Arbeitslosengeld-Antrag abgelehnt
Das Landessozialgericht Hamburg hat in einem Urteil einen Antrag auf Arbeitslosengeld abgelehnt, da der Antragsteller nicht den erforderlichen Voraussetzungen entsprach. Der Fall betrifft einen Mann, der Arbeitslosengeld ab dem 28. Februar 2020 beantragt hatte.
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Übersicht
Nicht erreichbar für Arbeitsvermittlung
Der Kläger hatte behauptet, sich persönlich, telefonisch und elektronisch arbeitslos gemeldet zu haben. Die Beklagte wies jedoch darauf hin, dass der Kläger sich nicht persönlich arbeitslos gemeldet habe und auch kein Antrag auf Arbeitslosengeld vorliege. Zudem war der Kläger nicht erreichbar für die Arbeitsvermittlung, da er unter der angegebenen Adresse nicht gemeldet war und postalisch nicht erreichbar war.
Gerichtsentscheidung und Begründung
Das Gericht entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe, da er den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung stand. Die angefochtene Entscheidung beruhte auf § 137 Abs. 1 Nr. 1 und § 138 Abs. 1 Nr. 3 sowie Abs. 5 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Berufung wurde zurückgewiesen und die Revision wurde nicht zugelassen.
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Das vorliegende Urteil
Landessozialgericht Hamburg – Az.: 2 AL 28/21 – Urteil vom 09.02.2022
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Arbeitslosengeld für die Zeit ab 28. Februar 2020.
Der Kläger stellte am 26. März 2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Hamburg. Er habe mehrfach im Februar 2020 versucht, einen Antrag auf Arbeitslosengeld bei der Beklagten zu stellen. Er habe persönlich im Jobcenter B. vorgesprochen, aber keinen Antrag auf Arbeitslosengeld ausgehändigt bekommen. Am 29. Februar 2020 habe er elektronisch einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Er habe eine Bestätigung über den Eingang erhalten, aber immer noch keinen Antrag zum Ausfüllen.
Die Beklagte wies darauf hin, dass der Kläger sich nicht persönlich arbeitslos gemeldet habe. Der letzte nachgewiesene Kontakt datiere aus dem Jahr 2018 und habe mit dem Jobcenter in N. stattgefunden. Es liege auch kein Antrag auf Arbeitslosengeld vor.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2020 lehnte die Beklagte den Antrag auf Arbeitslosengeld ab, da sich der Kläger weder persönlich noch wie zurzeit möglich telefonisch arbeitslos gemeldet habe.
Der Kläger legte dagegen mit E-Mail vom 29. Juli 2020 Widerspruch ein. Er habe sich nachweislich im Februar 2020 persönlich durch Vorsprache im Arbeitsamt und zusätzlich telefonisch und elektronisch persönlich arbeitslos gemeldet. In der Verwaltungsakte ist für den gleichen Tag vermerkt, dass sich der Kläger heute am 30. Juli 2020 noch einmal ausdrücklich telefonisch arbeitslos gemeldet habe.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2020 zurückgewiesen. Die Arbeitslosmeldung habe persönlich bei der Beklagten zu erfolgen. Arbeitslosengeld gelte mit der persönlichen Arbeitslosmeldung als beantragt und werde nicht rückwirkend geleistet. Der Publikumsverkehr sei ab dem 16. März 2020 eingestellt gewesen, so dass die Arbeitslosmeldung auch telefonisch habe erfolgen können. Bis zum 16. Juli 2020 habe sich der Kläger nicht persönlich arbeitslos gemeldet.
Mit Bescheid vom 16. Oktober 2020 lehnte die Beklagte den Antrag auf Arbeitslosengeld ab dem 29. Juli 2020 ab. Der Kläger sei für die Arbeitsvermittlung zur Klärung der Verfügbarkeit nicht erreichbar. Er sei nicht arbeitslos und habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Entscheidung beruhe auf § 137 Abs. 1 Nr. 1 und § 138 Abs. 1 Nr. 3 sowie Abs. 5 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III).
Auch hiergegen legte der Kläger am 2. November 2020 Widerspruch ein. Er habe dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden und zahlreiche Bewerbungsverfahren gehabt. Aufgrund eines Verkehrsunfalls am 7. September 2020 habe er die Post im September 2020 nicht bearbeiten können. Dies habe er der Beklagten am 10. September 2020 mitgeteilt. Den Brief über die Einladung zum Telefontermin mit Poststempel vom 7. September 2020, der bereits am 9. September 2020 habe stattfinden sollen, habe er erst nach Ablauf des Termins erhalten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2020 zurück. Der Widerspruchsführer habe als Wohnanschrift gegenüber der Agentur für Arbeit die Anschrift … angegeben und als Postanschrift das Postfach … . Der Widerspruchsführer sei unter der angegebenen Anschrift nicht gemeldet. Ob er dort tatsächlich wohnhaft sei, sei nicht bekannt. Er sei dort zumindest postalisch nicht erreichbar. Zuletzt sei es am 12. Oktober 2020 unter angegebenen Wohnanschrift zu einem Postrücklauf gekommen. Da die Regelung des § 1 der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) auf die Erreichbarkeit unter der Wohnanschrift abstelle, reiche auch eine Postfachanschrift nicht aus. Der Widerspruchsführer stehe damit den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung. Er sei somit nicht arbeitslos im Sinne des § 138 Abs. 1 SGB III.
Hiergegen hat der Kläger am 17. November 2020 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Der Inlandswohnsitz sei nicht so entscheidend. Er habe alle Bescheide ab September 2020 ohne Postrückläufer erhalten. Sein Beschäftigungsort sei auch immer H. gewesen.
Der Kläger hat am 8. Dezember 2020 einen neuen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt und sich arbeitslos gemeldet. Mit Bewilligungsbescheid vom 18. Dezember 2020 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 21. und 29. Dezember 2020 ist dem Kläger Arbeitslosengeld vom 15. Dezember 2020 bis zum 13. März 2022 bewilligt worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12. April 2021 abgewiesen. Der Kläger sei auch für das Gericht nicht unter der Adresse … postalisch zu erreichen gewesen. Der Kläger habe damit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden. Erforderliche Verfügbarkeit und Arbeitslosmeldung hätten gleichzeitig erstmals ab 15. Dezember 2020 vorgelegen und ab diesem Zeitpunkt habe der Kläger korrekt Arbeitslosengeld erhalten.
Gegen den ihm am 27. April 2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10. Mai 2021 Berufung eingelegt und diese nicht begründet.
Der Kläger beantragt sinngemäß nach Aktenlage, den Gerichtsbescheid vom 12. April 2021 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16. Oktober 2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 4. November 2020 zu verurteilen, ihm ab 28. Februar 2020 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Mit Übertragungsbeschluss vom 22. Juli 2021 hat der Senat der Berichterstatterin, die zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet, das Verfahren nach § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wir auf die Prozessakte, die Verwaltungsakte sowie die Sitzungsniederschrift vom 9. Februar 2022 ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte im Termin vom 9. Februar 2022 in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da er ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 SGG).
Die Berufung, über die der Senat gemäß § 153 Abs. 5 SGG durch die Berichterstatterin und die ehrenamtlichen Richter entscheiden konnte, hat keinen Erfolg.
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Streitgegenstand ist lediglich der Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld vom 29. Juli 2020. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 29. Juli 2020.
Der Senat nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG) sowie des angefochtenen Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 4. November 2020 (§ 136 Abs. 3 SGG).
Arbeitslos ist nach § 138 Abs. 1 SGB III, wer Arbeitnehmer ist, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Nach Abs. 3 steht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung, wer u.a. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann. Dies war entsprechend der Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid und des Sozialgerichts im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid nicht der Fall. Unter der angegebenen Postanschrift war der Kläger nicht erreichbar, so dass er auch der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.