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Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit – Verweisbarkeit

Thüringer Landessozialgericht – Az.: L 6 R 1048/11 – Urteil vom 25.02.2014

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 6. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - Verweisbarkeit
Symbolfoto: Von Auttapon Wongtakeaw/Shutterstock.com

Der 1953 geborene Kläger absolvierte von September 1972 bis August 1976 ein Studium an der Technischen Hochschule I. und erwarb einen Abschluss als Diplom-Ingenieur für elektronische Bauelemente. Von Oktober 1976 bis November 1992 arbeitete er beim VEB F. E. bzw. dessen Rechtsnachfolgerin, der Mikroelektronik und Technologiegesellschaft mbH (MTG), zuletzt als Abteilungsleiter im Unternehmensbereich Bauelementefertigung. Nach der Insolvenz des Unternehmens war er aufgrund befristeter Arbeitsverträge bis Juni 1994 in der Auffanggesellschaft (E. mbH) tätig. Von Dezember 1997 bis November 1998 arbeitete er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Thüringischen Institut für Akademische Weiterbildung (TIAW) e.V. Seit 1992 absolvierte der Kläger verschiedene Fortbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen und erwarb mehrere Abschlüsse: 1992 Fachmann für Automatisierungstechnik, 1996 Betriebsinformatiker und Bankkaufmann. Seit dem 5. März 2008 bezog er erneut Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, seit dem 5. September 2008 war er arbeitsunfähig erkrankt.

Im März 2009 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog u.a. den Rehabilitationsentlassungsbericht des Reha-Zentrums B. D. vom 11. März 2009 (Diagnosen: pseudoradikuläres LWS-Syndrom links, pseudoradikuläres HWS-Syndrom beidseits, Arthritis urica, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2b, Polyneuropathie; Leistungsbild: Ausübung der Tätigkeit als Elektroingenieur bzw. mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung von Einschränkungen sechs Stunden und mehr) bei und lehnte mit Bescheid vom 4. Mai 2009 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Im Widerspruchsverfahren holte sie ein augenärztliches Gutachten des Dr. K. vom 23. September 2009 (Diagnosen: Retinopathia diabetica 2. Grades, diabetische Maculopathie, Deuteranomalie) ein. Der Kläger könne als Dipl.-Ing. für Elektronik sechs Stunden und mehr tätig sein. Er sei seitens der Augen in seiner Leistungsfähigkeit etwas eingeschränkt; die zentrale Sehschärfe und auch die anderen Funktionen reichten aber für eine Berufsausübung aus. Die Sehstörungen links behinderten die Konzentration, machten aber Büroarbeiten nicht unmöglich. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Er sei in der Lage, in seinem bisherigen Beruf als wissenschaftlicher Mitarbeiter und unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Auf die Klageerhebung hat das Sozialgericht (SG) u.a. diverse Befundberichte mit entsprechenden medizinischen Anlagen beigezogen sowie Dr. K. mit der Erstellung eines internistischen und Dr. Dr. B. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dr. K. hat folgende Diagnosen genannt: Diabetes mellitus Typ II, sensible Neuropathie im Bereich beider Füße, diabetesbedingte Retinopathie, Makroangiopathie, Mediasklerose Mönckeberg, Übergewicht, essenzielle arterielle Hypertonie, Struma nodosa, Arteriosklerose im Bereich der hirnversorgenden Arterien, Unterschenkelbeinvenenvarikosis rechtsseitig, degenerative Skelettveränderungen mit zervikokranialem Syndrom und lokalem Lumbalsyndrom. Dr. Dr. B. hat auf orthopädischem Fachgebiet chronisch-rezidivierende Halswirbelsäulenbeschwerden bei Streckfehlhaltung der Halswirbelsäule und schweren degenerativen Veränderungen des Bandscheibensegmentes C5/6 mit nahezu völligem Aufbrauch der Zwischenwirbelscheibe, Funktions- und Belastungseinschränkungen der linken Schulter bei Schultereckgelenksarthrose links und Impingementsyndrom, chronisch-rezidivierende Lendenwirbelsäulenbeschwerden bei Lendenwirbelsäulenfehlstatik und muskulären Dysbalancen, Funktions- und Belastungseinschränkungen des rechten Fußes bei Arthrose des Großzehengrundgelenkes mit Problemen vor allem beim Abrollvorgang diagnostiziert. Zusammenfassend führen die Sachverständigen aus, der Kläger erfahre eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit in erster Linie durch die Visusminderung beidseits. Er könne nur noch körperlich leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten unter Berücksichtigung der in den Gutachten genannten Einschränkungen sechs bis acht Stunden täglich übernehmen. Nach dem Befundbericht der H. Klinikum E. GmbH Klinik für Augenheilkunde – Dr. R. – vom 19. November 2010 liegt der Visus beider Augen bei 1,0. Als Diagnose wird ein klinisch signifikantes Makulaödem bei diabetischer Makulopathie genannt. Das Leistungsvermögen dürfte durch das Augenleiden nicht beeinflusst sein. Sollte das parazentrale Gesichtsfeld durch das Makulaödem eingeschränkt sein, könnten prinzipiell Schwierigkeiten bei Arbeiten mit hohem Anspruch an die Sehfunktion auftreten. Seitens der Augen seien Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.

Mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht, weil der Kläger unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Er habe auch keinen Anspruch auf die hilfsweise beantragte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), weil er noch als wissenschaftlicher Mitarbeiter und auch im Umschulungsberuf als Bankkaufmann tätig sein könne.

Mit der Berufung trägt der Kläger vor, wegen der bei ihm diagnostizierten Retinopathie könne er den angegebenen Verweisungsberuf nicht ausüben. Er könne wegen der Einschränkungen seines Sehvermögens nur zwei Stunden täglich am Computer arbeiten. Eine Besserung des Sehvermögens sei ausgeschlossen. Die Erkrankung sei progredient und werde eine weitere Verminderung seiner Sehfähigkeit verursachen. Das Gutachten des Dr. T. habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 6. Juni 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. April 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Gerichtsbescheids.

Der Senat hat u.a. diverse Befundberichte mit Anlagen beigezogen und vier Gutachten:

– Nach dem augenärztlichen Gutachten des Dr. T. vom 20. November 2012 bestehen an den Augen des Klägers Weitsichtigkeit, Alterssichtigkeit, Stabsichtigkeit, eine Linsentrübung, ein Makulaödem im Rahmen einer diabetes-bedingten Netzhautschädigung, ein Zustand nach parazentraler Laserkoagulation, ein erhöhter Augeninnendruck, Nachtblindheit, Grünblindheit, ein reduziertes räumliches Sehvermögen sowie am linken Auge ein Zustand nach dreimaliger intravitrealer Lucentis®- Gabe. Aus augenärztlicher Sicht sei er in der Lage mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung von Einschränkungen berufstätig zu sein.

– In seinem orthopädischen Gutachten vom 5. März 2013 hat Dr. T. auf orthopädischem Fachgebiet deutliche degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule mit Bandscheibenschäden bei C3/4 und C5/6 und Aufbraucherscheinungen der kleinen Wirbelgelenke in mehreren Etagen bei mäßigen funktionellen Störungen, leichte Aufbraucherscheinungen der kleinen Wirbelgelenke an der unteren Lendenwirbelsäule ohne besondere funktionelle Beeinträchtigung, Texturstörungen der Schulterweichteile und beginnende Aufbraucherscheinungen im linken Schultergelenk mit mäßiger Bewegungsstörung, deutliche umformende Veränderungen im Zehengrundgelenk rechts mit deutlicher Bewegungseinschränkung, fachgebietsfremd, Verkalkungen von Arterien (Arteriosklerose) mit Hinweisen auf eine verminderte Durchblutung der Füße im Rahmen eines Diabetes mellitus diagnostiziert. Der Kläger könne sechs bis acht Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung von Einschränkungen ausüben.

– Der Internist F. hat in seinem Gutachten vom 5. März 2013 einen Diabetes mellitus Typ IIb mit Insulinbehandlung, diabetische Folgeschäden an Nerven, Augen und Nieren, Bluthochdruck und Stoffwechselstörungen bei Übergewichtigkeit, Leberentzündung, periphere arterielle Verschlusskrankheit bei generalisierter Arteriosklerose, Beinkrampfadern mit leichtgradiger venöser Insuffizienz und Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet genannt. Der Kläger könne noch leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten regelmäßig sechs Stunden und mehr unter Beachtung von Einschränkungen ausüben.

– Prof. Dr. J. diagnostiziert in seinem neurologischen Gutachten vom 29. Oktober 2013 auf neurologischem Fachgebiet unspezifische degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule mit wechselnder Schmerzangabe, ein Karpaltunnelsyndrom rechts mehr als links sowie eine diskrete Polyneuropathie, vermutlich diabetischer Ätiologie. Der Kläger könne noch mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich ausführen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist unbegründet; er hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach den §§ 43, 240 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 (n.F.) scheidet aus, denn die Leistungsfähigkeit des Klägers ist nicht in dem für eine Rentengewährung erforderlichen Umfang herabgesunken. Damit ist er auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert i.S.v. § 43 SGB VI, denn dies setzt noch weitergehende Einschränkungen des Leistungsvermögens voraus als für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Voll erwerbsgemindert sind sie, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 241 SGB VI) erfüllen.

Nach § 240 Abs. 2 S. 1 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes unter den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Berufsunfähigkeit liegt danach nicht schon dann vor, wenn der Versicherte „seinen Beruf“ nicht mehr ausüben kann, sondern erst dann, wenn eine Verweisung auf eine zumutbare andere Tätigkeit nicht mehr möglich ist. Die Definition der Berufsunfähigkeit in § 240 Abs. 2 SGB VI entspricht der in § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung vor dem 1. Januar 2001 mit dem Unterschied, dass nunmehr auf ein Herabsinken auf weniger als sechs Stunden abgestellt wird.

Bei den Angestelltenberufen erfolgt eine Untergliederung in sechs Berufsgruppen: Angestelltenberufe von hoher Qualität, die regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht und in denen regelmäßig ein Arbeitsentgelt oberhalb, an oder in der Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielt wird (sechste Stufe); Angestelltenberufe, die zwar ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule voraussetzen, jedoch nur Kenntnisse und Fähigkeiten unterhalb der Führungsebene – d.h. unterhalb der obersten Stufe – erfordern (fünfte Stufe); Angestelltenberufe, die eine Meisterprüfung oder einen erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen – im Kern mit der Berufstätigkeit der höchsten Stufe der Arbeiterberufe übereinstimmen – (vierte Stufe); der Angestelltenberufe mit einer längeren Ausbildung als zwei Jahre (dritte Stufe); der angelernten Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (zweite Stufe) und der unausgebildeten (ungelernten) Angestellten. Der Kläger hat zuletzt auf Dauer die Tätigkeit als Dipl.-Ing. für Planung und Koordinierung bei der MTG ausgeübt und ist damit der fünften Stufe der Angestelltenberufe zuzuordnen. Der Senat lässt offen, ob er seinen bisherigen Beruf noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben vermag. Nach § 240 Abs. 2 Satz 3 SGB V ist er jedenfalls auf die Tätigkeit des Bankkaufmanns sozial zumutbar verweisbar, für die er im Jahr 1996 erfolgreich fortgebildet wurde (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 19. März 1970 – 5 RKn 71/67, nach juris).

Bankkaufleute beraten im kundennahen Bereich ihre Kunden in allen Fragen rund ums Geld. Sie eröffnen Bankkonten, informieren über Kontoführung und Online-Banking und wickeln Kundenaufträge im in- und ausländischen Zahlungsverkehr ab. Sie weisen Kunden auf die verschiedenen Möglichkeiten der Geld- und Kapitalanlage hin, z.B. auf Sparbriefe oder Aktien. Sie bearbeiten Privat- und Firmenkredite, wobei sie die Kreditwürdigkeit der Kunden beurteilen und überprüfen. Sie schließen Bausparverträge, Lebensversicherungen und andere Verträge ab und erledigen Aufträge zur Ein- oder Auszahlung von Bargeld. Im internen Bereich eines Kreditinstitutes planen und steuern Sie Arbeitsabläufe. Darüber hinaus führen sie Kontrollen im Rechnungswesen durch und überwachen die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und innerbetriebliche Richtlinien. Auch Tätigkeiten im Personalwesen können in ihren Aufgabenbereich fallen (vgl. www.http://berufenet.de Stichwort: Bankkaufmann). Die Arbeit wird in Büro- und Verkaufsräumen und mit Kundenkontakt (z.B. im Schalterdienst) geleistet.

Mit seinem Restleistungsvermögen ist der Kläger in der Lage, diese Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuführen. Gesundheitliche Gründe stehen der Ausübung der Tätigkeit nicht entgegen. Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf die Ausführungen in den Gutachten des Dr. T. vom 20. November 2012, des Dr. T. vom 5. März 2013, des Facharztes für Innere Medizin F. vom 5. März 2013 und des Prof. Dr. J. vom 29. Oktober 2013, denen er sich anschließt. Danach ist der Kläger in der Lage mindestens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auszuüben. Dies ist nachvollziehbar. Nach dem augenärztlichen Gutachten des Dr. T. beträgt die beidäugige Gesamtsehschärfe des rechten und linken Auges jeweils mit Korrektur in der Ferne 0,50, in der Nähe 0,65. Gesichtsfeldeinschränkungen bestehen nicht, ebenso kein manifestes oder latentes Schielen. Der Sehnerv ist nicht geschädigt. Das räumliche Sehvermögen ist reduziert; es besteht Nacht- und Grünblindheit. Aus den funktionellen Beeinträchtigungen des Sehvermögens ergeben sich Einschränkungen der beruflichen Einsetzbarkeit dahingehend, dass der Kläger nicht in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, die ein exaktes Detailerkennungsvermögen wie z.B. beim Aufbringen von Schalterelementen auf Platinen und Löten von Kontakten erfordern. Des Weiteren besteht keine Einsatzmöglichkeit für Tätigkeiten, die eine sichere Farbunterscheidung oder ein normales Dämmerungssehvermögen erfordern. Wegen des reduzierten räumlichen Sehvermögens und der damit verbundenen erhöhten Unfallgefahr kann der Kläger nicht auf Leitern oder Gerüsten oder in sonstigen Bereichen mit Absturzgefahr oder an schnell laufenden Maschinen mit freiliegenden beweglichen Teilen eingesetzt werden. Die Möglichkeit als Bankkaufmann, gegebenenfalls unter Anwendung eines größeren Bildschirms, tätig zu sein, hat Dr. T. ausdrücklich bejaht. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestehen aus augenärztlicher Sicht nicht. Soweit der Kläger vorträgt, er könne nur zwei Stunden täglich am Computer arbeiten, handelt es sich um subjektive Angaben, nicht um Tatsachen, die zur vollen Überzeugung des Senats feststehen. Grundsätzlich ist eine Tatsache bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B, nach juris). Der Vortrag des Klägers wird durch das Gutachten des Dr. K. vom 23. September 2009, den Befundbericht der behandelnden Augenärztin Dr. R. (H. Klinikum E. GmbH) vom 19. November 2010 und das Gutachten des Dr. T. 20. November 2012 nicht gestützt.

Nach dem Gutachten des Dr. T. kann der Kläger trotz der bei ihm bestehenden Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Die Untersuchung der Halswirbelsäule zeigte keine bandscheibenbedingte Erkrankung im engeren Sinne, woraus zu folgern ist, dass die berichteten Nackenschmerzen durch Aufbraucherscheinungen der kleinen Wirbelgelenke (Spondylarthrosen) verursacht werden. Hieraus resultiert eine Leistungsminderung dahingehend, dass keine Überkopfarbeiten und auch andere Tätigkeiten, die eine Zwangshaltung des Kopfes notwendig machen, möglich sind. Eine Bürotätigkeit mit Computertätigkeit ist möglich und zumutbar. An der Lendenwirbelsäule zeigten sich nur mäßige Verschleißerscheinungen der kleinen Wirbelgelenke in der untersten Etage. Soweit hieraus gelegentliche funktionelle Störungen mit Schmerzausstrahlungen resultieren, sind diese bei noch relativ leicht ausgeprägten Verschleißveränderungen einer Therapie gut zugänglich. Leistungseinschränkungen ergeben sich dahingehend, dass der Kläger nicht in länger anhaltenden Zwangshaltungen mit starker Vorneigung des Rumpfes arbeiten sollte und auch stundenlanges Stehen zu Beschwerden führen kann. Leichte Arbeiten im Sitzen oder auch in wechselnder Körperhaltung oder im Umhergehen sind möglich. Die Röntgenaufnahmen der linken Schulter zeigen leichte Aufbraucherscheinungen im Schulterhaupt- und Schultereckgelenk. Des Weiteren sprechen die vom Kläger angegebenen Schmerzen für Texturstörungen der Sehnenstrukturen und der Muskelhülle (Rotatorenmanschette) der Schulter. Ein ständiges Anheben von Gegenständen nach vorne und zur Seite ist deshalb ausgeschlossen ebenso wie das Arbeiten mit anhaltend nach vorne oder zur Seite gehobenem Arm oder schweren Arbeitsgeräten. Eine Störung des Gangbildes war trotz des Hallux rigidus an der rechten Großzehe nicht zu verzeichnen. Einschränkung der Wegefähigkeit bestehen daher nicht. Aus orthopädischer Sicht ist eine Tätigkeit als Bankkaufmann möglich. Nach dem Gutachten des Internisten F. ist der Diabetes mellitus aufgrund der Blutzucker-Selbstkontrolle und der guten Korrekturmöglichkeiten mit fast allen Berufstätigkeiten problemlos vereinbar. Eine höhergradige Leistungsminderung durch die Missempfindungen im Bereich von Händen und Füßen, bezüglich der eine medikamentöse Behandlung bisher nicht erfolgt ist, hat der Sachverständige ausgeschlossen. Die Herzleistungsfähigkeit ist nicht höhergradig eingeschränkt, so dass der Kläger leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten verrichten kann. Die erhöhten Leberwerte und die Arteriosklerose führen zurzeit nicht zu Leistungseinschränkungen. Das Krampfaderleiden der Beine ist nicht sehr stark ausgeprägt. Hieraus folgt, dass Tätigkeiten ausschließlich im Sitzen oder Tätigkeiten, mit längerem Stehen an einem Fleck ohne die Möglichkeit, einige Schritte umherzugehen, dem Kläger nicht zuzumuten sind. Zudem sind ihm keine Arbeiten mit Absturzgefahr, auf Leitern und Gerüsten, nicht in Schichten oder im Akkord mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen, mit besonderer nervlicher Belastung und besonderem Zeitdruck zuzumuten. Auch aus internistischer Sicht ist eine Tätigkeit als Bankkaufmann möglich. Auf neurologischem Fachgebiet fand Prof. Dr. J. weder klinische Auffälligkeiten noch elektrophysiologisch relevante Befunde. Dem Kläger sollte während der Arbeit die Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung in etwa fünfzehnminütigen Abständen gegeben werden. Zwangshaltungen sind zu vermeiden, ebenfalls Hebe- und Bückarbeiten. Bezüglich der geistigen Anforderungen, der Anforderungen an Umstellungs- oder Anpassungsfähigkeit, nervliche Belastung oder für Arbeiten unter Zeitdruck bestehen keine Einschränkungen. Die Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Bankkaufmann hat Prof. Dr. J. bejaht. Soweit er auf die Einräumung der Möglichkeit des Haltungswechsels hinweist, wäre diese bei einer Bürotätigkeit ebenfalls gewährleistet.

Ob dem Kläger eine entsprechende Tätigkeit als Bankkaufmann vermittelt werden kann, ist unwesentlich. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslosenversicherung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

 

 

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