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Witwenrente – widerlegbare Vermutung einer Versorgungsehe bei kurzer Ehedauer

Ein Paar, das über viele Jahre zusammenlebte, fasst den Entschluss zur Heirat – just als die Frau unheilbar erkrankt. Wenige Monate nach der Hochzeit stirbt sie, und der Witwer beantragt die ihm zustehende Witwerrente. Doch die Rentenversicherung lehnt den Antrag ab, denn die Ehedauer war extrem kurz. Ein aktuelles Urteil beleuchtet nun die heikle Frage, wann eine sogenannte Versorgungsehe vorliegt und welche Konsequenzen dies hat.

Zum vorliegenden Urteil Az.: L 4 R 189/19 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern
  • Datum: 24.04.2025
  • Aktenzeichen: L 4 R 189/19
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Sozialrecht (Rentenrecht)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ehemann der verstorbenen Versicherten, der Witwerrente beantragte. Er argumentierte, die Hochzeit sei bereits vor der Krebsdiagnose geplant gewesen und habe dazu gedient, ihm medizinische Entscheidungsbefugnisse für seine Frau einzuräumen.
  • Beklagte: Die Rentenversicherung, die den Antrag des Klägers auf Witwerrente ablehnte. Sie vertrat die Auffassung, dass die Ehe aufgrund der kurzen Dauer und der schweren Erkrankung der Ehefrau zum Zeitpunkt der Eheschließung hauptsächlich der Versorgung diente.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein Mann beantragte Witwerrente, nachdem seine Ehefrau weniger als ein Jahr nach der Eheschließung verstarb. Kurz vor der Hochzeit wurde bei ihr eine schwere Krebserkrankung festgestellt. Die Rentenversicherung lehnte die Rente ab, da sie von einer sogenannten Versorgungsehe ausging.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob ein Anspruch auf Witwerrente besteht, wenn die Ehe weniger als ein Jahr dauerte und zum Zeitpunkt der Eheschließung eine lebensbedrohliche Krankheit bekannt war. Es ging darum, ob die gesetzliche Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe durch besondere Umstände widerlegt werden kann und welche Rolle dabei die tatsächliche Todesursache spielt.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landessozialgericht hob das Urteil der Vorinstanz auf und wies die Klage des Mannes ab. Somit wurde ihm keine Witwerrente zugesprochen.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegt werden konnte. Die Ehefrau litt zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer offenkundig lebensbedrohlichen Krankheit. Die vom Kläger vorgebrachten Gründe, wie ein angeblich vorbestehender Heiratsentschluss oder der Wunsch, medizinische Entscheidungen treffen zu können, wurden als nicht ausreichend oder nicht glaubhaft erachtet. Die spätere Todesursache (Schlaganfall) war unerheblich, da für die Beurteilung die Motivation zum Zeitpunkt der Eheschließung entscheidend ist und eine lebensbedrohliche Krankheit bereits bekannt war.
  • Folgen: Der Kläger erhält keine Witwerrente. Es gibt keine Erstattung außergerichtlicher Kosten, und eine weitere Anfechtung des Urteils durch Revision ist nicht möglich.

Der Fall vor Gericht


Hochzeit im Schatten der Krankheit: Kein Anspruch auf Witwerrente bei kurzer Ehedauer

Viele Paare entscheiden sich auch nach langen Jahren des Zusammenlebens für eine Heirat. Manchmal geschieht dies in einer Zeit, in der einer der Partner bereits schwer erkrankt ist. Doch was passiert, wenn der kranke Partner kurz nach der Hochzeit verstirbt? Hat der überlebende Ehegatte dann immer einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente? Ein Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Az. L 4 R 189/19) beleuchtet diese schwierige Frage.

Ein langes gemeinsames Leben und eine späte Diagnose

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Traurige Hochzeit: Krankes Paar unterschreibt im Standesamt, Zeichen von Liebe trotz schwerer Krankheit. | Symbolbild: KI-generiertes BildTraurige Hochzeit: Krankes Paar unterschreibt im Standesamt, Zeichen von Liebe trotz schwerer Krankheit. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Herr K., geboren im April 1956, und seine spätere Ehefrau, geboren im April 1964, waren nach seinen Angaben seit 1997 ein Paar. Seit etwa 2004 lebten sie in einer gemeinsamen Wohnung, die Herr K. 2007 allein erworben hatte. Gemeinsam zogen sie auch den Sohn der Frau aus einer früheren Beziehung groß. Die spätere Ehefrau, nennen wir sie Frau V. (die Versicherte, da ihre Rentenansprüche relevant sind), war beruflich aktiv, bis sie im Frühjahr 2017 erkrankte.

Anfang Mai 2017 dann der Schock: Bei Frau V. wurde Bauchspeicheldrüsenkrebs im fortgeschrittenen Stadium festgestellt. Die Ärzte sprachen von einem Stadium IV, was bedeutet, dass der Krebs bereits gestreut hatte. Es wurden sogenannte Filiae, also Tochtergeschwülste, in der Leber und ein Verdacht auf solche in der Lunge gefunden. Zusätzlich litt Frau V. unter einer Thrombose, einem Blutgerinnsel, in wichtigen Venen und einer dadurch ausgelösten Lungenembolie, also einem Verschluss von Blutgefäßen in der Lunge. Die medizinische Einschätzung war eindeutig: Eine Heilung war nicht mehr möglich, es ging um eine palliative Behandlung. Das bedeutet, die Therapie zielte darauf ab, das Leben zu verlängern und die Lebensqualität so gut wie möglich zu erhalten.

Die Heirat und der Beginn der Therapie

Am 22. Mai 2017, also nur wenige Wochen nach der niederschmetternden Diagnose, heirateten Herr K. und Frau V. Interessanterweise war dies derselbe Tag, an dem sie die Eheschließung beim Standesamt angemeldet hatten. Die Ereignisse überschlugen sich: Nur einen Tag nach der Hochzeit, am 23. Mai 2017, wurde Frau V. ein sogenannter Port gelegt. Das ist ein dauerhafter Zugang unter der Haut, über den Medikamente, wie eine Chemotherapie, direkt in den Blutkreislauf gegeben werden können. Am 26. Mai 2017 begann dann die palliative Chemotherapie.

Frau V. beantragte im September 2017 eine Erwerbsminderungsrente. Das ist eine Rente, die man erhält, wenn man aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt arbeiten kann. Sie gab an, aufgrund der vielen Krebsdiagnosen keine Aussicht auf Besserung zu sehen. Die zuständige Rentenversicherung gewährte ihr im November 2017 eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, stellte aber gleichzeitig fest, dass ihre Erwerbsfähigkeit als „aufgehoben“ anzusehen sei. Am 11. Januar 2018 verstarb Frau V. an den Folgen eines Schlaganfalls, den sie eine Woche zuvor erlitten hatte.

Der Streit um die Witwerrente

Kurz nach dem Tod seiner Frau, am 15. Januar 2018, beantragte Herr K. bei der Rentenversicherung eine Witwerrente. Das ist eine finanzielle Unterstützung für den hinterbliebenen Ehepartner. Doch die Rentenversicherung lehnte den Antrag mit einem Bescheid, einer offiziellen Mitteilung, vom 12. März 2018 ab. Aber warum?

Die Begründung lag in der kurzen Ehedauer. Die Ehe hatte weniger als ein Jahr bestanden. Das Gesetz, genauer das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), enthält hier eine spezielle Regelung (§ 46 Abs. 2a SGB VI). Diese besagt, dass bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr grundsätzlich kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente besteht. Dahinter steckt die gesetzliche Vermutung, dass es sich um eine sogenannte „Versorgungsehe“ handeln könnte. Eine Versorgungsehe ist eine Ehe, bei der der Hauptzweck der Heirat darin gesehen wird, dem überlebenden Partner einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung zu verschaffen. Das Gesetz geht also zunächst davon aus, dass dies der Fall war.

Die Rentenversicherung argumentierte, dass die schwere Erkrankung von Frau V. zum Zeitpunkt der Heirat stark darauf hindeute, dass die Versorgung von Herrn K. das Hauptmotiv für die Ehe gewesen sei. Herr K. legte Widerspruch ein, eine Art Beschwerde gegen den Bescheid. Er erklärte, sie hätten eine gemeinsame Zukunft aufbauen wollen und der Hochzeitstermin habe bereits vor der Krebsdiagnose festgestanden. Die Rentenversicherung ließ sich jedoch nicht überzeugen und wies den Widerspruch mit einem Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2018 zurück. Sie stützte sich dabei auch auf medizinische Stellungnahmen, die bestätigten, dass der Tod von Frau V. seit der Diagnose absehbar gewesen sei.

Erste Runde vor Gericht: Ein Hoffnungsschimmer für den Witwer

Herr K. gab nicht auf und reichte Klage beim Sozialgericht A-Stadt ein. Das Sozialgericht ist die erste Instanz, die bei Streitigkeiten im Bereich der Sozialversicherung, wie Rentenangelegenheiten, entscheidet. Und tatsächlich: Das Sozialgericht gab Herrn K. mit Urteil vom 25. September 2019 Recht!

Die Richter am Sozialgericht waren überzeugt, dass der Wunsch nach Versorgung nicht das vorrangige Motiv für die Heirat gewesen sei. Sie glaubten Herrn K.s Darstellung, dass der Heiratsentschluss schon vor der Diagnose bestanden habe. Ein wichtiger Grund für die beschleunigte Hochzeit sei gewesen, dass Frau V. ihn als Entscheidungsträger für medizinische Fragen habe einsetzen wollen, falls sie selbst dazu nicht mehr in der Lage gewesen wäre. Herr K. hatte geschildert, dass ihm einmal im Krankenhaus der Zugang zu seiner späteren Frau verwehrt worden sei. Das Gericht sah es auch als gewichtiges Argument an, dass Frau V. nicht direkt an den Folgen des Bauchspeicheldrüsenkrebses, sondern an einem Schlaganfall verstorben war. Sie verglichen dies mit einem plötzlichen, nicht vorhersehbaren Tod.

Die Rentenversicherung gibt nicht auf: Der Fall vor dem Landessozialgericht

Gegen dieses Urteil legte die Rentenversicherung Berufung beim Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern ein. Eine Berufung ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Entscheidung der Vorinstanz von einem höheren Gericht überprüft werden kann. Die Rentenversicherung kritisierte, dass es keine objektiven Beweise für einen Heiratsentschluss vor der Diagnose gebe. Die Anmeldung zur Eheschließung sei erst am 22. Mai 2017 erfolgt. Auch das Argument mit der Handlungsfähigkeit in medizinischen Fragen überzeugte die Rentenversicherung nicht, da es die Möglichkeit einer Vorsorgevollmacht gegeben hätte. Eine Vollmacht ist eine schriftliche Ermächtigung, für eine andere Person handeln zu dürfen. Entscheidend sei, so die Rentenversicherung, die Motivlage zum Zeitpunkt der Eheschließung, nicht die spätere Todesursache.

Die Entscheidung des Landessozialgerichts: Keine Rente für den Witwer

Das Landessozialgericht (LSG) fällte seine Entscheidung am 24. April 2024 und kam zu einem anderen Ergebnis als das Sozialgericht. Es hob das Urteil des Sozialgerichts auf und wies die Klage von Herrn K. ab. Das bedeutet: Herr K. hat keinen Anspruch auf die Witwerrente.

Warum entschied das Landessozialgericht so? Eine genaue Betrachtung der Gründe

Das LSG musste prüfen, ob die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe widerlegt werden konnte. Was bedeutet das genau? Das Gesetz geht, wie erwähnt, bei einer Ehe von weniger als einem Jahr davon aus, dass es eine Versorgungsehe war. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden, wenn „besondere Umstände“ des Falles zeigen, dass dies nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war.

Die strenge Regel bei kurzer Ehedauer

Das Gericht stellte klar, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine Witwerrente, wie das Erreichen einer bestimmten Versicherungszeit (Wartezeit) durch Frau V. und das Alter von Herrn K., zwar erfüllt waren. Der Knackpunkt war § 46 Abs. 2a SGB VI. Wenn eine Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, gibt es keine Rente – es sei denn, die Vermutung der Versorgungsehe wird widerlegt.

Die Richter betonten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), des höchsten deutschen Sozialgerichts, alle Motive für die Eheschließung berücksichtigt und abgewogen werden müssen. Die Vermutung ist nur dann widerlegt, wenn die anderen Gründe neben der Versorgungsabsicht insgesamt überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit des verstorbenen Partners zum Zeitpunkt der Heirat war, desto gewichtiger müssen die anderen Gründe sein, um die Vermutung zu entkräften. Die Beweislast dafür, dass es keine Versorgungsehe war, liegt beim Antragsteller, also bei Herrn K. Er musste das Gericht davon mit einer Sicherheit überzeugen, die an Gewissheit grenzt. Verbleibende Zweifel gehen zu seinen Lasten.

Die schwere Krankheit war beiden bekannt

Zum Zeitpunkt der Hochzeit am 22. Mai 2017 litt Frau V. an einem fortgeschrittenen, bereits metastasierten Bauchspeicheldrüsenkrebs und weiteren schweren Erkrankungen wie Thrombosen und Lungenembolien. Es bestand eine palliative Situation, also keine Aussicht auf Heilung. Sowohl Herr K. als auch Frau V. wussten davon. Das zeigte sich auch darin, dass nur einen Tag nach der Hochzeit der Port für die Chemotherapie gelegt wurde. Die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung war also offenkundig. Ob die Ehepartner hofften, dass Frau V. noch länger als ein Jahr leben würde, spielt dabei keine Rolle. Entscheidend ist das Wissen um die potenziell lebensbedrohliche Krankheit bei der Heirat.

Zählten die Argumente des Witwers nicht?

Das LSG prüfte die von Herrn K. vorgebrachten Gründe, warum es keine Versorgungsehe gewesen sein soll, sehr genau:

  • Langes Zusammenleben: Dass das Paar schon lange zusammengelebt und den Sohn gemeinsam erzogen hatte, sprach nach Ansicht des LSG eher für überwiegende Versorgungsabsichten. Denn warum, so könnte man fragen, wurde die Ehe erst dann geschlossen, als Frau V. bereits todkrank war? Ein langes unverheiratetes Zusammenleben zeige oft eine bewusste Entscheidung gegen die Ehe.
  • Früherer Heiratsentschluss: Herr K. hatte angegeben, der Entschluss zur Hochzeit sei schon vor der Diagnose gefasst worden. Das LSG konnte sich davon aber nicht überzeugen, da es keinerlei äußere Anhaltspunkte dafür gab. Herr K. räumte selbst ein, dass vor dem 3. Mai 2017 (also vor der Diagnose) kein Hochzeitstermin vereinbart worden war. Auch dass es keine Verlobungsringe gab (stattdessen Ringe mit der Aufschrift „Im Herzen eins“), minderte die Glaubhaftigkeit dieser Behauptung.
  • Regelung der Gesundheitsfürsorge/Handlungsfähigkeit: Das Argument, die Ehe sei geschlossen worden, um Herrn K. Entscheidungen in medizinischen Angelegenheiten zu ermöglichen, überzeugte das Gericht nicht. Eine Eheschließung begründet kein umfassendes gesetzliches Vertretungsrecht in Gesundheitsfragen (zumindest nicht nach der damaligen Rechtslage; erst seit 2023 gibt es ein zeitlich befristetes Notvertretungsrecht für Ehegatten). Herr K. hatte zudem selbst geschildert, dass ihm im Krankenhaus auch ohne Eheschließung Zugang zu seiner späteren Frau gewährt wurde. Außerdem hätte die Möglichkeit bestanden, eine Vorsorgevollmacht auszustellen.
  • Finanzielle Situation des Klägers: Ob Herr K. finanziell auf eine Witwerrente angewiesen ist oder nicht, spielte für die rechtliche Bewertung keine Rolle. Das Gesetz macht hier keine Unterschiede.

Spielte die Todesursache eine Rolle?

Das Sozialgericht hatte argumentiert, der Tod durch einen Schlaganfall sei ein plötzliches Ereignis gewesen und nicht die direkte Folge des Krebses. Dem widersprach das LSG deutlich. Rechtlich komme es allein auf die Motivation zum Zeitpunkt der Eheschließung an. Diese wird durch spätere Ereignisse wie die genaue Todesursache nicht berührt. Zwar kann ein plötzlicher Tod in manchen Fällen die Vermutung einer Versorgungsehe widerlegen, aber nur, wenn „bisher kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt war“. Hier war aber eine lebensbedrohliche Erkrankung bekannt. Zudem sei ein Zusammenhang zwischen den bekannten Thrombosen, Lungenembolien und dem Schlaganfall zumindest naheliegend.

Das Gericht sah also keine besonderen Umstände, die die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe hätten widerlegen können. Die Berufung der Rentenversicherung war erfolgreich, und die Klage von Herrn K. wurde abgewiesen. Eine sogenannte Revision, also eine weitere Überprüfung durch das Bundessozialgericht, wurde nicht zugelassen.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt klar auf, dass eine Heirat kurz vor dem Tod des Partners aufgrund schwerer Krankheit rechtlich sehr problematisch ist: Dauert die Ehe weniger als ein Jahr, verweigert die Rentenversicherung grundsätzlich die Hinterbliebenenrente, da sie eine sogenannte „Versorgungsehe“ vermutet. Selbst wenn das Paar bereits jahrelang zusammengelebt hat, reicht dies nicht aus, um diese Vermutung zu widerlegen – entscheidend ist allein, warum zum Zeitpunkt der schweren Krankheit geheiratet wurde. Die Gerichte prüfen dabei sehr streng und akzeptieren nur eindeutige Beweise dafür, dass die Versorgung nicht das Hauptmotiv war. Betroffene Paare sollten daher entweder früh heiraten oder alternative rechtliche Absicherungen wie Vorsorgevollmachten nutzen, da eine Eheschließung im Angesicht einer lebensbedrohlichen Krankheit fast immer zum Verlust der Rentenansprüche führt.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was versteht man unter einer Versorgungsehe bei der Witwenrente?

Eine „Versorgungsehe“ ist ein Begriff aus dem deutschen Rentenrecht und beschreibt eine Ehe, bei der der Gesetzgeber vermutet, dass sie nicht primär auf einer echten Lebensgemeinschaft basierte, sondern vorrangig darauf abzielte, dem überlebenden Ehepartner finanzielle Ansprüche, insbesondere eine Witwen- oder Witwerrente, zu sichern. Das deutsche Sozialrecht möchte sicherstellen, dass Hinterbliebenenrenten nur an Partner gezahlt werden, die Teil einer tatsächlichen, auf Dauer angelegten Ehe waren.

Gesetzliche Vermutung und ihr Zweck

Der Gesetzgeber hat Regelungen getroffen, um Missbrauch zu verhindern. Eine solche Vermutung einer Versorgungsehe tritt typischerweise dann ein, wenn die Ehe sehr kurz war. Das ist der Fall, wenn der rentenberechtigte Ehepartner innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung verstirbt. Diese Einjahresfrist ist im Sozialgesetzbuch festgelegt. Die dahinterstehende Absicht ist, zu vermeiden, dass Ehen kurz vor dem Tod eines Partners ausschließlich oder überwiegend aus dem Zweck der späteren Rentenansprüche geschlossen werden.

Die Möglichkeit, die Vermutung zu widerlegen

Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ist jedoch nicht endgültig (unwiderlegbar). Das bedeutet, dass sie widerlegt werden kann. Wenn der Tod des Ehepartners innerhalb des ersten Ehejahres beispielsweise durch einen plötzlichen Unfall oder eine unerwartete, plötzlich aufgetretene schwere Krankheit eintritt, die bei der Eheschließung nicht absehbar war, kann der Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente dennoch bestehen. In solchen Fällen wird davon ausgegangen, dass der kurzfristige Tod nicht der Hauptgrund für die Eheschließung war und die Ehe als eine echte Lebensgemeinschaft beabsichtigt war. Es kommt also auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an, die zeigen müssen, dass die Ehe tatsächlich als eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft gedacht war.


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Wann gilt eine Ehe als zu kurz für einen Anspruch auf Witwenrente?

Im deutschen Rentenrecht gilt eine Ehe als zu kurz für einen automatischen Anspruch auf Witwenrente, wenn sie weniger als ein Jahr gedauert hat. Diese spezifische Regelung findet sich in § 46 Absatz 2a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Der Gesetzgeber geht in solchen Fällen davon aus, dass eine sogenannte Versorgungsehe vorliegen könnte. Eine Versorgungsehe ist eine Ehe, die mutmaßlich nur geschlossen wurde, um dem überlebenden Partner im Todesfall einen Rentenanspruch zu sichern. Für Hinterbliebene bedeutet dies, dass der Anspruch auf Witwenrente in diesem speziellen Fall nicht automatisch entsteht, selbst wenn alle anderen Voraussetzungen erfüllt sind.

Damit die Witwenrente dennoch gezahlt wird, muss die Vermutung der Versorgungsehe widerlegt werden. Dies ist möglich, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Tod des Ehepartners nicht absehbar war und die Ehe somit nicht hauptsächlich wegen des drohenden Todes geschlossen wurde. Ein solcher Nachweis kann beispielsweise erbracht werden, wenn der Tod durch einen Unfall oder eine plötzlich aufgetretene, schwere und unheilbare Krankheit verursacht wurde, die bei Eheschließung nicht bekannt oder vorhersehbar war. Es muss also deutlich werden, dass die Heirat aus üblichen Gründen und nicht aus dem Bestreben nach einer Absicherung im Todesfall erfolgt ist.


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Welche Umstände können die Vermutung einer Versorgungsehe widerlegen?

Die Vermutung einer Versorgungsehe entsteht, wenn eine Ehe kurz vor dem Tod eines Ehepartners geschlossen wird und der überlebende Partner dadurch Anspruch auf Versorgungsleistungen wie eine Witwen- oder Witwerrente erlangen könnte. Das Gesetz vermutet in solchen Fällen, dass die Ehe vorrangig zu Versorgungszwecken und nicht aus einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft geschlossen wurde. Diese Vermutung zu widerlegen, ist eine große Herausforderung und erfordert den Nachweis besonderer Umstände.

Die Beweislast und die hohen Anforderungen

Die Beweislast liegt immer bei der Person, die die Vermutung einer Versorgungsehe widerlegen möchte. Das bedeutet, Sie müssen überzeugend darlegen, dass die Heirat nicht in erster Linie der Versorgung diente. Die Anforderungen an diese Darlegung sind hoch, da der Gesetzgeber durch die Vermutung eine reine Zweckheirat verhindern will.

Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen können

Folgende Umstände können als „besondere Umstände“ dazu beitragen, die Vermutung einer Versorgungsehe zu entkräften. Sie zeigen, dass die Ehe auf einer echten Lebensgemeinschaft beruhte oder andere, nicht-finanzielle Motive im Vordergrund standen:

  • Lange gemeinsame Lebenszeit vor der Ehe: Wenn die Ehepartner bereits vor der Heirat über einen längeren Zeitraum, oft mehrere Jahre, eine eheähnliche Gemeinschaft geführt haben. Dies kann durch einen gemeinsamen Haushalt, gemeinsame Kinder oder andere nachweisbare Formen des Zusammenlebens belegt werden. Eine lange, gefestigte Beziehung vor der Eheschließung spricht stark dafür, dass die Heirat Ausdruck dieser bereits bestehenden Verbundenheit ist.
  • Bereits vor der Erkrankung oder dem Notfall bestehende Heiratspläne: Wurden bereits vor der schweren Erkrankung oder dem lebensbedrohlichen Ereignis, das letztlich zur Eheschließung führte, konkrete Heiratsabsichten nachweislich geäußert oder sogar Hochzeitsvorbereitungen getroffen? Dies deutet darauf hin, dass der Entschluss zur Heirat unabhängig vom Gesundheitszustand oder möglichen Versorgungsansprüchen gefasst wurde. Beispiele hierfür sind bereits gebuchte Reisen für die Hochzeitsreise, Anmeldungen im Standesamt oder konkrete Absprachen mit Familie und Freunden.
  • Nicht-finanzielle Motive für die Eheschließung: Die Heirat kann auch in einer Notsituation aus rein persönlichen Gründen erfolgt sein, beispielsweise um dem sterbenden Partner einen letzten Wunsch zu erfüllen, die Beziehung offiziell zu besiegeln oder um im Krankenhaus oder in der Pflege uneingeschränkt füreinander da sein zu können (z.B. Besuchsrechte als Ehepartner). Es geht hierbei um das Bedürfnis nach emotionaler Verbundenheit, Anerkennung der Partnerschaft oder der Wunsch, in einer schweren Zeit füreinander da zu sein.
  • Finanzielle Unabhängigkeit des überlebenden Partners: Wenn der überlebende Partner bereits vor der Ehe über ausreichende eigene finanzielle Mittel verfügte oder selbst in der Lage war, seinen Lebensunterhalt zu sichern, kann dies ebenfalls ein Indiz dafür sein, dass der Versorgungsgedanke nicht der primäre Antrieb für die Eheschließung war.
  • Plötzlichkeit des Todes oder der Erkrankung: Wenn der Tod oder die schwere Erkrankung unerwartet und plötzlich eintrat, nachdem die Ehe bereits eine gewisse Zeit bestanden hatte und vor den gesundheitlichen Problemen geschlossen wurde, kann dies ebenfalls gegen eine Versorgungsehe sprechen. Die Vermutung bezieht sich primär auf Ehen, die in Anbetracht einer bereits bestehenden, absehbar tödlichen Erkrankung geschlossen werden.

Welche Beweismittel hilfreich sein können

Um die oben genannten Umstände zu belegen, können verschiedene Nachweise hilfreich sein. Dazu gehören beispielsweise:

  • Zeugenaussagen: Freunde, Familie oder Nachbarn, die die lange Beziehung oder die Heiratspläne bezeugen können.
  • Dokumente: Mietverträge mit beiden Namen, Kontoauszüge, die gemeinsame Finanzen zeigen, Schriftverkehr, Fotos oder Tagebucheinträge, die die Verbundenheit und die Heiratsabsichten belegen.
  • Medizinische Unterlagen: Zum Nachweis des Zeitpunkts einer Erkrankung und der Prognose zum Zeitpunkt der Eheschließung.

Es ist wichtig zu verstehen, dass es sich hierbei nicht um einzelne Kriterien handelt, die für sich genommen die Vermutung widerlegen. Vielmehr bewertet die Rechtsprechung das Gesamtbild aller Umstände. Es muss deutlich werden, dass die Eheschließung Ausdruck einer tiefen persönlichen Verbundenheit war, die unabhängig von möglichen Versorgungsansprüchen bestand.


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Welchen Einfluss hat eine schwere Krankheit des Partners bei der Heirat auf den Rentenanspruch?

Wenn Sie einen Partner heiraten, der bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung schwer und lebensbedrohlich erkrankt ist, kann dies Auswirkungen auf den Anspruch auf eine spätere Hinterbliebenenrente, also eine Witwen- oder Witwerrente, haben. Das deutsche Rentenrecht geht davon aus, dass eine Ehe in erster Linie auf dem Wunsch nach einer gemeinsamen Lebensführung und gegenseitiger Unterstützung basiert. Ist jedoch eine schwere Krankheit bekannt, die eine gemeinsame Lebensführung über einen längeren Zeitraum unwahrscheinlich erscheinen lässt, prüfen die Gerichte sehr genau, ob die Ehe nicht hauptsächlich mit dem Ziel geschlossen wurde, eine Versorgung (wie die Hinterbliebenenrente) zu sichern. In der Rechtssprache wird hier von einer Versorgungsehe gesprochen.

Was ist eine „Versorgungsehe“?

Eine Versorgungsehe liegt dann vor, wenn die Ehe in erster Linie oder sogar ausschließlich mit dem Ziel geschlossen wird, für den überlebenden Partner einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen. Der Sinn dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass Ehen nur aus finanziellen Gründen geschlossen werden, obwohl keine echte Lebensgemeinschaft mehr beabsichtigt oder realistisch ist.

Die Bedeutung der bekannten schweren Krankheit

Ist die schwere und lebensbedrohliche Krankheit des Partners zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits bekannt, verstärkt dies den Verdacht erheblich, dass es sich um eine Versorgungsehe handeln könnte. Die Rentenversicherung und die Gerichte nehmen in solchen Fällen an, dass das Interesse an der finanziellen Absicherung (der sogenannten Versorgungsabsicht) im Vordergrund gestanden haben könnte. Genau dieser Aspekt ist oft entscheidend bei der gerichtlichen Prüfung.

Beweislast und gerichtliche Prüfung

Für Sie als überlebenden Partner bedeutet das: Wenn die Umstände der Eheschließung – insbesondere die schwere Krankheit des Partners zum Zeitpunkt der Heirat – den Verdacht einer Versorgungsehe aufkommen lassen, liegt die Beweislast bei Ihnen. Sie müssen dann also nachweisen, dass die Ehe nicht vorrangig wegen der möglichen Rentenansprüche, sondern aus anderen, nicht-finanziellen Motiven geschlossen wurde.

Die Gerichte prüfen in solchen Fällen sehr sorgfältig und umfassend, ob die gemeinsamen Lebensumstände und die Beziehung vor und während der Ehe zeigen, dass tatsächlich eine tiefergehende Lebensgemeinschaft beabsichtigt war und auch gelebt wurde. Dabei sind beispielsweise folgende Punkte von Bedeutung:

  • Dauer der Beziehung vor der Eheschließung: Gab es bereits eine langjährige und enge Partnerschaft, bevor Sie geheiratet haben?
  • Gemeinsame Lebensführung: Haben Sie bereits vor der Ehe zusammengelebt, gemeinsame Pläne für die Zukunft geschmiedet oder sich gegenseitig im Alltag unterstützt?
  • Pflege und Fürsorge: Wurde der kranke Partner auch ohne Ehe engagiert gepflegt und begleitet?
  • Weitere Motive: Gab es andere, nachvollziehbare Gründe für die Eheschließung, die nicht rein finanzieller Natur waren, wie etwa der Wunsch, Ihre Liebe durch die Heirat zu bekräftigen oder dem kranken Partner einen letzten Herzenswunsch zu erfüllen?

Es ist entscheidend, dass diese nicht-versorgungsbezogenen Motive die vermutete Absicht der Versorgung deutlich überwiegen. Die Gerichte legen hier strenge Maßstäbe an. Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden, kann der Anspruch auf Hinterbliebenenrente verwehrt werden.


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Was kann ich tun, wenn mein Antrag auf Witwenrente wegen kurzer Ehedauer abgelehnt wurde?

Wenn ein Antrag auf Witwenrente abgelehnt wird, weil die Ehe nur kurz vor dem Tod des Partners geschlossen wurde, basiert dies in der Regel auf der Annahme einer sogenannten „Versorgungsehe“. Das Gesetz geht bei Ehen, die weniger als ein Jahr vor dem Tod des Versicherten geschlossen wurden, zunächst davon aus, dass sie hauptsächlich zum Zweck der Erlangung eines Versorgungsanspruchs eingegangen wurden. Diese Annahme kann jedoch widerlegt werden.

Ablehnung und die Annahme der „Versorgungsehe“

Die Deutsche Rentenversicherung prüft bei einer kurzen Ehedauer, ob es sich um eine „Versorgungsehe“ handelt. Hierbei wird ein Zeitraum von weniger als einem Jahr als kritisch angesehen. War die Ehe kürzer als ein Jahr, wird die Witwenrente zunächst abgelehnt. Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel. Wenn beispielsweise der Tod des Partners unerwartet durch einen Unfall oder eine plötzlich auftretende, unheilbare Krankheit eintrat, die bei Eheschließung nicht absehbar war, kann die Annahme einer Versorgungsehe widerlegt werden. Das bedeutet, es muss belegt werden, dass die Ehe nicht vorwiegend wegen des möglichen Rentenanspruchs geschlossen wurde.

Der erste Schritt: Der Widerspruch

Wird der Antrag auf Witwenrente abgelehnt, können Sie gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegen. Ein Widerspruch ist der rechtliche Weg, eine behördliche Entscheidung überprüfen zu lassen. Er muss schriftlich bei der Behörde eingereicht werden, die den Ablehnungsbescheid erlassen hat (in der Regel die Deutsche Rentenversicherung).

Für den Widerspruch gilt eine Frist von einem Monat ab dem Zeitpunkt, zu dem Sie den Ablehnungsbescheid erhalten haben. Es ist wichtig, den Widerspruch innerhalb dieser Frist einzureichen. Im Widerspruch sollte klar zum Ausdruck gebracht werden, dass Sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind. Es ist hilfreich, aber nicht zwingend, den Widerspruch bereits ausführlich zu begründen und alle Gründe zu nennen, die gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechen – zum Beispiel, dass der Tod unvorhersehbar war oder es andere Beweise für eine echte Lebensgemeinschaft gibt. Nach dem Eingang des Widerspruchs prüft die Behörde ihre Entscheidung erneut.

Der zweite Schritt: Die Klage vor dem Sozialgericht

Sollte auch der Widerspruch von der Rentenversicherung abgelehnt werden, erhalten Sie einen sogenannten Widerspruchsbescheid. Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb von einem Monat Klage vor dem zuständigen Sozialgericht erheben.

Das Sozialgericht ist eine spezielle Art von Gericht, das für Streitigkeiten im Bereich des Sozialrechts zuständig ist, wozu auch Rentenangelegenheiten gehören. Vor dem Sozialgericht wird der Fall dann erneut und unabhängig geprüft. Das Gericht wird alle vorgelegten Beweise und Argumente würdigen, um zu entscheiden, ob die Ablehnung der Witwenrente rechtmäßig war oder ob die Annahme einer Versorgungsehe im konkreten Fall widerlegt ist. Gerichtsverfahren vor dem Sozialgericht sind für Antragsteller in der Regel kostenfrei.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Versorgungsehe

Eine Versorgungsehe ist eine Ehe, die hauptsächlich mit dem Ziel geschlossen wird, dem überlebenden Partner finanzielle Ansprüche, etwa eine Witwen- oder Witwerrente, zu sichern. Das Sozialgesetzbuch (SGB VI) geht besonders bei kurzen Ehen von weniger als einem Jahr von einer solchen Zweckheirat aus, um Missbrauch zu verhindern. Diese gesetzliche Vermutung bedeutet, dass die Ehe als vorrangig auf Versorgung ausgelegt angenommen wird, wenn keine gegenteiligen besonderen Umstände nachgewiesen werden. Liegt der Nachweis vor, dass die Ehe aus echten Lebensgemeinschaftsmotiven geschlossen wurde, kann die Vermutung entkräftet werden.

Beispiel: Wenn ein Paar heiratet, kurz bevor ein Partner unverhofft verstirbt, vermuten Rentenversicherung und Gerichte oft, die Ehe sei zum Zweck einer Witwerrente geschlossen worden – das ist eine Versorgungsehe.


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Gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe

Die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe besagt, dass bei einer Ehe, die weniger als ein Jahr gedauert hat und deren Partner kurz darauf verstirbt, automatisch angenommen wird, dass diese Ehe hauptsächlich zur Erlangung einer Hinterbliebenenrente geschlossen wurde (§ 46 Abs. 2a SGB VI). Diese Vermutung dient dem Schutz vor Scheinehen zum Zweck der Versorgung. Sie ist jedoch widerlegbar, wenn besondere Umstände glaubhaft machen, dass die Ehe aus anderen wichtigen Gründen geschlossen wurde, die gleichwertig oder vorrangig zur Versorgungsabsicht sind. Die Beweislast liegt bei demjenigen, der die Vermutung widerlegen will, oft dem überlebenden Ehepartner.

Beispiel: Stirbt ein Partner durch einen plötzlichen Unfall kurz nach der Eheschließung, kann die Versorgungsehe vermutet werden, aber die Vermutung ist geringer, weil der Tod unerwartet war.


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Widerspruch (gegen einen Bescheid)

Ein Widerspruch ist ein formelles Rechtsmittel, mit dem eine Person gegen einen behördlichen Bescheid vorgehen kann, wenn sie mit der Entscheidung nicht einverstanden ist. Der Widerspruch muss schriftlich und innerhalb einer bestimmten Frist (meist ein Monat) bei der Behörde eingereicht werden, die den Bescheid erlassen hat. Ziel des Widerspruchs ist die Überprüfung und mögliche Korrektur der Entscheidung ohne sofortige gerichtliche Klage. Erst wenn der Widerspruch abgelehnt wird, kann der Bescheid mit einer Klage vor dem Sozialgericht weiter angefochten werden.

Beispiel: Wenn die Rentenversicherung eine Witwerrente ablehnt, kann der Antragsteller Widerspruch einlegen, um die Entscheidung intern prüfen zu lassen, bevor er vor Gericht geht.


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Widerspruchsbescheid

Ein Widerspruchsbescheid ist die schriftliche Entscheidung einer Behörde über einen eingelegten Widerspruch. Er enthält die erneute Beurteilung des angefochtenen Bescheids und kann die ursprüngliche Entscheidung bestätigen, ändern oder aufheben. Wird der Widerspruch auch hier abgelehnt, ist der Widerspruchsbescheid die Voraussetzung für eine Klage vor dem Sozialgericht, da erst mit diesem Schreiben die Verwaltungsentscheidung formal abgeschlossen ist. Gegen den Widerspruchsbescheid kann dann innerhalb eines Monats Klage erhoben werden.

Beispiel: Nach Ablehnung der Witwerrente und Einlegung eines Widerspruchs sendet die Rentenversicherung einen Widerspruchsbescheid, der erneut die Ablehnung bestätigt.


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Beweislast

Beweislast bedeutet die Pflicht einer Partei, Tatsachen so darzulegen und nachzuweisen, dass das Gericht von deren Richtigkeit überzeugt wird. Im Sozialrecht liegt die Beweislast oft bei demjenigen, der eine Ausnahme von einer gesetzlichen Vermutung geltend macht oder eine bestimmte Tatsache behauptet. Im vorliegenden Fall muss der überlebende Ehegatte beweisen, dass die Ehe keine Versorgungsehe war. Ist diese Beweislast nicht erfüllt, wird zugunsten der Vermutung entschieden. Dabei ist die Beweisführung besonders streng; oft muss eine nahezu sichere Überzeugung („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) erreicht werden.

Beispiel: Will Herr K. nachweisen, dass seine kurze Ehe keine Versorgungsehe war, muss er stichhaltige Beweise wie lange Verlobung oder gemeinsame Lebensplanung vorlegen. Gelingt dies nicht, wird das Gericht seine Klage ablehnen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 46 Abs. 2a SGB VI (Sozialgesetzbuch VI – Rentenversicherung): Regelt den Ausschluss des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr, sofern nicht besondere Umstände die Vermutung einer Versorgungsehe widerlegen. Zweck ist, Versorgungsehen zu verhindern, die primär zum Rentenbezug geschlossen werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Ehe dauerte weniger als ein Jahr, sodass ohne Widerlegung der Versorgungsehe-Vermutung kein Anspruch auf Witwerrente besteht.
  • Allgemeine Voraussetzungen der Hinterbliebenenrente nach SGB VI: Neben der Ehedauer müssen weitere Bedingungen wie die Erfüllung der Wartezeit durch die verstorbene Person und das Alter des Hinterbliebenen erfüllt sein. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Diese allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen waren erfüllt, der Knackpunkt lag daher allein in der Ehedauer und der Versorgungsehevorschrift.
  • Beweislastregel für die Widerlegung der Vermutung einer Versorgungsehe: Der Antragsteller trägt die volle Beweislast und muss mit hoher Sicherheit nachweisen, dass die Heirat nicht vorrangig der Rentenversorgung diente. Unklarheiten gehen zulasten des Antragstellers. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr K. musste überzeugend darlegen, dass die Ehe andere Hauptmotive als die Rentenabsicherung hatte, was vor dem LSG nicht gelang.
  • Grundsatz der primären Motivlage zum Zeitpunkt der Eheschließung: Entscheidend für die Beurteilung ist, welche Motive beim Heiratszeitpunkt vorlagen, nicht die Todesursache oder spätere Ereignisse. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die schwere und bereits bekannte Krankheit von Frau V. bei Heirat stärkte die Annahme einer Versorgungsehe, unabhängig davon, dass sie nicht unmittelbar am Krebs verstarb.
  • Rechtsprechung zu Versorgungsehen bei lebensbedrohlicher Krankheit: Je offensichtlicher die schwere Krankheit zum Zeitpunkt der Ehe, desto höher die Anforderungen an andere Heiratsmotive, um die Vermutung zu widerlegen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die palliative Situation der Frau V. erforderte starke und überzeugende Gegenargumente; das Gericht sah diese nicht als ausreichend an.
  • Rechtslage zur Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten vor 2023 (keine automatische Vollmacht durch Ehe): Eheschließung begründet keine automatische Entscheidungsbefugnis für medizinische Fragen, hierzu sind spezielle Vollmachten erforderlich. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Argument, die Ehe diene zur Regelung medizinischer Vertretung, war wenig überzeugend, da auch alternative Wege wie Vorsorgevollmachten offenstanden.

Das vorliegende Urteil


Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: L 4 R 189/19 – Urteil vom 24.04.2025


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