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Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente

Bayerisches Landessozialgericht – Az.: L 19 R 113/17 – Urteil vom 14.12.2017

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.01.2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund seines Antrags vom 12.03.2014 hat.

Der 1963 geborene Kläger hat nach seinen eigenen Angaben von 1978 bis 1982 den Beruf eines Gas- und Wasserinstallateurs erlernt und war in diesem Beruf anschließend auch versicherungspflichtig beschäftigt. Nach einer unfallbedingten Teilversteifung des rechten Handgelenks im Jahr 1990 musste er die Tätigkeit als Gas- und Wasserinstallateur aufgeben und war ab diesem Zeitpunkt als Hausmeister in einer privaten Wohnanlage versicherungspflichtig beschäftigt. Nach seinen eigenen Angaben musste er im Rahmen dieser Beschäftigung alle anfallenden Tätigkeiten einschließlich Winterdienst und Gartenpflege verrichten.

Am 21.01.2013 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall, bei dem er sich eine komplizierte geschlossene dorso-radiale Ellenbogengelenksluxationsfraktur links (Radiuskopf mehrfragmentär Mason III, Proc Coronoideues Abriss Morrey II) sowie eine nichtdislozierte Mittelgesichtsfraktur links und eine dezent dislozierte Fraktur der lateralen Orbitawand links ohne Einschränkung der Augenmuskeln zuzog. Die Ellenbogenfraktur wurde mehrfach operativ versorgt. Der Kläger bezog von der Verwaltungsberufsgenossenschaft – VBG – A-Stadt in der Zeit vom 21.01.2013 bis 20.07.2014 Verletztengeld. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit – MdE – von 40 ist zuerkannt. Daneben erhält der Kläger aus einer privaten Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (G. -Versicherung) Leistungen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde durch den Arbeitgeber aus krankheitsbedingten Gründen zum 30.09.2014 gekündigt.

Am 12.03.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Erwerbsminderungsrente und gab hierzu an, sich seit dem 11.12.2013 für erwerbsgemindert zu halten. Aufgrund der Unfallfolgen sei eine Rückkehr in den Beruf nicht mehr möglich. Seit Jahren fände im Übrigen eine Behandlung durch den Hausarzt wegen Depressionen statt.

Die Beklagte holte ein chirurgisches Gutachten von Dr. G. ein, der am 31.07.2014 zu dem Ergebnis gelangte, dass die Tätigkeit als Hausmeister dauerhaft nur noch unter drei Stunden möglich sei. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe jedoch ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen von mindestens sechs Stunden täglich. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben. Sinnvoll seien Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach Abschluss des Rentenverfahrens.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 05.08.2014 eine Rentengewährung ab. Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 14.08.2014 Widerspruch ein und wies darauf hin, dass die Leistungseinschätzung von Dr. G. unzutreffend sei. Der Kläger leide unter einem chronischen Schmerzsyndrom. Im Übrigen sei er seit vielen Jahren wegen Depressionen in Behandlung und sei nur chirurgisch begutachtet worden. Die Beklagte holte daraufhin ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. M. ein, der am 28.10.2014 zu dem Ergebnis gelangte, dass aus neurologisch-psychiatrischer Sicht eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens nicht vorliege. Der Kläger könne unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich tätig sein. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.08.2014 mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2014 als unbegründet zurück.

Zur Begründung der hiergegen am 28.11.2014 zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hingewiesen, dass die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers nur unzureichend erfasst worden seien. Der Kläger leide infolge des Unfalls unter einem chronischen Schmerzsyndrom. Die Bewegungsfähigkeit des Ellenbogengelenkes sei massiv eingeschränkt. Ihm sei eine „MdE von 35“ vom zuständigen Träger der Unfallversicherung (VBG) zuerkannt worden. Der erlittene schwere Arbeitsunfall habe die vorbestehenden Depressionen massiv verstärkt. Der Kläger müsse erneut orthopädisch und neurologisch-psychiatrisch begutachtet werden.

Das SG hat Berichte des Universitätsklinikums A-Stadt (plastische Chirurgie, Handchirurgie, Neurologische Klinik, Unfallchirurgie sowie der Schmerzklinik) beigezogen. Ferner hat es Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. U. und Dr. S. eingeholt. Des Weiteren hat das SG Akten der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit A-Stadt, der VBG A-Stadt sowie des Zentrum Bayern Familie und Soziales – ZBFS -, Versorgungsamt Unterfranken, eingesehen. Ferner wurde vom Prozessbevollmächtigten des Klägers ein Bericht der Psychiaterin Dr. R. über eine am 14.04.2015 erfolgte Erstvorstellung des Klägers vorgelegt.

Das SG hat sodann ein chirurgisches Gutachten von Dr. H. eingeholt, der am 16.06.2015 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

1. Minderbelastbarkeit und Funktionseinschränkung linker Ellenbogen, linkes Handgelenk und linke Hand, Nervenschmerzen linker Unterarm.

2. Minderbelastbarkeit und Funktionseinschränkung rechtes Handgelenk.

3. Minderbelastbarkeit beider Hüftgelenke bei mäßig fortgeschrittenem Verschleiß.

4. HWS-Syndrom mit mäßiger Funktionseinschränkung bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen.

5. Minderbelastbarkeit des rechten Kniegelenkes ohne wesentliche Funktionseinschränkung.

6. Depressive Verstimmung, Persönlichkeitsakzentuierung und Selbstunsicherheit, Anpassungsstörung (übernommene Diagnosen), medikamentös kompensiert.

7. Übergewicht.

Unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen sei zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine mindestens sechsstündige Tätigkeit zumutbar. Möglich seien leichte und zwischenzeitlich mittelschwere Tätigkeiten am besten im Wechselrhythmus Sitzen, Stehen, Gehen, im Freien sowie in geschlossenen Räumen. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung wie Akkordtätigkeit, Schichttätigkeit, Arbeit an laufenden Maschinen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten mit der Notwendigkeit sich festzuhalten, Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Klettern und Steigen, häufigem Heben und Tragen schwerer Lasten über 7,5 kg, häufigen Überkopfarbeiten, monotoner Dauerbeanspruchung des linken Armes sowie des rechten Handgelenks. Gegenüber den Untersuchungsergebnissen in den Rentengutachten von Dr. G. vom 31.07.2014 und von Dr. M. vom 28.10.2014 sowie der Begutachtung durch die Agentur für Arbeit 2014 sei eine wesentliche Änderung nicht eingetreten. Gegenüber der von der VBG durchgeführten EFL (= Evaluation der Funktionellen Leistungsfähigkeit, Testverfahren, bei dem unter anderem spezifische Körperhaltungen, Bewegungen und Kraftaufwendungen getestet würden) von August 2014 (in der Klinik B. K-Stadt, Eingliederungsperspektive für eine körperlich leichte Tätigkeit, ständig im Sitzen, überwiegend im Gehen/Stehen, auf mittlerem kognitiven Niveau, in allen Schichtdienstformen, nur noch zeitweise leichtes Heben vom Boden, nur zeitweise leichtes Heben auf Körperhöhe, unterdurchschnittliche Anforderungen an Kraft und Feinmotorik der linken Hand, nur gelegentliches Kriechen. Unter diesen Bedingungen sei eine täglich 6stündige Tätigkeit möglich) habe sich keine Änderung ergeben. Die geminderte Erwerbsfähigkeit bestehe seit Antrag und auf Dauer. Die ambulante Behandlung stehe im Vordergrund und sei ausreichend. Dringend anzustreben sei eine Wiedereingliederung des Klägers in eine leidensgerechte Tätigkeit. Eine weitere Begutachtung sei nicht erforderlich, der nervenärztliche Befund sei ausreichend mitberücksichtigt.

Zum Gutachten Dr. H. hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 04.08.2015 Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass Dr. H. als Facharzt für Chirurgie nicht in der Lage sei, die Einschränkungen des Klägers auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zu beurteilen. Der Kläger werde seit Oktober 2013 ambulant psychotherapeutisch behandelt (vgl. Arztbrief des Dr. med. S. vom 22.04.2015). Das SG hat daraufhin einen Befundbericht der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. eingeholt, die am 21.09.2015 angegeben hat, dass sich der Kläger bei ihr seit 14.04.2015 regelmäßig in Behandlung befinde und an Diagnosen eine emotional instabile Persönlichkeit mit rezidivierenden depressiven Episoden, ein Zustand nach Arbeitsunfall Februar 2013 und ein chronisches Schmerzsyndrom vorlägen. Nach Angabe des Klägers habe sich die depressive Grundstörung, die schon vor dem letzten Unfallereignis bestanden habe, deutlich verschlechtert. Gleiches gelte wohl für das chronische Schmerzsyndrom und die seit dem Unfall bestehenden körperlichen Beeinträchtigungen.

Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 16.10.2015 darauf hingewiesen hat, dass vom HNO-Arzt Dr. R. ein ausgeprägtes obstruktives Schlafapnoesyndrom festgestellt worden sei, hat das SG von Dr. R. einen entsprechenden Befundbericht vom 09.11.2015 (mit weiteren Befunden) beigezogen.

Das SG hat sodann ein nervenärztliches Gutachten von Dr. K. eingeholt, der am 19.04.2016 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

1. Auf neurologischem Fachgebiet:

a) Sensible Schädigung des Ulnarisnervs links ohne motorische Ausfälle mit leichter Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand.

b) Halswirbelsäulensyndrom mit durch die Halswirbelsäule bedingten Kopfschmerzen.

c) Ohrensausen mit Hörminderung beidseits.

d) Kompensiertes Schlafapnoe-Syndrom.

e) Sozialmedizinisch nicht relevante Sensibilitätsstörungen in den Endästen des 1. und 2. Trigenimusastes links.

2. Auf psychiatrischem Fachgebiet:

Rezidivierende depressive Störung, jetzt abgeklungen, auf dem Boden einer akzentuierten Persönlichkeitsstruktur ohne Zeichen einer Persönlichkeitsstörung.

Trotz der vorhandenen Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten. Diese wären durchführbar im Sitzen, im Stehen, im Gehen sowie in wechselnder Stellung, primär in geschlossenen Räumen. Tätigkeiten mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems, häufiges Bücken, Klettern und Steigen, häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten über 7,5 kg sowie Überkopfarbeiten und monotone Dauerbeanspruchungen des linken Armes und der linken Hand sowie des rechten Handgelenks seien zu vermeiden. Es werde darauf hingewiesen, dass die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand leicht eingeschränkt sei. Aufgrund der neurologischen Defizite sei eine Beschäftigung mit Klein- und Kleinstteilen nicht zumutbar. Die Halte- und Zielmotorik sowie die Grobmotorik der linken Hand seien allerdings nicht beeinträchtigt. Eine Tätigkeit, die monotones Abstützen beider Ellenbogengelenke erfordere, sei nicht zumutbar. Die Tätigkeiten sollten primär in geschlossenen temperierten Räumen durchgeführt werden mit Schutz vor Kälte, Nässe, Hitze, Zugluft und starken Temperaturschwankungen. Gelegentliche Tätigkeiten im Freien seien aber ohne weiteres möglich. Aufgrund der Ulnarisläsion links sollte man Hautreizstoffe meiden, aufgrund der neurologischen Störungen sei die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand doch leicht eingeschränkt. Außergewöhnliche Pausen oder eine außergewöhnliche Arbeitszeitgestaltung seien nicht erforderlich. Gegenüber dem Gutachten von Dr. M. sei keine Verschlechterung eingetreten. Eine Verschlechterung gegenüber dem unfallchirurgischen Gutachten von Dr. G. vom 31.07.2014 sehe er nicht, soweit er dies als fachfremder Nervenarzt beurteilen könne. Die Leistungseinschränkungen des Klägers seien seit der Rentenantragstellung, d.h. 12.03.2014, gegeben. Es sei unwahrscheinlich, dass sich die Funktionspathologie aufgrund der neurologischen Defizite wesentlich bessere. Ambulante Therapiemaßnahmen seien ausreichend. Die Notwendigkeit einer Behandlung in Kur- oder Badeorten werde nicht gesehen. Die Einholung eines weiteren Gutachtens sei nicht erforderlich.

Mit Schriftsatz vom 18.05.2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers zum Gutachten von Dr. K. Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass entgegen der Annahme des Dr. K. das chronische Schmerzsyndrom nicht durch psychische Komponenten beim Kläger verursacht werde. Nicht hinzunehmen vermöge der Kläger die Aussage des Sachverständigen, dass eine Tendenz zur negativen Antwortverzerrung zu diskutieren sei. Der Kläger sei kein Simulant. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei nicht leicht eingeschränkt. Es handele sich nicht nur um eine Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand, vielmehr habe der Kläger starke Einschränkungen im Ellenbogengelenk, die von der gesetzlichen Unfallversicherung mit einer MdE von 40 vH allein für den linken Arm bewertet worden sei. In der Anamnese diagnostiziere Dr. K. eine hochgradig eingeschränkte Beweglichkeit im Ellenbogengelenk links, in der sozialmedizinischen Wertung finde sich das Ausmaß dieser Behinderung nicht wieder. Die Agentur für Arbeit A-Stadt habe dem Kläger bisher auch keine neue Beschäftigung anbieten können. Mitarbeiter der Arbeitsagentur hielten mindestens das Vorliegen von Teilerwerbsminderung für gegeben. Die Behinderungen des Klägers seien von der Versorgungsverwaltung nunmehr mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Es werde beantragt, die Gerichtsakte im Schwerbehindertenverfahren S 16 SB 564/15 beizuziehen.

Das SG hat sodann auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz – SGG – ein chirurgisches Fachgutachten von Dr. S. eingeholt, der am 23.11.2016 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

1. Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung des linken Ellbogens.

2. Belastungseinschränkung und Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk.

3. Dysästhesien und Sensibilitätsminderung im Ulnarisausbreitungsgebiet linker Unterarm und Hand.

4. Minderbelastbarkeit und zunehmende Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks mit fortschreitender Arthrose.

5. Minderbelastung beider Hüftgelenke bei beginnenden arthrotischen Veränderungen.

6. Deutliche arthrotische Veränderungen der Halswirbelsäule mit mäßiger Bewegungseinschränkung und Kloßgefühl.

7. Beginnende arthrotische Veränderungen des rechten Kniegelenkes.

8. Die neurologisch psychiatrischen Veränderungen seien in das chirurgische Gutachten nicht mit eingegangen, da das letztvorliegende Gutachten vom 19.04.2016 vom Institut für neurologisch-psychiatrische Begutachtung Bamberg als fehlerhaft angesehen werde. Hier wäre ggf. eine nochmalige gesonderte Untersuchung auf dem speziellen Fachgebiet erforderlich, falls von gerichtlicher Seite als notwendig angesehen.

Unter Berücksichtigung der rein körperlichen Gesundheitsstörungen sei zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch eine mindestens sechsstündige Tätigkeit möglich. Eine Tätigkeit als Hausmeister sei nicht mehr möglich. Es müsse sich um leichte bis maximal mittelschwere Belastungen handeln. Die Tätigkeit sollte hauptsächlich im Sitzen stattfinden mit gelegentlichen Gangtätigkeiten, hauptsächlich in geschlossenen Räumen. Bei Beeinträchtigung beider oberen Extremitäten sollte auf eine vermehrte Kraftaufwendung auf beide Hände verzichtet werden, ebenso auf Überkopfarbeiten und Arbeiten in Zwangshaltungen. Vermieden werden müssten Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen auf Leitern, Gerüsten mit Absturzgefahr sowie Tätigkeiten mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems, unter ungünstigen äußeren Bedingungen. Der eingeschränkten Gebrauchsfähigkeit beider Hände sollte genüge getan werden. Gegebenenfalls sollten außergewöhnliche Pausen ermöglicht werden. Gegenüber den Untersuchungsergebnissen des Rentengutachtens von Dr. G. vom 31.07.2014 sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Die geminderte Erwerbsfähigkeit bestehe seit Antrag auf Dauer. Eine beschwerdeadaptierte betreuende Therapie sollte beibehalten werden. Die Ausführungen von Dr. H. seien umfassend und korrekt wiedergegeben. Konkretisierend werde eine tägliche Arbeitsbelastung von sechs Stunden maximal eingeschätzt, wobei die Einlassungen von Dr. K. sich dem Fachgebiet des Sachverständigen entzögen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 29.11.2016 hat der Prozessbevollmächtigte im Hinblick auf das Gutachten von Dr. S. darauf hingewiesen, dass aufgrund des Erfordernisses außergewöhnlicher Pausen von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auszugehen sei. Das Gutachten von Dr. K. sei nicht zu akzeptieren. Es werde beantragt, den Kläger von Amts wegen erneut auf psychiatrischem Fachgebiet begutachten zu lassen.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage durch Gerichtsbescheid vom 20.01.2017 als unbegründet abgewiesen. Der Kläger könne trotz der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörung noch mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein. Dies ergebe sich aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. H. und Dr. K.. Die Kammer habe keine Veranlassung, an der Sachkunde der beiden Gutachter oder an der Richtigkeit ihrer Feststellungen zu zweifeln. Insbesondere sei das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. S. nicht geeignet, die Verwertbarkeit der beiden genannten Gutachten in Frage zu stellen. Soweit Dr. S. in einem Nebensatz ausführe, dass das Gutachten von Dr. K. vom 19.04.2016 als fehlerhaft angesehen werde, sei darauf hinzuweisen, dass Dr. S. keinerlei Begründung für diese Einschätzung gebe. Vielmehr gebe er an zwei anderen Stellen seines Gutachtens (Seite 11 und 13) zu verstehen, dass er psychiatrisch-psychotherapeutische Fragestellungen nicht bewerten könne, weil sich diese Fragestellungen auf ein für ihn fremdes medizinisches Fachgebiet bezögen. Dr. S. sei auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet im Übrigen auch zu der Erkenntnis gelangt, dass der Kläger mindestens sechs Stunden täglich tätig sein könne. Die auf Seite 13 des Gutachtens enthaltene konkretisierende Einschätzung einer täglichen Arbeitsbelastung „von sechs Stunden maximal“ sei von ihm nicht hinreichend schlüssig begründet worden, zumal Dr. S. die Ausführungen von Dr. H. als „umfassend und korrekt wiedergegeben“ gewürdigt habe.

Zur Begründung der hiergegen am 20.02.2017 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, dass das SG auf seine Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. K. und der zutreffenden Ausführungen von Dr. S. nicht eingegangen sei. Das SG sei auch nicht auf das Erfordernis außergewöhnlicher Pausen eingegangen und habe sich im Gerichtsbescheid auch zu den Bedenken des Klägers bezüglich des Gutachtens von Dr. K. nicht geäußert. Sogar die Beklagte habe die Notwendigkeit zur Durchführung weiterer Ermittlungen in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt (Schriftsatz vom 07.12.2016). Die Berufung sei im Hinblick auf das Erfordernis außergewöhnlicher Pausen gegründet. Rein hilfsweise werde weiterhin beantragt, den Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet erneut von Amts wegen begutachten zu lassen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.01.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf seinen Antrag vom 12.03.2014 hin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise den Kläger auf handchirurgischem und neurologischem Fachgebiet von Amts wegen untersuchen zu lassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.01.2017 zurückzuweisen.

Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG).

Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 20.01.2017 einen Rentenanspruch des Klägers abgelehnt. Der Nachweis für ein dauerhaft auf unter sechs Stunden täglich abgesunkenes Leistungsvermögen des Klägers ist nicht geführt worden.

Gemäß § 43 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden sind dauerhaft mittelschwere oder schwere Tätigkeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen, Arbeiten mit erhöhter Unfallgefahr, Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten unter ungünstigen Witterungseinflüssen. Zu vermeiden sind auch nervlich besonders belastende Tätigkeiten.

Der Senat stützt seine Überzeugung auf die im Verfahren eingeholten Gutachten von Dr. G. und Dr. M. im Verwaltungsverfahren sowie von Dr. H., Dr. K. und Dr. S. im sozialgerichtlichen Verfahren. Alle Gutachten, einschließlich des auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. S., kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Kläger noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Gesundheitliche Einschränkungen, die sich entscheidend auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers auswirken, bestehen unzweifelhaft auf orthopädischem und auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Zum einen liegt eine Vorschädigung des rechten Handgelenkes vor, das nach einem (wohl privaten) Unfall im Jahr 1985 behandelt werden musste und schließlich im Jahr 1990 wohl mit einer Teilversteifung operativ versorgt werden musste. Aufgrund dieser Teilversteifung des rechten Handgelenkes liegen hier Bewegungseinschränkungen vor, die allerdings keine wesentliche Funktionseinschränkung der rechten Hand oder des rechten Armes nach sich ziehen, sondern lediglich zu qualitativen Einschränkungen hinsichtlich der Schwere der zu verrichtenden Tätigkeiten sowie im Hinblick auf die Vermeidung einer monotonen Dauerbelastung der rechten Hand führen.

Nach den Angaben des Klägers hat er infolge dieser Teilversteifung seine vorherige Tätigkeit als Gas- und Wasserinstallateur aufgeben müssen und war ab 1990 durchgehend bis September 2014 als Hausmeister in einer privaten Wohnanlage tätig. Hier ist der Kläger im Jahr 2013 dann verunfallt. Über den Unfallhergang gibt es unterschiedliche Angaben des Klägers, beginnend von einem Sturz auf einer verschneiten Kellertreppe, weil er im Keller den Schlüssel für die Wohnanlage deponiert gehabt habe, wobei er einen Sturz von zwei bis drei Meter zurückgelegt hätte, bis hin zu einem Sturz von einer vereisten Feuerleiter in einen Lichtschacht mit einer Sturztiefe von vier Metern. Unstreitig sind aber die erlittenen Verletzungen infolge dieses Unfalls, nämlich eine Luxationsfraktur des linken Ellenbogens sowie konservativ zu behandelnde Mittelgesichtsfrakturen. Die Behandlung des Ellenbogengelenkes links war kompliziert und hat offenbar nicht zu einem befriedigenden Ergebnis geführt. Gleichwohl beschreiben die orthopädischen Gutachter durchgehend lediglich qualitative Leistungseinschränkungen im Hinblick auf die Dauerbelastbarkeit des linken Armes und des rechten Handgelenkes. Diese Einschränkungen finden sich sowohl im chirurgischen Gutachten von Dr. G. vom 31.07.2014, als auch im Gutachten von Dr. H. vom 16.06.2015 und werden nochmals bestätigt durch das Gutachten nach § 109 SGG von Dr. S., der die Feststellungen von Dr. H. vom 16.06.2015 als umfassend und zutreffend beschreibt.

Dr. H. beschreibt dabei im Hinblick auf die Einsatzfähigkeit des rechten und linken Armes bzw. der Hände, dass das rechte Ellenbogengelenk frei beweglich ist. Das linke ist hingegen beim Unterarmdrehen, beim Strecken und Beugen deutlich eingeschränkt. Beim Einbeugen von 95° kann die Hand nur noch bedingt zum Mund geführt werden. Auch das Unterarmdrehen ist insbesondere auswärts eingeschränkt. Im Bereich des linken Ellenbogens sowie am linken Unterarm findet man reizlose Narben nach mehrfachen Revisionen einer komplexen Unterarmfraktur, Verplattung der Elle nach Verkürzungsoperation und zweimaligem Einbringen einer Radiusköpfchenprothese. An den Handgelenken ist das rechte nach einer Teilversteifung deutlicher eingeschränkt als das linke, die Kraft wird dabei aber rechts deutlich kräftiger als links gezeigt. Röntgenologisch findet man nach Teilversteifung im Handwurzelbereich einen fortgeschrittenen Verschleiß im radialen Radiokarpalgelenk, die entsprechende Belastbarkeit auch rechts zeigt sich in einem regelhaften Kalksalzgehalt. Dr. H. leitet daraus lediglich qualitative Leistungseinschränkungen ab, nämlich eine Minderbelastbarkeit und Funktionseinschränkungen des linken Ellenbogens, des linken Handgelenkes und der linken Hand, Nervenschmerzen linker Unterarm, desgleichen eine Minderbelastbarkeit und Funktionseinschränkungen des rechten Handgelenks. Qualitative Leistungseinschränkungen, die sich aus dieser Umschreibung des somatischen Zustandes ergeben, sind im Hinblick auf die Schwere der Tätigkeit, häufige Überkopfarbeiten und eine monotonen Dauerbeanspruchung des linken Armes sowie des rechten Handgelenkes beschrieben. Dies bedeutet, dass der Kläger letztlich nicht mit einer monotonen Dauerbelastung des linken Armes und des rechten Handgelenkes eingesetzt werden darf, durchaus aber beide Arme bzw. Hände einsatzfähig sind und der Kläger weder einem Einhänder noch einem Ohnhänder gleichgestellt werden müsste.

Eine vergleichbare Einschätzung trifft Dr. S. in seinem Gutachten vom 23.11.2016, der eine Minderbelastbarkeit des linken Armes und der rechten Hand sieht, trotzdem aber noch eine mindestens sechsstündige Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für möglich erachtet. Einschränkungen finden sich auch hier hinsichtlich der Schwere der Tätigkeit, wobei er sogar mittelschwere Belastungen für zumutbar erachtet. Bezüglich der oberen Extremitäten hält er eine Vermeidung von vermehrter Kraftaufwendung sowie Überkopfarbeiten und Zwangshaltungen für notwendig.

Soweit Dr. S. in seinem Gutachten unter Ziffer 4 bzw. unter Ziffer 7 ausführt, dass eine tägliche Arbeitsbelastung von maximal sechs Stunden möglich sei, hat das SG bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass eine derartige Leistungseinschränkung, d.h. also eine quantitative Leistungsminderung auf exakt 6 Stunden täglich von ihm erstens nicht begründet wurde und er zweitens auf die umfassenden und korrekten Ausführungen von Dr. H. Bezug genommen hat. Dr. H. hat aber gerade keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden oder auf exakt sechs Stunden postuliert.

Weitere wesentliche Einschränkungen im Gesundheitszustand des Klägers ergeben sich auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Aus den vorliegenden Berichten des Universitätsklinikums A-Stadt geht hervor, dass eine Nervenschädigung des linken Armes durch den Unfall, den der Kläger im Januar 2013 erlitten hat, wohl nicht bzw. nicht in erheblichem Umfang vorliegt, sondern, dass insoweit eine psychische Überlagerung stattgefunden hat.

Dr. M. war in seinem Gutachten vom 28.10.2014 zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger keine nennenswerte psychische Erkrankung vorliege, sondern lediglich eine Persönlichkeitsakzentuierung mit Selbstunsicherheit, derzeit ausreichend kompensiert, eine Anpassungsstörung, derzeit ausreichend kompensiert, ein Verdacht auf Ulnarissyndrom links (sowie die Diagnosen auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet). Bei der neurologischen Untersuchung hat der Kläger ein Taubheitsgefühl an der Außenseite des linken Unterarmes im Sinne eines Ulnarissyndroms angegeben. Im psychischen Befund war die Stimmung ausgeglichen, nicht ängstlich, eine erhöhte Unsicherheit hat sich nicht gefunden. Antrieb, Konzentration, Mnestik und formales Denken waren regelrecht. Dies korrespondiert mit den Feststellungen, die Dr. M. in der Krankheitsvorgeschichte des Klägers erhoben hat. Dort hat der Kläger geschildert, dass er seit ca. 2005 unter einer durchgängigen Depression leide, ursächlich sei ein Mobbing am Arbeitsplatz seit ca. 1999 durch die Eigentümer der Wohnanlage. Ihm seien Gehaltserhöhungen nicht gegönnt worden, auch sei er beschuldigt worden, dass er faul sei etc. Aktuell sei durch die Distanzierung von der Arbeit eine deutliche Besserung eingetreten. Im Rahmen einer ambulanten Gesprächstherapie ab 2005 (beim Hausarzt) habe sich ebenfalls von 2008 bis 2011 eine Besserung gezeigt. Aktuell führe er monatlich Gespräche. Von 2005 bis 2009 sei eine medikamentöse psychiatrische Behandlung erfolgt, dies ebenfalls mit positivem Effekt. Eine stationäre psychiatrische Behandlung habe bislang nicht stattgefunden. Begünstigend sei 2005 die Trennung von zwei Freundinnen gewesen, die ihn betrogen hätten. Es gebe aktuell keine Belastungsfaktoren. Seit September 2014 erfolge ambulante Schmerztherapie einmal die Woche. Er wohne im eigenen Haus mit seiner Freundin, einer Fremdsprachenkorrespondentin. Er stehe gegen 7.30 Uhr auf, helfe in Haus und Garten, gehe spazieren, fahre PKW, sehe fern, surfe im Internet, lese Bücher, meditiere, sei in einer Reki-Gruppe (gemeint Reiki-Gruppe) zweimal im Monat, treffe auch Freunde. Wesentliche gesundheitliche Einschränkungen auf psychiatrischem Fachgebiet hatte der Kläger damals selbst nicht geltend gemacht. Gegen das Vorliegen wesentlicher Einschränkungen spricht im Übrigen auch die stattgehabte Therapie mit lediglich stützenden Gesprächen bei besonderen Belastungssituationen.

Im neurologisch-psychiatrischen Gutachten von Dr. K. vom 19.04.2016 hat der Kläger angegeben, bereits seit Mitte der 90er Jahre wiederkehrend psychische Probleme gehabt zu haben. Dr. K. ist aufgrund einer umfangreichen Diagnostik auf neurologischem Fachgebiet zu dem Ergebnis gelangt, dass eine sensible Ulnarisschädigung links als Folge des Unfalls vom 21.01.2013 nachgewiesen ist in Form einer asymptomatischen Leitungsverzögerung des Nervus ulnaris rechts im Sulcusareal. Darüber hinaus liegt auch eine leichte Irritation von Endästen des Nervus supra- und infraorbitalis links vor. Motorische Ausfälle werden nicht beschrieben, weder rechts noch links. Ein Begleitschmerz im Rahmen der Ulnarisläsion ist gegeben, aber ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom nicht. Eine neuropathische Schmerzkomponente ist feststellbar, es ergibt sich aber kein Hinweis auf ein chronisch-regionäres Schmerzsyndrom.

Auf psychiatrischem Fachgebiet kommt der Sachverständige Dr. K. zu der Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig remittiert, auf dem Boden einer akzentuierten Persönlichkeitsstruktur. Eine überdauernde depressive Symptomatik konnte er nicht feststellen, sondern nur eine rezidivierende depressive Störung bei entsprechenden Einflüssen. Im Rahmen der umfassenden Persönlichkeitsdiagnostik haben sich Hinweise auf eine selbstunsichere, negativistische, misstrauische und auch emotional instabile Persönlichkeit ergeben. Eine spezifische Persönlichkeitsstörung ist jedoch auszuschließen. Nach dem Unfall hat sich beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom entwickelt, was auch durch die Aufnahme der Behandlung ab Mai 2014 in der Schmerzambulanz in A-Stadt dokumentiert ist. Gleichwohl liegt eine somatoforme Schmerzstörung nicht vor. Auffällig sei – so Dr. K. – die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdbeurteilung des depressiven Bildes. Der Kläger erlebe sich selbst als mittelgradig depressiv, während in der Fremdbeurteilung keine depressive Symptomatik nachweisbar sei. Der Beschwerdevalidierungstest sei grenzwertig.

Festzuhalten ist, dass Dr. K. eine schwerwiegende Einschränkung der Aktivität und Partizipationsfähigkeit des Klägers durch die neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen nicht sehen konnte. Ein schwerwiegender Leidensdruck war nicht fassbar und auch der psychologische Querschnittsbefund zeigte keine tiefgreifenden Störmuster. Insgesamt betrachtet konnte der Sachverständige keine globale Fähigkeitsstörung infolge der seelischen Erkrankung des Klägers feststellen. Dr. K. hat damit nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Klägers simuliert oder aggraviert, sondern lediglich festgestellt, dass aufgrund der spezifischen Persönlichkeit des Klägers mit der Neigung zur narzisstischen und misstrauischen, negativistischen Einstellung und seiner Lebensvorgeschichte dieser wohl seine persönliche Situation schlechter wahrnimmt als dies letztlich objektiviert werden kann. Dies korrespondiert letztlich aber auch damit, dass eine leitrichtliniengerechte multimodale Schmerztherapie nicht durchgeführt wird und auch eine Behandlung bei der Nervenärztin Dr. R. erst im April 2015 aufgenommen wurde, die aber auch von weiteren Behandlungsmöglichkeiten und der Möglichkeit einer positiven Beeinflussung der psychischen Erkrankung ausgegangen ist. Weitere Behandlungsmaßnahmen hat der Kläger bislang nicht durchgeführt.

Die Sachverständigen Dr. H., Dr. K. und Dr. S. haben in ihren Gutachten durchaus auch die mögliche gegenseitige Überlagerung der Beschwerden auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet gesehen und diskutiert und sind trotzdem zu einem mehr als 6stündigen Leistungsvermögen des Klägers gelangt. Dem Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kann durch Beachtung qualitativer Einschränkungen Rechnung getragen werden, insbesondere hinsichtlich der Schwere der Arbeiten und hinsichtlich monotoner Dauerbelastung beider Arme und Hände.

Weitere Erkrankungen, die sich gegebenenfalls negativ auf das Leistungsvermögen des Klägers auswirken könnten und die bislang nicht gesehen worden sein könnten, wurden nicht vorgetragen.

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hinweist, dass Dr. S. das Erfordernis außergewöhnlicher Pausen gesehen habe und der Arbeitsmarkt für den Kläger deshalb verschlossen sei, ist dies so nicht zutreffend. Dr. S. hat in seinem Gutachten nur darauf hingewiesen, dass der eingeschränkten Gebrauchsfähigkeit beider Hände genüge getan werden müsse und nur in diesem Zusammenhang hat er davon gesprochen, dass gegebenenfalls außergewöhnliche Pausen ermöglicht werden sollten. Er hat aber nicht näher begründet, unter welchen Voraussetzungen „gegebenenfalls“ diese Pausen erforderlich sein könnten, wenn gleichzeitig die qualitativen Einschränkungen hinsichtlich der Gebrauchsfähigkeit beider Hände beachtet würden.

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers hilfsweise beantragt hat, weitere Sachverständigengutachten auf neurologischem und handchirurgischem Gebiet von Amts wegen einzuholen, sieht der Senat keine Veranlassung diesem Antrag nachzukommen. Zum einen handelt es sich bereits nicht um einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag. Hierfür hätte eine Darlegung der Fakten und gesundheitlichen Einschränkungen erfolgen müssen, die die Notwendigkeit der Einholung weiterer Gutachten von Amts wegen belegen würden (BSG, Beschluss vom 06.09.2017 – B 5 R 51/17 B m.w.N.). Diese Notwendigkeit wurde weder dargelegt noch sieht der Senat eine solche. Der Kläger ist durch Dr. K. bereits neurologisch begutachtet worden, neue Leiden wurden nicht vorgetragen. Auch die Notwendigkeit der Einholung eines handchirurgischen Gutachtens kann nicht gesehen werden. Der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Dr. S. ist Handchirurg und hat somit mit der erforderlichen Sachkunde sein Gutachten erstellt. Allein der Umstand, dass der Kläger die Leistungseinschätzung der Sachverständigen nicht in seinem Sinne sieht, verpflichtet den Senat nicht zur Durchführung weiterer Ermittlungen von Amts wegen.

Nach alledem ist die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 20.01.2017 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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