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Voraussetzungen für Kinderzuschlagsanspruch

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: L 7 BK 1/17 – Urteil vom 23.08.2018

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.11.2016 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 verurteilt, dem Kläger Kinderzuschlag von September 2013 bis Juli 2014 iHv 140 EUR monatlich zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren gegen ein Urteil des Sozialgerichts, mit dem seine Klage auf Bewilligung von Kinderzuschlag nach § 6a BKGG für die Zeit von September 2013 bis Juli 2014 abgewiesen worden ist.

Der am 00.00.1947 geborene Kläger bezieht seit 2012 Regelaltersrente. Ab dem 01.07.2013 betrug die monatliche Rentenzahlung 849,81 EUR. Hierin enthalten war ein Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung iHv 57,82 EUR. Der Kläger ist Vater von einem Sohn (geb. 00.00.1989) und einer Tochter (geb. 00.00.1996). Im streitigen Zeitraum erhielt der Kläger Wohngeld iHv 207 EUR monatlich (Bescheide der Stadt L vom 01.08.2013 und vom 02.05.2014) sowie Kindergeld für beide Kinder iHv jeweils 184 EUR monatlich. Der Kläger verfügte damit über ein Gesamteinkommen iHv 1.424,81 EUR. Über berücksichtigungsfähiges Vermögen verfügte der Kläger nicht.

Im streitigen Zeitraum wohnte der Kläger mit seiner Tochter in einer Wohnung, für die 655,29 EUR monatlich zu zahlen waren (Grundmiete iHv 515,29 EUR, Garagenkosten iHv 40 EUR; Heizkosten iHv 50 EUR, Nebenkosten iHv 50 EUR). Für seine freiwillige Krankenversicherung bei der DAK fielen Beiträge iHv monatlich 160,84 EUR an. Die Tochter besuchte im streitigen Zeitraum die Schule.

Voraussetzungen für Kinderzuschlagsanspruch
(Symbolfoto: William Potter/Shutterstock.com)

Am 18.09.2013 beantragte der Kläger Kinderzuschlag nach § 6a BKGG für seine Tochter. Mit Bescheid vom 11.10.2013 lehnte die Beklagte den Antrag gestützt auf § 6a Abs. 1 Nr. 4 SGB II ab. Da der Kläger Altersrentner sei, gehöre er nicht zur Bedarfsgemeinschaft. Sein eigener Bedarf übersteige sein anzurechnendes Einkommen, so dass kein Resteinkommen verbleibe, das zur Bedarfsdeckung der Tochter herangezogen werden könne. Die Tochter habe nach Abzug des Kindergeldes einen Restbedarf iHv 412,65 EUR. Dieser könne durch den Gesamtkinderzuschlag iHv 140 EUR zuzüglich des Wohngeldes (207 EUR) nicht gedeckt werden. Auch bei Bewilligung des Kinderzuschlags verbleibe daher bei der Tochter Hilfebedürftigkeit iSd SGB II.

Im Widerspruchsverfahren bemängelte der Kläger, die Berechnung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Mit einem Gesamteinkommen iHv 1.424,81 EUR werde der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft gedeckt. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In einem beigefügten Berechnungsbogen erläuterte sie, dass auch bei Anrechnung des Wohngeldes auf den Bedarf der Tochter bei dieser ein SGB II-Restbedarf iHv monatlich 65,65 EUR verbleibe. Auch wenn der Kläger hinsichtlich seines eigenen Bedarfs auf den Mehrbedarf für Alleinerziehung verzichte, verbleibe bei der Tochter Hilfebedürftigkeit. Ein Anspruch auf Kinderzuschlag scheide damit aus.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 26.11.2013 bei dem Sozialgericht Köln erhobene Klage. Der Kläger hat gemeint, seinem Einkommen sei das Kindergeld für den Sohn iHv 184 EUR hinzuzurechnen. Außerdem sei sein Einkommen nicht um die Pauschale von 30 EUR zu reduzieren, da er als Altersrentner kein Leistungsberechtigter nach dem SGB II sei. Der Mehrbedarf für Alleinerziehung sei gem. § 6a Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 BKGG bei seinem Bedarf nicht zu berücksichtigen. Zudem sei der Bedarf hinsichtlich der Kosten der Unterkunft (KdU) nicht nach Kopfteilen, sondern gem. § 6a Abs. 4 Satz 2 BKGG entsprechend dem letzten Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums (Existenzminimumsbericht) zu ermitteln. Damit entfalle auf die Tochter ein KdU-Bedarf iHv lediglich 141,39 EUR.

Der Kläger hat beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 11.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Kinderzuschlag für die Zeit von September 2013 bis Juli 2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, auch bei Anrechnung des Kindergeldes für den Sohn iHv 184 EUR bestehe kein Anspruch auf Kinderzuschlag.

Mit Urteil vom 25.11.2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der maximal mögliche Kinderzuschlag betrage monatlich 3 EUR. Zwar verfüge die Tochter – abgesehen von dem bei ihr zu berücksichtigenden Kindergeld iHv 184 EUR – nicht über eigenes Einkommen. Auf ihren Bedarf sei jedoch Einkommen des Klägers iHv 137,49 EUR anzurechnen. Da es sich bei dem Kläger und seine Tochter um eine gemischte Bedarfsgemeinschaft handele, sei zunächst der Bedarf des Klägers vollständig abzudecken. Vom Einkommen des Klägers (849,81 EUR Rente sowie 184 EUR Kindergeld für den Sohn) seien die Kosten der privaten Krankenversicherung (160,84 EUR) abzuziehen, was zu einem anzurechnenden Einkommen iHv 872,97 EUR führe. Als Bedarf seien der Regelbedarf (382 EUR), der Mehrbedarf für Alleinerziehende (45,84 EUR) sowie der hälftige KdU-Bedarf (307,65 EUR) anzuerkennen (Gesamt: 735,49 EUR). Der Differenzbetrag betrage 137,49 EUR und sei bei der Tochter als Einkommen zu berücksichtigen. Um diesen Betrag mindere sich gem. § 6a Abs. 3 Satz 1 BKGG der Kinderzuschlag (140 EUR), so dass gerundet ein Betrag von 3 EUR monatlich verbleibe. Der SGB II – Bedarf der Tochter belaufe sich auf 596,65 EUR (Regelbedarf 289 EUR; hälftige Unterkunftskosten 307,65 EUR). Dieser Bedarf sei mit dem Wohngeld (207 EUR), dem Kindergeld (184 EUR), dem Einkommensüberschuss des Klägers (137,49 EUR) sowie dem Kinderzuschlag (3 EUR; Gesamt 531,49 EUR) nicht zu decken, so dass Hilfebedürftigkeit nicht iSd § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG vermieden werde. Dahingestellt bleiben könne, ob vom Einkommen des Klägers die Versicherungspauschale iHv 30 EUR monatlich abzusetzen sei. Werde sie abgezogen, stehe zwar ein Kinderzuschlag iHv 33 EUR zu, gleichzeitig verringere sich aber das zu berücksichtigende Einkommen der Tochter um 30 EUR, weshalb ebenfalls Hilfebedürftigkeit nicht vermieden werde. Das Ergebnis ändere sich auch nicht dadurch, dass der Bedarf des Klägers um den Mehrbedarf für Alleinerziehende (45,84 EUR) reduziert werde. Denn dann würde das gem. § 6a Abs. 3 BKGG bei der Tochter anzurechnende Einkommen um weitere 45,84 EUR steigen und ein Kinderzuschlag sei schon aus diesem Grunde nicht zu bewilligen.

Gegen das am 29.12.2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 14.01.2017. Der Kläger meint, das Urteil des Sozialgerichts sei fehlerhaft, weil bei der Berechnung der jeweiligen Unterkunftsbedarfe nicht von Kopfteilen auszugehen sei (jeweils 307,65 EUR), sondern der Existenzminimumsbericht der Bundesregierung maßgeblich sei. Daraus folge ein Anspruch auf Kinderzuschlag, da sich sein KdU-Bedarf auf 473,90 EUR erhöhe und der der Tochter auf 141,39 EUR sinke.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts vom 25.11.2016 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 zu verurteilen, Kinderzuschlag von September 2013 bis Juli 2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtwidrig iSd § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat für die Zeit von September 2013 bis Juli 2014 einen monatlichen Anspruch auf Kinderzuschlag iHv 140 EUR.

Der Kläger erfüllt die Eingangsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Kinderzuschlag gem. § 6a Abs. 1 BKGG. Er lebte im streitigen Zeitraum mit der unverheirateten Tochter, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hatte, in einem Haushalt. Er hatte für die Tochter einen Anspruch auf Kindergeld (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG) und verfügte mit dem Renteneinkommen und dem Kindergeld für den Sohn über ein Mindesteinkommen iSd § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG iHv mindestens 600 EUR.

Die Höchsteinkommensgrenze ist eingehalten. Die Höchsteinkommensgrenze wird nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG nicht überschritten, wenn die Anspruchsteller mit Ausnahme des Wohngeldes über Einkommen oder Vermögen im Sinne der §§ 11 bis 12 SGB II verfügen, das höchstens dem nach § 6a Abs. 4 Satz 1 BKGG für sie maßgebenden Betrag zuzüglich dem Gesamtkinderzuschlag nach Abs. 2 entspricht. Der nach § 6a Abs. 4 Satz 1 BKGG maßgebende Betrag entspricht einem Betrag in Höhe der bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II oder des Sozialgeldes zu berücksichtigenden elterlichen Bedarfe. Dazu sind die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in dem Verhältnis aufzuteilen, das sich aus den im jeweils letzten Existenzminimumsbericht festgestellten entsprechenden Bedarfen für Alleinstehende, Ehepaare, Lebenspartnerschaften und Kinder ergibt (§ 6a Abs. 4 Satz 2 BKGG).

Bei der Berechnung der Höchsteinkommensgrenze ist zu berücksichtigen, dass ein elterlicher SGB II-Bedarf iSd § 6a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 BKGG nicht besteht und damit mit „Null“ anzusetzen ist. Die Höchsteinkommensgrenze ist damit identisch mit dem Gesamtkinderzuschlag, hier 140 EUR (§ 6a Abs. 2 Satz 1 BKGG aF). Auf die Höchsteinkommensgrenze anzurechnen ist Einkommen des Klägers iSd § 11 SGB II unter Abzug des zur eigenen Bedarfsdeckung des Klägers benötigten Einkommens. Der Eigenbedarf ist dabei gem. § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG nach Maßgabe des § 6a Abs. 4 BKGG zu bestimmen, d.h. die Unterkunftskosten werden nach dem Existenzminimumsbericht berechnet.

Der so bestimmte Eigenbedarf des Klägers liegt bis zum 31.12.2013 bei 901,74 EUR (382 EUR Regelleistung gem. Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2013 vom 18.10.2012 – BGBl. I, 2175 + 45,84 EUR Mehrbedarf wegen Alleinerziehung gem. § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II in der bis zum 31.07.2016 gF + KdU nach dem Existenzminimumsbericht iHv 473,90 [615,29 – ohne Garage * 77,02%]). In der Zeit ab dem 01.01.2014 beträgt der Eigenbedarf des Klägers 911,82 EUR (391 EUR Regelleistung gem. Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2014 vom 16.10.2013 – BGBl I, 3.857 + 46,92 EUR Mehrbedarf wegen Alleinerziehung gem. § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II in der bis zum 31.07.2016 gF + KdU nach dem Existenzminimumsbericht iHv 473,90 EUR [615,29 – ohne Garage * 77,02%]). Das vom Sozialgericht zutreffend festgestellte anzurechnende Einkommen des Klägers (Rente und Kindergeld für den Sohn) liegt mit 872,97 EUR jeweils darunter.

Der Kinderzuschlag beträgt für jedes zu berücksichtigende Kind jeweils bis zu 140 EUR monatlich (§ 6a Abs. 2 Satz 1 BKGG in den jeweiligen im streitigen Zeitraum geltenden Fassungen), hier also 140 EUR monatlich.

Dieser Betrag ist nicht – wie vom Sozialgericht angenommen – gem. § 6a Abs. 3 BKGG um Einkommen zu mindern. Der Kinderzuschlag mindert sich nach dieser Vorschrift nur um das nach den §§ 11 bis 12 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen des Kindes. Die Tochter verfügte abgesehen von dem bei ihr im Rahmen des SGB II anzurechnenden Kindergeld nicht über eigenes Einkommen. Soweit das Sozialgericht den überschießenden Teil des Einkommens des Klägers als Einkommen der Tochter berücksichtigt hat, fehlt es hierfür an einer Rechtsgrundlage. § 6a Abs. 3 BKGG stellt nach seinem eindeutigen Wortlaut allein auf das eigene Einkommen und Vermögen des Kindes ab. Einkommen der Eltern ist nur bei der Prüfung der Höchsteinkommensgrenze und der Minderung des Anspruchs relevant.

Einkommen des Klägers mindert den Kinderzuschlag nicht. Die Höhe des Kinderzuschlags richtet sich nach § 6a Abs. 4 BKGG. Der Kinderzuschlag wird, soweit – wie hier (s.o.) – die Voraussetzungen des § 6a Abs. 3 BKGG nicht vorliegen, in voller Höhe gewährt, wenn das nach den §§ 11 bis 12 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende elterliche Einkommen oder Vermögen einen Betrag in Höhe der bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II oder des Sozialgeldes zu berücksichtigenden elterlichen Bedarfe nicht übersteigt. Auch dazu sind die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in dem Verhältnis aufzuteilen, das sich aus den im jeweils letzten Existenzminimumsbericht festgestellten entsprechenden Bedarfen für Alleinstehende, Ehepaare und Kinder ergibt. Der Kinderzuschlag wird außer in den in § 6a Abs. 3 BKGG genannten Fällen auch dann stufenweise gemindert, wenn das nach den §§ 11 bis 12 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende elterliche Einkommen oder Vermögen den in § 6a Abs. 4 Satz 1 BKGG genannten jeweils maßgebenden Betrag übersteigt. Als elterliches Einkommen oder Vermögen gilt dabei dasjenige des mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebenden alleinerziehenden Elternteils, Ehepaares oder als eingetragene Lebenspartner oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenlebenden Paares. Soweit das zu berücksichtigende elterliche Einkommen nicht nur aus Erwerbseinkünften besteht, ist davon auszugehen, dass die Überschreitung des maßgebenden Betrages durch die Erwerbseinkünfte verursacht wird, wenn nicht die Summe der anderen Einkommensteile oder des Vermögens für sich genommen diesen maßgebenden Betrag übersteigt. Für je 10 EUR, um die die monatlichen Erwerbseinkünfte den maßgebenden Betrag übersteigen, wird der Kinderzuschlag um 5 EUR monatlich gemindert. Anderes Einkommen sowie Vermögen mindern den Kinderzuschlag in voller Höhe.

Der hiernach zu bestimmende elterliche Eigenbedarf liegt – wie bei den Ausführungen zur Höchsteinkommensgrenze festgestellt – bei 901,74/911,82 EUR. Der Kläger verfügt nicht über Einkommen, das über diesem Eigenbedarf liegt. Damit steht ihm der ungeminderte Kinderzuschlag iHv 140 EUR monatlich zu.

Durch den Kinderzuschlag würde Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden (§ 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG).

Der Umstand, dass der Kläger als Altersrentner und wegen Überschreitung der Altersgrenze (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB II) von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen ist, steht der Vermeidung von Hilfebedürftigkeit iSd § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG nicht entgegen. Zwar ist der Kläger kein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter und er kann selbst keine Bedarfsgemeinschaft begründen. Die Tochter hingegen ist im streitigen Zeitraum in der Altersspanne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und kann deshalb mit dem Kläger gem. § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft bilden und Leistungen nach dem SGB II erhalten. Ein solcher SGB II-Leistungsanspruch der Tochter, der durch die Bewilligung von Kinderzuschlag vermeiden würde, ist ausreichend für die Bejahung von § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG.

Nicht zutreffend ist allerdings die Rechtsauffassung des Klägers, wonach auch im Rahmen von § 6a Abs. 1 Nr. 4 SGB II Unterkunftskosten nach dem Existenzminimumsbericht anzusetzen seien. Für diese vom Kläger begehrte Berechnungsmethode gibt es keine Rechtsgrundlage. Nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung setzt die Bewilligung von Kinderzuschlag voraus, dass durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird. Die Vorschrift erfordert damit eine Berechnung nach den Vorschriften des SGB II. Die Verteilung der Unterkunftskosten nach Kopfteilen ist die nach dem SGB II gebotene Berechnungsmethode (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl nur Urteil vom 19.10.2016 – B 14 AS 40/15 R). Ausnahmen vom Kopfteilprinzip mit Anwendung des Existenzminimumsberichtes gelten für den Kinderzuschlag nur hinsichtlich der Berechnung der Höchsteinkommensgrenze gem. § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG sowie der Bestimmung der Höhe des Kinderzuschlags gem. § 6 Abs. 4 BKGG. Aus der Rechtsprechung des BSG folgt im Gegensatz zur Auffassung des Klägers nichts anderes. Das BSG betont in ständiger Rechtsprechung, dass der KdU-Bedarf kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nur bei der Bestimmung der (nur bis zum 30.09.2008 geltenden) Mindesteinkommensgrenze, der Höchsteinkommensgrenze und der Höhe des Kinderzuschlags maßgeblich ist. Im Übrigen verbleibt es bei der Berechnung der KdU nach Kopfteilen (BSG Urteile vom 07.07.2011 – B 14 KG 2/09 R und vom 14.02.2012 – B 14 KG 1/11 R). Aus den von den Beteiligten zuletzt vor dem Sozialgericht diskutierten Urteil des BSG vom 09.03.2016 – B 14 KG 1/15 R folgt nichts anderes, da sich diese Entscheidung nur mit der Höchsteinkommensgrenze beschäftigt.

Hilfebedürftigkeit würde nicht vermieden, wenn – wie die Beklagte meint – der Bedarf des Klägers mit „Null“ anzusetzen wäre, da er als Altersrentner keinen SGB II-Bedarf hat, und bei der Tochter kein übersteigendes Einkommen des Klägers zu berücksichtigen wäre. Der Gesamtbedarf der Tochter betrüge dann 596,65 EUR/603,65 EUR (Regelbedarf 289/296 EUR, KdU-Bedarf 307,65 EUR); anzurechnen wären (nur) 531 EUR (Kindergeld 184 EUR, Wohngeld 207 EUR, Kinderzuschlag 140 EUR).

Eine solche Berechnungsweise ist jedoch nicht zulässig. Zwar ist auch bei der Prüfung von § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG – wie bei der Höchsteinkommensgrenze – der Bedarf des Klägers als Altersrentner mit „Null“ anzusetzen. Bei der Tochter muss im Rahmen der Prüfung der Vermeidung von Hilfebedürftigkeit gem. § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG – anders als bei der Anrechnung von eigenem Einkommen oder Vermögen nach § 6a Abs. 3 Satz 1 BKGG – jedoch überschießendes Einkommen des Klägers berücksichtigt werden. Denn auch bei einer gemischten Bedarfsgemeinschaft ist nach Abdeckung des SGB II-Eigenbedarfs des ausgeschlossenen Mitglieds die Einkommensverteilung gem. § 9 Abs. 2 SGB II (hier § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II) vorzunehmen (zur primären Anrechnung von Einkommen auf den SGB II-Eigenbedarf des ausgeschlossenen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft in Abweichung zu § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II und zur Anrechnung des Einkommens bei gemischten Bedarfsgemeinschaften grundlegend BSG Urteil vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 58/06 R), was auch für die Anwendung von § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG relevant ist. Die von der Beklagten angewandte Berechnungsweise widerspricht den Grundsätzen zur Einkommensanrechnung bei gemischten Bedarfsgemeinschaften und würde zu einer nicht realitätsgerechten Abbildung der Einkommenssituation der gesamten Bedarfsgemeinschaft und dadurch bei der Prüfung der Voraussetzungen von § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG zu einer iSd Art. 3 Abs. 1 GG nicht gerechtfertigten Benachteiligung des Klägers und seiner Tochter im Gegensatz zu reinen SGB II-Bedarfsgemeinschaften führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

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