober 2024 erkranken und dadurch erwerbsgemindert werden, müssen Sie im Zeitraum vom 15. Oktober 2019 bis 14. Oktober 2024 mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge vorweisen können.
Ausnahmen und Besonderheiten
Es gibt Situationen, in denen die 3/5-Belegung nicht erforderlich ist:
- Wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Wehrdienstbeschädigung eingetreten ist.
- Wenn Sie vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden sind und in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge gezahlt haben.
- Der 5-Jahres-Zeitraum kann sich um bestimmte beitragsfreie Zeiten verlängern, wie z.B. Zeiten der Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft oder Kindererziehung.
Bedeutung des Eintritts der Erwerbsminderung
Der Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung ist entscheidend für die Berechnung des 5-Jahres-Zeitraums. Dieser Zeitpunkt kann von dem der Antragstellung abweichen. Eine sorgfältige Prüfung dieses Datums kann in manchen Fällen dazu führen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen doch noch erfüllt werden.
Wenn Sie unsicher sind, ob Sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, lohnt es sich, Ihren individuellen Fall genau zu prüfen. Die genaue Feststellung des Zeitpunkts des Eintritts der Erwerbsminderung kann entscheidend sein für Ihren Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.
Wie wird die Schwere der Erwerbsminderung beurteilt?
Die Schwere der Erwerbsminderung wird anhand des zeitlichen Umfangs Ihres Restleistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beurteilt. Entscheidend ist, wie viele Stunden Sie täglich noch arbeiten können:
Volle Erwerbsminderung
Wenn Sie weniger als 3 Stunden täglich arbeiten können, liegt eine volle Erwerbsminderung vor. In diesem Fall haben Sie Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Teilweise Erwerbsminderung
Können Sie 3 bis unter 6 Stunden täglich arbeiten, spricht man von einer teilweisen Erwerbsminderung. Dies berechtigt Sie zu einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Keine Erwerbsminderung
Bei einem Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr pro Tag liegt keine rentenrechtlich relevante Erwerbsminderung vor.
Beurteilung des Restleistungsvermögens
Die Beurteilung Ihres Restleistungsvermögens erfolgt durch medizinische Gutachter der Rentenversicherung. Dabei werden objektive medizinische Befunde stärker gewichtet als Ihre subjektiven Beschwerden. Die Gutachter prüfen, welche Tätigkeiten Sie unter Berücksichtigung Ihrer gesundheitlichen Einschränkungen noch ausüben können.
Wichtig ist, dass nicht nur Ihre bisherige Tätigkeit betrachtet wird, sondern alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Das bedeutet, dass auch leichtere oder andere Tätigkeiten in die Beurteilung einbezogen werden.
Die Gutachter berücksichtigen dabei verschiedene Faktoren:
- Ihre körperliche Belastbarkeit
- Ihre geistige und psychische Verfassung
- Ihre Qualifikationen und Berufserfahrung
- Die Anforderungen verschiedener Berufsfelder
Wenn Sie beispielsweise als Bauarbeiter aufgrund von Rückenproblemen Ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben können, wird geprüft, ob Sie eventuell leichtere Tätigkeiten im Sitzen noch verrichten könnten.
Die abschließende Entscheidung über den Grad Ihrer Erwerbsminderung trifft die Rentenversicherung auf Grundlage aller vorliegenden medizinischen Gutachten und Befunde.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Erwerbsminderung: Dieser Begriff bezieht sich auf die Verringerung der Fähigkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, oft bedingt durch gesundheitliche Einschränkungen. Eine Erwerbsminderung kann teilweise oder vollständig sein. Vollständige Erwerbsminderung bedeutet, dass jemand keine Tätigkeiten mehr für mindestens drei Stunden täglich ausüben kann. Teilerwerbsminderung liegt vor, wenn aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen nur für drei bis sechs Stunden täglich gearbeitet werden kann.
- Beweislast: In rechtlichen Verfahren trägt in der Regel die Person, die eine Behauptung aufstellt, die Beweislast. Im Kontext der Erwerbsminderungsrente bedeutet das, dass der Antragsteller beweisen muss, dass tatsächlich eine Erwerbsminderung vorliegt. Dies erfolgt üblicherweise durch ärztliche Gutachten und sonstige medizinische Nachweise.
- Versicherungsrechtliche Voraussetzungen: Diese Bedingungen müssen erfüllt sein, um Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen zu haben, in diesem Fall auf die Erwerbsminderungsrente. Dazu gehört zum Beispiel, dass der Antragsteller in den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat.
- Erwerbsfähigkeitsrente: Dies ist eine finanzielle Unterstützung, die Personen erhalten, die wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt in der Lage sind, zu arbeiten. Sie wird entweder befristet für eine bestimmte Zeit oder unbefristet gewährt, abhängig vom Krankheitsbild und den Prognosen zur Erwerbsfähigkeit.
- Restleistungsvermögen: Beschreibt, wie viel Arbeitskraft einem Menschen trotz gesundheitlicher Einschränkungen noch verbleibt. Dieses Konzept wird verwendet, um zu beurteilen, ob jemand auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch teilweise tätig sein kann. Nur wenn das Restleistungsvermögen extrem niedrig ist, wird eine volle Erwerbsminderungsrente gewährt.
- Fachärztliche Behandlung: Dies bezieht sich auf die Behandlung durch einen Facharzt, der auf bestimmte medizinische Gebiete spezialisiert ist, wie Orthopädie oder Psychiatrie. Für den Nachweis einer Erwerbsminderung ist oft eine kontinuierliche fachärztliche Behandlung erforderlich, um die Krankheit und deren Auswirkungen ausreichend zu dokumentieren. Ohne diese regelmäßigen Dokumentationen kann es schwer sein, den Rentenanspruch geltend zu machen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 43 Abs. 1 SGB VI: Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Eine solche Rente wird bewilligt, wenn der Versicherte aufgrund einer Krankheit, eines Gesundheitsschadens oder eines Mangels an seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit nicht mehr in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten. Dies gilt jedoch nur, wenn die gesundheitlichen Einschränkungen voraussichtlich mindestens sechs Monate anhalten.
- § 43 Abs. 2 SGB VI: Diese Vorschrift definiert die weitere wesentliche Voraussetzung für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Neben den gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI muss der Versicherte auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehört, dass er in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung wenigstens drei Jahre Pflichtbeiträge gezahlt hat. Hierbei zählt jedoch nicht die Zeit, die in einer versicherungsfreien Zeit (z.B. aufgrund von Erziehungsurlaub) liegt.
- § 104 SGB VI: Diese Vorschrift betrifft die Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung und lässt die Rentenhöhe von verschiedenen Faktoren, wie der Dauer der Pflichtbeiträge, der Höhe der durchschnittlichen Einnahmen und dem Zeitpunkt des Renteneintritts, abhängen.
- § 114 SGB VI: Diese Vorschrift regelt die Leistungspflicht der Deutschen Rentenversicherung Bund. Demnach zahlt die Rentenversicherung die Rente, sobald die Voraussetzungen nach § 43 SGB VI (Gesundheitliche Voraussetzungen) und § 104 SGB VI (Höhe der Rente) erfüllt sind und die Bewilligung der Rente erfolgt.
- § 175 SGB VI: In § 175 SGB VI finden sich Regelungen über die Fristen für den Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Grundsätzlich muss der Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Erwerbsminderung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund gestellt werden. Es gibt aber Ausnahmen, zum Beispiel wenn die Rentenversicherung nachträglich noch eine höhere Rente auszahlt.
Das vorliegende Urteil
Landessozialgericht Baden-Württemberg – Az.: L 10 R 130/24 – Urteil vom 16.05.2024
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