➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: L 7 R 115/15 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Hilfe anfordern
Übersicht
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Krankenkasse muss nicht für individuelles Hörgerät aufkommen
- ✔ Der Fall vor dem Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Wann habe ich Anspruch auf ein Hörgerät, das über den Festbetrag meiner Krankenkasse hinausgeht?
- Was bedeutet „erheblicher Gebrauchsvorteil“ im Zusammenhang mit Hörgeräten?
- Kann ich die Kosten für ein selbst beschafftes Hörgerät von meiner Krankenkasse erstattet bekommen?
- Welche Rolle spielen berufliche Anforderungen bei der Versorgung mit Hörgeräten?
- Was kann ich tun, wenn meine Krankenkasse meinen Antrag auf ein höherwertiges Hörgerät ablehnt?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Es geht um die Frage, ob die Krankenkasse die Kosten für ein Hörgerät übernimmt, das den Festbetrag überschreitet.
- Der Kläger beantragte eine Kostenübernahme für Hörgeräte zur beruflichen Teilhabe, was abgelehnt wurde.
- Der Kläger argumentierte, dass er durch seine Schwerhörigkeit und den zusätzlichen Tinnitus bei der Arbeit sehr beeinträchtigt sei.
- Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da kein berufsbedingter Mehraufwand vorliege.
- Das Landessozialgericht entschied, dass die Berufung des Klägers zurückgewiesen wird.
- Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass kein Anspruch auf Kostenerstattung für das teurere Hörgerät besteht.
- Die Auswirkungen der Entscheidung umfassen, dass der Kläger die höheren Kosten selbst tragen muss.
- Die Entscheidung unterstreicht die Maßgeblichkeit der Festbeträge für die Versorgung durch die Krankenkassen.
- Das Urteil verdeutlicht die strengen Voraussetzungen für die Kostenübernahme teurerer medizinischer Geräte.
- Patienten müssen zusätzliche medizinische Notwendigkeiten klar belegen, um höhere Kosten erstattet zu bekommen.
Krankenkasse muss nicht für individuelles Hörgerät aufkommen
Egal, ob ein Hörgerät benötigt wird oder nicht – jeder Mensch hat das Recht auf eine angemessene medizinische Versorgung. Gesetzlich Versicherte können in manchen Fällen sogar einen Anspruch auf ein teureres Modell haben, das den Festbetrag ihrer Krankenkasse übersteigt. Wie genau das funktioniert und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag. Anschließend werden wir uns die rechtlichen Hintergründe anhand eines konkreten Gerichtsurteils näher ansehen.
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✔ Der Fall vor dem Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern
Anspruch auf Kostenerstattung für selbst beschafftes Hörgerät abgelehnt

Das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 19.10.2022 die Berufung eines schwerhörigen Klägers zurückgewiesen, der die Erstattung von Mehrkosten für ein selbst beschafftes Hörgerät von seiner Krankenkasse verlangte.
Der 1955 geborene Kläger ist schwerhörig und beantragte bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme für eine Versorgung mit Hörgeräten, die den festgesetzten Festbetrag übersteigen. Er begründete dies mit erhöhten Anforderungen an sein Hörvermögen in seinem Beruf als Haustechniker. Die Krankenkasse lehnte eine über den Festbetrag hinausgehende Versorgung ab.
Während des laufenden Klageverfahrens beschaffte sich der Kläger selbst ein Hörgerät der Marke KIND Zeno Ex K2 und verlangte nun die Erstattung seines Eigenanteils von 1.250 Euro. Er argumentierte, mit den von der Krankenkasse angebotenen Festbetragsgeräten nicht zurecht gekommen zu sein.
Kein Anspruch auf ein den Festbetrag übersteigendes Hörgerät
Das Gericht stellte fest, dass dem Kläger kein Anspruch auf Versorgung mit den selbst beschafften, über dem Festbetrag liegenden Hörgeräten zustand. Die Krankenkasse habe den Antrag zu Recht abgelehnt.
Versicherte haben zwar grundsätzlich Anspruch auf Hörhilfen, die erforderlich sind, um eine Behinderung auszugleichen. Dieser Anspruch wird aber durch das Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt. Die Krankenkasse erfüllt ihre Leistungspflicht grundsätzlich mit Zahlung des Festbetrags. Nur wenn der Festbetrag für den Ausgleich der konkreten Behinderung objektiv nicht ausreicht, kann ein Anspruch auf ein teureres Hörgerät bestehen.
Voraussetzung ist, dass das begehrte Hörgerät einen erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber Festbetragsgeräten bietet, der sich messbar objektivieren lässt. Ein nur subjektiver Eindruck des Versicherten reicht nicht aus.
Kein wesentlicher Gebrauchsvorteil des selbst beschafften Hörgeräts
Im vorliegenden Fall konnte das Gericht nicht feststellen, dass eine Versorgung des Klägers mit einem Festbetragsgerät nicht möglich war. Bei vergleichenden Messungen des Sprachverstehens ergab sich für das selbst beschaffte Hörgerät nur ein um 5 Prozentpunkte besserer Wert als bei einem zuzahlungsfreien Gerät. Eine solch geringe Differenz begründet nach Auffassung des Gerichts keinen wesentlichen Gebrauchsvorteil.
Auch die Einwände des Klägers gegen die Testergebnisse verschiedener Hörgeräteakustiker waren für das Gericht nicht nachvollziehbar und konnten die objektiv festgestellten nur geringen Unterschiede nicht entkräften.
Das Gericht wies auch darauf hin, dass die beruflichen Anforderungen an das Hörvermögen des Klägers nicht über die Anforderungen des privaten Alltags hinausgingen. Besondere Gründe für die Erforderlichkeit eines höherwertigen Hörgeräts aus beruflichen Gründen waren nicht ersichtlich.
Da somit schon der Primäranspruch auf Sachleistung nicht bestand, kommt auch ein Erstattungsanspruch für die Selbstbeschaffung nicht in Betracht. Die Krankenkasse hat den Antrag des Klägers auf ein über den Festbetrag hinausgehendes Hörgerät zu Recht abgelehnt.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil stellt klar, dass gesetzlich Krankenversicherte nur dann Anspruch auf ein den Festbetrag übersteigendes Hörgerät haben, wenn dieses einen objektiv messbaren, erheblichen Gebrauchsvorteil bietet. Subjektive Eindrücke oder berufliche Anforderungen, die nicht über die Erfordernisse des Alltags hinausgehen, reichen nicht aus. Eine geringfügig bessere Hörleistung von nur 5 Prozentpunkten begründet noch keinen wesentlichen Gebrauchsvorteil. Die Krankenkasse erfüllt mit der Zahlung des Festbetrags grundsätzlich ihre Leistungspflicht.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind und ein Hörgerät benötigen, das teurer ist als der von Ihrer Krankenkasse festgelegte Festbetrag, wird es schwieriger, die Kosten dafür erstattet zu bekommen. Das Urteil zeigt, dass es nicht ausreicht, wenn Sie persönlich das Gefühl haben, dass ein teureres Gerät besser für Sie ist. Sie müssen beweisen können, dass das teurere Hörgerät einen erheblichen, messbaren Vorteil gegenüber den Standardmodellen bietet. Dieser Vorteil muss sich auch auf Ihren Alltag auswirken, nicht nur auf spezielle berufliche Anforderungen. Wenn Sie also ein solches Hörgerät selbst gekauft haben und die Kosten erstattet haben möchten, müssen Sie diese Voraussetzungen erfüllen.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Anspruch auf Hörgeräteversorgung wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
- Wann habe ich Anspruch auf ein Hörgerät, das über den Festbetrag meiner Krankenkasse hinausgeht?
- Was bedeutet „erheblicher Gebrauchsvorteil“ im Zusammenhang mit Hörgeräten?
- Kann ich die Kosten für ein selbst beschafftes Hörgerät von meiner Krankenkasse erstattet bekommen?
- Welche Rolle spielen berufliche Anforderungen bei der Versorgung mit Hörgeräten?
- Was kann ich tun, wenn meine Krankenkasse meinen Antrag auf ein höherwertiges Hörgerät ablehnt?
Wann habe ich Anspruch auf ein Hörgerät, das über den Festbetrag meiner Krankenkasse hinausgeht?
Ein Anspruch auf ein Hörgerät, das über den Festbetrag der Krankenkasse hinausgeht, besteht unter bestimmten Voraussetzungen. Zunächst muss die medizinische Notwendigkeit eines Hörgeräts durch einen Facharzt festgestellt werden. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für Hörgeräte bis zu einem festgelegten Betrag, der je nach Schweregrad der Schwerhörigkeit variiert. Für leichtere bis mittelgradige Schwerhörigkeit beträgt der Zuschuss etwa 704,37 Euro pro Hörgerät, während er bei hochgradiger Schwerhörigkeit bis zu 734,81 Euro pro Gerät betragen kann.
Ein höherwertiges Hörgerät, das den Festbetrag übersteigt, kann in Ausnahmefällen von der Krankenkasse übernommen werden, wenn ein erheblicher Gebrauchsvorteil nachgewiesen wird. Dies bedeutet, dass das teurere Gerät im Alltag deutlich bessere Leistungen erbringt als ein Standardgerät. Ein solcher Gebrauchsvorteil kann beispielsweise durch bessere Sprachverständlichkeit in geräuschvollen Umgebungen oder durch spezielle Funktionen, die für den Beruf notwendig sind, belegt werden.
Um diesen Anspruch geltend zu machen, muss der Versicherte nachweisen, dass das Standardgerät den individuellen Bedürfnissen nicht ausreichend gerecht wird. Dies kann durch ein Hörtagebuch geschehen, in dem typische Alltagssituationen dokumentiert werden, in denen das höherwertige Gerät überlegen ist. Zudem sollte ein Vergleichstest der Geräte durchgeführt werden, der die Überlegenheit des teureren Geräts in relevanten Situationen belegt.
Wenn die Krankenkasse den Antrag auf Kostenübernahme für das teurere Gerät ablehnt, besteht die Möglichkeit, die Kosten zunächst selbst zu tragen und anschließend eine Kostenerstattung zu beantragen. Hierbei ist es wichtig, dass die Ablehnung der Krankenkasse dokumentiert und der Nachweis der Notwendigkeit des teureren Geräts erbracht wird.
In Fällen, in denen ein höherwertiges Hörgerät für die Ausübung des Berufs notwendig ist, kann auch die Deutsche Rentenversicherung als Kostenträger einspringen, falls die Krankenkasse den Antrag ablehnt.
Was bedeutet „erheblicher Gebrauchsvorteil“ im Zusammenhang mit Hörgeräten?
Ein „erheblicher Gebrauchsvorteil“ im Zusammenhang mit Hörgeräten bedeutet, dass das betreffende Hörgerät im Alltag des Nutzers deutliche Vorteile bietet, die über die Grundversorgung hinausgehen. Dieser Begriff ist entscheidend, wenn es darum geht, ob die Krankenkasse die Kosten für ein teureres Hörgerät übernimmt, das über den festgelegten Festbetrag hinausgeht.
Ein solcher Gebrauchsvorteil wird durch verschiedene Kriterien definiert. Dazu gehört, dass das Hörgerät eine bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen gesunder Menschen ermöglicht. Dies umfasst nicht nur das reine Sprachverstehen, sondern auch das Richtungshören und die Erkennung von Geräuschen. Besonders bei Menschen mit zusätzlichen Einschränkungen, wie einer Sehbehinderung, ist dies von großer Bedeutung, da sie auf ihren Hörsinn angewiesen sind, um sich zu orientieren und zu kommunizieren.
Die Nachweise für einen erheblichen Gebrauchsvorteil können durch verschiedene Tests und Berichte erbracht werden. Dazu zählen audiologische Tests wie der Freiburger Einsilbertest, der OLSA oder der GÖSA, die den Nutzen des Hörgeräts in unterschiedlichen Hörsituationen bewerten. Ein Hörtagebuch, in dem der Nutzer seine Erfahrungen und die Vorteile des neuen Geräts dokumentiert, kann ebenfalls als Beweis dienen. Hierbei werden subjektive Eindrücke in verschiedenen Alltagssituationen festgehalten und bewertet.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die binaurale Signalverarbeitung, die das räumliche Hören verbessert und somit das Sprachverstehen in geräuschvollen Umgebungen erleichtert. Dies kann besonders in beruflichen oder sozialen Kontexten von großem Vorteil sein.
Die rechtlichen Grundlagen für die Erstattung solcher Hörgeräte sind im Sozialgesetzbuch (SGB V) verankert. Versicherte haben Anspruch auf die Versorgung mit Hörhilfen, die im Einzelfall erforderlich sind, um eine Behinderung auszugleichen. Wenn die Krankenkasse eine notwendige Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder zu Unrecht ablehnt, müssen die entstandenen Kosten erstattet werden.
Ein erheblicher Gebrauchsvorteil liegt also vor, wenn das Hörgerät im Alltag des Nutzers deutliche Verbesserungen bringt, die über die Grundversorgung hinausgehen und somit eine bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen gesunder Menschen ermöglichen.
Kann ich die Kosten für ein selbst beschafftes Hörgerät von meiner Krankenkasse erstattet bekommen?
Die Kosten für ein selbst beschafftes Hörgerät können nur unter bestimmten Bedingungen von der Krankenkasse erstattet werden. Grundsätzlich sind die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, die Kosten für medizinisch notwendige Hörhilfen zu übernehmen. Dies umfasst jedoch in der Regel nur die sogenannten Kassengeräte, die den festgelegten Festbetrag nicht überschreiten.
Wenn ein Versicherter ein teureres Hörgerät wählt, das über den Festbetrag hinausgeht, muss er den Mehrpreis normalerweise selbst tragen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, einen Antrag auf Übernahme der Mehrkosten bei der Krankenkasse zu stellen. Dieser Antrag muss gut begründet sein und darlegen, warum das teurere Gerät medizinisch notwendig ist und das Kassengerät nicht ausreicht.
Wichtig ist, dass der Versicherte vor der Selbstbeschaffung des Hörgeräts einen Ablehnungsbescheid der Krankenkasse einholt. Ohne diesen Bescheid besteht kein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten. Zudem sollte der Versicherte ein Hörtagebuch führen, in dem er die Vorteile des teureren Geräts im Alltag dokumentiert. Dies kann helfen, die Notwendigkeit des teureren Geräts zu belegen.
Rechtlich gesehen ist die Krankenkasse verpflichtet, die Kosten für eine Hörversorgung zu übernehmen, die dem Stand der Medizintechnik entspricht und den Hörverlust möglichst weitgehend ausgleicht. Die Festbeträge der Krankenkassen stellen keine Obergrenze dar, sondern lediglich eine Maßnahme zur Verwaltungsvereinfachung. Versicherte haben daher das Recht, eine vollständige Kostenübernahme zu beantragen, wenn das teurere Gerät nachweislich bessere Ergebnisse liefert.
In der Praxis kann es jedoch zu Streitigkeiten kommen, und es ist möglich, dass der Versicherte den Rechtsweg beschreiten muss, um seinen Anspruch durchzusetzen. Hierbei kann es hilfreich sein, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen.
Welche Rolle spielen berufliche Anforderungen bei der Versorgung mit Hörgeräten?
Berufliche Anforderungen spielen eine wesentliche Rolle bei der Versorgung mit Hörgeräten, insbesondere wenn es um die Kostenübernahme durch die Krankenkasse für höherwertige Geräte geht. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen grundsätzlich nur die Kosten für Hörgeräte, die im Hilfsmittelverzeichnis gelistet sind und den Festbetrag nicht überschreiten. Höherwertige Hörgeräte, die über diesen Festbetrag hinausgehen, werden nur in bestimmten Fällen finanziert.
Wenn berufliche Anforderungen ein höherwertiges Hörgerät notwendig machen, kann dies die Entscheidung über die Kostenübernahme beeinflussen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die berufliche Tätigkeit spezielle Anforderungen an das Hörvermögen stellt, die mit einem Standardgerät nicht erfüllt werden können. Beispiele für solche Berufe sind Klavierstimmer oder Tonmeister, bei denen ein besonders feines Gehör erforderlich ist. In solchen Fällen kann die Rentenversicherung die Mehrkosten übernehmen, sofern die Erwerbsfähigkeit ohne das höherwertige Hörgerät erheblich gefährdet oder gemindert wäre. Hierfür ist eine ausführliche Arbeitsplatzbeschreibung sowie eine ärztliche Verordnung und ein Anpassbericht des Hörgeräteakustikers notwendig.
Die Bundesagentur für Arbeit kann ebenfalls Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbringen, wenn die beruflichen Anforderungen ein höherwertiges Hörgerät erfordern und der Antragsteller weniger als 15 Jahre sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat. Auch hier werden nur die Mehrkosten über den Festbetrag der Krankenkassen hinaus übernommen.
Die Integrationsämter können in bestimmten Fällen ebenfalls für die Kosten zusätzlicher hörtechnischer Arbeitshilfen zuständig sein, insbesondere wenn es um die Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen für schwerbehinderte Menschen geht. Allerdings sehen die Integrationsämter aufgrund der privaten Nutzbarkeit von Hörgeräten eine Eigenbeteiligung vor, die in der Regel bei 20 % liegt.
Berufliche Anforderungen werden also bei der Entscheidung über die Versorgung mit einem höherwertigen Hörgerät berücksichtigt, wenn diese Anforderungen durch ein Standardgerät nicht erfüllt werden können und die Erwerbsfähigkeit dadurch gefährdet ist. Die Kostenübernahme erfolgt dann durch verschiedene Träger wie die Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit oder die Integrationsämter, wobei jeweils nur die Mehrkosten über den Festbetrag der Krankenkassen hinaus übernommen werden.
Was kann ich tun, wenn meine Krankenkasse meinen Antrag auf ein höherwertiges Hörgerät ablehnt?
Wenn die Krankenkasse den Antrag auf ein höherwertiges Hörgerät ablehnt, gibt es mehrere rechtliche Schritte, die unternommen werden können. Zunächst sollte geprüft werden, ob die Krankenkasse in ihrem Ablehnungsbescheid auf die Antragsbegründung eingegangen ist. Oft ist dies nicht der Fall, was ein Ansatzpunkt für einen Widerspruch sein kann.
Ein Widerspruch muss schriftlich innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsbescheids eingelegt werden, sofern dieser eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält. Fehlt diese Belehrung oder ist sie fehlerhaft, verlängert sich die Frist auf ein Jahr. Der Widerspruch sollte ausführlich begründet und mit Nachweisen, wie ärztlichen Stellungnahmen, untermauert werden. Es ist ratsam, den Widerspruch so schnell wie möglich zu begründen, um Verzögerungen zu vermeiden.
Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, besteht die Möglichkeit, Klage vor dem Sozialgericht zu erheben. Auch hier beträgt die Frist einen Monat nach Zugang des Widerspruchsbescheids, sofern eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten ist. Andernfalls verlängert sich die Frist auf ein Jahr. Im Verfahren vor dem Sozialgericht fallen keine Gerichtsgebühren an, und die Staatskasse übernimmt die Kosten für ein eventuell beauftragtes Sachverständigengutachten. Eine anwaltliche Vertretung ist zwar nicht zwingend erforderlich, aber aufgrund der Komplexität des Sozialrechts empfehlenswert.
In dringenden Fällen, in denen die Leistung sofort benötigt wird und nicht auf den Ausgang des Widerspruchs- oder Klageverfahrens gewartet werden kann, kann eine einstweilige Anordnung beim Sozialgericht beantragt werden. Diese vorläufige Maßnahme soll unzumutbare Nachteile abwenden und verpflichtet die Krankenkasse, die beantragte Leistung vorläufig zu gewähren. Das Gericht prüft dabei grob, ob ein Anspruch auf die Leistung besteht und ob ein Eilbedürfnis vorliegt.
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Frau K. konnte mithilfe der DGB Rechtsschutz GmbH Berlin erreichen, dass die Krankenkasse die von ihr gewählten Hörgeräte bezahlen musste. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschied, dass die Krankenkasse ein fortschrittliches, technisch weiterentwickeltes Hilfsmittel nicht mit der Begründung ablehnen dürfe, dass das günstigere Hilfsmittel ausreiche, um die Behinderung auszugleichen. Jeder behinderte Mensch habe den Anspruch auf einen unmittelbaren Behinderungsausgleich, also eine bestmögliche Versorgung mit Hilfsmitteln, sodass er mit Nichtbehinderten gleichziehen kann.
Es ist wichtig, alle relevanten Unterlagen, wie den Ablehnungsbescheid und den Widerspruch, sorgfältig aufzubewahren und bei Bedarf dem Sozialgericht vorzulegen. Eine umfassende Dokumentation und eine fundierte Begründung erhöhen die Erfolgsaussichten im Widerspruchs- und Klageverfahren erheblich.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 33 Abs. 1 SGB V – Hilfsmittelversorgung: Gesetzliche Grundlage für die Versorgung mit Hilfsmitteln wie Hörgeräten durch die Krankenkassen. Dieser Paragraph regelt, dass Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen haben, wenn diese erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder einer Behinderung vorzubeugen oder auszugleichen.
- § 33 Abs. 1 Satz 4 SGB V – Maßgebliche Kriterien: Stellt klar, dass im Rahmen der Hilfsmittelversorgung immer nur das Maß des Notwendigen gewährt wird. Ein höherwertiges Hörgerät muss einen „erheblichen Gebrauchsvorteil“ bieten, um über den Festbetrag hinaus erstattet zu werden.
- Sozialgerichtsgesetz (SGG) – Rechtsweg und Widerspruchsverfahren: Das SGG regelt den Verfahrensweg, um gegen ablehnende Bescheide der Krankenkassen vorzugehen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger das Widerspruchsverfahren genutzt. Wichtig ist hierbei, dass der Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid fristgerecht eingelegt werden muss.
- § 15 SGB IX – Teilhabe am Arbeitsleben: Dieser Paragraph ist relevant für den vorliegenden Fall, da der Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt hat. Hierunter fällt auch die Versorgung mit Hilfsmitteln, die zur Berufsausübung notwendig sind. Im Kontext beruflicher Anforderungen kann dies die Zuweisung eines spezielleren Hörgeräts rechtfertigen.
- Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zum „erheblichen Gebrauchsvorteil“: Das BSG hat entschieden, dass ein erheblicher Gebrauchsvorteil vorliegt, wenn das höherwertige Hilfsmittel wesentlich besser geeignet ist, um den individuellen Bedarf des Versicherten zu decken. Beispiele hierfür sind Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit bei beruflichen Anforderungen.
- Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V: Gibt an, unter welchen Bedingungen die Krankenkasse die Kosten für ein selbstbeschafftes Hilfsmittel erstatten muss. Dies ist der Fall, wenn die Krankenkasse die rechtzeitige Versorgung zu Unrecht abgelehnt hat. Der Kläger hätte hierfür nachweisen müssen, dass der Aufschub der Versorgung unzumutbar war.
- § 61 SGB XII – Kostenübernahme und Eigenanteil: Dieser Paragraph regelt, dass im Rahmen der Hilfsmittelversorgung ein Eigenanteil zu leisten ist, soweit keine anderweitige Leistungspflicht besteht. Bei höheren Kosten als dem Festbetrag muss der Versicherte nachweisen, dass ein Mehrbedarf besteht.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: L 7 R 115/15 – Urteil vom 19.10.2022
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 11. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Berufungsverfahren noch eine Kostenerstattung durch die Beigeladene aufgrund eines von dem Kläger während des anhängigen Berufungsverfahrens selbst beschafften Hörgerätes in Höhe von 1.250,00 €.
Der am … Juli 1955 geborene Kläger bezieht seit dem 1. Februar 2019 eine Altersrente für langjährig Versicherte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zuvor war er seit dem Jahre 2011 als Mitarbeiter der Haustechnik bei der Firma „M.“ in A-Stadt tätig. Seit Beginn des Bezuges seiner Altersrente ist der Kläger dort nach eigenen Angaben geringfügig weiter beschäftigt.
Am 19. Januar 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten u.a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch Kostenübernahme für eine beidseitige Hörgeräteversorgung. Die Beklagte leitete diesen Antrag am 25. Januar 2013 an die ihres Erachtens zuständige Beigeladene, die Techniker Krankenkasse, weiter. Zudem erließ die Beklagte am 19. März 2013 einen Ablehnungsbescheid und führte aus, dass aus medizinischer Sicht ihrer Auffassung nach kein sogenannter berufsbedingter Mehraufwand für die Versorgung mit Hörgeräten vorliege. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, mit welchem er geltend machte, dass eine Doppelbelastung durch Schwerhörigkeit und Tinnitus bei ihm bestehe und er an seinem Arbeitsplatz als Haustechniker besonderen Höranforderungen ausgesetzt sei. Er arbeite in einem großen Möbelhaus und habe dort viel mit der Koordinierung und Durchführung von Reparaturen zu tun. Zudem sei er aber auch viel im Kundenbereich tätig, z.B. in der Lampenabteilung, wo er Lampen vor Ort annehme und repariere. Er fügte seinem Widerspruch ein Schreiben seines Arbeitgebers bei, wonach zu seinen Aufgaben der persönliche Kontakt und die Kommunikation mit Lieferanten, Technikern und Handwerkern gehöre. Während der Öffnungszeiten seien größere Menschenmengen anwesend, sodass eine „100-prozentige Hörfähigkeit“ erforderlich sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ergänzend führte sie aus, dass eine adäquate Hörgeräteversorgung durch die Krankenkasse auch für die beruflichen Anforderungen des Antragstellers ausreichend sei. Die Tätigkeit des Klägers als Haustechnik-Elektromeister würde keine speziellen Anforderungen an das Hörvermögen über das übliche Maß jeglicher Berufstätigkeit hinaus stellen.
Bereits zuvor hatte der Kläger am 24. Januar 2013 auch bei der hiesigen Beigeladenen einen Antrag auf Kostenübernahme für eine Hörgeräteversorgung gestellt und hier einen Kostenvoranschlag für zwei Hörgeräte des Typs Widex Clear über insgesamt 2.593,00 € vorgelegt. Den Antrag lehnte die Beigeladene mit Bescheid vom 12. März 2013 ab und führte zur Begründung aus, dass eine Hörgeräteversorgung grundsätzlich nur in Höhe der gesetzlichen Festbeträge übernommen werde. Einer solchen Versorgung habe sie bereits am 14. Mai 2012 in Höhe von 1.192,80 € zugestimmt. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.
Mit seiner am 1. Juli 2013 vor dem Sozialgericht (SG) Schwerin erhobenen Klage hat der Kläger zunächst die Versorgung mit einem (höherwertigen) Hörgerät begehrt. Er benötige ein solches Hörgerät um seiner Tätigkeit, bei der er einer Lärmbelastung in Form von Heizungs-, Kühlungs- und Lüftungsanlagen ausgesetzt sei, nachgehen zu können. Er müsse aber auch leisere Gespräche von Kunden und Mitarbeitern verstehen.
Nach dem das SG zunächst einen Befundbericht von der den Kläger behandelnden HNO-Ärztin Dipl. med. S. eingeholt hatte, hat das SG mit Beschluss vom 25. September 2013 die Techniker Krankenkasse zum Verfahren beigeladen. Zudem hat es eine Arbeitgeberauskunft vom 24. September 2013 eingeholt. Hierin wurde unter anderem ausgeführt, der Kläger sei als Mitarbeiter der Haustechnik mit der Wartung und Reparatur von elektrischen Anlagen, der Betreuung von Fremdfirmen sowie der Durchführung und Prüfung elektronischer Anlagen, der Leuchtmittelprüfung und dem Schließdienst beschäftigt.
Der Kläger hat dann im Laufe des Verfahrens u.a. geltend gemacht, dass er eigenanteilsfreie Geräte bereits nach kurzer Zeit von 8 bis 10 Tagen Probehören zurückgegeben habe, da es nicht möglich gewesen sei, diese zu tragen. Er habe auch viel in der Öffentlichkeit zu tun, sodass er ein unauffälliges Gerät benötige.
Am 28. Januar 2015 hat der Kläger beim SG Schwerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Hierzu wurde ausgeführt, dass er seit 2014 keine Hörgeräteversorgung mehr habe, da die Hörgeräteakustiker den „Probebetrieb“ eingestellt hätten und den Ausgang des Verfahrens abwarten würden. Mit angebotenen „Kassengeräten“ sei er nicht zurecht gekommen. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 20. Februar 2015 abgelehnt (S 7 R 43/15 ER). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht habe. Zuständig für die begehrte Leistung sei nicht die Beklagte sondern die Beigeladene aufgrund der Weiterleitung des Antrages. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit oder sonstigen medizinischen Gründe der Versorgung mit einem höherwertigen Hörgerät bedürfe. Außerdem seien Gründe für eine dringliche Entscheidung nicht ersichtlich, da der Kläger eine durchaus mögliche Versorgung mit für ihn geeigneten Hörgeräten gegenüber der Beigeladenen bislang abgelehnt habe. Seine hiergegen erhobene Beschwerde hat der Kläger u.a. damit begründet, dass die Verantwortung für die ihm gesetzlich zustehenden Hörgeräteversorgung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen hin und her geschoben werde. Auch die von ihm selbst privat beschafften Hörgeräte aus der Familie seien nicht ausreichend.
Der Kläger hat beantragt, den Bescheid vom 19. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 aufzuheben und die Beigeladene zu verurteilen, die Kosten für ein höherwertiges Hörgerät zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene hat ebenfalls beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, dass ein Ausgleich der beim Kläger vorliegenden Hörbehinderung mit einem Festbetragsgerät erreicht werden könne. Aus Anpassungsunterlagen der Akustiker gehe hervor, das mit eigenanteilsfreien Hörgeräten jeweils 85 % Sprachverstehen im Freifeld erzielt worden sei. Mit dem Gerät Go Passwort pro sei zum Beispiel im Rahmen der Störschallmessung zudem mit 80 % der gleiche Wert wie bei der zwischenzeitlich vom Kläger begehrten Versorgung mit dem Gerät „Rubrum Mini“ erreicht worden.
Durch Urteil vom 11. Mai 2015 hat das SG Schwerin die Klage abgewiesen. Zuständiger Leistungsträger sei die Beigeladene, da die Beklagte den bei ihr am 19. Januar 2013 gestellten Antrag am 25. Januar 2013 an die Beigeladene weitergeleitet habe. Die Versorgung mit Hörgeräten sei eine einheitliche Leistung, die sich nicht in einen Festbetragsanspruch und die Versorgung mit höherwertigen Geräten außerhalb der Festbetragsregelung aufteilen lasse. Die Klage sei auch gegen die Beigeladene zulässig, obwohl kein abgeschlossenes Vorverfahren vorliege. Es sei zum einen bereits ein Rechtsstreit anhängig und die Beigeladene habe zum anderen im Rahmen dieses Rechtsstreits auch wiederholt und nachdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass sie zwar bereit sei den Kläger im Rahmen der Festbetragsregelung mit Hörgeräten zu versorgen, eine weitergehende Versorgung mit höherwertigen Hörgeräten habe sie aber abgelehnt.
Der Kläger habe einen über die zugesagte Versorgung im Rahmen der Festbetragsregelung hinausgehenden Anspruch weder nach den Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) noch nach den Bestimmungen des sechsten Sozialgesetzbuch – gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Es sei zwar zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger wegen seiner beidseitigen Schwerhörigkeit der Versorgung mit Hörgeräten bedürfe. Zur Überzeugung des Gerichts stehe aber gleichfalls fest, dass im Beruf des Klägers gegenüber dem alltäglichen Leben keine erhöhten Anforderungen an das Hörvermögen gestellt würden, die die Versorgung mit einem Hörgerät außerhalb der Festbetragsregelung erforderten. Die vom Kläger geschilderten Hör- bzw. Geräuschsituationen unterschieden sich nicht wesentlich von den Bedingungen, wie sie auch im alltäglichen Leben auftreten könnten. Das Führen von Telefonaten oder Gesprächen unter Störgeräuschen stellten keine besonderen Anforderungen an das Hörvermögen dar, die über die üblichen Anforderungen hinaus gingen, die bereits im alltäglichen Leben gestellt würden. Auch sei es erforderlich, außerhalb der beruflichen Tätigkeit, z.B. Warnsignale wahrzunehmen oder Durchsagen in einem Kaufhaus verstehen zu können, da man auch als Nichtberufstätiger in Gefahrenlagen geraten könne. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die vom Kläger bevorzugten Hörgeräte sich hinsichtlich ihrer Hörleistung nicht wesentlich von eigenanteilsfreien Festbetragsgeräten unterschieden, die von ihm gleichfalls getestet worden seien und ebenfalls über keine besonderen Tinnitusfunktionen verfügten. Soweit er bemängele, dass derartige Messungen unter den unnatürlichen Bedingungen eines Labors beim Hörgeräteakustiker erfolgt seien und nichts über die Tauglichkeit der Hörgeräte unter normalen Bedingungen am Arbeitsplatz aussagen würden, sei dem entgegenzuhalten, dass allein unter diesen „Laborbedingungen“ vergleichende Messungen mit verschiedenen Hörgeräten vorgenommen werden könnten. Hinsichtlich der Geeignetheit von Hörgeräten könne hingegen nicht auf das subjektive Empfinden des jeweiligen Versorgungsberechtigten abgestellt werden.
Gegen das ihm am 21. Mai 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Mai 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern eingelegt. Er verweise auf Rechtsprechung, wonach etwa eine einfache Verkäuferin in einem ähnlichen Verfahren Recht bekommen habe, ebenso wie ein Oberleitungsmonteur. Er begehre im Zuge der Gleichberechtigung eine für ihn ausreichende Versorgung. Gute Hörergebnisse habe er z.B. mit dem Gerät der Firma Oticon Typ Nera erzielt.
Während des anhängigen Berufungsverfahrens hat der 4. Senat des LSG Mecklenburg-Vorpommern am 25. November 2015 die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des SG Schwerin vom 20. Februar 2015 zurückgewiesen (L 4 R 66/15 B ER). Zur Begründung hat der 4. Senat u.a. ausgeführt, der Senat gehe davon aus, dass der Kläger sich nicht gegen die Beklagte, sondern gegen die nach Auffassung des SG sachlich zuständige Beigeladene wende. Dies sei jedoch für die Begründetheit des Antrages letztlich unerheblich, weil auch im Verhältnis zur Techniker Krankenkasse die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vorlägen. Es bestünden bereits erhebliche Zweifel daran, ob der Kläger in der Hauptsache einen Anspruch auf die begehrte Hörgeräteversorgung (Anordnungsanspruch) habe. Denn zum einen habe die Beigelade im Hauptsacheverfahren anhand der Anpassung des Hörgeräteakustiker aufgezeigt, dass die begehrten höherwertigen Hörgeräte keine wesentlichen Gebrauchsvorteile gegenüber den eigenanteilsfreien Geräten böten. Ästhetische Gesichtspunkte und Tragekomfort begründeten keinen Anspruch des Klägers auf eine höherwertige Versorgung. Zum anderen habe das SG in seinem Urteil nachvollziehbar dargelegt, dass die beruflichen Anforderungen an das Hörverstehen des Klägers nicht wesentlich höher seien als im Alltagsgebrauch. Auf jeden Fall sei aber eine Eilbedürftigkeit für eine vorläufige Regelung (Anordnungsgrund) gegenwärtig nicht gegeben.
Der Kläger hat dann im weiteren Verlauf des Verfahrens weitere Hörgeräte erprobt aber die Versorgung dann abgebrochen. Er hat u.a. beanstandet, dass z.B. entsprechende Prüfungen mit Störgeräuschen von Hörgeräteakustikern nicht durchgeführt worden seien. Bei den Festbetragsgeräten, die er getestet habe, sei es aber auch so gewesen, dass im Alltagsgebrauch die Störgeräusche sehr stark zu vernehmen gewesen seien.
Das LSG hat zunächst bei der Firma Hörgeräteakustiker Wiesner entsprechende Unterlagen bzw. Auskünfte im Hinblick auf fehlende Testungen der Geräte unter Störschall eingeholt. Die Firma Hörgeräteakustik Wiesner hat eine Liste der vom Kläger erprobten Hörgeräte ab September 2016 übersandt und ausgeführt, dass mit allen Hörgeräten in der Anpasskabine über 65 dB Freifeldmessungen/Erfolgsmessungen durchgeführt worden seien, auch Messungen mit 60 dB Störschall (60 dB Rauschen). Der Test sei nach dem Freiburger Sprachtest DIN 45621 durchgeführt worden.
Der Kläger hat später im Juni 2017 mitgeteilt, er habe ein Hörgerät von der Firma Kind erworben. Er habe u.a. ein Formular unterschreiben müssen und habe es nicht mit eigenen Zusätzen oder Änderungen versehen dürfen. Das Sprachverstehen des zuzahlungsfreien Gerätes sei schlechter gewesen. Er habe zwar erklärt, dass er mit der Zuzahlung einverstanden sei, aber ohne eine entsprechende Unterschrift sei keine Bearbeitung bzw. kein Kauf möglich gewesen. Hierzu hat der Kläger ein Angebot der Firma Kind vom 23. Januar 2017 im Hinblick auf die Versorgung mit dem Hörgerät KIND Zeno Ex K2 – Quarzsand – zu den Akten gereicht. Schließlich reichte der Kläger den Auftrag zur Anpassung dieses Hörgerätes ein, wonach er bei einem Gesamtbetrag von 2.784,00 € abzüglich der Zahlung durch die Beigeladene i.H.v. 1.514,00 € einen Eigenanteil in Höhe von 1.270,00 € zu tragen habe. Weiter heißt es im Hinblick auf die Art der Hörgeräteversorgung, dass der Kläger eine aufzahlungsfreie Versorgung abgelehnt habe. Er sei darüber informiert worden, dass mit seiner Wahl auch Mehrkosten für Reparaturen und Wartungsleistungen entstehen könnten. Er habe unterschiedliche Hörgeräte-Typen im Vergleich getestet, von denen mindestens eins zuzahlungsfrei gewesen sei.
Der Kläger trägt vor, dass er nunmehr die Kostenübernahme seines Eigenanteils von 1.250,00 € begehre. Das Kaufdatum sei der 31. August 2017 gewesen. Dies sei mit Zustimmung des Gerichts erfolgt, dies habe ihm mitgeteilt, die Geräte erst einmal käuflich zu erwerben. Die Hörgeräteakustiker, die er aufgesucht habe, versuchten immer wieder einen Mehrbedarf über der Grundversorgung „abzuwiegeln“. Grund hierfür seien die „merkwürdigen“ Verträge von Krankenkassen mit den Hörgeräteakustikern.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts A-Stadt vom 11. Mai 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 aufzuheben und die Beigeladene zu verurteilen, ihm für das selbst beschaffte Hörgerät KIND Xeno EX K2 einen Betrag von 1.250,00 Euro zu erstatten.
Die Beklagte hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend, stellt jedoch keinen Sachantrag.
Die Beigeladene beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend. Sie hat zunächst darauf hingewiesen, dass zum Beispiel von der Firma Auris sowohl ein eigenanteilsfreies Hörgerät als auch das vom Kläger gewünschte höherpreisliche Hörgerät angepasst worden seien. In der vergleichenden Anpassungen sei ein identisches Sprachverstehen im Störgeräusch erzielt worden.
Schließlich hat das LSG weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens über den Versorgungsbedarf des Klägers durch den Hörgeräteakustiker Dipl. Ing. M. aus R..
In dem Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. M. vom 26. September 2017 heißt es unter anderem, der Kläger sei am 7. Juli 2017 untersucht worden. Der Kläger habe im Laufe der letzten Jahre mehrere Hörgerätegeschäfte aufgesucht und versucht, sich mit Hörgeräten versorgen zu lassen; im Jahre 2013 von der Firma Hörgeräte Kersten, ebenso im Jahr 2013 von der Wiesner Hörgeräteakustik, im Jahr 2016 von der Firma Auris Hörgeräte und im Jahre 2017 von der Firma Kind Hörgeräte. Das von ihm selbst getestete Hörgerät Oticon 2 Pro Ex sei das Testgerät der Firma Kind und entspreche dem Hörgerät Kind Zenso EX K2. Mit diesem Gerät sei durch den Kläger genauso gut im Freifeld verstanden worden wie mit anderen höherwertigen Hörgeräten. Nur im Störlärm sei ein besseres (bis 10 %) Verständnis erreicht worden. Die von ihm aufgenommene autometrischen Kenndaten deckten sich zum größten Teil mit den Daten, die auch vorher von den Hörgeräteakustikern aufgenommen worden seien. Bei ihm seien zuzahlungsfreie Hörgeräte ebenfalls angepasst worden und zwar von der Firma Siemens. Er habe damit schlechter verstanden als mit den anderen Hörgeräten mit Zuzahlung. Der Verdacht liege nahe, dass der Kläger es mitbekommen habe, dass es die zuzahlungsfreien Hörgeräte seien. Bei seinen Tests habe er mit zuzahlungsfreien Hörgeräten 25 % schlechter verstanden als bei den anderen Akustikern. Dort sei er auf einen höheren Wert von ca. 80 % gekommen. Der Kläger sei mit dem Hörgerät Kind Zeno Ex K2 sehr gut versorgt und alle Aufgaben beim Arbeitgeber könnten erledigt werden.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, dass er im Grunde genommen mit dieser Beurteilung einverstanden sei, jedoch nicht mit dem letztlich geäußerten Betrugsverdacht durch den Sachverständigen.
Die Beigeladenen hat die Auffassung vertreten, dass kein beruflicher Mehrbedarf vorliege. Es bleibe im Übrigen unklar, zu welchem Ergebnis das übersandte Gutachten komme. Es würden einige positive Aspekte der bestehenden Hörgeräteversorgung genannt. Welche Hörgeräte einen wesentlichen Gebrauchsvorteil böten, bleibe offen. Es liege auf der Hand, dass unterschiedliche Gerätetypen, insbesondere solche der Premiumklasse, über weitergehende Funktionen verfügten als eigenanteilsfreie angebotene Modelle. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung sei aber gerade nicht jedweder Zugewinn als wesentlicher Gebrauchsvorteile anzusehen.
Hiergegen wendet der Kläger ein, das mit dem aufzahlungsfreien Hörgerät „Kind Libra Ex“ ein viel schlechteres Sprachverstehen geben gewesen sei; die Versorgung mit diesem sei beendet worden. Die von der Firma Kind angegebenen Werte entsprächen nicht den Werten beim tatsächlichen Probetragen. Es liege eine Verzerrung der Wirklichkeit vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten L 7 R 115/15 – S 7 R 277/13 und die Gerichtsakten S 7 R 42/50 ER – L 4 R 66/15 B ER sowie dem vorliegenden Verwaltungsvorgang der Beigeladenen (5 Bände) und den vorliegenden Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat nunmehr seinen Antrag auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des Hörgerätes Zeno Ex K2 von der Firma KIND umgestellt. Dies ist zulässig. Ob hierin eine Klageänderung zu sehen ist oder, weil eine neue HNO-ärztliche Verordnung gegenüber dem Kläger unter dem 10. Oktober 2016 erfolgt ist, „nur“ statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG) ist letztlich unerheblich. Im letzteren Falle wäre diese Umstellung ohne Weiteres schon zulässig, weil sie keine Klageänderung darstellt. Im Falle der Annahme einer Klageänderung ist diese jedenfalls gemäß § 99 Abs. 1 SGG zulässig, da nicht nur der Senat die Änderung für sachdienlich erachtet hat, sondern sich auch die übrigen Beteiligten auf diese abgeänderte Klage schriftlich und in der mündlichen Verhandlung eingelassen haben (vgl. § 99 Abs. 1 und Abs. 2 SGG).
Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg, da dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten, die durch die Selbstbeschaffung des Hörgerätes KIND Zeno Ex K2 entstanden sind, gegenüber der Beigeladenen nicht zusteht.
Maßgebliche Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch gegenüber der Beigeladenen ist § 13 Abs. 3 SGB V. Gemäß dieser Vorschrift sind von der Krankenkasse entstandene Kosten zu erstatten, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht hat oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Dieser Anspruch muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Bestehen eines Primär-(Naturalleistungs-) Anspruchs des Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Selbstbeschaffung der entsprechenden Leistung durch den Versicherten, Notwendigkeit der selbstbeschafften Leistung und (rechtlich wirksame) Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung.
Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ist allein schon deshalb abzulehnen, weil dem Kläger schon kein Primäranspruch gegenüber der Beigeladenen auf Versorgung mit den von ihm selbst beschafften Hörgeräten zustand. Die Beigeladene hat den Antrag des Klägers nicht zu Unrecht abgelehnt.
Anspruchsgrundlage des Sachleistungsanspruchs sind die §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Gemäß der letztgenannten Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind.
Dass der Kläger zum Ausgleichs einer Schwerhörigkeit einen Anspruch auf eine Versorgung mit Hörgeräten hat, die nach § 34 Abs. 4 SGB V nicht aus der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen ist, wird von den Beteiligten im Grundsatz gar nicht infrage gestellt.
Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich, denn das Hilfsmittel ermöglicht, ersetzt oder erleichtert die beeinträchtigte Körperfunktion – hier das Hören. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Standes des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Ziel des Behinderungsausgleichs ist es, hörbehinderte Menschen im Rahmen des Möglichen das Hören und Verstehen in größeren Räumen bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt die Versorgung beispielsweise mit voll digitalen Hörgeräten ein (BSG-Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.: B 3 KR 20/08 R, Urteil vom 24. Januar 2013, AZ: B 3 KR 5/12 R).
Begrenzt ist dieser Anspruch auf Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V allerdings durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V. Die Krankenkasse erfüllt grundsätzlich mit der Zuzahlung des Festbetrages ihre Leistungspflicht (§ 12 Abs. 2 SGB V). Der für ein Hilfsmittel festgesetzte Festbetrag, der eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebotes darstellt, begrenzt die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung allerdings dann nicht, wenn er für den Ausgleich der konkreten vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreicht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, aaO; Urteil des 6. Senats des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. August 2020, L 6 KR 36/16 Rz. 47 ff. nach juris). Wesentliches Abgrenzungskriterium muss demnach die Frage sein, ob das begehrte Hörgerät einen erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber anderen, zum Festbetrag erhältlichen Hörhilfen bietet. Voraussetzung hierfür ist, dass sich der Hörgewinn objektivieren lässt; ein subjektiver Eindruck des Versicherten kann hingegen regelmäßig nicht ausreichen. Es bedarf vielmehr eines messbaren Gebrauchsvorteils (Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 19. August 2020 aaO; Urteil des erkennenden Senates vom 13. Juli 2016, L 7 R 205/14).
Der Senat vermochte vorliegend nicht festzustellen, dass beim Kläger zum möglichst weitgehenden Ausgleichs seiner Schwerhörigkeit eine Versorgung mit einem Hörsystem zum Festbetrag bzw. einem zuzahlungsfreien Hörgerät nicht möglich. Ein wesentlicher Gebrauchsvorteil im Hinblick auf das von ihm beschaffte Gerät der Firma KIND Zeno Ex K2 gegenüber dem beim Kläger durch den Hörgeräteakustiker zuletzt getesteten Hörgerät ohne Zuzahlung (KINDlibra Ex anthrazit-metallic) besteht nicht.
Ausweislich des Hörprotokolls der Firma KIND vom 23. Juni 2017 bzw. Angaben zur Hörgeräte-Anpassung gleichen Datums ergaben sich bei den Vergleichsmessungen mit Nutzschall von 65 dB und Störschall unter 40 dB keinerlei Unterschiede zwischen beiden Geräten, die Verständlichkeit betrug jeweils 100 %. Bei der Messung des Sprachverstehens im Freifeld mit dem gleichen Nutzschall, jedoch mit einem Störschall von 60 dB, ergab sich allein eine Differenz von 5 % (zuzahlungsfreies Gerät KINDlibra EX Sprachverstehen 80 %; Hörgerät Kind Zeno EX K2 Sprachverstehen 85 %).
Ein nur um 5 Prozentpunkte besseres Sprachverstehen für ein zuzahlungspflichtiges Hörgerät – zumal allein beim Störschall von 60 dB – rechtfertigt nicht die Annahme eines wesentlichen Gebrauchsvorteils des zuzahlungspflichtigen Hörgerätes gegenüber einem zuzahlungsfreien Hörgerät (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 28. April 2021 – L 11 KR 2082/19; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 30. November 2021, L 11 R 3540/20; ferner die bereits genannten Urteile des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 19. August 2020 und 13. Juli 2016). Hierbei ist zu beachten, dass ein Unterschied von lediglich 5 % von Zufälligkeiten, z.B. der jeweiligen Tagesform, abhängig ist. Dabei hat auch der erkennende Senat keinen Zweifel daran, dass der etwa von der Firma KIND verwandte Freiburger Sprachtest, wie er im Übrigen auch schon zuvor von den Hörgeräteakustikern und dem vom LSG eingeschalteten Sachverständige verwandt wurde, ein geeignetes Mittel ist, um die Güte eines Hörsystems bewerten zu können. Hierbei ist auch zu bedenken, dass rein subjektive Schilderung weder durch die Krankenkassen bzw. auch durch die Gerichte nicht überprüfbar sind und deshalb nicht Grundlage für die Beurteilung sein können, welches Hörgerät ausreicht, um eine Behinderung auszugleichen.
Die Einwände des Klägers, nicht nur gegenüber dem Testergebnis der Firma Kind, sondern auch schon zuvor gegenüber jeder erfolgten Testung durch andere Hörgeräteakustiker mit den zuzahlungsfreien Hörgeräten sind nicht plausibel und können nicht die dem Kläger treffende objektive Feststellungslast beseitigen.
Der Kläger hat zum einen behauptet, dass entsprechende Untersuchungen bei Hörgeräteakustikern zum Teil ohne „Störgeräusche“ erfolgt seien. Andererseits will er wiederum Störgeräusche überhaupt nicht gehört haben bzw. bezweifelt grundsätzlich die von den jeweiligen Hörgeräteakustikern festgestellten Messergebnisse, soweit sie vermeintlich nicht sein Begehren „stützen“.
Hierzu ist schon festzustellen, dass der vom LSG beauftragte Sachverständige Dipl. Ing. M. ausweislich seines Gutachtens vom 26. September 2017 genau die entsprechenden gleichen „normierten“ Testungen vorgenommen hat wie etwa zuvor andere Hörgeräteakustiker, beispielsweise die Firma Auris oder die Firma Wiesner und wie sie auch durch die Firma KIND durchgeführt werden. Insofern ist es schon erstaunlich, dass der Kläger nunmehr die mit demselben Freiburger Sprachentest vorgenommene Prüfung durch den Sachverständigen sich quasi „zu eigen macht“, während er hingegen andere ebenfalls objektive Testergebnisse letztlich nicht gelten lassen will, ohne hier objektivierbare Anhaltspunkte aufzuzeigen, warum diese „falsch“ sein sollten. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass dem Sachverständigen die erfolgte Testung der Firma KIND mit dem zuzahlungsfreien Hörgerät nicht bekannt gewesen ist und insofern eine „Vergleichsmessung“ im Hinblick auf das vom Kläger ausgewählte Hörgerät nicht vorgenommen werden konnte. Insbesondere hat der Sachverständige selbst aber ausgeführt, dass das von ihm verwandte „zuzahlungsfreie“ Hörgerät der Firma Siemens zwar getestet wurde, aber darauf hingewiesen, dass der Kläger mit zuzahlungsfreien Hörgeräten bei ihm nun 25 % weniger verstanden haben will, als bei anderen Hörgeräteakustikern. Daher hat der Sachverständige sich veranlasst gesehen, den Verdacht zu äußern, dass der Kläger mitbekommen habe, dass dies ein zuzahlungsfreies Hörgerät gewesen ist. Diesem „Verdacht“ brauchte der Senat allerdings nicht weiter nachzugehen. Jedenfalls bestehen schon objektiv entsprechende „Auffälligkeiten“ dahingehend, dass etwa bei der Testung durch die Firma Auris am 9. Dezember 2016 keinerlei Abweichung bei der Verständlichkeitsquote bei zuzahlungsfreien Hörgeräten im Vergleich zum damals vom Kläger favorisierten Hörgerät festgestellt wurde. Auch bei der Firma Wiesner wurde bereits bei einer Testung vom 4. Februar 2014 eine Verständlichkeitsquote im Freifeld bei einem zuzahlungsfreien Hörgerät von 80 % im Vergleich zu einem zuzahlungspflichtigen Hörgerät, mit einer Verständlichkeitsquote von „nur“ 85 % festgestellt. Dies entspricht im Ergebnis auch der Testung durch die Firma KIND mit dem zuzahlungsfreien Hörgerät.
Daher vermag auch das Gutachten des Sachverständigen M. nicht den erforderlichen Beweis des Bestehens eines wesentlichen Gebrauchsvorteils des vom Kläger angeschafften Hörgerätes zu erbringen, zumal die entsprechende Aussagekraft der von ihm erhobenen Testungen vom Sachverständigen selbst eingeschränkt wurde. Zudem ist bemerkenswert, dass auch der Sachverständige keinerlei medizinische Erklärung im Hinblick auf das bei ihm vom Kläger angegebene Hörvermögen bei einem zuzahlungsfreien Hörgerät geben konnte und sich dies auch nicht aus den weiteren Unterlagen erklären lässt.
Mithin kann der Senat auch dahingestellt bleiben lassen, wie die Erklärung des Klägers im Hinblick auf einen „Verzicht“ auf die Geltendmachung eines Zuzahlungsanspruches gegenüber der Firma Kind zu werten ist.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger auf das von ihm beschaffte Hörgerät nicht nur keinen Sachleistungsanspruch aus den Vorschriften für die gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) hat, sondern ein solcher auch nicht gegenüber der Beklagten als etwaigem Rehabilitationsträger bestehen kann. Unabhängig davon, ob ein entsprechendes Hilfsmittel in Form der Hörgeräteversorgung hier als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder als Leistung im Rahmen der medizinischen Rehabilitation anzusehen wäre, ist auch insoweit Voraussetzung für eine entsprechend zu prüfende Primärversorgung und eines damit dann nachfolgend entstandenen Erstattungsanspruchs gegenüber der Beigeladenen, dass die höherwertige Ausstattung bzw. Notwendigkeit der Zuzahlung aus beruflichen Gründen überhaupt erforderlich wäre. Dies ist hier, worauf das SG Schwerin bereits zutreffend hingewiesen hat, nicht der Fall. Der Senat schließt sich ausdrücklich der entsprechenden Würdigung des SG an. Die mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Techniker verbundenen Anforderungen an das Hörvermögen gehen letztlich nicht über die Anforderungen hinaus, die auch im privaten Alltag zu bewältigen sind. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger ausschließlich in seiner konkreten beruflichen Tätigkeit auf eine besondere bzw. spezielle Hörfähigkeit angewiesen wäre. Im Übrigen ist aber auch ein entsprechender notwendiger Gebrauchsvorteil im o.g. Sinne nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da ein Grund hierfür (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG) nicht vorliegt.