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Anerkennung von Folgeschäden eines Arbeitsunfalls – Voraussetzungen

Arbeitsunfallfolgen: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen lehnte die Berufung eines Klägers ab, der nach einem Arbeitsunfall von 1975 Spätfolgen wie Tinnitus und Hörstörungen geltend machte. Der Kläger konnte nicht überzeugend nachweisen, dass diese Beschwerden unmittelbar auf den Unfall zurückzuführen sind. Mehrere Gutachten und ärztliche Stellungnahmen stützten diese Entscheidung, und es wurde keine Verletztenrente gewährt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: L 15 U 425/20  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Ablehnung der Berufung: Das Gericht wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf zurück.
  2. Keine Anerkennung der Spätfolgen: Der Kläger beanspruchte Anerkennung von Tinnitus und Hörstörungen als Folgen eines Arbeitsunfalls.
  3. Fehlende Beweise: Es fehlte an stichhaltigen Beweisen, die einen direkten Zusammenhang zwischen dem Unfall und den gesundheitlichen Problemen belegten.
  4. Mehrere Gutachten und Stellungnahmen: Verschiedene Expertengutachten und ärztliche Stellungnahmen unterstützten die Entscheidung des Gerichts.
  5. Keine Minderung der Erwerbsfähigkeit nachgewiesen: Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass die behaupteten Gesundheitsschäden seine Erwerbsfähigkeit wesentlich minderten.
  6. Rechtsgrundlage: Die Entscheidung basierte auf den Bestimmungen des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII).
  7. Langfristige gerichtliche Auseinandersetzung: Der Fall umfasste eine langjährige rechtliche Auseinandersetzung, beginnend mit dem Unfall im Jahr 1975.
  8. Keine Revision zugelassen: Das Gericht ließ keine Revision gegen sein Urteil zu.

Rechtliche Herausforderungen bei Arbeitsunfällen und deren Folgen

In der rechtlichen Auseinandersetzung um Arbeitsunfälle und deren Folgeschäden stehen oft grundlegende Fragen im Mittelpunkt: Wann und unter welchen Voraussetzungen werden gesundheitliche Beeinträchtigungen als direkte Folge eines Arbeitsunfalls anerkannt? Diese Thematik berührt wesentliche Aspekte des Sozialrechts und stellt sowohl für Betroffene als auch für die Rechtsprechung eine Herausforderung dar. Die Anerkennung solcher Schäden, wie beispielsweise Hörstörungen, hängt von vielfältigen Faktoren ab und erfordert oft eine detaillierte Betrachtung des Einzelfalls. Dabei spielen nicht nur die medizinischen Befunde eine Rolle, sondern auch die Interpretation und Anwendung sozialrechtlicher Bestimmungen.

Die Entscheidungen von Sozialgerichten in diesen Fällen können weitreichende Folgen für die soziale Sicherheit und die Entschädigungsansprüche der Betroffenen haben. Die Bewertung, ob und inwieweit ein Unfall und seine Folgen im Arbeitsumfeld anerkannt werden, ist daher von großer Bedeutung. Lassen Sie uns einen Blick auf einen konkreten Fall werfen, der diese Problematik verdeutlicht und wichtige Einblicke in die juristische Handhabung solcher Fälle bietet. Dieser Fall wird nicht nur die rechtlichen Nuancen beleuchten, sondern auch aufzeigen, wie Gerichte mit der Komplexität solcher Sachverhalte umgehen.

Der lange Weg zur Anerkennung von Arbeitsunfallfolgen

Im Jahre 1975 erlitt ein Mitarbeiter am Flughafen einen schweren Arbeitsunfall, der ihn nachhaltig prägen sollte. Der Kläger, geboren im Jahr 1953, erlitt auf dem Weg zur Arbeit einen Autounfall, bei dem er sich eine Kopfplatzwunde, eine Verletzung am rechten Ohrläppchen und eine Fraktur des Mastoids zuzog. Er wurde daraufhin im Krankenhaus behandelt, wo auch ein Tonaudiogramm erstellt wurde, das jedoch keine akuten Hörstörungen oder Tinnitus aufzeigte.

Erst viele Jahre später, im Jahr 1999, machte der Kläger erstmalig Ansprüche aufgrund dieses Unfalls geltend. Dabei äußerte er, seit dem Unfall unter Kopfschmerzen zu leiden. In einem daraufhin eingeleiteten Feststellungsverfahren wurde jedoch festgestellt, dass keine messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vorlag. Erst im Jahr 2017 brachte der Kläger neue Beschwerden vor: Ohrgeräusche und eine Hörminderung, die er als Spätfolgen des Unfalls von 1975 deutete. Daraufhin wurden mehrere Gutachten und ärztliche Stellungnahmen eingeholt, um die Voraussetzungen für die Anerkennung dieser Spätfolgen zu prüfen.

Gutachten und ärztliche Bewertungen im Fokus

Die medizinischen Untersuchungen und Bewertungen spielten eine entscheidende Rolle im Rechtsstreit. Die vom Kläger vorgelegten Atteste und Befundberichte des HNO-Arztes Dr. Z stellten die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen dem Unfall und den Hörproblemen in den Raum. Jedoch kam der HNO-Arzt Dr. N zu dem Schluss, dass weder der Tinnitus noch die Hörminderung ursächlich auf das Unfallgeschehen zurückzuführen seien. Diese Einschätzung wurde durch weitere Gutachten gestützt, die zu ähnlichen Ergebnissen kamen. Auch das von einem Sozialgericht angeforderte Gutachten des HNO-Arztes Dr. T unterstützte diese Auffassung, indem es darlegte, dass die Audiometriebefunde nicht auf eine traumatische Entstehung der Schwerhörigkeit hindeuteten.

Die rechtliche Auseinandersetzung und ihre Komplexität

Die rechtliche Auseinandersetzung zeichnete sich durch ihre Komplexität aus. Der Kläger stellte mehrfach Anträge, um die Anerkennung von Folgeschäden des Arbeitsunfalls zu erreichen. Er legte eidesstattliche Versicherungen von Arbeitskollegen und Verwandten vor, die seine Beschwerden seit 1975 bestätigten. Jedoch waren diese Zeugenaussagen für das Gericht nicht ausreichend, da sie keine medizinische Validität besaßen. Der Kläger kritisierte die Gutachten und forderte weitere ärztliche Bewertungen, doch diese Anträge wurden vom Gericht abgelehnt, da bereits ausreichend medizinische Bewertungen vorlagen.

Gerichtsentscheid: Ablehnung der Anerkennung von Unfallfolgen

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen wies die Berufung des Klägers schließlich zurück. Das Gericht fand, dass die vorgelegten Beweise und medizinischen Gutachten keinen hinreichenden Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Gesundheitsschäden darstellten. Es wurde festgestellt, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente hat, da die Anerkennung einer Hörstörung und eines Tinnitus als Folge des Arbeitsunfalles nicht gegeben war. Das Gericht stützte sich dabei auf die Theorie der wesentlichen Bedingung im Sozialrecht und befand, dass der ursächliche Zusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden nicht hinreichend wahrscheinlich sei.

Dieses Urteil unterstreicht die Wichtigkeit umfassender medizinischer Untersuchungen und die Notwendigkeit klarer Beweise in Fällen, in denen es um die Anerkennung von Arbeitsunfallfolgen geht.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet eine Anerkennung von Folgeschäden eines Arbeitsunfalls im Sozialrecht?

Die „Anerkennung von Folgeschäden eines Arbeitsunfalls“ im Sozialrecht bezieht sich auf die rechtliche Anerkennung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die als direkte oder indirekte Folge eines Arbeitsunfalls auftreten. Diese Anerkennung ist wichtig, da sie die Grundlage für die Gewährung von Leistungen durch die gesetzliche Unfallversicherung bildet.

Ein Arbeitsunfall ist ein Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder Tod führt und während der Ausübung der beruflichen Tätigkeit auftritt. Die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall und somit als durch die Berufsgenossenschaft zu entschädigendes Ereignis erfolgt nach bestimmten Kriterien.

Folgeschäden eines Arbeitsunfalls können unmittelbar nach dem Unfall oder auch erst nach einer gewissen Zeit auftreten. Sie können physischer oder psychischer Natur sein und die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigen. Die Anerkennung dieser Folgeschäden kann komplex sein und erfordert oft eine genaue Untersuchung der Unfallursache, des Verletzungsausmaßes und der daraus resultierenden Folgen.

Wenn eine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 Prozent vorliegt, haben Geschädigte Anspruch auf eine Verletztenrente. Für verbleibende Spätfolgen über die 26. Woche hinaus kann eine Verletztenrente gezahlt werden.

Die Anerkennung von Folgeschäden eines Arbeitsunfalls ist daher ein wichtiger Aspekt des Sozialrechts, da sie die Grundlage für die Gewährung von Leistungen durch die gesetzliche Unfallversicherung bildet. Sie kann jedoch auch rechtliche Herausforderungen mit sich bringen, da sie oft eine genaue Untersuchung und Bewertung der Unfallursache und der daraus resultierenden Folgen erfordert.

Wie wird eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im Kontext eines Arbeitsunfalls bestimmt?

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist ein Rechtsbegriff aus dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie tritt in Kraft, wenn Versicherte nach einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung und/oder nach Rehabilitationsmaßnahmen nicht wieder uneingeschränkt am Erwerbsleben teilnehmen können. Dies kann durch einen Arbeitsunfall, einen Wegeunfall oder eine Berufskrankheit verursacht werden.

Die MdE wird bestimmt, indem die Arbeitskraft bzw. Leistungsfähigkeit vor und nach dem Arbeitsunfall oder der Berufskrankheit verglichen wird. Der Grad der MdE wird in Prozent angegeben und mit Unterstützung eines Arztes eingeschätzt. Es ist wichtig zu beachten, dass bei der Bestimmung des Grades der MdE nicht darauf ankommt, ob die betroffene Person tatsächlich einen Einkommensverlust erlitten hat.

Die Voraussetzung für die Zahlung einer Berufskrankheits- oder Verletztenrente/Unfallrente durch die Berufsgenossenschaft ist eine andauernde MdE von mindestens 20 Prozent.

Es ist zu erwähnen, dass die MdE immer eine individuelle Feststellung ist und sich an den Besonderheiten des Einzelfalls orientiert. Durch langjährige Praxis und Erfahrung und aufgrund von Rechtsprechung haben sich jedoch für häufig vorkommende Verletzungsfolgen standardisierte MdE-Sätze herausgebildet, die in MdE-Tabellen zusammengefasst und veröffentlicht werden.

Es ist auch möglich, dass die Erwerbsfähigkeit durch mehrere Versicherungsfälle gemindert ist. In diesem Fall wird die MdE für jeden Versicherungsfall gesondert festgestellt, und dementsprechend werden mehrere Renten gezahlt.


Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: L 15 U 425/20 – Urteil vom 30.08.2022

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.08.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung weiterer Unfallfolgen aus einem anerkannten Arbeitsunfall und die Gewährung einer Verletztenrente hieraus nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Der am 00.00.1953 geborene Kläger erlitt am 20.2.1975 auf dem Weg zur seiner Tätigkeit als Flughafenmitarbeiter/Lagerarbeiter einen Autounfall. Dabei zog er sich eine Kopfplatzwunde, eine Verletzung am rechten Ohrläppchen sowie eine Fraktur des Mastoids rechts (Warzenfortsatz) zu und befand sich bis zum 01.03.1975 in stationärer Behandlung im B Krankenhaus E. Im Rahmen der dortigen Behandlung wurde am 27.02.1975 ein Tonaudiogramm gefertigt. Den Befundunterlagen lassen sich keine Angaben zu einer akut aufgetretene Hörstörung oder einem Tinnitus entnehmen.

Mit Schreiben an die Beklagte vom 24.04.1999 zeigte der Kläger erstmals dieses Unfallereignis sowie weitere Unfälle vom 11.11.1991 und 01.10.1988 an. Der Kläger führte aus, er leide seit dem Unfall von 1975, bei dem das rechte Ohr halb abgerissen worden sei, unter Kopfschmerzen. In dem daraufhin eingeleiteten Feststellungsverfahren kam der Chirurg Dr. H in seinem Gutachten vom 04.02.2000 zu dem Ergebnis, dass eine messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht vorliege. Ausweislich des Gutachtens berichtete der Kläger bei der damaligen Untersuchung von Kopfschmerzen und Problemen mit der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule. Eine Hörstörung oder einen Tinnitus erwähnte der Kläger im Rahmen der damaligen Untersuchung nicht. Mit Bescheid vom 24.02.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente unter Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall mit den verbliebenen Unfallfolgen „Weichteilverletzung im Bereich des rechten Ohres mit knöcherner Verletzung des Schädels im Sinne einer Warzenfortsatz-Trümmerfraktur sowie einer Risswunde an der Stirn“ ab.

Die hiergegen beim Sozialgericht Düsseldorf erhobene Klage und Berufung, mit der der Kläger im Wesentlichen weitere orthopädische Unfallfolgen im Bereich der HWS/LWS sowie Kopfschmerzen geltend gemacht hatte, blieben erfolglos (SG Düsseldorf, Urteil vom 06.11.2002 – S 16 U 32/01; LSG NRW, Beschluss vom 04.06.2003 – L 17 U 303/02 -). Im Rahmen einer damals vom Sozialgericht nach § 109 SGG veranlassten Begutachtung durch den Orthopäden Dr. F vom 06.05.2002 wurden Hörstörungen oder ein Tinnitus seitens des Klägers nicht thematisiert.

Mit Schreiben vom 03.09.2017 wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte und teilte nunmehr erstmals mit, an Spätfolgen des 1975 erlittenen Unfalls in Form von Ohrgeräuschen (Tinnitus) sowie einer Hörminderung zu leiden.

Die Beklagte zog einen Befundbericht des den Kläger seit 2002 behandelnden HNO-Arztes Dr. Z vom 15.09.2017 und 13.10.2017 nebst Audiometriebefunden bei.

Dr. Z, der zugleich eine BK-Anzeige nach Nr 2301 erstattet hatte, führte in der ärztlichen Bescheinigung vom 15.09.2017 aus, der Kläger gebe an, seit seinem Wegeunfall am 20.02.1975 an Ohrgeräuschen rechts sowie einer Hörminderung zu leiden. In dem Bericht vom 13.10.2017 heißt es, der Kläger sei seit mehr als 15 Jahren in seiner fachärztlichen Betreuung. Er klage seit dieser Zeit über eine Hörminderung und über Ohrgeräusche. Aufgrund der Warzenfortsatztrümmerfraktur sei ein Entstehen des Tinnitus wie auch eine Hörminderung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit möglich. Die Beklagte veranlasste nach entsprechender Auswahl durch den Kläger eine Begutachtung durch den HNO-Arzt Dr. N. Dieser gelangte am 21.12.2017 zu dem Ergebnis, der Kläger leide an einer völlig symmetrischen beidseitigen gering- bis mittelgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit bei Hochtonhörverlust. Zum Zeitpunkt der Untersuchung habe ein Tinnitus bei 7700Hz bestanden. Das Audiogramm beinhalte konsistent keine symmetrische C 5-Senke. Weder Tinnitus noch Hörminderung seien ursächlich auf das Unfallgeschehen von 1975 zurückzuführen. Zwar habe eine Mastiodfraktur grundsätzlich das Potential einer Hörstörung. Aufgrund der seit 1996 durchgeführten Hörtests mit einem insgesamt schlechter werdenden Hörvermögen sei von einer traumaunabhängigen fortschreitenden Innenohrschwerhörigkeit auszugehen. Auch der ab 2004 audiologisch vermerkte Tinnitus sei nicht kausal mit dem Trauma in Verbindung zu bringen. In keinem der Vorgutachten seien hierzu Äußerungen gemacht worden. Die MdE liege unter 10. vH. Selbst der angeschuldigte Tinnitus führe nicht zu einer Höherbewertung.

Mit Bescheid vom 24.1.2018, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 20.02.2018, lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente unter Anerkennung von Tinnitus und Hörminderung als Unfallfolgen ab.

Hiergegen hat der Kläger am 03.04.2018 Klage bei dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben und vorgetragen, ein Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall vom 20.02.1975 und der Schwerhörigkeit sowie dem Tinnitus sei nach den Ausführungen des Herrn Dr. Z vom 13.10.2017 hinreichend wahrscheinlich. Die bislang eingeholten Gutachten von Herrn Dr. H vom 04.02.2000 und von Dr. F vom 06.05.2002 gäben keine Auskunft zu der hier interessierenden Frage. Auch nach dem Gutachten von Dr. N sei die Zusammenhangsfrage offen.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2018 zu verurteilen, den Tinnitus und die Hörminderung als Unfallfolge des Arbeitsunfalls vom 20.02.1975 anzuerkennen und dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat unter dem 17.04.2019 drei Erklärungen seiner früheren Arbeitskollegen U, S und D zu den Akten gereicht, mit denen diese eidesstattlich versichern, den Kläger seit 1973 bzw. 1974 und 1975 zu kennen und dass der Kläger ihnen ab Frühjahr 1975 von neu aufgetretenen ständigen Hörproblemen rechts und ständigem Piepsen im rechten Ohr berichtet habe. Unter dem 28.05.2019 hat der Kläger eine eidesstattliche Versicherung des Herrn R eingereicht, mit der dieser bekundet, den Kläger seit 1973 zu kennen. Der Kläger habe ihm ab Frühjahr 1975 von neu aufgetretenen, ständigen Problemen auf der rechten Seite und ständigem Piepsen im rechten Ohr berichtet.

Das Sozialgericht hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein Gutachten bei dem HNO-Arzt Dr. T eingeholt. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 04.12.2019 zu dem Ergebnis gelangt, Schädelhirntraumata seien aufgrund der mechanischen Erschütterung des Mittelohres und des Innenohres grundsätzlich geeignet, eine Schwerhörigkeit des Mittelohres, Innenohrs, Schwindel und Tinnitus zu verursachen. Ein ursächlicher Zusammenhang der Hörminderung sowie des Tinnitus mit dem Unfallereignis vom 20.02.1975 sei aus seiner Sicht als eher unwahrscheinlich anzunehmen, da ein unmittelbarer zeitlicher Bezug weder bei der Primärversorgung am 20.02.1975 noch bei der Nachschau noch bei weiteren Wegeunfällen vom 01.10.1988 und 11.11.1991 angegeben worden seien.

Auf Nachfrage des Sozialgerichts, bei welchen Ärzten der Kläger wegen der geltend gemachten Hörstörung seit 1975 in Behandlung gewesen sei, hat der Kläger mitgeteilt, dass diese Ärzte nicht mehr tätig seien.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.08.2020 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 19.08.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.09.2020 Berufung eingelegt.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens macht er geltend, Dr. T habe nicht alle Audiometriebefunde ausgewertet und sich insbesondere nicht zu den Befunden von 1975 und 1996 geäußert. Er habe vor dem Unfall nicht unter Hörstörungen und Tinnitus gelitten. Er sei seit 1975 wegen dieser Beschwerden durchgehend in HNO-ärztlicher Behandlung gewesen. Richtig sei, dass sämtliche Ohrenarztpraxen, die er seit 1975 aufgesucht habe, nicht mehr existierten. Die Praxis seines HNO-Arztes Dr. C sei von Dr. O übernommen worden. Ergänzend hat er Erklärungen seiner Ehefrau sowie seines Bruders zu den Akten gereicht, die hierin ausführen, der Kläger habe seit dem Unfall über Hörstörungen und Tinnitus berichtet. Auch habe der Kläger erzählt, dass Dr. L bei ihm einen Tinnitus diagnostiziert habe. Ergänzend hat er die Unterlagen seiner Musterung vom 16.03.1973 sowie weitere Atteste seines HNO-Arztes Dr. Z vorgelegt.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.08.2020 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2018 zu verurteilen, ihm unter Anerkennung einer Hörstörung rechts und eines Tinnitus als Folge des Arbeitsunfalles vom 20.02.1975 Rente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Auf eine Anfrage bei der Praxis Dr. O zu den verbliebenen Patientenkarteien von Dr. C hat diese am 28.01.2021 mitgeteilt, die Unterlagen über den Kläger seien bereits vernichtet. Der Kläger sei seitdem nur einmal wegen einer Gaumenschwellung in Behandlung gewesen.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. T eingeholt, der am 25.01.2022 seine Einschätzung erläutert und vertieft hat. Eine traumabedingte akute Hörminderung rechtsseitig, insbesondere bei Mastoidfraktur sei den Audiometriebefunden von 1975 und 1996, die er auch bereits in seinem Gutachten gesichtet und beurteilt habe, nicht zu entnehmen. Dies gelte auch für die weiteren posttraumatisch gefertigten Audiometriebefunde. Es hätte sich ansonsten in zeitlichem Zusammenhang mit dem stattgehabten Trauma eine asymmetrische Hörminderung darstellen müssen.

Der Kläger hat das Gutachten kritisiert. Auch bei den Untersuchungen 2004 und 2006 habe er auf dem rechten Ohr schlechter gehört. Hierzu hat er auf ein Attest von Dr. Z vom 15.02.2022 verwiesen. Der Kläger hat außerdem die Einholung eines weiteren HNO ärztlichen Gutachtens nach § 109 SGG bei dem HNO Arzt Dr. M beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist. Der im Wege einer zulässigen kombinierten Anfechtungs- Verpflichtungsklage und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 SGG, § 56 SGG geltend gemachte Anspruch auf Anerkennung einer Hörstörung und eines Tinnitus am rechten Ohr als Folge des anerkannten Arbeitsunfalles vom 20.02.1975 und Gewährung einer Rente liegt nicht vor. Der angefochtene Bescheid vom 24.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S.1 SGG).

Nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII haben Versicherte, Anspruch auf Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Unfallfolgen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern, § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (sog. Stütztatbestand). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung richtet sich nach dem Umfang der sich aus den Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII).

Ob das Ereignis vom 20.02.1975 zu den von dem Kläger geltend gemachten Gesundheitsschäden geführt hat, beurteilt sich – wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhand zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden sowie zwischen Gesundheitserstschaden und dem geltend gemachten Folgeschaden – nach der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. z. B. BSG Urteil vom 12.04.2005 – B 2 U 27/04 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit. Der Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden ist wahrscheinlich, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R).

Der ursächliche Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher auf einer ersten Prüfungsstufe zu klären, ob das Unfallereignis eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens ist. Dabei ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolgs, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall eine – von möglicherweise mehreren – Bedingungen für den Erfolg ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu klären, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt. Erst wenn sowohl das versicherte Unfallereignis als auch andere Umstände als Ursachen des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich „wesentliche“ ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.05.2012 – B 2 U 31/11 R-, juris Rn. 27 m.w.N.). Die Kausalitätsfragen sind im Rahmen einer wertenden Betrachtung aller Anknüpfungstatsachen unter Berücksichtigung des aktuellen Standes des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens zu prüfen. Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt dabei, dass Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschäden, ebenso wie die Merkmale versicherte Tätigkeit, Verrichtung zur Zeit des Unfalls, Unfallereignis im Rahmen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen (haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 29/07 R, juris Rn. 16 m. w. N.). Auch die jeweiligen medizinischen Anknüpfungstatsachen, die Grundlage für weitere Kausalitätsüberlegungen sind, müssen im Vollbeweis, d.h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen (BSG, Urt. vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – juris, Rdnr. 10 m.w.N.). Hierfür ist erforderlich, dass eine Tatsache in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falls nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSGE 103,88,104). Dabei gilt im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden Rechts die objektive (materielle) Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (BSG, Urt. vom 07.09.2004, B 2 U 25/03 R -, juris, Rdnr. 20).

Ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem angeschuldigten Ereignis und dem in Rede stehenden Körperschaden reicht dabei für die Bejahung eines Wirkungszusammenhangs allerdings nicht aus (vergl. BSG, Urteil vom 24.07.2002 – B 2 U 23/11 R – , juris Rn. 59-60 m,w.N.

Der Arbeitsunfall vom 20.02.1975 bewirkt unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe keine messbare MdE. Aus den bereits bindend anerkannten Unfallfolgen (Bescheid vom 24.02.2000) ist eine relevante MdE nicht abzuleiten; insoweit nimmt der Senat Bezug auf den – beiden Beteiligten bekannten – Beschluss des LSG NRW vom 04.06.2003- L 17 U 303/02-. Weitere Unfallfolgen auf orthopädischem Fachgebiet sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger nicht geltend gemacht.

Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen im Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren ist auch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die von dem Kläger nunmehr als Unfallfolgen geltend gemachten Gesundheitsschäden am rechten Ohr durch das Unfallereignis verursacht worden sind.

Insoweit sind sowohl Dr. N, dessen Ausführungen nach Konzeption und Aufbau einem gerichtlichen Gutachten entsprechen und das deshalb im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden kann, wie auch Dr. T zwar übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Mastoidfraktur durchaus geeignet sein kann, eine Verletzung des Innenohres und damit auch Hörstörungen herbeizuführen. Es fehlt jedoch an validen und medizinisch aussagekräftigen Brückenbefunden, die zeitnah und im weiteren Verlauf eine solche strukturelle Verletzung mit einer entsprechenden Minderung des Hörvermögens und/oder dem Beschwerdebild eines Tinnitus belegen würden.

Der nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Dr. T hat insoweit nochmals vertiefend und plausibel dargelegt, dass der am 27.02.1975 erhobene weitgehend symmetrische Audiometriebefund gegen eine traumatische Entstehung der Schwerhörigkeit spricht, da bei einer traumabedingten Hörminderung, insbesondere bei einer rechtsseitigen Mastoidfraktur, sich eine solche zeitnah in einer asymmetrischen Hörminderung hätte darstellen lassen müssen. Auch in den zeitlich folgenden vom Sachverständigen ausgewerteten Audiogramen zeigte sich im Wesentlichen ein symmetrischer und im Übrigen fortschreitender Befund. Die mit Schriftsatz vom 07.03.2022 erneut vorgelegten Audiometriebefunde von 2004 und 2006 sind bereits aktenkundig und befinden sich in der Verwaltungsakte; sie wurden von Dr. N und Dr. T ausgewertet. Der hiervon ohne nähere Begründung und ohne Kenntnis der Akten geäußerten abweichenden Beurteilung des behandelnden Arztes Dr. Z vermag der Senat deshalb nicht zu folgen.

Soweit der Kläger auch im Berufungsverfahren auf die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen verweist, rechtfertigen diese keine andere Beurteilung. Die zu den Akten gereichten Bestätigungen von Kollegen, Freunden und Verwandten, wonach der Kläger ihnen gegenüber seit 1975 über bestehende Hörstörung nebst Tinnitus berichtet habe, werden auch vom Senat als wahr unterstellt. Diese auf Hörensagen beruhenden Bekundungen stammen jedoch allesamt von medizinischen Laien, welche nicht erkennen oder gar bewerten können, ob ein „Nicht- oder Schwerverstehen“ Ausdruck einer krankhaften Störung ist. Die Existenz eines Tinnitus kann ebenfalls nur durch audiometrische Messungen objektiviert und bewertet werden. Die damaligen Angaben des Klägers gegenüber medizinischen Laien, dass es in seinem Ohr piepst, werden als wahr unterstellt, können mangels medizinischer Validität jedoch nicht als Brückensymptom gewertet. Entsprechendes gilt für die Angabe, der Kläger habe über eine ärztliche Behandlung berichtet, in der ein HNO-Arzt einen Tinnitus diagnostiziert habe. Auch diese als wahr unterstellte Angabe enthält keine medizinisch validen Fakten, auf die eine Kausalitätsbeurteilung gestützt werden könnte.

Der Umstand, dass keine HNO-ärztlichen Unterlagen aus den angeblich ab 1975 stattgefundenen Behandlungen beigezogen werden konnten und damit zeitnahe valide medizinische HNO-ärztliche Unterlagen, die nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. T Gegenstand einer weiterführenden Kausalitätsbetrachtung sein könnten, fehlen, erklärt sich durch den Zeitablauf und geht zu Lasten des Klägers. Der Kläger hat erst 2017 und damit 42 Jahre nach dem Arbeitsunfall auf angebliche Unfallfolgen auf HNO-ärztlichem Gebiet hingewiesen, was die Ermittlung medizinischer Sachverhalte naturgemäß erschwert. Im Übrigen hat der Kläger bei der erstmaligen Geltendmachung des Unfalles im Mai 1999 ebenfalls sowohl bei der Beklagten wie auch bei den Begutachtungen gegenüber den Ärzten nie irgendwelche Beschwerden in Gestalt einer Hörstörung oder eines Tinnitus vorgetragen. Seine Angaben bezogen sich nur auf Kopfschmerzen und Wirbelsäulenbeschwerden im Kontext eines von ihm vermuteten Schleudertraumas. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger solche belastenden Beschwerden wie eine Hörminderung und insbesondere den Tinnitus bei einer Begutachtung zu den Folgen des Arbeitsunfalles vom 20.02.1975 im Rahmen der allgemeinen Anamnese zumindest erwähnt hätte. Nicht erstaunlich ist hingegen, dass der Kläger am 16.03.1973 bei seiner Musterung als junger Mann gut gehört hat und keinen Tinnitus verspürte, was der Senat zugunsten des Klägers unterstellt. Auf die eingereichten Musterungsunterlagen, die ersichtlich keinen Bezug zu der hier interessierenden HNO-ärztlichen Fragestellung aufweisen, braucht der Senat daher nicht näher einzugehen. Lediglich ergänzend weist der Senat daraufhin, dass der Kläger für wehrdienstuntauglich gehalten wurde und deshalb kein Anlass bestand, zu etwaigen Verwendungseinschränkungen Angaben zu machen. Aus dem Fehlen entsprechender Angaben im Musterungsbescheid kann daher nicht abgeleitet werden, dass der Kläger bei seiner Musterung keine Hörstörung hatte.

Dem in der Berufungsinstanz gestellten Antrag auf Anhörung des HNO Arztes Dr. M nach § 109 SGG war nicht zu entsprechen. Das Antragsrecht nach § 109 SGG ist verbraucht, denn es wurde bereits erstinstanzlich ein HNO-ärztliches Gutachten auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG bei Dr. T eingeholt. Zusätzlich hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG bei diesem Arzt eine ergänzende Stellungnahme angefordert. Gründe, die in der zweiten Instanz die nochmalige Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG auf ein und demselben medizinischen Fachgebiet erforderlich machen würden, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

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