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Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung

Rente wegen Erwerbsminderung – Anspruch nur mit vollständiger Beweislast?

Das Bayerische Landessozialgericht bestätigte das Urteil des Sozialgerichts Würzburg, wonach die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.12.2012 hinaus hat. Trotz gesundheitlicher Einschränkungen, insbesondere nach einer Hüftoperation, wurde festgestellt, dass die Klägerin in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die medizinischen Gutachten und die Tatsache, dass sie wieder arbeitet, untermauern diese Entscheidung.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: L 19 R 1135/13  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Bestätigung des Urteils: Das Bayerische Landessozialgericht wies die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg zurück.
  2. Gesundheitliche Einschränkungen: Die Klägerin leidet nach einer Hüftoperation und weiteren gesundheitlichen Problemen an verschiedenen körperlichen Einschränkungen.
  3. Erwerbsfähigkeit: Trotz ihrer Einschränkungen ist die Klägerin fähig, leichte Tätigkeiten für mindestens sechs Stunden täglich auszuführen.
  4. Medizinische Gutachten: Mehrere Gutachten bestätigen die Erwerbsfähigkeit der Klägerin, auch hinsichtlich ihrer Wegefähigkeit.
  5. Keine wesentliche Verschlechterung: Die medizinische Situation der Klägerin hat sich seit der Operation nicht wesentlich verschlechtert.
  6. Wiederaufnahme der Arbeit: Die Klägerin ist wieder in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig.
  7. Ablehnung voller Erwerbsminderungsrente: Aufgrund der festgestellten Erwerbsfähigkeit besteht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
  8. Kostenentscheidung: Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet und eine Revision wird nicht zugelassen.

In Deutschland haben Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die wesentlichen Kriterien für diese Rente sind medizinischer und versicherungsrechtlicher Natur. Voraussetzung für den Anspruch ist das Unvermögen, mindestens sechs Stunden täglich in irgendeiner Tätigkeit zu arbeiten.

Die Rentenversicherung prüft dies anhand ärztlicher Unterlagen. Im Folgenden wird ein konkretes Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts zur Rente wegen Erwerbsminderung vorgestellt und analysiert, bei dem eine Klägerin aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen, unter anderem nach einer Hüftoperation, einen Anspruch geltend macht.

Der Weg zur Erwerbsminderungsrente: Ein Kampf um Anerkennung

In einem bemerkenswerten Rechtsstreit hat das Bayerische Landessozialgericht entschieden, dass eine Klägerin, die nach einer Hüftoperation und weiteren gesundheitlichen Beschwerden um ihre Erwerbsminderungsrente kämpfte, keinen Anspruch auf diese Leistung über den 31.12.2012 hinaus hat. Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexen Anforderungen und Hürden, die mit der Beantragung einer Erwerbsminderungsrente verbunden sind.

Medizinische Befunde und ihre Bedeutung im Rentenverfahren

Die Klägerin, geboren 1967, hatte nach einer Hüftoperation im Jahr 2010 Erwerbsminderungsrente beantragt. Obwohl sie zunächst als arbeitsunfähig eingestuft wurde, ergab ein Gutachten ein Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden pro Tag. Ein zentraler Punkt in diesem Rechtsstreit war die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin durch verschiedene medizinische Gutachten. Diese stellten fest, dass sie trotz ihrer gesundheitlichen Einschränkungen, zu denen ein Grad der Behinderung (GdB) von 30, später erhöht auf 50, sowie das Merkzeichen G gehörten, in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auszuführen. Die Gutachten skizzierten ein Bild der Klägerin, die trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen, wie einer Cup-Prothese und Dysplasie-Coxarthrose, noch teilweise arbeitsfähig war.

Die Rolle der Gutachten in der juristischen Bewertung

Die Entscheidung des Gerichts basierte maßgeblich auf den Einschätzungen verschiedener medizinischer Experten. Während die Klägerin und ihr behandelnder Orthopäde, Dr. N., eine reduzierte Arbeitsfähigkeit von unter sechs Stunden täglich anführten, wiesen andere Gutachter wie Dr. G. und Dr. E. darauf hin, dass ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden nicht ausschließen. Besonders betont wurde dabei, dass ihre Wegefähigkeit, also die Fähigkeit, Arbeitsstätten zu erreichen, erhalten blieb. Diese unterschiedlichen Auffassungen spiegelten sich in den medizinischen Beurteilungen und waren ausschlaggebend für das Urteil des Gerichts.

Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts: Kein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente

Letztlich entschied das Bayerische Landessozialgericht, dass die Klägerin über den 31.12.2012 hinaus keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat. Dieses Urteil basierte auf der Feststellung, dass die Klägerin trotz ihrer Einschränkungen in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit und der Wegfähigkeit spielten eine zentrale Rolle in dieser Entscheidung. Das Gericht berief sich dabei auf das umfassende Gutachten von Dr. E., welches in Übereinstimmung mit den vorherigen Bewertungen die Erwerbsfähigkeit der Klägerin bestätigte.

Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts zeigt, wie entscheidend medizinische Gutachten in Fällen von Erwerbsminderungsrenten sind. Es verdeutlicht auch die Herausforderungen, mit denen Antragsteller konfrontiert sind, und die Bedeutung detaillierter medizinischer Untersuchungen und Beurteilungen. Dieser Fall bietet wichtige Einblicke in die Komplexität von Rentenverfahren und die Notwendigkeit einer umfassenden medizinischen und juristischen Bewertung.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem SGB VI?

Die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) sind in § 43 SGB VI festgelegt. Es gibt zwei Arten von Erwerbsminderungsrenten: die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und die Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung müssen Versicherte folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie sind teilweise erwerbsgemindert, d.h., sie sind wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich tätig zu sein.
  • Sie haben in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit geleistet.
  • Sie haben vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt.

Für die Rente wegen voller Erwerbsminderung gelten folgende Voraussetzungen:

  • Sie sind voll erwerbsgemindert, d.h., sie sind wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich tätig zu sein.
  • Sie haben in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit geleistet.
  • Sie haben vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt.

Es gibt auch eine Sonderregelung für Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind. Diese haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

Bitte beachten Sie, dass die Rente wegen Erwerbsminderung nicht gezahlt wird, wenn die Erwerbsminderung absichtlich herbeigeführt wurde oder das Ergebnis einer Straftat ist.

Welche Rolle spielen medizinische Gutachten bei der Beurteilung der Erwerbsminderungsrente?

Medizinische Gutachten spielen eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Erwerbsminderungsrente. Sie werden in der Regel von Ärzten erstellt, die von der Deutschen Rentenversicherung beauftragt werden, und dienen dazu, die medizinische Leistungsfähigkeit des Antragstellers im Sinne des Rentenrechts einzuschätzen.

Ein medizinisches Gutachten zur Erwerbsminderungsrente sollte verschiedene Aspekte abdecken. Dazu gehören die Erfassung sämtlicher Aspekte der Erkrankung, die Beurteilung auch seltener Erkrankungen und die Erfassung und Beurteilung von Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Erkrankungen. Das Gutachten sollte umfassend und vollständig sein und sachlich sowie fachlich unabhängig erstellt werden.

Die Gutachter sollten Grundkenntnisse im Recht der gesetzlichen Teilhabe und dem Recht der Erwerbsminderung haben. Ohne diese Kenntnisse ist der Arzt nicht befähigt, ein Gutachten im Bereich der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente zu erstellen.

Die Anamnese zählt zu den wichtigsten Bestandteilen des Gutachtens und ist eine wesentliche Grundlage für die sozialmedizinische Beurteilung. Die Beschreibung muss unvoreingenommen und wertfrei erfolgen. Gutachter haben Anspruch darauf, dass ihnen medizinische Unterlagen, d.h. Ergebnisse ambulanter Behandlungen, Entlassungsberichte aus Rehabilitationseinrichtungen und Krankenhäusern sowie Gutachten anderer Sozialleistungsträger vor der Erstellung ihrer Gutachten übermittelt werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass das Gutachten zur Erwerbsminderungsrente häufig über den Anspruch auf eine Rente wegen Krankheit entscheidet. Daher kommt dem Gutachten eine hohe Stellung in der Bewertung über die Erwerbsfähigkeit zu.

Wie werden körperliche und gesundheitliche Einschränkungen in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit beurteilt?

Körperliche und gesundheitliche Einschränkungen in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit werden durch eine Vielzahl von Faktoren beurteilt, die sowohl die individuelle Gesundheitssituation als auch die Anforderungen des Arbeitsplatzes berücksichtigen. Die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit ist ein komplexer Prozess, der die Einschätzung der körperlichen, geistigen und psychischen Gesundheit des Individuums umfasst und wie diese die Fähigkeit beeinflussen, bestimmte Arbeiten auszuführen.

Die Arbeitsunfähigkeit wird definiert als die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten. Bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit werden die konkreten Anforderungen des Arbeitsplatzes berücksichtigt, und es wird geprüft, ob der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers es erlaubt, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung noch auszuüben oder ob die Ausübung der Tätigkeit die Heilung der Krankheit verhindern oder verzögern würde.

Die Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens erfolgt auf verschiedenen Ebenen und bezieht sich auf die generelle und langfristige Fähigkeit, bestimmte Tätigkeiten auszuführen, während die Arbeitsfähigkeit sich auf die aktuelle konkrete Arbeitssituation bezieht. Bei der Beurteilung werden auch die Auswirkungen von Krankheiten auf die Teilhabe am Arbeitsleben und die Möglichkeit, bestimmte Tätigkeiten auszuführen, berücksichtigt.

Ärztliche Atteste und medizinische Gutachten sind wesentliche Instrumente bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit. Sie dokumentieren die gesundheitlichen Einschränkungen und dienen als Grundlage für Entscheidungen über Arbeitsunfähigkeit, Wiedereingliederungsmaßnahmen und ggf. auch Rentenansprüche wegen Erwerbsminderung. Bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit kann der Medizinische Dienst der Krankenkassen mit einer gutachtlichen Stellungnahme beauftragt werden, um die Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen.

Zusammenfassend ist die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit ein multidimensionaler Prozess, der sowohl medizinische als auch berufliche Aspekte berücksichtigt und darauf abzielt, die bestmögliche Übereinstimmung zwischen den Fähigkeiten des Individuums und den Anforderungen des Arbeitsplatzes zu finden.


Das vorliegende Urteil

Bayerisches Landessozialgericht – Az.: L 19 R 1135/13 – Urteil vom 11.02.2015

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.10.2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.12.2012 hinaus hat.

Die 1967 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur Verkäuferin absolviert und diese auch erfolgreich abgeschlossen. Zuletzt war sie sozialversicherungspflichtig als Arbeiterin in einem Rasthaus beschäftigt. In der Zeit vom 01.01.2013 – 31.12.2013 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld I. Seit Januar 2014 steht sie wieder in einem Beschäftigungsverhältnis bei ihrem früheren Arbeitgeber.

Nach einer am 05.02.2010 erfolgten Hüftoperation beantragte die Klägerin am 23.11.2010 die Gewährung von Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten. Aus der Anschlussheilbehandlung in der Klinik B. Bad K. in der Zeit vom 25.03.2010 bis 15.04.2010 war die Klägerin zwar als arbeitsunfähig, jedoch mit einem Leistungsvermögen von jeweils mehr als sechs Stunden sowohl für die letzte Tätigkeit als Arbeiterin in einem Rasthaus als auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen worden. Zwischenzeitlich war der Klägerin auf ihren Antrag vom 06.09.2010 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 wegen Funktionsbeeinträchtigung beider Hüftgelenke, Hüftdysplasie links und Hüftkappenprothese rechts mit Bescheid vom 07.10.2010 zuerkannt worden. Die Beklagte lehnt zunächst mit Bescheid vom 17.12.2010 eine Rentengewährung ab. Nach Widerspruch der Klägerin hiergegen veranlasste die Beklagte ein Gutachten von Frau Dr. W., die am 14.12.2010 festhielt, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben lediglich in der Wohnung ohne Gehstütze laufen könne. Im Freien könne sie ohne Gehhilfe nur unter 500 m laufen, mit Gehstütze sei es möglich, 30 Minuten zu laufen. Es sei deshalb von einer momentan bestehenden fehlenden Wegefähigkeit auszugehen. Es erfolgten aktuell keine spezifischen physikalischen oder physiologischen Maßnahmen. Mit Abhilfebescheid vom 28.02.2011 bewilligte die Beklagte daraufhin der Klägerin für die Zeit vom 01.05.2010 bis 31.12.2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit.

Am 02.08.2012 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente. Nach Beiziehung ärztlicher Befundberichte holte die Beklagte ein orthopädisches Gutachten von Dr. G. ein, der am 04.09.2012 zu dem Ergebnis gelangte, dass die Wegefähigkeit der Klägerin zwischenzeitlich wieder gegeben sei und die noch vorhandenen gesundheitlichen Einschränkungen einem mehr als 6-stündigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen nicht entgegen stehen würden.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 07.09.2012 eine Rentengewährung über den 31.12.2012 hinaus ab. Der hiergegen am 20.09.2012 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2012 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung der hiergegen am 29.10.2012 zum Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie immer noch auf eine Gehhilfe angewiesen sei und starke Schmerzen im Bein habe. Sie könne weder lange sitzen noch stehen und laufen gehe gar nicht mehr ohne Gehhilfe.

Das Sozialgericht hat Befundberichte des Allgemeinmediziners Dr. C., des Orthopäden Dr. N. sowie des Neurologen Dr. O. eingeholt und die Akte des Versorgungsamtes E-Stadt beigezogen. Ab Januar 2013 war der Klägerin ein GdB von 50 sowie das Merkzeichen G zuerkannt.

Das Sozialgericht hat ein orthopädisches Terminsgutachten von Dr. R. eingeholt, der am 29.01.2013 zu folgenden Diagnosen gekommen ist:

1. Cup-Prothese rechte Hüfte 2/2010, muskuläre Insuffizienz.

2. Beginnende Dysplasie-Coxarthrose rechts.

Eine mindestens 6-stündige Tätigkeit erscheine derzeit noch zumutbar. Die Klägerin solle nur noch leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ausüben, wobei die sitzende Position zu mindestens 75 % überwiegen sollte, weder lange Gehstrecken noch längeres Stehen erschienen möglich. Die Tätigkeit solle vorwiegend in geschlossenen Räumen ausgeübt werden. Zu vermeiden seien Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, auf Leitern und Gerüsten, gehäufte schwere Hebetätigkeiten, Zwangshaltungen wie Vorbeugen, Knien und Hocke und auch Witterungseinflüsse. Nach den Angaben der Klägerin könne die Wegefähigkeit derzeit gerade noch vorausgesetzt werden. Gegen das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel bestünden keine Einwände. Gegenüber den Untersuchungsergebnissen von Dr. G. seien keine wesentlichen Veränderungen eingetreten. Das Gutachten beschreibe zusammenfassend die relevanten Diagnosen, insbesondere den Zustand nach Cup-Prothese. Aus orthopädischer Sicht bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten unter Einschränkungen, die letzte Tätigkeit erscheine nicht mehr vollschichtig möglich. In Anbetracht des Alters der Klägerin seien zwingend Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu empfehlen bis hin zur Berufsfindung/Umschulung. Die geminderte Erwerbsfähigkeit bestehe mindestens seit Antrag auf Rentenweiterzahlung 8/2012. Die geminderte Erwerbsfähigkeit sei auch als dauerhaft anzusehen, die arthrotischen Veränderungen an der linken Hüfte würden bei Dysplasie eine langsame Progredienz zeigen. Bezüglich der rechten Hüfte erscheine eine punktuelle Verbesserung noch möglich, eine durchgreifende Veränderung sei jedoch unwahrscheinlich.

Auf Antrag der Klägerin wurde sodann nach § 109 Sozialgerichtsgesetz – SGG – ein Gutachten von dem behandelnden Orthopäden der Klägerin, Dr. N., eingeholt, der am 18.06.2013 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

1. Hüftbeschwerden rechts bei einliegender Cup-Prothese und vorbestehender Dysplasie-Coxarthrose beidseits.

2. Wirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und muskulärer Dysbalance.

3. Insuffizienz der Gluteal- und Oberschenkelmuskulatur rechts.

Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen sei zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch eine 3- bis unter 6-stündige Tätigkeit zumutbar. Es müsse sich um leichte Tätigkeiten in wechselnder Stellung in geschlossenen Räumen handeln. Vermieden werden müssten Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, auf Leitern und Gerüsten, gehäufte schwere Hebetätigkeiten, die Hebebelastung solle 5 kg nicht überschreiten. Vermieden werden müssten ebenfalls Zwangshaltungen wie Vorbeugen, Knien, Hocken und auch Witterungseinflüsse. Seiner Ansicht nach sei die Wegefähigkeit nicht gegeben, da ein Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel (in der Regel Stufen) kaum möglich sei. Auch die zumutbare benötigte Wegstrecke sei derzeit nicht möglich. Es sei zu berücksichtigen, dass der Klägerin zum Grad der Behinderung noch das Merkzeichen G zuerkannt worden sei. Es liege eine zunehmende Verschlechterung vor, da wegen der Schmerzen weniger genutzte Muskulatur kontinuierlich abnehme. Bei der klinischen Untersuchung nach den üblichen Kriterien (Neutral-Null-Methode) zu den beiden Vorgutachten bestünden keine wesentlichen Abweichungen. Die Berücksichtigung der Muskulatur führe seiner Ansicht nach zu einer Einstufung weniger als 6-stündige Tätigkeit. Ob durch die bestehende Behinderung, in Verbindung mit der Zuerkennung des Merkzeichens G, eine erhöhte Unfallgefahr und damit eine weniger als 3-stündige Tätigkeit gerechtfertigt wäre, sei dahingestellt.

Mit Schriftsatz vom 11.07.2013 übersandte die Beklagte eine prüfärztliche Stellungnahme von Dr. G., der darauf hingewiesen hat, dass sämtliche im Verfahren erhobenen Gutachten zu identischen Bewegungsminderungen der unteren Gliedmaßen der Klägerin gekommen seien. Auch das Muskeldefizit am rechten Oberschenkel habe sich in den Gutachten nicht verändert. Zusammengefasst lasse sich in allen Gutachten eine in etwa mittelgradige Funktionseinschränkung der rechten Hüfte sowie ein leichtes Muskeldefizit der rechtsseitigen Oberschenkeletage feststellen, die sich seit dem operativen Eingriff im Februar 2010 nicht verschlechtert hätten. Die von Dr. W. angenommene Nervenschädigung, die zur Gewährung der Zeitrente geführt habe, habe sich nicht verifiziert. LTA-Maßnahmen seien bei der Klägerin sinnvoll, vorausgesetzt sie habe eine entsprechende Motivation. Sie sollten daher erst nach Abschluss des Rentenverfahrens eingeleitet werden.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 20.08.2013 darauf hingewiesen, dass sich die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin verschlimmert hätten, sowohl bei der rechten Hüfte, es müsse aber auch bald die linke Hüfte einer Operation unterzogen werden. Zusätzlich leide die Klägerin unter Bandscheibenschäden in der Lendenwirbelsäule. So seien bei einem MRT Bandscheibenprotrusionen in den Segmenten L3/4 und L4/5 festgestellt worden, sowie ein Bandscheibenvorfall in Höhe von L5/S1.

Das Sozialgericht hat sodann mit Urteil vom 15.10.2013 die Klage gegen den Bescheid vom 07.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2012 als unbegründet abgewiesen. Nach dem überzeugenden Gutachten von Dr. R. sei davon auszugehen, dass die Klägerin noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dem Gutachten von Dr. N. werde nicht gefolgt, er begründe seine abweichende sozialmedizinische Beurteilung mit dem Zustand der bei der Klägerin zu berücksichtigenden Muskulatur. Im Übrigen habe bei der klinischen Untersuchung keine wesentliche Abweichung zu den Vorgutachten bestanden. Dr. G. habe nachvollziehbar und frei von Widersprüchen für den Ärztlichen Dienst der Beklagten am 04.07.2013 dargelegt, dass das Muskeldefizit identisch zu den gefundenen Umfangswerten in den Vorgutachten von Dr. G. und Dr. R. sei. Die festgestellten Messwerte bedeuteten ein leichtes Muskeldefizit der rechtsseitigen Oberschenkeletage. Im Übrigen bestehe eine in etwa mittelgradige Funktionseinschränkung der rechten Hüfte. Daraus gehe zur Überzeugung des Gerichts nachvollziehbar hervor, dass eine rentenrechtlich relevante Leistungseinschränkung nicht mehr bestehe. Etwas anderes folge auch nicht aus den von der Klägerin vorgelegten weiteren ärztlichen Unterlagen.

Zur Begründung der hiergegen am 19.11.2013 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung verweist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf das eingeholte Gutachten von Dr. N., der plausibel von einer verminderten Erwerbsfähigkeit der Klägerin ausgehe. Zwischenzeitlich habe das ZBFS einen GdB von 50 zugesprochen und zusätzlich auch die Voraussetzungen für das Merkzeichen G anerkannt. Hierzu sei auch auf die besondere Fallgestaltung und das besondere Beschwerde- und Leidensbild der Klägerin einzugehen. Einhergehend mit erheblichen Gehproblemen, die es mit sich brächten, dass die Klägerin auf eine Gehhilfe angewiesen sei, sei sicherlich eine Situation, in welcher bei sämtlichen Vorstellungsgesprächen sich kein einziger potentieller Arbeitgeber für eine Einstellung der Klägerin entscheiden könnte.

Der Senat hat Berichte des behandelnden Allgemeinarztes Dr. C. (mit weiteren Befundunterlagen) sowie des Orthopäden Dr. D. beigezogen und sodann ein orthopädisches Gutachten von Dr. E. eingeholt. Dieser ist nach Untersuchung am 15.07.2014 in seinem Gutachten vom 24.07.2014 zu folgenden Diagnosen gelangt:

1. Schmerzsymptomatik der rechten Hüfte sowie Insuffizienz der hüftumgreifenden Muskulatur rechts mit hinkendem Gangbild rechts bei Zustand nach Implantation einer Endoprothese (Cup-Prothese) im Februar 2010.

2. Leichte Schmerzsymptomatik des linken Hüftgelenkes ohne wesentliche funktionelle Einbußen, bei geringer- bis mittelgradiger Hüftdysplasie.

3. Schmerzsymptomatik der Hals- und Lendenwirbelsäule bei leichten degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule und der unteren Lendenwirbelsäule bei Bandscheibenprotrusionen in Höhe L3 bis L5 und kleinem Prolaps L5/S1.

Trotz dieser Gesundheitsstörungen könne die Klägerin leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig verrichten. Zu vermeiden seien schwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von schweren Lasten von mehr als 10 kg, überwiegendes Stehen oder Knien, öfteres Arbeiten in Zwangshaltungen wie in hockender, gebückter oder kniender Position, Arbeiten unter Zeitdruck und Stresssituationen, Arbeiten auf unfallgefährdeten Arbeitsplätzen wie auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr. Die Gehfähigkeit sei zwar etwas eingeschränkt, allerdings sei der übliche Anmarschweg zur Arbeitsstätte – insbesondere eine 4-malige Wegstrecke von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand – zu Fuß und unter Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln während der Hauptverkehrszeit möglich. Die festgestellten Einschränkungen bestünden seit Januar 2013 in etwa unveränderter Form. Es handle sich um eine dauernde Einschränkung. Eine Besserung oder Verschlechterung sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Besondere Heilbehandlungen seien nicht erfolgversprechend. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit könne mit größter Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich durch medizinische Maßnahmen beeinflusst werden. Weitere Fachgutachten seien nicht erforderlich.

Zu dem Gutachten von Dr. E. hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 21.11.2014 nochmals Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass der Klägerin das Merkzeichen G zuerkannt worden sei. Aus den vorhandenen Befundunterlagen gehe eindeutig eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin hervor. Es würden in den Gutachten keine brauchbaren Auseinandersetzungen zur Frage eines erreichbaren Arbeitsplatzes erfolgen. Ferner habe die Beklagte selbst in dem Verfahren zur Gewährung von LTA-Maßnahmen festgehalten, dass der Arbeitsplatz der Klägerin nicht den gesundheitlichen Anforderungen entspräche, habe aber gleichzeitig Leistungen abgelehnt (Bescheid der Beklagten vom 27.02.2014). Es müsse im Sinne der Klägerin entschieden werden.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.10.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den 31.12.2012 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.10.2013 zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt.

Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Unproblematisch ist dabei, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Berufung zum Bayer. Landessozialgericht bereits einlegte, bevor das Urteil des Sozialgerichts Würzburg in den Gründen niedergelegt und dem Prozessbevollmächtigten auch zugestellt war. Mit Schriftsatz vom 03.12.2013 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorsorglich nochmals namens und im Auftrag der Klägerin ausdrücklich Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg eingelegt.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 15.10.2013 die Klage gegen den Bescheid vom 07.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.1012 als unbegründet abgewiesen, da die Klägerin über den 31.12.2012 hinaus keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI – hat.

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin zumindest ab dem 01.01.2013 in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Eine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI liegt damit nicht vor. Der Senat stützt seine Überzeugung auf das eingeholte fachorthopädische Gutachten von Dr. E. vom 24.07.2014, der in Übereinstimmung mit dem im Rentenverfahren eingeholten orthopädischen Gutachten von Dr. G. und dem im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten orthopädischen Terminsgutachten von Dr. R. ein mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen der Klägerin trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen gesehen hat. Die drei Sachverständigen kommen übereinstimmend auch zu dem Ergebnis, dass trotz der gesundheitlichen Einschränkungen die Wegefähigkeit der Klägerin im rentenrechtlichen Sinne noch erhalten ist.

Dr. E. hat festgehalten, dass im Vordergrund der Beschwerdesymptomatik bei der Klägerin Schmerzen und Schwäche im rechten Hüftgelenk sowie Schwäche des rechten Beines stünden. Nach ihren eigenen Angaben sei die Beschwerdesymptomatik nach der Implantation einer Cup-Prothese rechts 2010 gleich geblieben, die Beweglichkeit habe sich verschlechtert. Darüber hinaus klage die Klägerin über Schmerzen im Bereich der linken Hüfte sowie der Hals- und Lendenwirbelsäule. Klinisch sei ein deutlich hinkendes Gangbild rechts bemerkbar. Dieses resultiere aus der Schwäche der hüftumgreifenden Muskulatur mit sogenanntem Duchenne-Hinken. Insuffizienz bestehe vor allem im Bereich der Gluteal-Muskulatur mit der Unfähigkeit, das Becken beim Einbeinstand auf der rechten Seite zu stabilisieren. Darüber hinaus zeige sich eine leichte Verminderung der Oberschenkelmuskulatur rechts mit Umfangsdifferenzen bis zu 3 cm sowie der Unterschenkelmuskulatur rechts von bis zu 1 cm. Die Funktion, d. h. die Beweglichkeit des rechten Hüftgelenkes sei nur leicht eingeschränkt gewesen, insgesamt aber relativ gut. Die Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes sei frei gewesen. Auch die Beweglichkeit der Segmente der Wirbelsäule sei relativ gut gewesen, trotz der subjektiv angegebenen Schmerzsymptomatik. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien zum Teil nachvollziehbar und vereinbar mit den bekannten Bandscheibenprotrusionen und mit dem Bandscheibenvorfall der unteren Lendenwirbelsäule sowie der leichten degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule. Aus diesen Einschränkungen resultierten in erster Linie qualitative Leistungseinschränkungen in Bezug auf schwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von mehr als 10 kg, überwiegende stehende und gehende Tätigkeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen wie in hockenden und knienden Positionen, Arbeiten auf unfallgefährdenden Arbeitsplätzen sowie auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, überwiegende Überkopfarbeiten und Arbeiten unter Stress und Zeitdruck. Leichte und kurzzeitig mittelschwere körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen oder wechselnder Stellung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen seien noch vollschichtig zumutbar und die Wegefähigkeit sei gegeben.

Das Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Gutachten nach § 109 SGG von Dr. N. nicht gefolgt werden kann. Dr. N. kam im wesentlichen zu den gleichen Bewegungsmaßen nach der Neutral-Null-Methode wie die Sachverständigen Dr. G. und Dr. R., und wie jetzt auch Dr. E., hat seine Leistungseinschätzung auf unter 6 Stunden aber mit dem Umstand der schwächer werdenden Muskulatur (durch weniger Gebrauch infolge von Schmerzen) begründet. Zwar ist dem Sachverständigen dahingehend zu folgen, dass eine kontinuierliche Verschmälerung der Oberschenkelmuskulatur festzustellen ist, dies gilt aber nicht nur für den rechten, sondern auch für den linken Oberschenkel. Eine leistungseinschränkende, einen dauerhaften Funktionsverlust begründende Erkrankung der rechten unteren Extremität der Klägerin konnte Dr. E. jedoch nicht sehen, da neurologische Ausfälle nicht festgestellt werden konnten, Muskelreflexe seitengleich positiv zu erhalten waren, die Schuhsohlen seitengleich unauffällig waren und keinerlei orthopädische Hilfsmittel verwendet wurden. Dr. N. hat seine Begründung insbesondere auch auf die versorgungsrechtliche Zuerkennung des Merkzeichens G gestützt. Die Gehfähigkeit im Schwerbehindertenrecht verlangt allerdings die Fähigkeit zum Zurücklegen einer ortsüblichen Wegstrecke von etwa zwei Kilometern innerhalb einer halben Stunde, was deutlich mehr ist als die im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung geforderte Wegstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten. Ferner hätte sich Dr.N. mit der weiteren Frage eines unter 3stündigen Leistungsvermögens auseinandersetzen müssen und hätte dies nicht „dahingestellt“ bleiben lassen dürfen.

Die der Klägerin auf ihren Rentenantrag vom 23.11.2010 zuerkannte Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit beruhte auf der Einschätzung von Frau Dr.W. in ihrem Gutachten vom 14.12.2010. Diese hatte damals eine mögliche neurologische Schädigung nicht ausschließen können. Sie hielt in ihrem Gutachten fest, dass, obwohl die Klägerin eine Cup-Prothese erhalten hätte, sie kaum eine Linderung der Schmerzen erfahren hätte, jedoch eine Verschlechterung des Gehens und der Kraft. Eine eindeutige Ursache der Beschwerden hätte im Rahmen der weiterführenden Diagnostik mit Szintigraphie, CT und neurologischen Untersuchungen inklusive Neurophysiologie nicht verifiziert werden können. Eine Wiedervorstellung nach erneuter neurologischer Kontrolle am 19.07.2010 sei in der operierenden Klinik geplant. Es sei gegenwärtig von einer fehlenden Wegefähigkeit auszugehen. Als Leistungsumfang waren jedoch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich angenommen worden. Der von Frau Dr.W. vermutete neurologische Zusammenhang der Muskelschwäche bzw. auch der empfundenen Schmerzen und Einschränkung der Wegefähigkeit hat sich aber in den nachfolgenden Gutachten von Dr. G., Dr. R. und Dr. E. und auch in den beigezogenen ärztlichen Befundberichten nicht verifizieren lassen. Ausgehend von den Angaben der Klägerin, dass sich ihr Gesundheitszustand seit Implantation der Cup-Prothese im Wesentlichen nicht verändert habe, fällt auf, dass im Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 15.04.2010 festgehalten ist, dass die Klägerin im 3-Punkte-Gang und Totalbelastung von 20 kg mobilisiert sei und die aktuelle Wegstrecke mehr als 500 m betrage. Treppensteigen werde beherrscht. Beim Stehen über eine halbe Stunde träten Beschwerden auf. Es gäbe Beschwerden beim Gehen, wenn sie längere Strecken laufe, aktuelle Gehstrecke ca. 300 bis 500 m. Das Treppensteigen über eine Etage hinauf oder hinunter sei ohne Schwierigkeiten möglich. Das Ein- und Aussteigen in einen Pkw sei mit geringer Anstrengung möglich. Die Klägerin sei nicht in der Lage in die Hocke zu gehen bzw. sich hin zu knien. Das Gehen auf unebenen Boden sei ohne Schwierigkeiten möglich. Als Reha-Ergebnis ist festgehalten, dass die Gehstrecke sich erweitert habe. Eine wesentliche Schmerzsymptomatik bestehe nicht mehr. Die Klinik hat aus orthopädischer Sicht ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen angenommen. Die Klägerin hat gegenüber der Reha-Klinik allerdings angegeben, sich den Anforderungen des derzeitigen Berufes nicht mehr ganz gewachsen zu fühlen.

Die Klägerin ist seit Januar 2014 wieder bei ihrem bisherigen Arbeitgeber versicherungspflichtig beschäftigt. Insoweit ist bereits der Hinweis des Prozessbevollmächtigten auf fehlende Vermittlungschancen der Klägerin obsolet. Dies wäre auch keine Frage des rentenrechtlichen Erwerbsminderungsrechts, sondern Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit (§ 43 Abs 3 SGB VI). Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hinweist, dass auch die Beklagte davon ausgeht, dass die Tätigkeit der Klägerin bei ihrem Arbeitgeber nicht leidensgerecht sei, weil sie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt habe, ist festzuhalten, dass die Beklagte die beantragte Gewährung eines Eingliederungszuschusses für den Arbeitgeber abgelehnt hat, weil die Tätigkeit der Klägerin als Kassiererin bzw. Rezeptionistin nicht mit den festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen vereinbar sei. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die Klägerin eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, sofern die in den Gutachten festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen beachtet werden, und dass sie noch in der Lage ist, geeignete Arbeitsplätze zu erreichen. Dies wird letztlich auch von der Klägerin bestätigt. Sie hat gegenüber dem Senat angegeben, die Arbeit ab Januar 2014 wieder aufgenommen zu haben, weil ihr Arbeitslosengeldanspruch geendet habe und sie von Arbeitslosengeld II nicht leben könne. Sie nehme Schmerztabletten.

Nach alledem ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.10.2013 als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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