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Voraussetzungen der Zuerkennung des Merkzeichens aG im Schwerbehindertenrecht

Kann eine 82-jährige Frau rückwirkend die Anerkennung einer „außergewöhnlichen Gehbehinderung“ erstreiten, obwohl sich ihr Gesundheitszustand über Jahre schleichend verschlechterte? Das Landessozialgericht Hamburg musste diese Frage im Fall einer Seniorin klären, deren Mobilität durch Wirbelsäulenprobleme, Knieverschleiß und eine Schulterverletzung zunehmend eingeschränkt war. Der Prozess beleuchtet die strengen Anforderungen an das Merkzeichen „aG“ und zeigt, wie wichtig eindeutige medizinische Belege für die Feststellung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung sind.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landessozialgericht Hamburg
  • Datum: 25.04.2023
  • Aktenzeichen: L 3 SB 27/21
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Schwerbehindertenrecht, Sozialrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eine Frau, die beantragt, das gesundheitliche Merkmal „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung) ab dem 9. Februar 2015 anerkennen zu lassen. Sie argumentiert, dass sie aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen, insbesondere einer Rotatorenmanschettenruptur, ihre Gehfähigkeit seit 2015 stark beeinträchtigt sei.
  • Beklagter: Die Sozialbehörde, die die Anerkennung des Merkzeichens „aG“ ab dem 1. Januar 2018 vornehmen will. Der Argumentationspunkt ist, dass die Voraussetzungen für „aG“ erst ab 2018 erfüllt waren, da vorher die Einschränkungen nicht vergleichbar damit waren, was das Merkzeichen erfordert.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin hatte mehrere Anträge auf die Feststellung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung gestellt, die abgelehnt wurden. Sie war der Meinung, dass sie die Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ schon seit Februar 2015 erfüllt, da sie gesundheitlich stark eingeschränkt ist. Ärzteberichte variierten stark bezüglich der Gehstrecke der Klägerin, was die Beurteilung erschwerte.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ bereits ab dem 9. Februar 2015 bestehen, wie von der Klägerin gefordert, oder erst ab dem 1. Januar 2018, wie vom Beklagten anerkannt.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen; das Merkzeichen „aG“ wird nicht für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2018 anerkannt.
  • Begründung: Die Voraussetzungen des Merkzeichens „aG“ liegen gemäß den medizinischen Gutachten erst ab 2018 vor, da eine an Sicherheit grenzende Einschränkung der Gehfähigkeit vorher nicht hinreichend nachgewiesen werden konnte. Unterschiedliche Berichte über die Gehstrecken und die Art der Beeinträchtigungen machten eine frühere Anerkennung nicht plausibel.
  • Folgen: Die Entscheidung bestätigt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Zuerkennung von „aG“ vor 2018 hat. Die Klägerin trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, mit Ausnahme eines Viertels der Kosten der ersten Instanz, das der Beklagte zu erstatten hat. Eine Revision wurde nicht zugelassen, da es keine grundsätzlichen rechtsbegründenden Unklarheiten gibt.

Herausforderungen bei der Zuerkennung des Merkzeichens aG im Schwerbehindertenrecht

Im Rahmen des Schwerbehindertenrechts spielt das Merkzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) eine entscheidende Rolle für die Teilhabe von Personen mit Behinderung. Dieses Merkzeichen wird Personen zuerkannt, die aufgrund einer erheblichen Mobilitätseinschränkung auf Unterstützung angewiesen sind. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung sind im Sozialgesetzbuch festgelegt und beinhalten eine umfassende Prüfung der individuellen Situation sowie die Vorlage eines Gutachtens, das den Grad der Behinderung nachweist.

Das Merkzeichen aG eröffnet zahlreiche altersgerechte Vorteile und Unterstützungsangebote, die Menschen mit eingeschränkter Mobilität helfen, am Leben aktiv teilzunehmen und Barrierefreiheit zu erleben. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Herausforderungen im Antragsverfahren zur Zuerkennung des Merkzeichens aG thematisiert.

Der Fall vor Gericht


Gericht prüft Anspruch auf „außergewöhnliche Gehbehinderung“ rückwirkend

Seniorin mit Gehstock hat sichtliche Mühe Treppenstufen zu bewältigen
Ablehnung der rückwirkenden Anerkennung des Merkzeichens aG (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Landessozialgericht Hamburg hat in einem aktuellen Urteil (Az.: L 3 SB 27/21) die rückwirkende Anerkennung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen „aG“) vor dem Jahr 2018 abgelehnt. Die Klägerin, eine 1932 geborene Frau, hatte die Feststellung des Merkzeichens „aG“ bereits ab Februar 2015 beantragt.

Schrittweise Verschlechterung des Gesundheitszustands

Die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin entwickelten sich über mehrere Jahre. Bereits seit 2011 war bei ihr eine erhebliche Gehbehinderung (Merkzeichen „G“) anerkannt. Ab April 2015 wurde ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt. Die Verschlechterung ihres Zustands zeigte sich unter anderem durch Wirbelsäulenprobleme, Kniegelenkverschleiß und eine Rotatorenmanschettenruptur.

Rechtliche Anforderungen an „außergewöhnliche Gehbehinderung“

Das Gericht betonte die hohen Anforderungen an die Anerkennung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Diese setzt voraus, dass sich Betroffene „wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können“. Als Maßstab gilt dabei das Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten.

Keine eindeutige Beweislage vor 2018

Die medizinischen Befunde für den Zeitraum vor 2018 ergaben laut Gericht kein einheitliches Bild. Die Angaben zur möglichen Gehstrecke schwankten zwischen „unter 10 Metern“ und „unter 100 Metern“. Zudem wurde dokumentiert, dass sich die Klägerin 2017 noch „zügig am Rollator“ fortbewegen konnte. Erst eine Computertomographie vom Februar 2018 belegte eine deutliche Verschlechterung der Spinalkanalstenose.

Merkzeichen „aG“ ab Januar 2018 anerkannt

Der gerichtlich bestellte Sachverständige kam zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ erst ab Januar 2018 sicher nachweisbar waren. Das Gericht folgte dieser Einschätzung und wies die Berufung der Klägerin zurück. Die Behörde hatte das Merkzeichen bereits ab Januar 2018 zuerkannt. Eine frühere Anerkennung scheiterte am fehlenden Nachweis der erforderlichen Mobilitätseinschränkungen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil zeigt, dass für die rückwirkende Anerkennung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen „aG“) sehr strenge Beweisanforderungen gelten. Es reicht nicht aus, wenn einzelne Arztberichte eine stark eingeschränkte Gehfähigkeit bescheinigen – die Einschränkung muss durch eindeutige medizinische Befunde zweifelsfrei nachgewiesen sein. Besonders wichtig ist dabei der Zeitpunkt, ab dem die schwere Mobilitätseinschränkung eindeutig belegt werden kann. Das Gericht stellt klar: Weder die Nutzung eines Rollstuhls noch ein hoher Pflegegrad führen automatisch zur Anerkennung des Merkzeichens „aG“.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine rückwirkende Anerkennung des Merkzeichens „aG“ anstreben, müssen Sie durch aussagekräftige medizinische Unterlagen lückenlos nachweisen können, seit wann genau die schwere Gehbehinderung besteht. Lassen Sie sich von Ihren behandelnden Ärzten die konkreten Einschränkungen detailliert dokumentieren – idealerweise mit Angaben zur maximalen Gehstrecke und den dafür benötigten Hilfsmitteln. Auch wenn Sie bereits einen Rollstuhl nutzen oder einen hohen Pflegegrad haben, prüft die Behörde die medizinischen Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ nach eigenen strengen Kriterien. Sammeln Sie daher von Beginn an alle relevanten Arztberichte, Befunde und Atteste, die Ihre Mobilitätseinschränkung belegen.


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Die komplexen Anforderungen bei der rückwirkenden Anerkennung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung stellen viele Betroffene vor große Herausforderungen. Unsere Expertise hilft Ihnen dabei, die notwendigen medizinischen Nachweise zielgerichtet zusammenzustellen und Ihre Ansprüche durchzusetzen. Lassen Sie uns gemeinsam prüfen, wie wir Ihre individuellen Erfolgsaussichten optimal gestalten können. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche medizinischen Voraussetzungen müssen für das Merkzeichen aG erfüllt sein?

Für die Zuerkennung des Merkzeichens aG muss eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung vorliegen, die einem Grad der Behinderung von mindestens 80 entspricht.

Grundlegende Mobilitätseinschränkungen

Eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung liegt vor, wenn Sie sich dauerhaft nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb eines Kraftfahrzeuges fortbewegen können.

Spezifische medizinische Kriterien

Die Fortbewegungsfähigkeit kann durch verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen erheblich eingeschränkt sein:

  • Störungen bewegungsbezogener Funktionen
  • Neuromuskuläre Störungen
  • Mentale Funktionsstörungen
  • Störungen des kardiovaskulären Systems
  • Beeinträchtigungen des Atmungssystems

Besondere Hinweise zur Bewertung

Die Zuerkennung des Merkzeichens aG erfordert nicht, dass Sie in allen Lebensbereichen gehunfähig sind. Ein freies Gehen in vertrauter und bekannter Umgebung steht der Anerkennung nicht grundsätzlich entgegen.

Besonders relevant ist die Beurteilung für Menschen, die dauerhaft auch für sehr kurze Entfernungen auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Die moderne Prothesentechnik wird bei der Beurteilung berücksichtigt, weshalb beispielsweise bei beidseitigen Amputationen nicht automatisch das Merkzeichen aG zuerkannt wird.


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Welche Nachweise sind für die Beantragung des Merkzeichens aG erforderlich?

Für die Beantragung des Merkzeichens aG müssen Sie einen Antrag beim zuständigen Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung stellen.

Erforderliche Unterlagen

Der Antrag sollte aktuelle ärztliche Unterlagen enthalten, die Art und Ausmaß der Behinderung dokumentieren. Diese medizinischen Nachweise müssen die erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung belegen, die einem Grad der Behinderung von mindestens 80 entspricht.

Die Unterlagen sollten detailliert aufzeigen, dass Sie sich dauerhaft nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb eines Kraftfahrzeugs fortbewegen können. Dies betrifft besonders Situationen, in denen Sie auch für kurze Strecken auf einen Rollstuhl angewiesen sind.

Antragswege

Sie haben zwei Möglichkeiten zur Antragstellung:

Der Online-Antrag über das Portal Schweb.NET Online ist der empfohlene Weg. Alternativ können Sie den Antrag mit einem Antragsvordruck postalisch einreichen. Die Vordrucke erhalten Sie bei:

  • Dienststellen des Landesamtes
  • Stadt- und Verbandsgemeindeverwaltungen
  • Behindertenverbänden
  • Schwerbehindertenvertretungen in Betrieben und Dienststellen

Medizinische Begutachtung

Das Landesamt fordert in der Regel Berichte der behandelnden Ärzte an. Zusätzlich können Unterlagen von:

  • Rentenversicherung
  • Pflegeversicherung
  • Berufsgenossenschaft angefordert werden.

Die Beurteilung erfolgt nach der Versorgungsmedizin-Verordnung, wobei insbesondere die Gehfähigkeit im öffentlichen Verkehrsraum maßgeblich ist.


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Ab welchem Zeitpunkt kann das Merkzeichen aG rückwirkend beantragt werden?

Das Merkzeichen aG kann rückwirkend festgestellt werden, wenn ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird. Die rückwirkende Feststellung ist dabei nicht auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt, jedoch müssen zwei wichtige Voraussetzungen erfüllt sein:

Besonderes Interesse

Ein besonderes Interesse liegt vor, wenn die rückwirkende Feststellung zu konkreten finanziellen Vorteilen führt. Dies kann beispielsweise durch steuerliche Vergünstigungen oder Kfz-Steuervergünstigungen begründet sein.

Nachweisbarkeit der Beeinträchtigung

Die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen aG müssen für den beantragten Zeitraum eindeutig nachweisbar sein. Dies bedeutet, dass die erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung, die einem Grad der Behinderung von mindestens 80 entspricht, für den zurückliegenden Zeitraum durch medizinische Unterlagen belegt werden muss.

Antragstellung und Fristen

Für die steuerliche Berücksichtigung ist zu beachten, dass der Antrag auf Feststellung des Merkzeichens aG vor Ablauf der jeweiligen steuerlichen Festsetzungsfrist gestellt werden muss. Die Festsetzungsfrist beträgt in der Regel vier Jahre. Eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamts kann dabei hilfreich sein, um das besondere Feststellungsinteresse zu dokumentieren.

Die Versorgungsbehörde prüft dann im Einzelfall, ob die Voraussetzungen für eine rückwirkende Feststellung vorliegen. Dabei wird besonders darauf geachtet, dass die mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung für den beantragten Zeitraum nachweisbar ist und ein konkreter Vorteil durch die rückwirkende Feststellung entsteht.


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Wie unterscheidet sich das Merkzeichen aG vom Merkzeichen G?

Das Merkzeichen G wird bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr zuerkannt. Sie können sich zwar noch fortbewegen, aber nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten Wegstrecken zurücklegen, die üblicherweise zu Fuß bewältigt werden.

Voraussetzungen Merkzeichen G

Bei diesem Merkzeichen reicht es aus, wenn Sie innerorts keine zwei Kilometer in etwa einer halben Stunde zurücklegen können. Die Beeinträchtigung kann verschiedene Ursachen haben:

  • Einschränkungen des Bewegungsapparats
  • Innere Leiden wie Herz- oder Lungenerkrankungen
  • Störungen der Orientierungsfähigkeit

Voraussetzungen Merkzeichen aG

Das Merkzeichen aG setzt dagegen eine außergewöhnliche Gehbehinderung voraus. Sie können sich nur mit fremder Hilfe oder nur unter großer Anstrengung außerhalb eines Kraftfahrzeugs fortbewegen. Die Beeinträchtigung muss deutlich schwerer sein als beim Merkzeichen G.

Unterschiedliche Rechtsfolgen

Mit dem Merkzeichen G erhalten Sie:

  • Unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr (gegen Eigenbeteiligung)
  • Steuerliche Vorteile

Das Merkzeichen aG gewährt darüber hinaus:

  • Nutzung von Behindertenparkplätzen
  • Vollständige Kfz-Steuerbefreiung
  • Deutlich höhere steuerliche Vergünstigungen bei behinderungsbedingten Privatfahrten

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Welche Rechtsmittel stehen bei Ablehnung des Merkzeichens aG zur Verfügung?

Bei Ablehnung des Merkzeichens aG können Sie innerhalb einer Frist von einem Monat Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid einlegen. Der Widerspruch muss schriftlich beim zuständigen Versorgungsamt eingereicht werden. Eine detaillierte Begründung des Widerspruchs kann innerhalb eines weiteren Monats nachgereicht werden.

Ablauf des Widerspruchsverfahrens

Nach Eingang des Widerspruchs prüft das Versorgungsamt den Fall erneut. Wird der Widerspruch abgelehnt, erhalten Sie einen Widerspruchsbescheid. Gegen diesen Widerspruchsbescheid können Sie innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben.

Besonderheiten des Klageverfahrens

Das Sozialgericht führt eine eigenständige Ermittlung durch und hört die behandelnden Ärzte an. Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist gerichtskostenfrei. Der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt ist in der Regel die letzte mündliche Verhandlung.

Alternative Möglichkeiten

Statt eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens kann auch ein Verschlimmerungsantrag gestellt werden. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn sich der Gesundheitszustand nach der ursprünglichen Entscheidung verschlechtert hat. Der Verschlimmerungsantrag ermöglicht eine Neubewertung für die Zukunft.

Bei erfolgloser Klage vor dem Sozialgericht besteht die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Berufung beim Landessozialgericht einzulegen. Das Landessozialgericht prüft den Fall vollumfänglich neu.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Merkzeichen „aG“

Das Merkzeichen „außergewöhnliche Gehbehinderung“ ist ein spezieller Vermerk im Schwerbehindertenausweis. Es wird Menschen zuerkannt, die sich wegen der Schwere ihrer Beeinträchtigung dauerhaft nur mit fremder Hilfe oder unter größter Anstrengung außerhalb eines Fahrzeugs fortbewegen können. Die Beurteilung orientiert sich am Gehvermögen eines Menschen mit beidseitiger Oberschenkelamputation. Rechtliche Grundlage ist § 229 Abs. 3 SGB IX. Mit diesem Merkzeichen erhält man besondere Parkerleichterungen und weitere Nachteilsausgleiche.


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Grad der Behinderung

Der Grad der Behinderung (GdB) ist ein Maß für die Beeinträchtigung durch eine Behinderung. Er wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 festgestellt, wobei 100 die schwerste Beeinträchtigung darstellt. Die Feststellung erfolgt nach der Versorgungsmedizin-Verordnung. Ab einem GdB von 50 liegt eine Schwerbehinderung vor. Beispiel: Ein Unterschenkelamputation ergibt meist einen GdB von 50-60. Rechtliche Grundlage ist § 152 SGB IX.


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Spinalkanalstenose

Eine krankhafte Verengung des Wirbelkanals, die auf das Rückenmark oder die Nervenwurzeln drückt. Dies führt zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, besonders beim Gehen. Die Erkrankung verschlimmert sich meist schleichend und kann im fortgeschrittenen Stadium die Gehfähigkeit stark einschränken. Medizinisch wird sie durch bildgebende Verfahren wie CT oder MRT nachgewiesen. Im Sozialrecht relevant für die Bewertung von Gehbehinderungen nach § 229 SGB IX.


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Rotatorenmanschettenruptur

Eine Verletzung oder Schädigung der Sehnenplatte im Schultergelenk, die zu erheblichen Bewegungseinschränkungen und Schmerzen führt. Im sozialrechtlichen Kontext ist sie besonders relevant, wenn sie die Nutzung von Gehhilfen (z.B. Rollator, Gehstöcke) einschränkt. Dies kann die Mobilität zusätzlich zu bestehenden Gehbehinderungen verschlechtern. Die Bewertung erfolgt nach der Versorgungsmedizin-Verordnung.


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Sachverständigengutachten

Ein von einem medizinischen Experten erstelltes Fachgutachten zur Beurteilung gesundheitlicher Einschränkungen im sozialrechtlichen Verfahren. Der Sachverständige muss neutral und qualifiziert sein. Das Gutachten basiert auf der Untersuchung der betroffenen Person, vorliegenden medizinischen Befunden und den rechtlichen Vorgaben. Es ist oft entscheidend für die Zuerkennung von Merkzeichen nach § 152 SGB IX.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 69 SGB IX: Diese Vorschrift regelt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) und damit verbundene Vergünstigungen. Sie definiert die Voraussetzungen und Verfahren zur Anerkennung der Schwerbehinderung sowie die dazugehörigen Merkzeichen. Im vorliegenden Fall betrifft diese Regelung die Einstufung der Klägerin und die Frage, ob sie die Anforderungen für das Merkzeichen „aG“ erfüllt.
  • § 10 SGB IX: Dieser Paragraph beschäftigt sich mit den Merkzeichen, die zur Kennzeichnung spezieller gesundheitlicher Einschränkungen dienen. Dazu gehört das Merkzeichen „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung), das für Personen mit stark eingeschränkter Mobilität vorgesehen ist. Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Anerkennung des Merkzeichens „aG“ steht im direkten Zusammenhang mit dieser Regelung.
  • § 109 SGG (Sozialgerichtsgesetz): Hier wird die Gutachtertätigkeit in sozialgerichtlichen Verfahren geregelt. Eine wesentliche Rolle spielen die durch medizinische Gutachter erstellten Stellungnahmen, welche die Einschätzung des Gesundheitszustandes der Klägerin auf Grundlage ärztlicher Untersuchungen beeinflussen. Dieser Paragraph ist wichtig für die Beurteilung der medizinischen Gutachten, die im Laufe des Verfahrens eingeholt wurden.
  • § 33 SGB IX: Diese Vorschrift beschreibt die zustehenden Leistungen für Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung. Dazu zählen finanzielle Hilfen sowie die Berechtigung zu besonderen Vergünstigungen. In Bezug auf den Fall der Klägerin ist die rechtliche Absicherung ihrer Ansprüche auf solche Leistungen von Bedeutung.
  • § 77 SGB IX: Diese Regelung sieht vor, dass die Feststellung und Anerkennung der Schwerbehinderung sowie der Merkzeichen regelmäßig überprüft werden müssen. Der Zusammenhang zwischen den Anträgen der Klägerin und dieser Vorschrift verdeutlicht, dass sie bei einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes erneut Anträge stellen kann, um die Änderungen in ihrem Bewilligungsstatus geltend zu machen.

Weitere Beiträge zum Thema

  • Voraussetzungen der Zuerkennung des Merkzeichens aG
    Das Sozialgericht Aachen entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf das Merkzeichen „aG“ hat. Trotz eines Gesamt-GdB von 90 und der Nutzung eines Rollators konnte sie sich noch mit Pausen fortbewegen, was nicht den strengen Kriterien für „außergewöhnliche Gehbehinderung“ entspricht. → → Kriterien für außergewöhnliche Gehbehinderung
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    Das Sozialgericht Hamburg wies die Klage eines 1998 geborenen Klägers ab, der das Merkzeichen „aG“ beantragte. Obwohl eine tiefgreifende Entwicklungsstörung mit einem GdB von 100 vorlag, erfüllte der Kläger nicht die spezifischen Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Gehbehinderung. → → Entwicklungsstörung und Gehbehinderung
  • Zuerkennung des Merkzeichens aG für außergewöhnliche Gehbehinderung
    Das Sozialgericht Braunschweig entschied, dass der Kläger die Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ nicht erfüllt. Trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen konnte er sich mit Unterarmgehstützen fortbewegen und verfügte über ein Restgehvermögen, was nicht den Anforderungen für eine außergewöhnliche Gehbehinderung entspricht. → → Nichteinhaltung der Gehbehinderungsanforderungen
  • Voraussetzungen der Zuerkennung des Merkzeichens aG
    Das Sozialgericht Hamburg lehnte die rückwirkende Anerkennung des Merkzeichens „aG“ für den Zeitraum vor Januar 2018 ab. Die Entscheidung basierte auf medizinischen Gutachten, die eine außergewöhnliche Gehbehinderung erst ab diesem Zeitpunkt bestätigten. → → Rückwirkende Anerkennung der Gehbehinderung

Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Hamburg – Az.: L 3 SB 27/21 – Urteil vom 25.04.2023


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