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Voraussetzung an volle Erwerbsminderungsrente

SG Duisburg – Az.: S 10 R 1183/15 – Urteil vom 26.04.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Im Streit ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die am 11.12.1965 geborene Klägerin absolvierte von Juli 1982 bis Juni 1984 eine Ausbildung zur Arzthelferin. Anschließend war die Klägerin bis zur Geburt ihrer Tochter im März 1994 bei verschiedenen Arbeitgebern als Arzthelferin tätig. Von März 1994 bis Januar 2009 übte die Klägerin mit Ausnahme eines Zeitraumes vom 01.03.2002 bis zum 31.08.2002 keine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit aus. Seit dem 09.02.2009 arbeitete die Klägerin im Alfried Krupp Krankenhaus Essen als Arzthelferin in einem zeitlichen Umfang von vier Stunden täglich, wobei sie für Blutentnahmen zuständig war. Die Klägerin ist seit dem 07.05.2011 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und bezog vom 18.06.2011 bis zum 02.11.2012 Krankengeld.

Am 07.05.2011 wurde die Klägerin als Radfahrerin von einem Pkw angefahren und erlitt eine Fraktur des Lendenwirbelkörpers 1. Die Klägerin befand sich vom 07.05. bis zum 10.05.2011 in dem Chirurgischen Zentrum der Universitätsklinik Essen in stationärer Behandlung, in deren Rahmen zunächst eine konservative Behandlung mit Korsettversorgung durchgeführt wurde. Da die initial konservative Therapie nicht den gewünschten Erfolg zeigte, wurde im Rahmen einer stationären Behandlung im Universitätsklinikum Essen vom 26.05. bis 31.05.2011 ein operativer Eingriff mit dorsaler Stabilisierung der LWK 1-Fraktur mit Einsatz eines Fixateurs intern vorgenommen. Im Rahmen einer ambulanten Vorstellung zur Verlaufskontrolle am 04.07.2011 wurden wegen persistierender Beschwerden der Verdacht auf eine persistierende Instabilität geäußert und die Indikation für eine ventrale Stabilisierungsoperation gestellt. Diese Operation wurde während eines stationären Aufenthaltes der Klägerin vom 02.08. bis zum 09.08.2011 im Universitätsklinikum Essen durchgeführt, wobei ein Teilersatz des vorderen Lendenwirbelkörpers 1 durch Bandscheibenmaterial und Einbringung eines Teiles der untersten linken Rippe nach Entnahme von Knochenspan vorgenommen wurde. Wegen eines neuropathischen Schmerzes nach ventraler Stabilisierungsoperation erfolgte vom 23.08. bis 26.08.2011 eine weitere stationäre Behandlung in der Universitätsklinik Essen, in deren Rahmen eine konservative intravenöse Schmerztherapie und eine Infiltrationsbehandlung durchgeführt wurde. In einer Kontrolluntersuchung vom 17.10.2011 wurde wegen weiterhin bestehender Schmerzen im Bereich des dorsal eingebrachten Fixateurs intern eine vorzeitige Metallentfernung beschlossen, die während eines stationären Aufenthaltes vom 13.12. bis 15.12.2011 vorgenommen wurde. Bei einer ambulanten Untersuchung vom 09.01.2012 im Universitätsklinikum Essen wurden weiterhin bestehende lumbale und sakrale Schmerzen festgestellt und die Notwendigkeit weiterführender MRT-Untersuchungen zum Ausschluss einer foraminalen Stenose im Lendenwirbelsäulenbereich gesehen. Am 18.01.2012 stellte sich die Klägerin wegen persistierender Schmerzen in der Wirbelsäulensprechstunde der Orthopädischen Klinik des St. Franziskus-Hospitales Münster vor, wo von einer Schmerzchronifizierung nach initial konservativem Behandlungsversuch einer LWK 1-Berstungsfraktur ausgegangen und eine intensive konservative Therapie mit Optimierung der medikamentösen Behandlung empfohlen wurde.

In der Zeit vom 10.01. bis 31.01.20xx wurde auf Veranlassung der Beklagten eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der N.-Klinik in Bad Oeynhausen durchgeführt. In dem Entlassungsbericht vom 09.02.2012 wird ausgeführt, dass die Klägerin seit dem 07.05.2011 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt sei und sich bei Abschlussuntersuchung weiterhin ein deutlicher Druck- und Klopfschmerz im thorako-lumbalen Übergang in Höhe des Lendenwirbelkörpers 1 zeigen würde. Die Klägerin wurde mit mäßigem Rehabilitationsergebnis als arbeitsunfähig bis zur Rekonvaleszenz in die weitere ambulante Betreuung entlassen. Es wurde die Durchführung einer CT-Untersuchung der Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule zur Überprüfung der knöchernen Durchbauung und in Abhängigkeit von den Befunden ggf. eine dorsale transpedikuläre knöcherne Fusion im thorakolumbalen Übergang empfohlen. Ferner wurde ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der von der Klägerin geschilderten beruflichen Belastung und der funktionellen Einschränkungen bei den bestehenden Diagnosen der Klägerin die zuletzt durchgeführte Tätigkeit als Arzthelferin mindestens sechs Stunden und mehr zuzumuten sei.

Die Klägerin befand sich wegen permanenter lumbaler Rückenschmerzen in der Zeit vom 26.03. bis 29.03.20xx in stationärer Behandlung des St. Josef-Krankenhauses Kupferdreh, wo eine mehrsegmentale Grenzstrangbehandlung durchgeführt und die medikamentöse Behandlung mit einem Opiat verordnet wurde. Wegen ausgeprägter lumbosakraler Schmerzen erfolgten weitere stationäre Behandlungen im St. Josef-Krankenhaus Kupferdreh vom 25.06. bis 29.06.2012 und im Schmerzzentrum Rhein-Ruhr vom 05.09. bis 14.09.2012. Seit dem 22.11.2012 befand sich die Klägerin fortlaufend in der ambulanten schmerztherapeutischen Behandlung des Anästhesisten und Schmerztherapeuten Dr. Zimmer in der schmerztherapeutischen Ambulanz des Marienhospitales Bottrop.

Die Klägerin beantragte am 03.12.2014 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch Dr. G., die aufgrund einer am 12.03.2015 durchgeführten Untersuchung feststellte, dass bei der Klägerin gegenwärtig eine in ihrer körperlichen Minderbelastbarkeit begründete, teils durch die chronische Schmerzsymptomatik hervorgerufene mittelschwere ängstlich-depressive Symptomatik mit Labilisierung und einer zunehmenden Hoffnungslosigkeit im Sinne einer Anpassungsstörung bestehen würde. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen schlechten psychischen Verfassung sei die Klägerin nicht in der Lage, einer gewinnbringenden Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen, so dass ein unter dreistündiges Leistungsvermögen vorliege. Diese Leistungsminderung liege seit dem 01.12.2014 vor. Um ihr traumatisches Unfallereignis aufzuarbeiten, ihre seelischen Blockaden zu überwinden und dadurch eine anhaltende Stabilität zu erlangen, bedürfe die Klägerin weiterhin der kontinuierlichen, stützend-begleitenden Psychotherapie. Eine Nachuntersuchung wurde nach einem Zeitraum von einem Jahr empfohlen.

Mit Bescheid vom 11.06.2015 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente nicht. Nach den medizinischen Feststellungen sei die Klägerin zwar seit dem 07.05.2011 befristet voll erwerbsgemindert. Weitere Voraussetzung für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente sei jedoch, dass im Versicherungskonto der Klägerin innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt seien. In dem maßgeblichen Zeitraum vom 07.05.2006 bis zum 06.05.2011 seien im Versicherungskonto der Klägerin jedoch nur 28 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen enthalten, so dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 01.07.2015 Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass sie nicht bereits seit dem 07.05.2011 voll erwerbsgemindert gewesen sei. Als sie sich den Lendenwirbelbruch im Rahmen des Verkehrsunfalles am 07.05.2011 zugezogen habe, hätte man davon ausgehen können, dass eine Wiedergenesung erfolgen werde. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten sich erst später verschlimmert, weil sich eine Chronifizierung der Schmerzen, ein Fibromyalgiesyndrom, eine Depression und eine Angststörung entwickelt hätten. Das Ausmaß der beim Unfall vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen habe nicht einer vollen Erwerbsminderung entsprochen. Eine volle Erwerbsminderung sei erst zwischen dem Ende der Rehabilitationsmaßnahme und der Rentenantragstellung eingetreten.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 05.10.2015 zurück und führte zur Begründung aus, dass die Erwerbsminderung zweifelsfrei bereits seit dem Unfallereignis vom 07.05.2011 vorliegen würde. Nach dem Unfallereignis habe die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht mehr wiederhergestellt werden können. Bezogen auf die seit dem 07.05.2011 bestehende volle Erwerbsminderung habe die Klägerin in dem davor liegenden Fünfjahreszeitraum statt der erforderlichen 36 Kalendermonate nur 28 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 28.10.2015 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung sei nicht am 07.05.2011, sondern erst am 01.12.2013 eingetreten. Bezogen auf diesen Zeitpunkt habe sie in dem davorliegenden Fünfjahreszeitraum 45 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt, so dass ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe. In der Zeit vom 07.05.2011 bis Dezember 2013 habe man davon ausgehen können, dass die Klägerin wieder genesen würde. Die Klägerin habe nach dem Unfall zunächst „normale“ Schmerzen gehabt, die sich erst im Laufe der folgenden Jahren zu einem solchen Ausmaß verstärkt hätten, dass sie nicht mehr in der Lage gewesen sei, drei Stunden am Tag erwerbstätig zu sein. Erst in einem Arztbericht der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie des Marienhospitales Bottrop vom 23.12.2013 sei ein chronifiziertes Schmerzsyndrom im Chronifizierungsstadium III nach Gerbershagen und eine somatoforme Schmerzstörung im Sinne eines Fibromyalgiesyndromes festgestellt worden. Erst dieses erweiterte Ausmaß der Schmerzen im Dezember 2013 habe dazu geführt, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage gewesen sei, drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Zudem habe sich auch die Depression und die Anpassungsstörung erst im Laufe der Zeit nach dem Unfall entwickelt. Die durch die Depression hervorgerufene volle Erwerbsminderung sei erst ab Dezember 2013 eingetreten. Zudem sei für die Zeit ab Februar 2012 von einem drei- bis unter sechsstündigen Leistungsvermögen auszugehen. Sowohl bezogen auf den Zeitpunkt Dezember 2013 als auch den Zeitpunkt Februar 2012 lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente vor.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2015 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 01.02.2012 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme habe bestätigt, dass der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung auf Zeit am 07.05.2011 eingetreten sei. Eine volle Erwerbsminderung trete nicht erst zu dem Zeitpunkt ein, zu dem eine mögliche Besserung nicht mehr absehbar sei, sondern in dem Moment, in dem die Erwerbsfähigkeit faktisch aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gegeben sei. Erleide eine Versicherte einen Unfall, so sei selbstverständlich in den meisten Fällen nicht automatisch und unverrückbar davon auszugehen, dass dadurch eine rentenberechtigende Leistungsminderung vorliege, sondern zunächst von einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Stelle sich im Verlauf heraus, dass sich die Hoffnung auf eine kurz- bis mittelfristige Besserung nicht erfülle und der Unfall eine Erwerbsminderung verursacht habe, so sei die Erwerbsminderung rückblickend zum Unfallzeitpunkt eingetreten und nicht zu dem Zeitpunkt, zu dem die erwartete Besserung nicht mehr absehbar sei. Auch der Umstand, dass die Klägerin seit dem 07.05.2011 ihre körperlich leichte Tätigkeit als Arzthelferin im Bereich der Blutentnahme im zeitlichen Umfang von vier Stunden täglich nicht wieder aufgenommen habe und für diese Tätigkeit arbeitsunfähig gewesen sei, bestätige, dass seit diesem Zeitpunkt die volle Erwerbsminderung vorgelegen habe.

Das Gericht hat Befundberichte des die Klägerin im Marienhospital Bottrop behandelnden Schmerztherapeuten und Anästhesisten Dr. Z., des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. H. und der behandelnden Psychotherapeutin Diplom-Psychologin B. K.-W. eingeholt. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes und des Leistungsvermögens der Klägerin im Erwerbsleben ist ferner von Amts wegen Beweis erhoben worden durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens des Herrn J. aufgrund Untersuchungen vom 05.12. und 12.12.2016 und eines orthopädisch-schmerzmedizinischen Gutachtens der Dr. N. auf der Grundlage einer Untersuchung vom 05.04.2017 einschließlich zweier ergänzender gutachterlichen Stellungnahmen vom 27.09.2017 und 09.01.2018. Wegen der Einzelheiten und der Ergebnisse der Begutachtungen wird auf Bl. 90 – 134, 141 – 199, 210 – 214 und 224 – 228 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Volle Erwerbsminderung liegt nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI vor, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt volle Erwerbsminderung auch bei einem drei bis unter sechsstündigen Leistungsvermögen vor, da aufgrund der derzeitigen Arbeitsmarktlage der Teilzeitarbeitsmarkt für Versicherte, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes nur noch Teilzeitarbeit leisten können, verschlossen ist (BSG SozR 3-5750 Art. 2 § 6 Nr. 10). Dagegen ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Aufgrund der durchgeführten medizinischen Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin seit dem 07.05.2011 gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist, einer körperlich leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich nachzugehen. Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht jedoch nicht, weil bezogen auf eine am 07.05.2011 eingetretene volle Erwerbsminderung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. Die Klägerin hat in dem davorliegenden Fünfjahreszeitraum vom 07.05.2006 bis zum 06.05.2011 lediglich 28 Kalendermonate statt der geforderten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt.

Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass die Klägerin seit dem Unfallereignis vom 07.05.2011 durchgehend bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung außerstande war, einer körperlich leichten Erwerbstätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich nachzugehen. Dabei war der Grund für die fehlende Leistungsfähigkeit der Klägerin zunächst die im Rahmen des Unfalles erlittene Lendenwirbelkörperfraktur im Bereich LWK 1 und die dadurch hervorgerufenen Bewegungs-, Belastungs- und Ruheschmerzen im Übergangsbereich der unteren Brustwirbelsäule und der oberen Lendenwirbelsäule, die weder durch einen konservativen Therapieversuch noch durch zwei Stabilisierungsoperationen und die Metallentfernung wesentlich gebessert werden konnten. Sowohl während der Zeit der operativen Behandlungen als auch in der anschließenden Zeit bestanden bei der Klägerin ständig persistierende Rückenschmerzen einstrahlend in die seitliche Hüftregion, den Bauchraum und hochstrahlend in die Brustwirbelsäule, die unmittelbar auf das Unfallereignis zurückzuführen waren und sich später zu einer chronischen Schmerzstörung im Sinne einer Schmerzgeneralisierung entwickelten. Da die Klägerin seit dem Unfallereignis ständig unter starken Schmerzen im Rückenbereich litt, war sie durchgehend nicht fähig, einer körperlich leichten Erwerbstätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich nachzugehen.

Die Kammer folgt hinsichtlich dieser Feststellungen den Sachverständigen Dr. N. und L. J. sowie den Befund- und Behandlungsberichten der behandelnden Ärzte und der Kliniken, in denen sich die Klägerin seit dem 07.05.2011 in stationärer und ambulanter Behandlung befunden hat. Daraus ergibt sich insbesondere, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin seit dem Zeitpunkt des Unfallereignisses vom 07.05.2011 zu keinem Zeitpunkt so weit gebessert hatte, dass die Klägerin wieder in der Lage gewesen wäre, einer körperlich leichten Erwerbstätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich nachzugehen.

Die Klägerin befand sich im Anschluss an das Unfallereignis vom 07.05.2011 zunächst bis zum 10.05.2011 in stationärer Behandlung des Universitätsklinikums Essen, wo man zunächst einen konservativen Therapieversuch mit Tragen eines Korsetts und physio-therapeutischer Behandlung unternahm. Da die initial konservative Therapie mit Mobilisation und Physiotherapie nicht den gewünschten Erfolg zeigte und die Klägerin nach dem Bericht des Universitätsklinikums Essen vom 31.05.2011 weiterhin starke Schmerzen hatte, wurde die Indikation für eine Stabilisierungsoperation durch Einsatz eines Fixateurs intern gestellt und am 26.05.2011 durchgeführt. Aus einem Behandlungsbericht vom 04.07.2011 ergibt sich, dass die Klägerin unter persistierenden Beschwerden im Sinne von Schmerzen auf Höhe der ehemaligen Fraktur litt und die behandelnden Ärzte wegen Verdachts auf eine persistierende Instabilität die Indikation für eine operative ventrale Stabilisierung sahen, die am 03.08.2011 erfolgte. Im Rahmen der Operation in dem Universitätsklinikum Essen wurde ein Teilersatz des vorderen Lendenwirbelkörpers 1 durch Bandscheibenersatzmaterial und Einbringung eines Teils der untersten linken Rippe und eine komplexe Rekonstruktion der Wirbelsäule durchgeführt. Bereits in dem Zeitraum vom 23.08. bis 26.08.2011 wurde eine weitere stationäre Behandlung in dem Universitätsklinikum Essen notwendig, wobei ein neuropathischer Schmerz nach ventraler Stabilisierung diagnostiziert und eine konservativ intravenöse Schmerzbehandlung und Infiltrationen vorgenommen wurden. Aus dem Behandlungsbericht der Universitätsklinik Essen vom 17.10.2011 ergibt sich, dass die Klägerin weiterhin über starke Schmerzen insbesondere im Bereich des Fixateurs intern berichtete, so dass man beschloss, eine vorzeitige Metallentfernung durchzuführen.

Die Metallentfernung des Fixateurs intern erfolgte am 13.12.2011 in der Universitätsklinik Essen. Bei einer Untersuchung vom 09.01.2012 berichtete die Klägerin weiterhin über persistierende lumbale und sakrale Schmerzen insbesondere im Bereich LWK 1 sowie ausstrahlend in die ISG-Fugen beidseits. Am 18.01.2012 wurde die Klägerin in der Wirbelsäulensprechstunde des St. Franziskus-Hospitales Münster vorstellig, wo in der Zusammenschau der Befunde von einer Schmerzchronifizierung nach initial konservativem Behandlungsversuch einer LWK 1-Berstungsfraktur ausgegangen wurde und weiterhin anhaltende starke Schmerzen der Klägerin festgestellt wurden. Aus den zahlreichen Behandlungsberichten ergibt sich, dass die Klägerin in der Zeit vom 07.05.2011 bis Januar 2012 durchgehend an ausgeprägten Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und Brustwirbelsäule litt und die Beschwerden trotz aller Behandlungsmaßnahmen nicht gelindert werden konnten. Aufgrund der persistierenden Schmerzzustände und der operativen Behandlungen war die Klägerin zu keinem Zeitpunkt gesundheitlich in der Lage, auch nur einer körperlich leichten Arbeit in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden täglich nachzugehen.

Auch in der Folgezeit besserte sich der Gesundheitszustand der Klägerin nicht dahingehend, dass sie zur Ausübung einer sechsstündigen Erwerbstätigkeit in der Lage gewesen wäre. In der Zeit vom 10.01. bis zum 31.01.2012 unterzog sich die Klägerin einer medizinischen Rehabilitationsbehandlung, die keine wesentliche Besserung erbrachte und bei deren Ende die behandelnden Ärzte feststellten, dass eine Leistungsfähigkeit der Klägerin für körperlich leichte Arbeiten zum Zeitpunkt der Entlassung nicht gegeben war. Zwar wurde in dem Entlassungsbericht vom 09.02.2012 ausgeführt, unter Berücksichtigung der von der Klägerin geschilderten beruflichen Belastung und der funktionellen Einschränkungen sei der Klägerin die zuletzt durchgeführte Tätigkeit als Arzthelferin mindestens sechs Stunden und mehr zuzumuten. Da in dem Entlassungsbericht gleichzeitig dargelegt wurde, dass das Rehabilitationsergebnis mäßig sei und die Entlassung als arbeitsunfähig für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bis zum Zeitpunkt der Rekonvaleszenz erfolge, ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen der Rehabilitationsklinik, dass tatsächlich zum Zeitpunkt der Entlassung keine Leistungsfähigkeit der Klägerin für die Ausübung einer körperlich leichten Erwerbstätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich bestand und lediglich die Erwartung geäußert wurde, dass bei Besserung des Gesundheitszustandes und bei Eintritt der Rekonvaleszenz wieder von einer Leistungsfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Arzthelferin in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszugehen sei.

In der Folgezeit musste sich die Klägerin mehrfach stationären Behandlungen im St. Josef-Krankenhaus Kupferdreh unterziehen, in deren Rahmen schmerztherapeutische Behandlungsmaßnahmen wie interventionelle mehrsegmentale Grenzstrangbehandlungen (stationärer Aufenthalt vom 26.03. bis 29.03.2012), interventionelle Behandlung des ISG und der Facettengelenke, epidurale Infiltrationen und interkonventionelle Grenzstrangbehandlung (25.06. bis 29.06.2012) sowie eine multimodule stationäre Schmerztherapie (05.09 bis 14.09.2012) durchgeführt wurden. Aus den Behandlungsberichten des St. Josef-Krankenhauses ergibt sich, dass durch die stationären Behandlungsmaßnahmen keine anhaltende Schmerzlinderung zu erreichen gewesen sei und die Wirkung der Behandlungsmaßnahmen jeweils nach kurzer Zeit wieder nachgelassen hätte. Daraus ergibt sich, dass auch in diesem Zeitraum keine Besserung des Gesundheitszustandes der Klägerin erreicht werden konnte, die die Ausübung einer körperlich leichten Erwerbstätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich zugelassen hätte.

In der Folgezeit befand sich die Klägerin seit dem 22.11.2012 in ambulanter schmerztherapeutischer Behandlung des Anästhesisten und Schmerztherapeuten Dr. Z. in der Ambulanz des Marienhospitales Bottrop. In dem Befundbericht des Dr. Z. vom 11.01.2015 wird ausgeführt, dass die Klägerin nach ihren Angaben seit dem Unfallereignis unter chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in beide Leisten und beide Oberschenkel leiden würde und sich die anhaltenden Rückenschmerzen weder durch die operativen Behandlungsmaßnahmen noch durch die Metallentfernung gebessert hätten. Ferner bestünden bei der Klägerin ein anhaltender Nervenschmerz im Bereich der Narbe des linken Brustkorbes und eine erhebliche depressive Stimmungslage infolge der eingeschränkten Beweglichkeit und der anhaltenden Schmerzen. Im weiteren Behandlungsverlauf sei im Juli 2013 eine entzündliche Darmerkrankung (Colitis ulcerosa) aufgetreten, die immer wieder wechselnd aktiv gewesen sei und zu auftretenden blutigen Durchfällen und abdominellen Beschwerden geführt hätte. Ab November 2013 habe die Klägerin zunehmende multilokuläre Gelenk- und Weichteilbeschwerden der oberen und unteren Extremitäten im Sinne einer generalisierten Fibromyalgie-Symptomatik entwickelt, wobei im Jahr 2014 immer wieder Schmerzverstärkungen im Sinne von Fibromyalgie-Schüben aufgetreten seien. In seinem Befundbericht vom 11.01.2015 gelangt Dr. Z. zu der Einschätzung, dass die Klägerin für die Zeit der schmerztherapeutischen Behandlung seit dem 22.11.2012 für die gesamte Dauer der Behandlung nicht in der Lage gewesen sei, einer leichten sechsstündigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aus seiner schmerztherapeutischen Sicht sei die Klägerin grundsätzlich maximal fähig gewesen, eine leichte körperliche Erwerbstätigkeit drei bis sechs Stunden täglich auszuüben.

Im Rahmen der während des Verwaltungsverfahrens am 12.03.2015 durchgeführten gutachterlichen Untersuchung durch die Neurologin und Psychiaterin Dr. G. wurde festgestellt, dass durch die inzwischen chronifizierten Schmerzen zweifelsohne die körperliche Belastbarkeit der Klägerin deutlich herabgesetzt sei. In psychischer Hinsicht liege eine durch die chronische Schmerzsymptomatik hervorgerufene mittelschwere ängstlich-depressive Symptomatik mit Labilisierung und zunehmender Hoffnungslosigkeit im Sinne einer Anpassungsstörung vor, so dass die Klägerin auch unter Berücksich-tigung ihrer gegenwärtigen schlechten psychischen Verfassung noch nicht in der Lage sei, einer gewinnbringenden Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Um ihr traumatisches Unfallereignis aufzuarbeiten, ihre seelischen Blockaden zu überwinden und eine anhaltende seelische Stabilität zu erlangen, bedürfe die Klägerin weiterhin der kontinuierlichen stützend-begleitenden Psychotherapie, wobei der Therapieeffekt abzuwarten bleibe und eine Nachuntersuchung in einem Jahr sinnvoll sei.

Die Sachverständigen L. J. und Dr. N. haben aufgrund ihrer im Dezember 2016 und April 2017 durchgeführten Untersuchungen festgestellt, dass die Klägerin gesundheitlich nicht in der Lage ist, eine körperlich leichte Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden täglich auszuüben.

Herr J. diagnostizierte eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine mittelgradige depressive Episode und eine Restsymptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung. Aus fachpsychiatrischer Sicht kam er zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine deutlich verminderte Stresstoleranz, eine erhöhte psychovegetative Labilität und eine erhöhte affektive Irritierbarkeit, eine verminderte Belastbarkeit für Konzentrationsaufgaben und eine vorzeitige Erschöpfbarkeit bestehen würde, so dass sie nicht mehr in der Lage sei, sechs Stunden einer angepassten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Klägerin könne in qualitativer Hinsicht nur noch Arbeiten mit geringen bis gelegentlich durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit, keine Arbeiten unter Nachtschichtbedingungen und unter besonderem Zeitdruck und keine Arbeiten mit häufigem Publikumsverkehr ausüben. Auch bei Beachtung dieser Leistungseinschränkungen liege nur noch ein Leistungsvermögen in einem Zeitumfang von drei Stunden, aber weniger als sechs Stunden täglich vor.

Dieser sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung hat sich die Sachverständige Dr. N. aus schmerzmedizinischer Sicht angeschlossen. Danach ist es der Klägerin wegen der verbliebenden Bewegungs-, Belastungs- und Ruheschmerzen im Übergangsbereich der unteren Brustwirbelsäule und oberen Lendenwirbelsäule, des neuropathischen Schmerzes entlang der Narbe der unteren linken Rippe, einer teilweisen schmerzbedingten Schlafstörung mit Tagesmüdigkeit, wegen eines beeinträchtigungsbedingten Verlust an Tagestruktur, positiven sozialen Aktivitäten, körperlichen Aktivitäten und Eintritt einer Depressivität, einer vorrangig dysfunktionalen Schmerzchronifizierung und einer hochchronifizierten eigenständig bestehenden Schmerzerkrankung nur möglich, körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule in einem Zeitumfang von drei bis unter sechs Stunden täglich auszuüben. Bei einer diesen Zeitumfang übersteigenden Tätigkeit käme es zu Schmerzanstiegen, welche der Klägerin nicht zumutbar seien.

Insgesamt ist aufgrund der zahlreichen stationären Behandlungen und der kontinuierlichen ambulanten Behandlung der Klägerin durch die zahlreichen Krankenhausbehandlungsberichte, die Behandlungsberichte der ambulant behandelnden Ärzte und die gutachterlichen Untersuchungen lückenlos nachgewiesen, dass die Klägerin seit dem Unfallereignis vom 07.05.2011 bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung ununterbrochen gesundheitlich nicht in der Lage war, einer körperlich leichten Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Aufgrund der erheblichen qualitativen Leistungseinschränkungen war es der Klägerin durchgehend seit dem 07.05.2011 auch nicht möglich, die Tätigkeit einer Arzthelferin in einem zeitlichen Umfang von 3 bis unter 6 Stunden täglich nachzugehen, weil es sich insoweit im eine Tätigkeit mit besonderen Anforderungen an Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit und mit häufigem Publikumsverkehr handelt. Die Kammer hatte keine Veranlassung, an der Richtigkeit der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung der Sachverständigen L. J. und Dr. N., der im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachterin Dr. G., des behandelnden Schmerztherapeuten und Anästhesiologen Dr. Z. und der behandelnden Ärzte der N.-Rehabilitationsklinik zu zweifeln. Diese Beurteilungen werden bestätigt durch die anamnestischen Angaben der Klägerin im Rahmen der Begutachtungen und der stationären sowie ambulanten Behandlungen, nach denen sie seit dem Unfallereignis vom 07.05.2011 starke Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule hatte und diese Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule weder durch die beiden operativen Eingriffe und die Metallentfernung noch durch die zahlreichen anschließenden Therapiemaßnahmen wesentlich gebessert werden konnten. Die Richtigkeit der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilungen wird ferner durch den Umstand indiziert, dass es der Klägerin wegen der andauernden erheblichen Schmerzsymptomatik zu keinem Zeitpunkt möglich war, ihre körperlich leichte Tätigkeit als Arzthelferin im Bereich der Blutentnahme des Alfried Krupp Krankenhauses Essen wieder aufzunehmen.

Da die Klägerin seit dem 07.05.2011 für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten gesundheitlich nicht in der Lage war, einer körperlich leichten Erwerbstätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich nachzugehen, lag eine volle Erwerbsminderung der Klägerin vor (vgl. zur Maßgeblichkeit des Sechsmonatszeitraumes: BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 16). Der Umstand, dass die behandelnden Ärzte zu Beginn der Behandlung der erlittenen LWK 1-Fraktur davon ausgingen und nach der Einschätzung der Sachverständigen Dr. N. auch davon ausgehen konnten, dass die Klägerin nach operativer Behandlung der LWK 1-Fraktur und vollständiger Ausheilung der Fraktur wieder in der Lage sein würde, ihre frühere Tätigkeit als Arzthelferin in einem Krankenhaus auszuüben, führt in rechtlicher Hinsicht nicht dazu, dass eine volle Erwerbsminderung für die erste Behandlungszeit zu verneinen und erst ab dem Zeitpunkt zugrunde zu legen ist, ab dem eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes und der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Erwerbsleben nicht mehr zu erwarten war. Bei der Beurteilung, ob eine Erwerbsminderung auf nicht absehbare Zeit, d. h. über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten vorliegt, ist nicht auf den Zeitpunkt des Unfallereignisses vom 07.05.2011, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten über den Rentenantrag bzw. in einem anschließenden Klageverfahren auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen (vgl. BSG in SozR 2200 § 1247 Nr. 16; Bayrisches LSG Urteil vom 12.07.2000 L 13 RA 49/98). Damit ist allein entscheidend, dass aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme feststeht, dass die Klägerin durchgehend seit dem 07.05.2011 gesundheitlich nicht mehr in der Lage war, einer auch nur körperlich leichten Erwerbstätigkeit in wechselnder Körperhaltung ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich nachzugehen. Soweit die Sachverständige Dr. N. in ihren ergänzenden gutachterlichen Stellungnahmen für die erste Behandlungszeit wegen der damals zu erwartenden Besserung des Gesundheitszustandes und der Leistungsfähigkeit von einer nicht rentenberechtigenden Leistungsminderung bzw. von einer grundsätzlich bestehenden vollschichtigen Leistungsfähigkeit außerhalb der Tatsache der operativen Behandlungen und der bestehenden Rekonvaleszenz ausgegangen ist und erst für die Zeit ab August bzw. November 2013 wegen der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehenden Besserungsaussicht eine definitive (rentenberechtigende) Leistungsminderung zugrunde gelegt hat, handelt es sich um rechtliche Wertungen, die allein durch das Gericht vorzunehmen sind und für das Gericht nicht maßgeblich sind.

Der von der Klägerin hervorgehobene Umstand, dass sich im Laufe der Zeit der Gesundheitszustand der Klägerin dahingehend verschlechtert hat, dass zusätzlich zu den persistierenden Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich weitere Erkrankungen hinzugetreten sind, führt nicht dazu, dass erst zu einem späteren Zeitpunkt eine volle Erwerbsminderung eingetreten ist. Dabei geht auch das Gericht davon aus, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin insbesondere in psychischer Hinsicht aufgrund der ständigen Schmerzen der Klägerin weiter verschlechtert hat. Die Sachverständigen L. J. und Dr. N. haben insoweit übereinstimmend festgestellt, dass seit dem Unfallzeitpunkt eine Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes mit progredienter Schmerzchronifizierung und Entwicklung einer depressiven Störung eingetreten sei. Dies ergibt sich auch aus dem Befundbericht des Schmerztherapeuten und Anästhesiologen Dr. Z., der den Krankheitsverlauf dahingehend beschrieben hat, dass die Klägerin ab November 2013 zunehmend multilokuläre Gelenk- und Weichteilbeschwerden der oberen und unteren Extremitäten im Sinne einer generalisierten Fibromyalgie-Symptomatik entwickelt habe und dass sich die Depression verstärkt habe. Zudem war ab Juli 2013 eine chronisch entzündliche Darmerkrankung immer wieder wechselnd aktiv. Wie bereits ausgeführt, bestand bei der Klägerin jedoch bereits seit dem Unfallereignis vom 07.05.2011 durchgehend eine so ausgeprägte Schmerzsymptomatik mit Bewegungs-, Belastungs- und Ruheschmerzen im Übergangsbereich der unteren Brustwirbelsäule und der oberen Lendenwirbelsäule, die in den Bauchraum, die Hüftregion und die Oberschenkel ausstrahlten, so dass die Klägerin unabhängig von der später eingetretenen Verschlimmerung des Gesundheitszustandes in Gestalt der Schmerzchronifizierung, der Entwicklung eines depressiven Syndromes und einer generalisierten Fibromyalgie durchgehend gesundheitlich nicht in der Lage war, einer körperlichen leichten Erwerbstätigkeit sechs Stunden täglich nachzugehen. Aus diesem Grund liegt eine volle Erwerbsminderung bereits seit dem 07.05.2011 vor.

Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht nicht, weil bezogen auf eine am 07.05.2011 eingetretene volle Erwerbsminderung auf Zeit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. Die Klägerin hat in dem davor liegenden Fünfjahreszeitraum vom 07.05.2006 bis zum 06.05.2011 lediglich 28 Kalendermonate statt der geforderten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt.

Die Klägerin erfüllt auch nicht einen der in § 43 Abs. 5 in Verbindung mit § 53 Abs. 1 SGB VI geregelten Tatbestände, wonach eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausnahmsweise nicht erforderlich ist. Die Klägerin ist insbesondere nicht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI wegen eines Arbeitsunfalles vermindert erwerbsfähig geworden. Schließlich erfüllt die Klägerin auch nicht die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI, nach der es ausreicht, dass jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit sogenannten Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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