SG Münster – Az.: S 11 AS 220/20 – Beschluss vom 14.01.2021
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M., N., wird abgelehnt.
Gründe
Der am 20.03.2020 schriftsätzlich sinngemäß gestellte Antrag, dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M., N., zu bewilligen, hat keinen Erfolg. Er ist zumindest unbegründet.
Der Antrag ist unabhängig von den persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen mangels hinreichender Erfolgsaussichten abzulehnen.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) gewährt das Gericht einem Antragsteller Prozesskostenhilfe, wenn dieser nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen und die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt werden. Durch diese Einschränkungen wird sichergestellt, dass einem Unbemittelten nicht durch PKH eine Rechtsverfolgung ohne finanzielles Risiko ermöglicht wird, die ein bemittelter und verständiger Beteiligter zur Schonung eigener Mittel unterlassen würde; denn durch PKH wird eine Gleichstellung und nicht eine Besserstellung von unbemittelten gegenüber bemittelten Rechtsschutzsuchenden angestrebt (siehe nur Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen [NRW], Beschluss vom 01.06.2015, Az. L 2 AS 730/15 B).
Legt man diese Gesichtspunkte zugrunde hat die vorliegende Rechtsverfolgung, nämlich die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 26.09.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2020 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klage ist unbegründet, der Kläger jedenfalls nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Der Kläger hat gegen den Beklagten für die Zeit ab dem 01.08.2019 keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) in Gestalt des Arbeitslosengeldes II im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 19 a Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I).
Der Kläger ist in der Zeit ab dem 01.08.2019 zwar grundsätzlich gemäß §§ 7, 19, 20 SGB II leistungsberechtigt nach dem SGB II. Er erfüllt die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4, da er das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7 a SGB II noch nicht erreicht hat, erwerbsfähig ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat. Er ist jedoch nicht hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 1 SGB II.
Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger ist in der Zeit ab dem 01.08.2019 nicht hilfebedürftig. Er kann sich im Sinne der genannten Vorschrift durch die Verwertung des Hausgrundstücks „A. S. 00“ in B. selbst helfen. Denn bei diesem handelt es sich um einen „verwertbaren Vermögensgegenstand“ im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II.
Gemäß § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Obwohl das Gesetz den Begriff der Verwertbarkeit nicht näher umschreibt, ist davon auszugehen, dass Vermögen verwertbar ist, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 06.12.2007, Az.: B 14/7b AS 46/06 R). Daher ist Vermögen nicht verwertbar, soweit sein Inhaber in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann (BSG, Urteil vom 06.12.2007, Az.: B 14/7b AS 46/06 R). Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen (BSG, Urteil vom 16.05.2007, Az.: B 11b AS 37/06 R; LSG NRW, Urteil vom 30.08.2007, Az.: L 7 (12) AS 8/07). Eine Verwertungsbeschränkung in diesem Sinne liegt bzw. lag hier nicht vor. Sie ist vom Kläger auch nicht vorgetragen.
Das Hausgrundstück „A. S. 00“ in B. gehört ferner nicht zum Schonvermögen des Klägers nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Bei dem Begriff der angemessenen Größe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (BSG, Urteil vom 15.04.2008, Az.: B 14/7b AS 34/06 ER; Urteil vom 19.09.2008, Az.: B 14 AS 54/07 R). Zwecks Begründung verweist die Kammer – nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 18.02.2020 (§ 136 SGG analog).
Das Haus ist auch nicht gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II geschützt. Gemäß dieser Vorschrift sind Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist, nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit, die allein nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, liegt nur dann vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht (SG Münster, Urteil vom 16.03.2009, Az.: S 8 (12) AS 95/08). Anhaltspunkte hierfür liegen zur Überzeugung der Kammer nicht vor. Auch der Kläger hat solche nicht dargelegt.
Ebenfalls ist § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II nicht einschlägig. Danach sind Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde, nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Die Prüfung des Vorliegens einer besonderen Härte ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (BSG, Urteil vom 16.05.2007, Az.: B 11b AS 37/05 R). Die Kammer sieht keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Härte. Eine Verwertung kommt vorliegend nicht nur in Gestalt eines Verkaufs des Grundstücks, sondern auch durch eine Belastung bzw. Beleihung in Betracht.
Wegen der Berechnung des Vermögens (§ 12 Abs. 4 SGB II) sowie des Schonvermögens § 12 Abs. 2 SGB II) verweist die Kammer auf die Ausführungen des Beklagten in den streitgegenständlichen Bescheiden. Diese werden vom Kläger letztlich auch nicht in Zweifel gezogen.
Weitere Gesichtspunkte, die der Klage zum Erfolg verhelfen könnten, sind nach der im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren allein möglichen summarischen Prüfung nicht ersichtlich. Es ist auch im Hauptsacheverfahren nicht Aufgabe des Gerichts, losgelöst von der Klagebegründung, quasi „ins Blaue hinein“ in jede denkbare Richtung zu ermitteln und mögliche Fehler des Bescheids aufzufinden, es sei denn, mögliche Fehler drängen sich auf (LSG NRW, Beschluss vom 22.01.2016, Az.: L 19 AS 1863/15 B). Das gilt im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren erst recht (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 16.10.2013, Az.: L 19 AS 1057/13 B).