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Arbeitslosengeldanspruch – Ruhen wegen Meldeversäumnis

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – Az.: L 18 AL 76/17 – Urteil vom 22.08.2018

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. März 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klage auf Verzinsung wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Verfahren vor dem Landesozialgericht nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die 1968 geborene, ledige Klägerin ist Musikwissenschaftlerin. Sie ist seit 2003 im sog. akademischen Mittelbau an Hochschulen in Forschung und Lehre tätig. Von 2003 bis Oktober 2008 war sie bei der Universität der K B als wissenschaftliche Mitarbeiterin, von September 2009 bis Dezember 2009 als Gastprofessorin in H K und vom 28. September 2010 bis 27. September 2013 – befristet – bei der Universität L als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt. Nach eigenen Angaben arbeitete die Klägerin daneben seit 1. Oktober 2006 fortlaufend bei der Technischen Universität D als Hochschullehrerin vier Stunden pro Woche und erhielt dafür eine Aufwandsentschädigung. Im Wintersemester 2013/14 hatte sie zwei und im Sommersemester 2014 drei Lehraufträge an der TU D und der HU B inne (Stunden im Wintersemester 2013/2014 insgesamt 44, im Sommersemester 2014 insgesamt 84).

Sie meldete sich am 13. Juni 2013 persönlich bei der Beklagten mit Wirkung zum 28. September 2013 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg). Durch ihre Unterschrift vom 9. September 2014 bestätigte sie dabei, das „Merkblatt 1 für Arbeitslose“ erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Bereits anlässlich ihrer Meldung als Arbeit suchend am 13. Juni 2013 hatte die Klägerin Folgendes mitgeteilt:

„Ich bin dabei, eine wissenschaftliche Anschlussstelle zu organisieren. Unterstützung vonseiten der Agentur für Arbeit ist unnötig und außerdem hinderlich, weil erstens ich meine gesamte Energie benötige, um Forschungsprojekte (anschließende Arbeitsstelle) vorzubereiten und zweitens tatsächlich Hilfe nur von denjenigen kommen kann, die selber in der Wissenschaft tätig sind. Die Agentur für Arbeit ist hierfür nicht kompetent, weil sie weder über die notwendigen Kenntnisse, noch Kontakte, noch Einfluss verfügt. Ich bitte von einem Vermittlungsgespräch abzusehen, da eine Vermittlung vonseiten der Agentur für Arbeit, wie gezeigt, ohnehin nicht erfolgen kann.“

Mit Bescheid vom 30. September 2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg ab 28. September 2013 für 360 Kalendertage bis zum 27. September 2014 mit einem täglichen Leistungssatz in Höhe von 48,92 €.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 lud die Beklagte die Klägerin zu einer Besprechung ihrer beruflichen Situation am 31. Oktober 2013 ein. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2013 vertrat die Klägerin die Auffassung, die Meldeaufforderung sei nicht rechtmäßig, und bat von weiteren Meldeaufforderungen abzusehen. Sie dürfe nicht „aus Lust und Laune“ vorgeladen werden. Über ihre berufliche Situation habe sie die Beklagte bereits informiert. Sie bewerbe sich seit einigen Jahren weltweit auf Professuren. Die Bewerbungszeit überbrücke sie durch Forschungsprojekte. Da diese Überbrückung nicht lückenlos möglich sei, könne sie immer wieder für einige Monate arbeitslos sein.

Arbeitslosengeldanspruch - Ruhen wegen Meldeversäumnis
(Symbolfoto: nitpicker /Shutterstock.com)

Nachdem die Klägerin dieser Meldeaufforderung und auch einer Folgeeinladung zum 7. November 2013 nicht nachgekommen war, teilte die Beklagte durch Änderungsbescheid vom 19. November 2013 zwei Sperrzeiten mit, und zwar vom 1. November 2013 bis 7. November 2013 und vom 8. November bis zum 14. November 2013. Wegen Meldeversäumnissen der Klägerin ruhe ihr Anspruch auf Alg in diesen Zeiträumen, ihr Anspruch auf Alg mindere sich jeweils um sieben Tage. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin vom 5. November 2013, mit welchem sie geltend machte, die Aufforderungen seien rechtswidrig und sie sei aufgrund ihrer hohen Arbeitsbelastung ohnehin bis zum 22. November 2013 nicht in der Lage, Termine bei der Beklagten wahrzunehmen, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 21. November 2013 als unbegründet zurück. Die Klägerin sei den Meldeaufforderungen ohne wichtigen Grund nicht nachgekommen. Die Sperrzeit beginne mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründe, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit falle, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Die hiergegen beim Sozialgericht Berlin (SG) erhobene Klage S 52 AL 5632/13 blieb ebenso wie die anschließende Nichtzulassungsbeschwerde – L 18 AL 50/17 – erfolglos.

Mit Schreiben vom 19. März 2014 forderte die Beklagte die Klägerin erneut auf, sich bei ihr zu einem Meldetermin am 14. April 2014 einzufinden, um mit ihr deren „aktuelle berufliche Situation“ zu besprechen. Erneut widersprach die Klägerin dieser Aufforderung und verwies darauf, dass die Begründung keinen der in § 309 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) genannten Zwecke enthalte. Sie befinde sich auch weiterhin in Bewerbungsverfahren für universitäre wissenschaftliche Stellen.

Mit Schreiben vom 15. April 2014 teilte die Beklagte der Klägerin die vorläufige Einstellung der Leistungen mit, weil die Klägerin der Einladung zum Meldetermin am 14. April 2014 nicht nachgekommen sei. Gleichzeitig lud die Beklagte die Klägerin zu einem Folgetermin am 22. April 2014 ein, um mit der Klägerin über ihre „Leistungsangelegenheiten“ zu sprechen. Die Klägerin habe keinen wichtigen Grund mitgeteilt, der sie daran gehindert habe, den Termin am 14. April 2014 wahrzunehmen. Diese Folgeeinladung enthielt – ebenso die vorangegangenen Meldeaufforderungen – den Hinweis:

„Wenn Sie ohne wichtigen Grund dieser Aufforderung nicht nachkommen, tritt eine Sperrzeit ein (Sperrzeit bei Meldeversäumnis; § 159 Abs. 1 Nr. 6 SGB III). Die Sperrzeit dauert eine Woche. Während der Dauer der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Leistungen (Arbeitslosengeld; Arbeitslosenbeihilfe, Teilarbeitslosengeld), das heißt, dass Leistungen nicht gezahlt werden. Ihre Anspruchsdauer mindert sich um die Tage der Sperrzeit.

Hinweise dazu, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben wird und wann eine Sperrzeit eintritt, enthält das „Merkblatt für Arbeitslose, Ihre Rechte – Ihre Pflichten“.“

Auch dieser Einladung kam die Klägerin nicht nach. Den mit Schreiben vom 19. April 2014 erhobenen Widerspruch gegen die Leistungseinstellung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2014 als unzulässig zurückwies. Die vorläufige Leistungseinstellung sei nicht durch Verwaltungsakt erfolgt.

Auch der mit einer Rechtsfolgenbelehrung sowie dem Hinweis auf Zweifel an der Verfügbarkeit der Klägerin versehenen Folgeeinladung vom 24. April 2014 zu einem Gespräch über die Leistungsangelegenheiten am 30. April 2014 kam die Klägerin nicht nach. Die Meldeaufforderungen (vgl. Schreiben vom 29. April 2014) seien willkürlich und enthielten keinen ausreichenden, einen konkreten Zweck betreffenden Grund zum Erscheinen. Erneut wies die Klägerin darauf hin, dass sie ihre Arbeit in Forschung und Lehre wie während ihrer Anstellung bis Ende September 2013 fortführe und dabei unter anderem Lehraufträge an Universitäten in B und D absolviere. Diese dienten im Rahmen ihrer Eigenbemühungen um eine Arbeitsstelle dazu, ihre Chancen einer Anstellung in Forschung und Lehre zu erhöhen. Da diese Lehrveranstaltungen üblicherweise vor Ort, also in D oder B, stattfänden, sei der Beklagten bekannt, dass sie dort vor Ort sein müsse. Sie würde den Vermittlungsbemühungen der Beklagten trotzdem zur Verfügung stehen, wenn die Beklagte Vermittlungsbemühungen zeigen würde.

Durch Änderungsbescheid vom 5. Mai 2014 – bestätigt mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2014 – teilte die Beklagte der Klägerin Sperrzeiten bei Meldeversäumnis vom 15. April 2014 bis 21. April 2014, vom 23. April 2014 bis 29. April 2014 sowie vom 1. Mai 2014 bis 7. Mai 2014, hob die Alg-Bewilligung für diese Zeiträume auf und stellte die Minderung des Anspruchs der Klägerin auf Alg um insgesamt 21 Tage fest.

Hiergegen hat die Klägerin am 16. Juni 2014 Klage erhoben, welche durch Urteil des SG Berlin vom 8. März 2017 abgewiesen worden ist. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Der angegriffene Änderungsbescheid vom 5. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2014 sei rechtmäßig (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X – iVm § 330 Abs. 3 SGB III). Im Hinblick auf die Alg-Bewilligung vom 30. September 2013 sei eine wesentliche Änderung eingetreten, weil der Leistungsanspruch der Klägerin aufgrund der Sperrzeiten in den streitigen Zeiträumen gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III geruht habe. Die Klägerin sei den Meldeaufforderungen zum 14. April 2014, 22. April 2014 und 30. April 2014 versicherungswidrig nicht nachgekommen, ohne hierfür einen wichtigen Grund gehabt zu haben. Gemäß § 309 Abs. 2 SGB III könne die Aufforderung zur Meldung u.a. zum Zwecke der Berufsberatung, der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit, der Vorbereitung aktiver Arbeitsmarktförderleistungen, der Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren und der Prüfung des Vorliegens von Voraussetzungen für den Leistungsanspruch erfolgen. Anhaltspunkte für eine zweck- oder rechtswidrige Aufforderung bestünden nicht. Um eine sachgerechte Vermittlungsarbeit leisten zu können, müsse die Beklagte Arbeitslose mit einem Vermittler zusammenführen. Grundsätzlich sei nur im direkten Gespräch festzustellen, in welche Berufe bzw. welche Arbeitsmarktsegmente eine nach den Kriterien des § 140 SGB III zumutbare Vermittlung erfolgversprechend sei. Dies gelte auch für die Klägerin. Die bei der Antragstellung gemachten schriftlichen Angaben zu ihrem beruflichen Lebenslauf seien dabei unzureichend, um zu ermessen, in welche Berufe sie noch vermittelt werden könne. Die Beklagte sei bei der Vermittlung auch nicht an den Wunschberuf der Klägerin gebunden. Auch Arbeitslose mit qualifizierter Ausbildung – wie die Klägerin – unterlägen keinem Berufsschutz, sondern seien in zumutbare Verweisungstätigkeiten vermittelbar. Auch die Dichte der Einladungen im April 2014 sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin könne sich für ihr pflichtwidriges Verhalten nicht auf einen wichtigen Grund im Sinne des § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III berufen, denn es sei ihr objektiv möglich und subjektiv zumutbar gewesen, im Rahmen der ihr durch das Merkblatt für Arbeitslose verdeutlichten Mitwirkungspflichten den Meldeaufforderungen nachzukommen. Beim Lesen des Merkheftes hätte sie ohne weiteres erkennen können, dass sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht nur auf ihren bisher ausgeübten Beruf, sondern auf alle zumutbaren Tätigkeiten erstrecken müssten und damit ein Meldetermin mit dem genannten Meldezweck alles andere als zweckwidrig gewesen sei. Nach § 148 Abs. 1 Nr. 3 SGB III mindere sich der Alg-Anspruch um die Tage der Sperrzeit, welche bei Meldeversäumnissen eine Woche betrage (§ 159 Abs. 6 SGB III). Nach § 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III beginne die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das sie begründe. Dementsprechend habe die Beklagte die Sperrzeiten zutreffend festgestellt und die Leistungsbewilligung für diese Zeiträume aufgehoben.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren unter Geltendmachung von Zinsansprüchen weiter und trägt ergänzend vor: Es liege bei den Meldeaufforderungen ein Ermessensfehlgebrauch vor. Mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. April 2015 (- B 14 AS 19/14 R -), drei von sieben gleichlautenden Meldeaufforderungen in Serie als rechtmäßig und vier als rechtswidrig festzustellen, habe das BSG implizit bestätigt, dass Meldeaufforderungen mit „Passepartout-Begründung“ grundsätzlich keine Indizien dafür enthielten, dass Ermessen pflichtgemäß ausgeübt worden sei. Aus dem „Design“ des § 309 SGB III ergäben sich vier zu beachtende „Schritte“ für den Erlass von Meldeaufforderungen: Bevor eine Meldeaufforderung verfasst werden könne, müssten zunächst hinsichtlich der zu verfolgenden Meldezwecke Tatsachen ermittelt werden, wobei die individuelle Situation des jeweiligen Arbeitslosen zu beachten sei. Da die Vermittlungsfachkräfte sich ohnehin mit dem „Arbeitspaket des Kunden“ auf den Meldetermin vorzubereiten hätten, könne die erforderliche Tatsachenfeststellung auch schon vor dem Erlass einer Meldeaufforderung erfolgen. Erst dann komme eventuell eine Entschließung zum Versenden einer Meldeaufforderung in Betracht (Schritt 2). Die Begründung der Meldeaufforderung müsse neben dem „realistischerweise“ verfolgbaren Meldezweck zumindest stichwortartig die Ermessenserwägungen für die Wahl dieses Zweckes enthalten (Schritt 3). Im Widerspruchsverfahren sei der Meldezweck auf seine Recht- und Zweckmäßigkeit zu überprüfen (Schritt 4). Der mit der Meldeaufforderung vom 19. März 2014 verfolgte – unzulässige – Zweck sei es in Wahrheit gewesen, in einem (Erst-) Gespräch ihre Verfügbarkeit zu überprüfen. Bei der von der Beklagten stattdessen gewählten Formulierung „Ich möchte mit Ihnen ein Gespräch über Ihre berufliche Situation führen“ handele es sich um ein „Passepartout, einen Joker“. Die Meldeaufforderung vom 15. April 2014 sei ebenso widersprüchlich. Mittels der Angabe „Gespräch über Leistungsangelegenheiten“ transformiere diese Aufforderung die gemäß § 331 SGB III zu gewährende Gelegenheit zur Anhörung im Falle einer Zahlungseinstellung in eine sanktionsbewehrte Pflicht. Der Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2014 lasse keine Überprüfung von Ermessenserwägungen erkennen. Er sei so allgemein gehalten, dass er auf jeden Arbeitslosen passe, der einen Meldetermin versäumt habe. Weiterhin sei der Beklagten bekannt gewesen, dass sie über eine ausgearbeitete und zielführende eigene Strategie zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit verfügt habe. Es sei nicht erkennbar, welche Kompetenzen die Beklagte einbringen wollte, welche über die von ihr bzw. den von ihr konsultierten Experten hinausgingen. Ein nur „zufällig förderlicher Meldetermin“ sei ein unverhältnismäßiger Eingriff. Ein ihr von der Beklagten angesonnener Berufswechsel wäre angesichts der damit verbundenen gesamtgesellschaftlichen Nachteile und vor dem Hintergrund, dass sie international anerkannte Forschungsleistungen erbracht habe, bedenklich. Die streitigen Sperrzeiten seien letztlich die Konsequenz daraus, dass sie Einsichten in ihre berufliche Situation gehabt habe, welche die Beklagte nicht gehabt hatte oder nicht haben wollte und nach ihrer Erfahrung auch im Rahmen eines Meldetermins nicht erlangt hätte.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. März 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 5. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2014 aufzuheben, ferner, das nachzuzahlende Arbeitslosengeld gesetzlich zu verzinsen.

Die Klägerin stellt ferner die Beweisanträge aus den Schriftsätzen vom 21. Mai 2018 und vom 10. August 2018 mit den Verweisen auf die Schriftsätze vom 15. September 2017 und 12. Januar 2018.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor: Das von der Klägerin angeführte Urteil des BSG vom 29. April 2015 – B 14 AS 19/14 R – sei nicht übertragbar, denn es seien hier nur drei Meldeversäumnisse streitgegenständlich. Außerdem sei nach dem ersten Meldeversäumnis der Meldegrund den Umständen entsprechend angepasst worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind.

Der Senat hat am 15. November 2017 durch den Berichterstatter einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das SG hat die Klage sowohl im Ergebnis wie in der Begründung – auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG) – zutreffend abgewiesen. Weder die im Änderungsbescheid vom 5. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2014 verhängten Sperrzeitentscheidungen noch die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung für die Dauer der Sperrzeiten und die Feststellung der Anspruchsminderung sind rechtswidrig. Die Klägerin wird somit nicht in ihren Rechten verletzt.

Auch der überaus ausführliche Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren vermag eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Im Einzelnen ist hierzu Folgendes auszuführen: Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde die zunächst vor Erlass des angefochtenen Bescheides unterbliebene Anhörung gemäß § 24 Abs. 1 SGB X mit heilender Wirkung im Widerspruchsverfahren (§ 41 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 2 SGB X) nachgeholt. Allerdings bewirkt die bloße Bekanntgabe der behördlichen Entscheidung allein nicht die Heilung des Mangels. Vielmehr wird ein Anhörungsmangel im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nur dann geheilt, wenn der Bescheid selbst alle wesentlichen Tatsachen enthält (vgl. BSG, Urteile vom 17. Juli 1994 – 7 RAr 104/93 – SozR 3-4100 § 117 Nr. 11 = juris Rn. 24 und vom 4. April 2017 – B 11 AL 19/16 R- juris – Rn 22) und wenn ein Beteiligter dort die Möglichkeit hat, sich zu allen aus Sicht der Behörde entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Der angefochtene Bescheid vom 5. Mai 2014 hat die für die getroffene Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bezeichnet. In dem Bescheid ist nicht nur der (jeweilige) Sachverhalt mitgeteilt, aus dem die Beklagte den Eintritt der jeweiligen Sperrzeit herleitet, sondern auch darauf hingewiesen worden, dass die Klägerin keinen wichtigen Grund für ihr Verhalten gehabt habe. Zudem ist die Bewilligung von Alg wegen schuldhafter Unkenntnis vom Ruhen des Anspruchs auf Alg aufgehoben und die Minderung der Anspruchsdauer festgestellt worden. Der Änderungsbescheid vom 5. Mai 2014, welcher wiederum auf die Rechtsfolgenbelehrungen in den Meldeaufforderungen Bezug genommen hatte, enthielt somit die für eine ordnungsgemäße Anhörung erforderlichen Angaben von Tatsachen und Vorwürfen, sodass die Klägerin in die Lage versetzt war, sich sachgerecht zu äußern, und dies auch getan hat. In ihrer detaillierten Widerspruchsbegründung vom 18. Mai 2014 hatte sich die Klägerin ausführlich zu den für die Entscheidungen erheblichen Tatsachen geäußert. Dem Sinn und Zweck einer Anhörung ist somit nach alledem entsprochen worden.

Der angefochtene Bescheid ist auch (noch) hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X). Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist. Der Betroffene muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls in die Lage versetzt werden, die in ihm getroffene Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten. Ausreichende Klarheit kann auch dann bestehen, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 196/11 R = SozR 4-1300 § 33 Nr. 2; BSG, Urteil vom 25. Oktober 2017 – B 14 AS 9/17 R = SozR 4-1300 § 45 Nr 19 mwN). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beklagte hat zwar nicht konkret den von der Aufhebung gemäß § 48 SGB X betroffenen Bescheid angegeben. Im Hinblick darauf, dass sich jedoch aus den Verfügungssätzen jeweils ohne Weiteres erkennen lässt, auf welche konkrete Leistung sich die Aufhebung bezieht und ihre Regelungsgehalte in sich widerspruchsfrei sind, ist auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmtheit von Aufhebungsbescheiden im Grundsicherungsrecht nicht von einer Unbestimmtheit auszugehen.

Die Beklagte hat auch zu Recht für die Zeiträume vom 15. April 2014 bis 21. April 2014, vom 23. April 2014 bis 29. April 2014 und vom 1. Mai 2014 bis 7. Mai 2014 jeweils einwöchige Sperrzeiten aufgrund von Meldeversäumnissen der Klägerin am 14. April 2014, 22. April 2014 und 30. April 2014 iSv § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III festgestellt, die zum entsprechenden Ruhen des Anspruchs auf Alg führen (vgl. § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Insbesondere bestehen auch an der Rechtmäßigkeit der jeweils zugrundeliegenden Meldeaufforderungen vom 19. März 2014, vom 15. April 2014 und vom 22. April 2014 keine Bedenken. Dabei stehen der Erlass einer Meldeaufforderung und die Bestimmung von Zeit und Ort der Meldung im Ermessen der Arbeitsagentur, wobei diese den Termin nicht mit dem Arbeitslosen abstimmen muss, sondern ihn einseitig festlegen darf (Scholz, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 5. Auflage 2012, § 309 Rn. 52). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hatte somit mit der konkreten Festlegung von Ort und Zeit der Meldung insoweit ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte mit den der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegenden Meldeaufforderungen nach § 309 Abs. 2 SGB III zulässige Zwecke verfolgt. Soweit sie in der Einladung vom 19. März 2014 ein Gespräch über die aktuelle berufliche Situation der Klägerin ankündigte, lässt sich dieses Ansinnen zwanglos den Meldezwecken der „Berufsberatung“ (§ 309 Abs. 2 Nr. 1 SGB III) und „Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit“ (§ 309 Abs. 2 Nr. 2 SGB III) zuordnen. Berufsberatung umfasst u.a. Erteilung von Auskunft und Rat zur beruflichen Entwicklung und zum Berufswechsel sowie zur Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Berufe (vgl. § 30 Nrn. 1 und 2 SGB III). Vor dem Hintergrund, dass die im März 2014 bereits 46 Jahre alte Klägerin sich mit der von ihr verfolgten „Strategie“ (befristete Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen von wissenschaftlichen Projekten mit Lückenfüllung durch Alg-Bezug) seit über 10 Jahren erfolglos um eine Professur bemüht hatte, drängte es sich geradezu auf, im Rahmen eines „Erstgesprächs“ die beruflichen Perspektiven abzuklären und Alternativen zum „Wissenschaftsbetrieb“ mit der Klägerin zu erörtern. Es grenzt an Hybris, wenn die Klägerin nur aufgrund angenommener eigener „überlegener“ Fähigkeiten stereotyp davon ausgeht, dass Alternativen zu ihrem Wunschberuf nicht vorhanden bzw. ihr nicht zumutbar seien. Die Klägerin hat im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren bei jeder Gelegenheit zu verstehen geben, dass sie die von der Beklagten angebotene Arbeitsvermittlung für Akademiker für inkompetent hält und sich von der Beklagten letztlich nichts – außer regelmäßigen Alg-Zahlungen – erwartet. Sie verkennt, dass es ihr im Interesse der Versichertengemeinschaft durchaus zugemutet werden kann, sich mit der Beklagten über eine Änderung ihrer „Strategie“ und ggfs. einen Berufswechsel bzw. eine Vermittlung in eine Ausbildung oder Arbeit auseinander zu setzen. Soweit die Klägerin vorbringt, in Wahrheit habe der Termin am 14. April 2014 nur der Prüfung ihrer Verfügbarkeit gedient, so lässt sich dem entgegenhalten, dass der entsprechende, eine Prüfung der Verfügbarkeit anregende Vermerk eines Mitarbeiters der Beklagten vom 20. März 2014 nach der Meldeaufforderung vom 19. März 2014 datiert: Im Übrigen hätte nach der Vorgeschichte und den Angaben der Klägerin zu ihren Forschungsprojekten bzw. Nebentätigkeiten durchaus Anlass bestanden, schon die Meldeaufforderung vom 19. März 2014 (auch) auf § 309 Abs. 2 Nr. 5 SGB III (Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch) zu stützen. Soweit die Anregung der Verfügbarkeitsprüfung dann mit den Meldeaufforderungen zum 22. und 30. April 2014 umgesetzt worden war und die Klägerin zu einem Gespräch über ihre Leistungsangelegenheiten aufgefordert worden war, bestehen vor dem Hintergrund der Einlassungen der Klägerin zu ihrer zeitlichen Eingebundenheit in ihre wissenschaftlichen Projekte und des Umfangs ihrer Lehrtätigkeit sowie des sich aus dem drei- bzw. viermaligen Nichterscheinen zum Meldetermin ergebenden Hinweises auf ein Fehlen der subjektiven Verfügbarkeit (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 2014 – B 11 AL 8/13 -, juris Rn. 27) keine Bedenken an einem zulässigen Meldezweck. Soweit die Klägerin unter Berufung auf das Urteil des LSG Stuttgart vom 27. September 2002 (- L 8 AL 855/03 – juris) die Auffassung vertritt, die Meldeaufforderungen zum 22. und 30. April 2014 teilten den Meldezweck nicht hinreichend konkret mit, kann dem nicht gefolgt werden. Die Meldeaufforderung zum 22. April 2014 enthielt einen Hinweis auf den versäumten Termin vom 14. April 2014 und die hierauf bezogene Leistungseinstellung. Die Meldeaufforderung zum 30. April 2014 enthielt sogar einen ergänzenden Hinweis auf bestehende Zweifel an der Verfügbarkeit. Aus beiden Meldeaufforderungen konnte die Klägerin damit erkennen, dass über das (weitere) Vorliegen von Voraussetzungen für den Leistungsanspruch gesprochen werden sollte. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass vorliegend auch keine dem von der Klägerin angeführten Urteil des BSG vom 29. April 2015 (– B 14 AS 19/14 R –) entsprechende Konstellation vorliegt. Schließlich sind die hier relevanten Meldeaufforderungen auch nicht deswegen rechtswidrig, weil in den ihnen beigefügten Rechtsfolgenbelehrungen keine ausdrückliche Belehrung über den Beginn der jeweiligen Sperrzeit enthalten war (vgl. § 159 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. SGB III). Nach einem Beschluss des LSG Celle vom 8. Mai 2018 (– L 11 AL 67/16 NZB – juris – Rn 25) soll allerdings nicht nur für eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung nach § 31 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) eine konkrete Belehrung über den Beginn der drohenden Sperrzeit erforderlich sein (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 – B 14 AS 53/08 R = BSGE 105, 297 = SozR 4-4200 § 31 Nr. 5). Es bestehe kein Anlass, hinsichtlich der Belehrung über den Beginn einer Sperrzeit an eine Rechtsfolgenbelehrung nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III geringere Anforderungen zu stellen als an eine Rechtsfolgenbelehrung nach § 31 SGB II. Der Senat kann offen lassen, ob die Rechtsprechung des BSG zum Arbeitsförderungsrecht (siehe das vom LSG Celle angeführte Urteil des BSG vom 25. August 2011 – B 11 AL 30/10 R – juris – Rn. 16, vgl. ferner Urteil vom 4. April 2017 – B 11 AL 19/16 R -, juris – Rn 4 und 38) dahingehend zu interpretieren ist, dass es grundsätzlich erforderlich ist, in Rechtsfolgenbelehrungen zu Sperrzeittatbeständen ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass vom Tag nach dem die Sperrzeit begründenden Ereignis an kein Alg mehr gezahlt wird. Eine derartige Formulierung war jedenfalls vorliegend entbehrlich. Denn hier ist die Besonderheit zu beachten, dass die Klägerin bei Erlass der relevanten Meldeaufforderungen bereits aufgrund des ebenfalls Meldeversäumnisse regelnden Änderungsbescheides vom 19. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2013 durch den Hinweis: „Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende der Sperrzeit (§ 159 Abs. 2 SGB III)“ hinreichend konkret über den Beginn von Sperrzeiten informiert worden war und es mithin einer erneuten „Warnung“ bei nachfolgenden Sperrzeiten nicht bedurfte. Dies gilt zumindest, soweit es – wie hier – um Sperrzeiten für den Rest des ursprünglichen Bewilligungszeitraums geht. Die Klägerin konnte für ihr Nichterscheinen zu den Meldeterminen auch keinen wichtigen Grund anführen.

Die Beklagte hat Beginn und Ende der Sperrzeit zutreffend geregelt. Die Sperrzeit beginnt gemäß § 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III aF mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Die Sperrzeiten dauerten jeweils eine Woche (§ 159 Abs. 6 SGB III), und zwar vom 15. April 2014 bis 21. April 2014, vom 23. April 2014 bis 29. April 2014 und vom 1. Mai 2014 bis 7. Mai 2014.

Aufgrund der festgestellten Sperrzeiten ist in den Verhältnissen, die bei Erlass des ursprünglichen Bewilligungsbescheides vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten, so dass die Leistungsbewilligung für die benannten Zeiträume nach § 330 Abs. 3 SGB III iVm § 48 SGB X aufzuheben war. § 48 SGB X ist ungeachtet dessen insoweit einschlägig, dass die gesamte Alg-Bewilligung ab 28. September 2018 mangels Vorliegens subjektiver Verfügbarkeit der Klägerin bereits anfänglich objektiv rechtswidrig war (vgl Senatsurteil vom heutigen Tag – L 18 AL 209/16 -). § 48 SGB X ermöglicht die Aufhebung von Dauerverwaltungsakten, die wegen einer nach ihrem Erlass eintretenden Änderung der Sach- und Rechtslage im Widerspruch zu dem (dann) geltenden Recht stehen. Deshalb muss, wenn eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 SGB X in Betracht kommt, die materielle Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der angeblich eingetretenen Änderung verglichen werden. Nur wenn sich bei diesem Vergleich ein für den materiellen Anspruch des Einzelnen erheblicher Unterschied ergibt, haben sich die Verhältnisse wesentlich geändert. Die Anwendung des § 48 SGB X setzt indes nicht voraus, dass der ursprüngliche Verwaltungsakt mit Dauerwirkung rechtmäßig war (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 60/07 R = SozR 4-4200 § 16 Nr 4 – Rn. 14).

Auch die weiteren Voraussetzungen einer Aufhebung für die Vergangenheit sind erfüllt, denn die Klägerin hat qualifiziert schuldhaft iS des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X gehandelt. Die Aufhebungsvoraussetzungen des § 330 Abs. 3 SGB III iVm § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X und somit das Vorliegen (mindestens) grober Fahrlässigkeit auf Seiten der Klägerin stehen zur Überzeugung des Senats nach dem insoweit anzuwendenden subjektiven Verschuldensmaßstab fest. Dass die Klägerin das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten hat, hat sie durch ihre Unterschrift vom 9. September 2013 unter den Leistungsantrag ausdrücklich bestätigt. In dem Merkblatt finden sich klare und eindeutige Ausführungen zur Meldepflicht. Aufgrund der offensichtlichen intellektuellen Fähigkeiten der Klägerin, von denen sich der Senat im Verhandlungstermin eindrucksvoll überzeugen konnte, bestehen keine Zweifel, dass sie die Ausführungen im Merkblatt verstehen konnte und auch verstanden hat. Dass sich die Klägerin beharrlich auf einen abweichenden Rechtsstandpunkt stützt, lässt die grobe Fahrlässigkeit nicht entfallen. Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf ihre eigenen, nicht hinreichenden Rechtskenntnisse verlassen haben sollte, hat sie die einfache und naheliegende Überlegung ignoriert, sie könne mit ihrer Rechtsansicht und der Beurteilung der Sachlage falsch liegen, mit der Konsequenz, billigend in Kauf zu nehmen, Alg zu Unrecht zu beziehen (vgl. LSG München, Urteil vom 22. Juni 2017 – L 10 AL 260/15 -, juris).

Die Aufhebung der Bewilligung ist auch insoweit rechtmäßig erfolgt, als sich der zuerkannte Anspruch auf Alg um die Zeit des Ruhens wegen einer Sperrzeit mindert (vgl. § 148 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Bei der Teilaufhebung der Bewilligung hinsichtlich der Anspruchsdauer (Verkürzung von 3 x 7 = 21 Tagen) handelt es sich um eine Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, § 330 Abs 3 SGB III), weil sich die Minderung der Anspruchsdauer erst gegen Ende des Bezugs von Alg auswirkt, falls der Berechtigte zu dem Zeitpunkt noch im Leistungsbezug steht (vgl BSG, Urteil vom 4. April 2017 – B 11 AL 19/16 R – Rn. 43). Die Beklagte war berechtigt, den Bewilligungsbescheid insoweit mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, nachdem die genannten Sperrzeiten eingetreten waren. Mit diesen Sperrzeiten ist gegenüber dem Bewilligungsbescheid eine wesentliche Änderung auch hinsichtlich der Anspruchsdauer eingetreten, denn mit dem Eintritt einer Sperrzeit geht eine entsprechende Minderung der Anspruchsdauer einher.

Die Beweisanträge der Klägerin waren abzulehnen. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 21. Mai 2018 beantragt hat, einen Sachverständigen zu hören, sind die zu beweisenden Tatsachen für den Ausgang des Rechtsstreits unerheblich. Selbst wenn eine Vermittlung der Klägerin in Arbeit in ihrem „angestammten“ Beruf von der Beklagten aufgrund der Eigenart dieses Berufes nicht möglich sein sollte, so waren die hier relevanten Meldeaufforderungen durch die Meldezwecke „Berufsberatung“ bzw. „Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des Leistungsanspruchs“ gedeckt. Es mag ferner zutreffen, dass der Homepage der Klägerin mannigfaltige Informationen über ihre Fähigkeiten, ihre gezeigten Leistungen, ihre hohe Motivation und ihr beträchtliches berufliches Potential zu entnehmen sind und hieraus überdies der Schluss gezogen werden kann, dass die Klägerin „gute Gründe“ für ein Verbleiben im wissenschaftlichen Berufsfeld und möglicherweise auch objektiv die Chance auf eine Professur gehabt hatte. Dies schließt freilich nicht aus, dass es auch gute Gründe für einen Berufswechsel der Klägerin gegeben haben konnte. Jedenfalls hat es angesichts der jahrelangen und bislang erfolglosen Bemühungen der Klägerin um eine Berufung als Professorin bzw. eine sonstige dauerhafte Beschäftigung im universitären Bereich für die Beklagte hinreichenden Anlass gegeben, die Klägerin über Alternativen zu einem Verbleib im Wissenschaftsbetrieb persönlich zu beraten. Die Klägerin verkennt insoweit, dass derartige Alternativen nicht von vorneherein als unzumutbar abgelehnt werden können (vgl hierzu auch die Ausführungen des Senats im Urteil – L 18 AL 209/16 -). Soweit die Klägerin mit Schreiben vom 10. August 2018 bzw. 15. September 2017 und 12. Januar 2018 die Beiziehung von Textbausteinsammlungen sowie Ausführungsvorschriften zu Meldeaufforderungen begehrt, geht es ihr nicht um den Beweis von für den vorliegenden Fall relevanten Tatsachen, sondern um die Bekämpfung einer von ihr als rechtswidrig erachteten bundesweiten Verwaltungsübung. Für den Ausgang dieses Rechtsstreites ist es indes nicht erheblich, ob die Verwaltungspraxis der Beklagten oder an dem Rechtsstreit nicht beteiligter Jobcenter bei Meldeaufforderungen allgemein in Ordnung ist oder nicht. Insoweit kommt es nur auf der Rechtmäßigkeit der dem angegriffenen Sperrzeitbescheid zugrunde liegenden Meldeaufforderungen an. Selbst wenn – wie von der Klägerin vorgetragen (vgl. Schreiben vom 15. September 2017) – es zutreffen sollte, dass die Mitarbeiter der Beklagten angewiesen sind, im Schriftverkehr mit Arbeitslosen ausschließlich Textbausteine zu verwenden, folgt hieraus nicht die Rechtswidrigkeit der an die Klägerin ergangenen Meldeaufforderungen, wenn – was hier der Fall ist – die (angeblich) verwendeten Textbausteine „passen“. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu Lasten der Klägerin von ihrer Verwaltungspraxis abgewichen ist und mithin insoweit ein Ermessensfehler vorliegen könnte, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Entsprechendes wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Sie trägt vielmehr im Gegenteil vor, dass die Beklagte bei Meldeaufforderungen zu schematisch vorgehe. Soweit die Klägerin die Beiziehung von diversen Dokumenten betreffend die Vorbereitung ihrer – nicht durchführten – Meldetermine begehrt (vgl. Schreiben vom 15. September 2017 und 12. Januar 2018) handelt es ich um unzulässige Beweisermittlungsanträge (vgl. BSG, Beschluss vom 19. November 2009 – B 13 R 303/09 B -, juris). Denn die Klägerin hat für ihre Behauptungen bzw. Vermutungen keine konkreten Anhaltspunkte angegeben. Sie stellt lediglich Vermutungen an, welchen konkreten Inhalt die von ihr gar nicht wahrgenommenen Meldetermine möglicherweise gehabt haben könnten. Sie will somit erst aus der Beweisaufnahme die Grundlage für ihre Behauptungen gewinnen.

Soweit die Klägerin erstmals im Verfahren vor dem Landessozialgericht die Verurteilung der Beklagten zur Verzinsung des von ihr als nachzuzahlend begehrten Alg beantragt, ist diese Klage mangels instanzieller Zuständigkeit (vgl. § 29 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des erkennenden Gerichts unzulässig und mithin abzuweisen. Die Klage ist ferner auch deshalb unzulässig, weil insoweit kein gerichtlich überprüfbarer Verwaltungsakt der Beklagten vorliegt. Im Übrigen richtet sich die Verzinsung allein nach § 44 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – SGB I. Aufgrund der Beschränkung der Zinsvorschriften auf bestimmte Arten von Ansprüchen ist für eine Anwendung der Vorschriften über Verzugszinsen (§§ 286, 288 BGB) kein Raum (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 1995, 2 RU 4/95 = SozR 3-1300 § 61 Nr. 1, unter Bezugnahme auf BSGE 71, 72, mwN). In der Sache hätte mangels nachzuzahlendem Alg auch kein Zinsanspruch bestanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG).

 

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