Skip to content
Menü

Zuordnung Kindererziehungszeiten in der RV: Urteil Bundessozialgericht

Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung

Die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung stellt einen wichtigen Baustein zur finanziellen Absicherung von Eltern dar. Durch diese Regelung sollen Nachteile ausgeglichen werden, die Mütter und Väter aufgrund der Betreuung ihrer Kinder in Bezug auf ihre Altersvorsorge erfahren. Kindererziehungszeiten werden als Beitragszeiten angerechnet und erhöhen somit den späteren Rentenanspruch.

Übersicht

Zuordnung von Kindererziehungszeiten für die Rente
Kindererziehungszeiten werden in der deutschen Rentenversicherung als Beitragszeiten anerkannt, was die Rentenhöhe der Eltern positiv beeinflusst.(Symbolfoto:  studioroman./canva)

Das Wichtigste in Kürze


Die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ist ein wesentlicher Mechanismus zur Sicherung der finanziellen Zukunft von Eltern, die sich um die Erziehung ihrer Kinder kümmern.

  • Kindererziehungszeiten werden in der gesetzlichen Rentenversicherung als Beitragszeiten angerechnet, was bedeutet, dass sie wie bezahlte Beitragszeiten behandelt werden.
  • Das Bundessozialgericht hat kürzlich ein Urteil gefällt, das die Regeln zur Zuordnung dieser Erziehungszeiten klärt.
  • Die Anerkennung dieser Zeiten soll sicherstellen, dass Eltern, insbesondere Mütter, die sich der Kindererziehung widmen, keine Nachteile bei ihrer Altersvorsorge erleiden.
  • Dieses System ist darauf ausgelegt, die durch die Kinderbetreuung entstehenden Karriereunterbrechungen oder Teilzeitarbeiten zu kompensieren.
  • Das Urteil betont die Wichtigkeit der gleichmäßigen Verteilung der Kindererziehungszeiten zwischen den Elternteilen, um Gerechtigkeit und Gleichstellung in der Rentenversicherung zu fördern.
  • Die Entscheidung des Gerichts könnte weitreichende Implikationen für die Rentenansprüche von Eltern haben, die sich aktiv an der Erziehung beteiligen.

Anrechnung von bis zu drei Jahren pro Kind

Für jedes Kind können bis zu drei Jahre als Kindererziehungszeit in der Rentenversicherung geltend gemacht werden. Diese Zeit wird dem Elternteil zugeordnet, der hauptsächlich für die Erziehung verantwortlich war. Während dieser Phase sind Eltern oft nicht oder nur teilweise erwerbstätig, wodurch sie geringere Beiträge in die Rentenkasse einzahlen. Die Anerkennung der Kindererziehungszeiten soll diese Lücke schließen und die Altersvorsorge von Eltern stärken.

Der Fall: Vater klagt gegen Zuordnung der Erziehungszeit an die Mutter

Ein aktueller Fall vor dem Bundessozialgericht (BSG Az. B 5 R 10/23 R vom 18.04.2024) verdeutlicht die Problematik bei der Zuordnung von Kindererziehungszeiten. Ein Vater hatte geklagt, da ihm die Erziehungszeit für seine im Jahr 2001 geborene Tochter nicht angerechnet wurde. Stattdessen wurde die Zeit der Mutter zugesprochen, obwohl beide Eltern zunächst gemeinsam mit dem Kind lebten.

Keine einheitliche Erklärung der Eltern

Die Eltern hatten keine übereinstimmende Erklärung darüber abgegeben, wem die Erziehungszeit zugeordnet werden sollte. Während der Vater weiterhin in Vollzeit arbeitete, nahm die Mutter erst kurz vor dem sechsten Geburtstag der Tochter eine geringfügige Beschäftigung auf. Im Jahr 2008 zog die Mutter aus der gemeinsamen Wohnung aus und kehrte in ihr Heimatland Georgien zurück.

Vorwurf des Vaters: Geschlechtsdiskriminierung und überholtes Familienbild

Der klagende Vater sah in der automatischen Zuordnung der Erziehungszeit an die Mutter eine Verletzung der gleichheitsrechtlichen Anforderungen des Grundgesetzes. Er argumentierte, dass er aufgrund seines Geschlechts benachteiligt werde und das hinter der Regelung stehende Rollen- und Familienbild nicht mehr zeitgemäß sei.

Gesellschaftliche Realität im Wandel

Der Vater vertrat die Ansicht, dass die pauschale Zuordnung der Erziehungszeit an die Mutter der heutigen gesellschaftlichen Realität nicht mehr entspreche. Immer mehr Väter übernehmen eine aktive Rolle bei der Kindererziehung und reduzieren dafür ihre Erwerbstätigkeit. Eine automatische Zuordnung an die Mutter werde diesem Wandel nicht gerecht und diskriminiere Väter, die sich intensiv in der Kindererziehung engagieren.

Der Fall wirft grundsätzliche Fragen zur Gleichbehandlung von Müttern und Vätern bei der Anerkennung von Kindererziehungszeiten auf. Er verdeutlicht die Notwendigkeit, die rechtlichen Regelungen an die sich verändernden gesellschaftlichen Realitäten anzupassen und eine faire Berücksichtigung der Erziehungsleistung beider Elternteile zu gewährleisten.

Rechtliche Grundlagen

Die Zuordnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung basiert auf verschiedenen rechtlichen Grundlagen. Dabei sind sowohl sozialrechtliche als auch verfassungsrechtliche Aspekte zu beachten.

§ 56 Abs. 2 S. 9 SGB VI: Auffangregelung zugunsten der Mutter

Eine zentrale Vorschrift für die Zuordnung von Kindererziehungszeiten findet sich in § 56 Abs. 2 S. 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI). Diese Regelung sieht vor, dass die Kindererziehungszeit der Mutter zugeordnet wird, wenn keine Einigung zwischen den Eltern zustande kommt oder keine anderslautende Erklärung abgegeben wird.

Auffangregelung als Rückfallposition

Die Auffangregelung greift immer dann, wenn die übrigen Zuordnungskriterien nach § 56 Abs. 2 SGB VI nicht erfüllt sind. Sie stellt somit eine Rückfallposition dar, die automatisch zur Anwendung kommt, wenn keine abweichende Entscheidung getroffen wurde. Kritiker sehen in dieser pauschalen Zuordnung an die Mutter eine Benachteiligung von Vätern, die sich aktiv in die Kindererziehung einbringen.

Art. 3 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG: Gleichheitsrechtliche Anforderungen

Bei der Bewertung der Auffangregelung sind auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Art. 3 Abs. 3 S. 1 des Grundgesetzes (GG) verbietet eine Benachteiligung oder Bevorzugung aufgrund des Geschlechts. Zudem gebietet Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG die Gleichberechtigung von Männern und Frauen und verpflichtet den Staat, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken.

Spannungsverhältnis zwischen Gleichbehandlung und Gleichstellungsauftrag

Die Auffangregelung zugunsten der Mutter steht im Spannungsverhältnis zwischen dem Verbot der Geschlechtsdiskriminierung und dem verfassungsrechtlichen Gleichstellungsauftrag. Einerseits darf niemand aufgrund seines Geschlechts benachteiligt werden, andererseits sind Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Frauen geboten. Es stellt sich die Frage, ob die pauschale Zuordnung an die Mutter eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellt, um bestehende Nachteile von Frauen auszugleichen.

Voraussetzungen für eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn sie zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung erforderlich ist. Dabei müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es muss ein legitimes Ziel der Gleichstellungsförderung verfolgt werden.
  • Die Ungleichbehandlung muss geeignet und erforderlich sein, um dieses Ziel zu erreichen.
  • Die Benachteiligung des anderen Geschlechts darf nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen (Verhältnismäßigkeit).

Ob die Auffangregelung zugunsten der Mutter diesen Anforderungen genügt, ist Gegenstand kontroverser Diskussionen. Befürworter argumentieren, dass die Regelung angesichts der nach wie vor bestehenden Benachteiligung von Frauen bei der Altersvorsorge gerechtfertigt sei. Kritiker sehen darin hingegen eine unverhältnismäßige Benachteiligung von Vätern, die der heutigen gesellschaftlichen Realität nicht mehr entspreche.

Entscheidung des Bundessozialgerichts

Das Bundessozialgericht (BSG) hat sich in seinem Urteil vom 26. Mai 2022 mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Auffangregelung zur Zuordnung der Kindererziehungszeiten zugunsten der Mutter eine verfassungswidrige Benachteiligung von Vätern darstellt. Die Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts in Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit war mit Spannung erwartet worden.

Zurückweisung der Klage durch BSG und Vorinstanzen

Der Kläger, ein Vater, der sich durch die automatische Zuordnung der Erziehungszeit an die Mutter diskriminiert sah, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Sowohl das Sozialgericht als auch das Landessozialgericht wiesen seine Klage ab. Auch vor dem BSG konnte sich der Kläger nicht durchsetzen. Das Gericht bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen und sah in der Auffangregelung keinen Verstoß gegen das grundgesetzliche Verbot der Geschlechtsdiskriminierung.

Benachteiligung des Kindsvaters durch Auffangregelung anerkannt

Gleichwohl erkannte das BSG an, dass die Auffangregelung zugunsten der Mutter eine Benachteiligung des Kindsvaters darstellt. Väter, die sich intensiv in die Kindererziehung einbringen und dafür beruflich zurückstecken, haben durch die pauschale Zuordnung an die Mutter keine Möglichkeit, die Erziehungszeit für ihre Altersvorsorge geltend zu machen, wenn keine einvernehmliche Erklärung der Eltern vorliegt. Das Gericht sah darin eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts.

Ausnahmsweise Rechtfertigung zur Verwirklichung des Gleichstellungsgebots

Trotz der festgestellten Benachteiligung des Kindsvaters hielt das BSG die Auffangregelung für verfassungskonform. Nach Auffassung des Gerichts ist die Ungleichbehandlung ausnahmsweise gerechtfertigt, um das Gleichstellungsgebot aus Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG zu verwirklichen. Die Regelung diene demnach dazu, die nach wie vor bestehenden Nachteile von Frauen beim Aufbau der Altersvorsorge auszugleichen und ihre tatsächliche Gleichberechtigung zu fördern.

Begründung: Frauen tragen häufiger Hauptverantwortung für Kindererziehung

Das BSG stützte seine Entscheidung maßgeblich auf die gesellschaftliche Realität, dass Frauen auch heute noch häufiger die Hauptverantwortung für die Kindererziehung tragen als Männer. Mütter würden öfter ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen oder reduzieren, um sich um die Kinder zu kümmern. Väter seien hingegen meist in Vollzeit berufstätig und könnten so ihre Rentenansprüche ungeschmälert weiter aufbauen. Vor diesem Hintergrund sah das Gericht die Auffangregelung als geeignetes und erforderliches Mittel an, um die Altersvorsorge von Müttern zu stärken.

Folge: Nachteile für Frauen beim Aufbau der Altersvorsorge

Die Zeit der Kindererziehung führt bei Frauen oft zu einer Lücke in der Altersvorsorge. Durch die reduzierte oder unterbrochene Erwerbstätigkeit zahlen sie geringere Beiträge in die Rentenkasse ein. Die Zuordnung der Erziehungszeit soll diese Nachteile ausgleichen und die eigenständige Altersvorsorge von Müttern verbessern. Das BSG sah in der Auffangregelung ein verhältnismäßiges Mittel, um dieses Ziel zu erreichen.

Mit seiner Entscheidung hat das Bundessozialgericht die Auffangregelung zugunsten der Mutter als verfassungskonform bestätigt. Trotz der anerkannten Benachteiligung von Vätern sah das Gericht die ausnahmsweise Rechtfertigung der Ungleichbehandlung als gegeben an, um die tatsächliche Gleichstellung von Frauen bei der Altersvorsorge zu fördern. Ob diese Sichtweise der heutigen gesellschaftlichen Realität noch gerecht wird, bleibt eine Frage der politischen Diskussion.

Möglichkeiten für Väter

Väter können Erziehungszeit beanspruchen

Väter haben heutzutage die Möglichkeit, eine aktive Rolle in der Erziehung und Betreuung ihrer Kinder zu übernehmen. Durch die Inanspruchnahme von Erziehungszeit können sie wertvolle Zeit mit ihren Kindern verbringen und gleichzeitig ihre berufliche Laufbahn vorübergehend pausieren. Diese Option eröffnet Vätern die Chance, eine starke Bindung zu ihren Kindern aufzubauen und sich intensiv an deren Entwicklung zu beteiligen.

Vorteile der Erziehungszeit für Väter:

  • Stärkung der Vater-Kind-Beziehung
  • Aktive Teilhabe an der frühkindlichen Entwicklung
  • Entlastung der Mutter und Förderung der partnerschaftlichen Aufteilung von Familienaufgaben
  • Möglichkeit zur beruflichen Auszeit und Reflexion der Work-Life-Balance

Übrige Zuordnungsregelungen in § 56 Abs. 2 SGB VI lassen Raum für Zuordnung an Väter

Neben der expliziten Möglichkeit für Väter, Erziehungszeit zu beanspruchen, bieten die Zuordnungsregelungen im Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) weitere Optionen. Insbesondere § 56 Abs. 2 SGB VI eröffnet Spielräume, die eine Zuordnung von Erziehungszeiten an Väter ermöglichen. Diese Regelungen tragen der Tatsache Rechnung, dass Väter zunehmend eine aktivere Rolle in der Kindererziehung einnehmen und gleichberechtigt mit Müttern die Betreuungsaufgaben übernehmen können.

Flexibilität durch übrige Zuordnungsregelungen:

  • Berücksichtigung individueller Familienmodelle und Lebensrealitäten
  • Möglichkeit zur Anpassung der Erziehungszeiten an die Bedürfnisse von Vater und Kind
  • Förderung der Gleichstellung von Müttern und Vätern in der Kindererziehung
  • Anerkennung der Bedeutung väterlicher Fürsorge für die kindliche Entwicklung

Voraussetzung: Nachweis der überwiegenden Betreuung durch den Vater

Um als Vater Erziehungszeiten in Anspruch nehmen zu können, ist ein wichtiger Aspekt zu beachten: Der Nachweis der überwiegenden Betreuung des Kindes durch den Vater muss erbracht werden. Dies bedeutet, dass der Vater in dem entsprechenden Zeitraum hauptsächlich für die Pflege und Erziehung des Kindes verantwortlich ist. Dieser Nachweis ist entscheidend, um die Zuordnung der Erziehungszeiten zum Vater zu gewährleisten und seine Ansprüche geltend machen zu können.

Nachweismöglichkeiten für überwiegende Betreuung durch den Vater:

  • Dokumentation der täglichen Betreuungszeiten und -aktivitäten
  • Bestätigungen von Kinderärzten, Kitas oder anderen relevanten Institutionen
  • Eidesstattliche Versicherungen von Familienangehörigen oder Bekannten
  • Gegebenenfalls Vorlage von Arbeitszeitmodellen oder Freistellungsvereinbarungen mit dem Arbeitgeber

Durch die Möglichkeit für Väter, Erziehungszeit zu beanspruchen, die flexiblen Zuordnungsregelungen im SGB VI und den Nachweis der überwiegenden Betreuung, wird Vätern die Chance eröffnet, eine aktive und präsente Rolle in der Erziehung ihrer Kinder einzunehmen. Diese Optionen tragen zur Stärkung der Vater-Kind-Beziehung bei und fördern eine partnerschaftliche Aufteilung der Familienaufgaben.

Gesellschaftliche Entwicklung

Langsame Änderung: Mehr Mütter kehren in den Beruf zurück

In den letzten Jahren lässt sich ein positiver Trend beobachten: Immer mehr Mütter entscheiden sich nach der Geburt ihres Kindes für eine Rückkehr in den Beruf. Diese Entwicklung zeigt, dass sich das traditionelle Rollenverständnis langsam wandelt und Frauen zunehmend die Möglichkeit wahrnehmen, Familie und Karriere zu vereinbaren. Dennoch vollzieht sich dieser Wandel in kleinen Schritten und es bedarf weiterer Anstrengungen, um Müttern den beruflichen Wiedereinstieg zu erleichtern.

Faktoren, die die Rückkehr von Müttern in den Beruf begünstigen:

  • Verbesserte Kinderbetreuungsmöglichkeiten und Ganztagsschulen
  • Flexible Arbeitszeitmodelle und Home-Office-Optionen
  • Unterstützung durch den Partner und die Familie
  • Gesellschaftliche Anerkennung der Bedeutung mütterlicher Erwerbstätigkeit

Dennoch: Mütter am Arbeitsmarkt noch nicht so stark vertreten wie Väter

Trotz der positiven Entwicklung ist festzustellen, dass Mütter am Arbeitsmarkt nach wie vor unterrepräsentiert sind. Im Vergleich zu Vätern sind sie seltener in Vollzeit beschäftigt und nehmen häufiger längere Auszeiten für die Kindererziehung. Diese Diskrepanz kann auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden, wie zum Beispiel die nach wie vor bestehenden gesellschaftlichen Erwartungen an die Mutterrolle oder die Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Mögliche Gründe für die geringere Erwerbsbeteiligung von Müttern:

  • Mangel an flexiblen Arbeitszeitmodellen und Teilzeitoptionen
  • Unzureichende Kinderbetreuungsangebote, insbesondere für Kleinkinder
  • Fehlende Unterstützung durch den Arbeitgeber bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Gesellschaftliche Vorbehalte gegenüber erwerbstätigen Müttern

Ausblick: Weitere Schritte zur Gleichstellung von Müttern und Vätern nötig?

Um eine echte Gleichstellung von Müttern und Vätern am Arbeitsmarkt zu erreichen, sind weitere Schritte erforderlich. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es beiden Elternteilen ermöglichen, aktiv am Berufsleben teilzuhaben und gleichzeitig ihrer Verantwortung als Eltern gerecht zu werden. Dazu gehören unter anderem der Ausbau der Kinderbetreuungsinfrastruktur, die Förderung familienfreundlicher Arbeitsplätze und die Sensibilisierung für die Bedeutung einer partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit.

Mögliche Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung:

  • Einführung einer Elternzeit mit flexiblen Rückkehroptionen für beide Elternteile
  • Ausbau qualitativ hochwertiger und bezahlbarer Kinderbetreuungsangebote
  • Förderung von Teilzeitarbeit und Job-Sharing-Modellen
  • Sensibilisierungskampagnen zur Überwindung tradierter Geschlechterrollen
  • Anreize für Unternehmen, die sich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzen

Die gesellschaftliche Entwicklung hin zu einer stärkeren Erwerbsbeteiligung von Müttern ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter. Dennoch bedarf es weiterer Anstrengungen, um Müttern und Vätern gleiche Chancen am Arbeitsmarkt zu ermöglichen und eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zu fördern. Nur so kann eine echte Wahlfreiheit für beide Elternteile erreicht werden.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)


Wie werden Kindererziehungszeiten in der Rente berücksichtigt?

Kindererziehungszeiten werden in der deutschen Rentenversicherung als Beitragszeiten anerkannt und haben somit direkten Einfluss auf die Höhe der späteren Rente. Diese Zeiten werden für die Erziehung eines Kindes in den ersten drei Lebensjahren angerechnet, wobei für Kinder, die nach dem 1. Januar 1992 geboren wurden, drei Jahre angerechnet werden. Für Kinder, die vor diesem Datum geboren wurden, werden hingegen nur 2,5 Jahre berücksichtigt.

Die Anerkennung dieser Zeiten erfolgt durch die Gutschrift von Entgeltpunkten, die sich auf die Rentenhöhe auswirken. Ein Entgeltpunkt entspricht dabei dem Durchschnittsverdienst aller Versicherten. Für jedes Jahr der Kindererziehung wird in der Regel ein Entgeltpunkt gutgeschrieben. Der Wert eines Entgeltpunktes wird jährlich angepasst und lag beispielsweise ab Juli 2023 bei 37,60 Euro.

Um die Kindererziehungszeiten für die Rente geltend zu machen, müssen diese bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt werden. Dazu ist in der Regel das Formular V0800 auszufüllen. Es ist wichtig zu beachten, dass Kindererziehungszeiten nicht automatisch erfasst werden und daher aktiv eingereicht werden müssen, falls sie noch nicht im Rentenkonto vermerkt sind.

Zusätzlich zu den Kindererziehungszeiten gibt es auch sogenannte Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, die bis zum 10. Geburtstag des Kindes gelten können. Diese Zeiten erhöhen zwar nicht direkt die Rentenpunkte, werden aber für die Erfüllung der Wartezeiten berücksichtigt.

Die Kindererziehungszeiten können auch einen früheren Renteneintritt ermöglichen, wenn dadurch die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erreicht wird. Sollte die Mindestversicherungszeit auch mit den Kindererziehungszeiten nicht erfüllt sein, besteht die Möglichkeit, durch freiwillige Beitragszahlungen die Lücke zu schließen.

Insgesamt bieten Kindererziehungszeiten somit eine wichtige Möglichkeit, die Rentenansprüche zu erhöhen und einen Ausgleich für die Erziehungsarbeit zu schaffen, die oft mit einer reduzierten Erwerbstätigkeit einhergeht.


Wer entscheidet über die Zuordnung der Erziehungszeit?

Die Zuordnung der Erziehungszeit wird grundsätzlich dem Elternteil zugeordnet, der das Kind überwiegend erzieht. Wenn sich überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteils objektiv nicht feststellen lassen, werden die Erziehungszeiten in der Regel der Mutter zugeordnet. Eltern haben jedoch die Möglichkeit, gemeinsam zu entscheiden, wem die Rentenversicherung die Kindererziehungszeiten gutschreiben soll. Diese Entscheidung erfolgt durch eine übereinstimmende Erklärung beider Elternteile. Fehlt eine solche Erklärung und lässt sich auch keine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nachweisen, wird die Erziehungszeit standardmäßig der Mutter zugeordnet.


Was passiert, wenn sich die Eltern nicht einigen können?

Wenn sich die Eltern nicht einigen können, wer die Kindererziehungszeiten für die Rente gutgeschrieben bekommt, wird die Erziehungszeit grundsätzlich dem Elternteil zugeordnet, der das Kind überwiegend erzogen hat. Lässt sich auch das nicht feststellen, werden die Kindererziehungszeiten in der Regel der Mutter zugeordnet.

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass in der generellen Zuordnung von rentensteigernden Kindererziehungszeiten zur Mutter keine Diskriminierung der Väter zu sehen ist. Um die Auffangregel zu durchbrechen, müssen Väter ihre überwiegende Sorge nachweisen. Gelingt dies nicht, bleibt die Zuordnung bei der Mutter.

In dem spezifischen Fall, der vor dem Bundessozialgericht verhandelt wurde, konnte der klagende Vater nicht nachweisen, dass er das Kind überwiegend erzogen hat. Daher wurden die Kindererziehungszeiten der Mutter zugeordnet, da keine übereinstimmende Erklärung zur Zuordnung der Erziehungszeit abgegeben worden war.


Wann kann die Erziehungszeit dem Vater zugeordnet werden?

Die Erziehungszeit kann dem Vater zugeordnet werden, wenn die Eltern eine gemeinsame Erklärung abgeben, die bestimmt, dass die Erziehungszeiten ihm zugeordnet werden sollen. Diese Erklärung muss gegenüber der Rentenversicherung abgegeben werden und wirkt für zukünftige Zeiträume bzw. bis höchstens zwei Monate zurück.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass die Erziehungszeit dem Vater zugeordnet wird, wenn nachgewiesen werden kann, dass er einen überwiegenden Anteil an der Erziehung des Kindes hatte. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Vater während der ersten Lebensjahre des Kindes arbeitslos war oder seine Arbeitszeit reduziert hatte, während die Mutter einer Vollzeitbeschäftigung nachging. In solchen Fällen ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, um zu bestimmen, ob eine Zuordnung zum Vater möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist.

Ist die Auffangregelung zugunsten der Mutter verfassungswidrig?

Nein, die Auffangregelung zugunsten der Mutter bei der Zuordnung von Kindererziehungszeiten ist nicht verfassungswidrig. Das Bundessozialgericht hat in seinen Urteilen festgestellt, dass diese Regelung, die Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung standardmäßig der Mutter zuordnet, wenn keine anderslautende Erklärung der Eltern vorliegt, nicht gegen die Verfassung verstößt. Diese Auffangregelung dient der eigenständigen sozialen Sicherung von Frauen und ist somit eine zulässige Maßnahme.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Sozialrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Sozialrecht. Wir beraten uns vertreten Sie in sozialrechtlichen Fragen. Jetzt Ersteinschätzung anfragen.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile und Beiträge aus dem Sozialrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!