Berufskrankheit im Baugewerbe: Anerkennung versagt
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies die Berufung eines Klägers zurück, der die Anerkennung einer Erkrankung der Halswirbelsäule als Berufskrankheit Nr. 2109 forderte. Die Entscheidung stützt sich darauf, dass der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung nicht erfüllte, da ein langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter nicht nachgewiesen werden konnte. Zudem war ein kausaler Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der Erkrankung medizinisch nicht hinreichend wahrscheinlich.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus wurde zurückgewiesen.
- Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 2109 waren nicht erfüllt.
- Es fehlte an einem langjährigen Tragen schwerer Lasten auf der Schulter.
- Medizinische Befunde stützten nicht die Annahme eines kausalen Zusammenhangs zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung.
- Der Kläger erfüllte nicht die Mindestbelastung von 44.000 kg x h.
- Die Belastung lag deutlich unter der erforderlichen Mindestdosis.
- Es gab keine ausreichende Regelmäßigkeit des Tragens schwerer Lasten.
- Arbeitstechnische und medizinische Kriterien für die Anerkennung als Berufskrankheit waren nicht erfüllt.
Übersicht
Belastung der Halswirbelsäule am Arbeitsplatz
Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule können bei bestimmten beruflichen Tätigkeiten als Berufskrankheit anerkannt werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Erkrankung durch das langjährige Tragen schwerer Lasten verursacht wurde und bestimmte arbeitstechnische Voraussetzungen erfüllt sind.
Um die Anerkennung einer Berufskrankheit zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehören unter anderem die Schwere der Lasten, die Dauer der Belastung und die Regelmäßigkeit der Belastung. Die Anerkennung einer Berufskrankheit ist ein komplexes Verfahren, das rechtliche Herausforderungen mit sich bringen kann.
Langwieriger Streit um Berufskrankheiten – Der Kampf um Anerkennung im Baugewerbe
Im Mittelpunkt des Falls steht ein ehemaliger Baufacharbeiter, geboren 1957, der nach Jahrzehnten harter körperlicher Arbeit im Baugewerbe um die Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule als Berufskrankheit (BK 2109) kämpft. Über die Jahre verrichtete er diverse Tätigkeiten wie Maurer-, Stemm-, Putz-, und Betonarbeiten, die zweifellos eine hohe körperliche Belastung darstellen. Erkrankungen der Wirbelsäule plagten den Kläger schon seit Mitte der 2000er Jahre, was durch mehrere Rehabilitationsmaßnahmen und diverse medizinische Befunde dokumentiert ist.
Juristische Hürden und medizinische Bewertungen
Die Auseinandersetzung beginnt 2014, als aufgrund einer ärztlichen Anzeige die Überprüfung auf eine Berufskrankheit eingeleitet wird. Jedoch stößt der Kläger auf Widerstand: Sowohl der Beratungsarzt als auch die gewerbeärztliche Stellungnahme sehen keine ausreichenden Belege für die Anerkennung der BK 2108, was den Kläger dazu veranlasst, auch die Anerkennung der BK 2109 zu beantragen. Die zentrale Frage dreht sich um das langjährige Tragen schwerer Lasten auf der Schulter und ob diese spezifische Belastung als ursächlich für die Erkrankung angesehen werden kann.
Detailreiche Untersuchungen und Expertenmeinungen
Die Sachlage ist komplex: Einerseits legt der Kläger dar, dass die Art seiner Tätigkeiten und die damit verbundenen Belastungen direkt zu seinen gesundheitlichen Problemen geführt haben. Andererseits folgen die Gutachter und die Beklagte strengen Richtlinien zur Definition und Anerkennung von Berufskrankheiten. Insbesondere die Feststellung, dass die Belastung nicht regelmäßig und in ausreichendem Maße stattgefunden hat, um die Voraussetzungen der BK 2109 zu erfüllen, wird zum Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens. Die Diskrepanz zwischen der persönlichen Erfahrung des Klägers und den methodischen Anforderungen an die Beweisführung verdeutlicht die Schwierigkeiten im Umgang mit Berufskrankheiten.
Urteil und seine Begründung
Letztlich entscheidet das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg gegen die Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit. Ausschlaggebend für das Urteil sind sowohl die fehlende kontinuierliche Belastung entsprechend der Definition der BK 2109 als auch medizinische Gutachten, die die Beschwerden eher auf altersbedingte Verschleißerscheinungen als auf berufliche Belastungen zurückführen. Diese Entscheidung unterstreicht die Herausforderungen, vor denen Arbeitnehmer stehen, wenn sie versuchen, die Anerkennung von Berufskrankheiten zu erreichen, die durch langjährige Belastungen verursacht wurden.
Dieser Fall beleuchtet nicht nur die individuelle Tragödie eines Arbeitnehmers, der nach langen Jahren harter Arbeit gesundheitliche Probleme erleidet, sondern wirft auch ein Schlaglicht auf die komplexen Anforderungen und die strenge Beweisführung, die für die Anerkennung einer Berufskrankheit erforderlich sind.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Was versteht man unter einer Berufskrankheit nach deutschem Sozialrecht?
Unter einer Berufskrankheit versteht man im deutschen Sozialrecht eine Krankheit, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung als solche bezeichnet und die ein Versicherter durch seine berufliche Tätigkeit erleidet. Diese Krankheiten sind in der Berufskrankheiten-Liste (BK-Liste), der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV), aufgeführt. Aktuell umfasst diese Liste 82 Positionen.
Eine Erkrankung wird als Berufskrankheit anerkannt, wenn sie hauptsächlich durch berufliche Tätigkeit verursacht wird und ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen der Krankheit und der beruflichen Tätigkeit besteht. Die Krankheit muss in der BK-Liste gelistet sein, um offiziell als Berufskrankheit anerkannt zu werden. Sollte eine Erkrankung nicht in der Liste enthalten sein, kann sie unter bestimmten Umständen „wie eine Berufskrankheit“ anerkannt werden, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die ein deutlich erhöhtes Risiko für eine bestimmte Personengruppe durch ihre Arbeit belegen.
Die wichtigsten Rechtsgrundlagen zu Berufskrankheiten sind das Siebte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII), das die Definition der Berufskrankheit enthält, und die Berufskrankheiten-Verordnung, die die Liste der anerkannten Berufskrankheiten aufführt. Zuständig für die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit sind die gesetzlichen Unfallversicherungsträger, zu denen unter anderem die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand gehören.
Die Folgen von Berufskrankheiten können von chronischen Symptomen über Arbeitsunfähigkeit bis hin zur permanenten Erwerbsunfähigkeit reichen. Präventive Maßnahmen sind daher von großer Bedeutung, um das Risiko von Berufskrankheiten zu minimieren.
Welche Voraussetzungen müssen für die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit erfüllt sein?
Für die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit im deutschen Sozialrecht müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:
Für die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit im deutschen Sozialrecht müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:
- Listung in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV): Die Erkrankung muss in der Berufskrankheiten-Liste (BK-Liste), die Anlage 1 zur BKV ist, aufgeführt sein. Diese Liste umfasst derzeit 82 Krankheitsbilder.
- Kausalität: Es muss ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen der Erkrankung und den gesundheitsschädlichen Einwirkungen am Arbeitsplatz bestehen. Die Erkrankung muss hauptsächlich durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden sein.
- Anerkennung durch gesetzliche Unfallversicherungsträger: Die Entscheidung über die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit obliegt den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern, zu denen gewerbliche Berufsgenossenschaften, landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand zählen.
- Möglichkeit der Anerkennung „wie eine Berufskrankheit“: Sollte eine Erkrankung nicht in der BK-Liste enthalten sein, kann sie unter bestimmten Umständen „wie eine Berufskrankheit“ anerkannt werden, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse ein deutlich erhöhtes Risiko für eine bestimmte Personengruppe durch ihre Arbeit belegen.
- Medizinische und arbeitsplatzbezogene Ermittlungen: Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens werden die Krankengeschichte und die Arbeitsplatzbedingungen genau untersucht, was eine detaillierte Arbeitsanamnese über das gesamte Berufsleben einschließt. Fachärztliche Gutachten können eingeholt werden, und die zuständige Gewerbeärztin bzw. der zuständige Gewerbearzt ist beteiligt.
- Meldung des Verdachts: Ärzte, Arbeitgeber und Krankenkassen sind verpflichtet, den Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit an den Unfallversicherungsträger zu melden. Betroffene können ihre Erkrankung ebenfalls selbst melden.
Das vorliegende Urteil
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – Az.: L 3 U 60/21 – Urteil vom 05.10.2023
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. März 2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) – Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Halswirbelsäule geführt haben (BK 2109).
Der im Jahr 1957 geborene Kläger absolvierte von September 1974 bis Juli 1976 eine Ausbildung zum Baufacharbeiter und war, unterbrochen von der Zeit des Wehrdienstes vom 05. Mai 1981 bis zum 29. Oktober 1982 sowie von Zeiträumen der Arbeitsuche und Krankheit, bis zum Jahr 2012 im Baugewerbe tätig. Er verrichtete dort Maurer-, Stemm-, Putz- und Betonarbeiten.
Der Kläger leidet an Erkrankungen der Wirbelsäule. Bereits in den Jahren 2006 und 2011 nahm er an Rehabilitationsmaßnahmen der Deutschen Rentenversicherung wegen Beschwerden in der Lendenwirbelsäule (LWS) bzw. der Lenden- und der Halswirbelsäule (HWS) teil. Schon im Röntgenbefund des Klinikums D vom 13. Juli 2009 ergab sich eine Steilstellung der Segmente 3 bis 7 der HWS mit empfindlicher Decken- und Grundplattenosteochondrose und Begleitspondylose. Aufgrund einer MRT-Untersuchung der HWS vom 29. April 2010 stellte die Fachärztin für diagnostische Radiologie Dr. R die Diagnosen: schwere degenerative Veränderungen im Bereich der gesamten HWS, aufgehobene Lordose und Nachweis einer mehretagigen Spinalkanalstenose in den Segmenten HWK 3/4, HWK 4/5 und HWK 5/6, wechselseitig betonte ubiquitäre Foramenstenosen HWK 3 bis HWK 7 mit entsprechender Alteration der Nervenwurzeln infolge einer Höhenminderung der Bandscheibenräume (BSR), osteochondrotische Abstützreaktionen und spondylarthrotische Veränderungen. Eine CT-Untersuchung am 12. August 2013 ergab im Vergleich zum MRT aus 2010 insbesondere in den Segmenten HWK 3/4 und in der Höhe HWK 6/7 eine progrediente Einengung des Spinalkanals und der osteochondrotischen Abstützreaktionen. Ambulant durchgeführte neurologische Untersuchungen vom 18. September 2013 und 07. November 2013 ergaben keine wesentlichen sensomotorischen Defizite. Eine ebenfalls von Dr. R durchgeführte MRT-Untersuchung der LWS vom 14. Juli 2011 zeigte eine leichte degenerative Gefügestörung und mäßige Spinalkanalstenose im Segment LWK4/5, Bandscheibendegenerationen und osteochondrotische Abstützreaktionen mehretagig mit Alteration der Nervenwurzel L3, L4 und L 5.
Auf die ärztliche Anzeige des Verdachtes einer Berufskrankheit vom 08. Mai 2014 betreffend die BK 2108 (Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) leitete die Beklagte Ermittlungen hierzu ein. Sie holte unter anderem Befundberichte der behandelnden Fachärztin für Orthopädie Sch vom 27. Mai 2014, der Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. D vom 06. Juni 2014 sowie Behandlungsunterlagen des Klinikums Dahme-Spreewald zu mehreren dortigen stationären Aufenthalten ein. Der Kläger selbst berichtete von Wirbelsäulenbeschwerden seit 1995, insbesondere bei körperlicher Belastung z. B. beim Mauern. Der Beratungsarzt und Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. P kam in seiner Stellungnahme vom 14. August 2014 zu dem Ergebnis, dass eine BK 2108 nicht vorliege. Nach Einholung einer gewerbeärztliche Stellungnahme vom 06. November 2014 der Fachärztin für Arbeitsmedizin Dipl.-Med. O, die ebenfalls nicht die Anerkennung einer BK 2108 empfahl, jedoch darauf hinwies, dass degenerative Veränderungen der HWS vorlägen, lehnte die Beklagte die Anerkennung der BK 2108 mit Bescheid vom 21. November 2014 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05. März 2015 zurück. Der Kläger führte bei dem Sozialgerichts Cottbus (SG) das unter dem Aktenzeichen S 15 U 49/15 geführte Klageverfahren und sodann beim LSG das Berufungsverfahren zum Az. L 3 U 59/21 zur Anerkennung der BK 2108.
Die Beklagte prüfte auf Grund der Stellungnahme der Gewerbeärztin das Vorliegen der BK 2109. Sie holte hierzu die gewerbeärztliche Stellungnahme von Dipl.-Med. O vom 09. März 2015 ein. Darin wurde die Anerkennung der BK 2109 nicht empfohlen, weil der Kläger als Baufacharbeiter keinen besonderen Belastungen, wie sie im Merkblatt für die BK 2109 aufgeführt seien, ausgesetzt gewesen sei. Die Beklagte lehnte daraufhin mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 12. März 2015 auch die Anerkennung der BK 2109 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass nach den Ermittlungen die festgestellte Erkrankung nicht ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen sei. Als arbeitstechnische Voraussetzung der BK 2109 werde ein langjähriges schweres Tragen von Lastgewichten (50 kg und mehr) auf der Schulter mit nach vorn und seitwärts erzwungener Kopfbeugehaltung sowie gleichzeitigem maximalen Anspannen der Nackenmuskulatur in der überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten gefordert. Eine derartige Belastung sei bei dem Kläger als Baufacharbeiter nicht gegeben. Den hiergegen gerichteten Widerspruch, den der Kläger nicht begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2015 zurück.
Mit seiner am 28. Juli 2015 vor dem SG Cottbus erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Anerkennung der Berufskrankheit BK 2109 weiterverfolgt. Er hat weiter die Auffassung vertreten, dass die Erkrankungen der HWS auf seine langjährige berufliche Tätigkeit im Baugewerbe, bei der er auch regelmäßig schwere Lasten zu tragen gehabt habe, zurückzuführen und daher als BK 2109 von der Beklagten anzuerkennen und zu entschädigen sei. Er hat sich auf die Beweiserleichterungen nach § 9 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) berufen.
Die Beklagte hat im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens am 04. November 2020 ergänzend ausgeführt, dass auch unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirates Berufskrankheiten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) aus dem Jahr 2016 die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Berufskrankheit nicht erfüllt seien. Sie hat hierzu eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 18. September 2020 sowie des Präventionsdienstes der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft vom 19. Oktober 2020 eingereicht. Die Stellungnahme hat der Präventionsdienst der Beklagten nach einer persönlichen Befragung des Klägers vom 27. August 2020 erstellt. In seiner zusammenfassenden Beurteilung kam er zu dem Ergebnis, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit Lasten von über 40 kg auf der Schulter oder über der Schulter mit Beteiligung des Rückens getragen habe. Diese Belastung habe aber in der weit überwiegenden Zeit einen Schichtanteil von 30 Minuten nicht erreicht. Es sei während seiner Tätigkeit vom 01. April 1993 bis zum 31. Dezember 1996 sowie vom 03. Juli 2001 bis zur Beendigung der beruflichen Tätigkeit im Januar 2012 lediglich an drei Arbeitstagen im Jahr der Schichtanteil von 30 Minuten pro Tag erreicht bzw. überschritten worden (ca. 38 Minuten). Die kumulative Gesamtbelastungsdosis betrage 1.002 kg x h. Die Mindestbelastung i.H.v. 4,4 × 10.000 kg x h sei nicht erreicht worden. Die Präventionsabteilung der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft ermittelte in ihrer Stellungnahme vom 19. Oktober 2020 aufgrund eines mit dem Kläger geführten persönlichen Gesprächs vom 09. Oktober 2020, eines Telefonats mit dem Kläger vom 15. Oktober 2020 sowie eines Telefonats mit dem als Zeugen benannten Kollegen K, für den Tätigkeitszeitraum von 1977 bis 1991 ebenfalls, dass der Kläger zum Teil hohe Lastengewichte auf der Schulter getragen habe. In keiner der Schichten seien jedoch mehr als 0,5 Stunden dieser Tätigkeit ausgeführt worden. Damit fehle es an einem der drei erforderlichen Kriterien für die Bejahung der arbeitstechnischen Voraussetzung der BK 2109.
Das SG hat medizinische Ermittlungen angestellt, indem es Befundberichte der behandelnden Ärzte und eine Behandlungsübersicht von der Krankenversicherung des Klägers eingeholt hat.
Das SG hat mit Urteil vom 09. März 2021 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, die BK 2109 beim Kläger festzustellen. Zur Überzeugung der Kammer erfülle der Kläger bereits nicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen der streitigen Berufskrankheit, da eine Einwirkung durch das langjährige Tragen schwerer Lasten auf der Schulter nicht nachgewiesen sei. Die in der Nr. 2109 der Anlage 1 der BKV verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe „langjährig“ oder „schwer“ seien unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien (BR- Drucks. 773/92 S. 8) sowie anhand der Vorgaben des vom BMAS herausgegebenen Merkblatts für die ärztliche Untersuchung zur Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV und der Wissenschaftlichen Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ beim BMAS vom 01. Dezember 2016 (Bek. d. BMAS v. 01. Dezember 2016 – IVa 4- 45222-2109 -, GMBI. 31. Januar 2017, S. 29 ff.) näher zu konkretisieren. Den Merkblättern komme zwar keine rechtliche Verbindlichkeit zu, sie seien allerdings als Interpretationshilfe und zur Wiedergabe des bei seiner Herausgabe aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands heranzuziehen. Ergänzt um die wissenschaftliche Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirats vom 01. Dezember 2016 stelle das Merkblatt zur Überzeugung der Kammer den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand dar. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ beim BMAS habe darin vorgeschlagen, die Anforderungen an die erforderliche arbeitsbedingte Einwirkung für eine BK 2109 gegenüber dem Merkblatt aus dem Jahr 1993 herabzusetzen und teilweise zu modifizieren. Danach sei von dem Vorliegen einer ausreichenden Einwirkung auszugehen, wenn der Versicherte Lasten mit einem Lastgewicht von 40 kg oder mehr auf der Schulter oder über der Schulter mit Beteiligung des Rückens während eines Schichtanteils von etwa einer halben Stunde oder mehr getragen habe. Der Tragevorgang müsse dabei zu einer Kopfbeugehaltung nach vorne oder seitwärts oder zu einer Verdrehung der HWS geführt haben. Dies sei beim Tragen von Tierkörperteilen und Säcken sowie Balken, Rohren, Baumstämmen, Schläuchen, Kabeln oder ähnlichen Lasten auf der Schulter oder über der Schulter mit Beteiligung des Rückens der Fall. Die arbeitsbedingte Einwirkung müsse mit einer kumulativen Gesamtbelastung in Höhe von mindestens 4,4 x 10.000 (kg x h) einhergehen. Wie sich aus den Stellungnahmen des Präventionsdienstes der Beklagten vom 18. September 2020 und der der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft vom 19. Oktober 2020 ergebe, erfülle der Kläger diese Kriterien nicht. Anhand der vom Kläger beschriebenen Arbeitsabläufe seien drei Arbeitstage im Jahr ermittelt worden, an denen er etwa 38 Minuten innerhalb einer Arbeitsschicht Lasten von etwa 40 kg auf der Schulter getragen habe. An allen anderen Arbeitstagen habe der Kläger einen Schichtanteil von 30 Minuten pro Arbeitsschicht nicht erreicht und habe in der Vielzahl der Schichten deutlich darunter gelegen. Die daraus folgende kumulative Gesamtbelastungsdosis i. H. v. 1.002 kg x h erreiche nicht annähernd die geforderte Mindestdosis von 44.000 kg x h. Aus der Stellungnahme der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft ergebe sich, dass der Kläger an dem zu beurteilenden Arbeitsplatz an ca. 28 Arbeitstagen Lastengewichte von 40 kg bis zu 60 kg auf der Schulter getragen habe, dies jedoch an keinem Tage im Umfang eines Schichtanteils von einer halben Stunde pro Arbeitsschicht. Die Tragebelastungen in den einzelnen Arbeitsschichten und die Gesamtbelastungsdosis seien zur Überzeugung der Kammer von den Präventionsdiensten zutreffend ermittelt worden. Entgegen der Auffassung des Klägers werde das Vorliegen einer ausreichenden arbeitsbedingten Einwirkung zur Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK 2109 auch nicht nach § 9 Abs. 3 SGB VII vermutet. Die Vorschrift beziehe sich nicht auf den Nachweis der schädigenden Einwirkung, sondern lediglich auf den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 26. März 2021 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08. April 2021 bei dem SG Cottbus Berufung eingelegt. Er hat geltend gemacht, dass nicht ausreichend ermittelt worden sei. Die präventionsdienstlichen Stellungnahmen seien hinsichtlich der Arbeitsabläufe nicht nachvollziehbar. Sie basierten auf lückenhaften tatsächlichen Feststellungen und subjektiv geprägten Einschätzungen, die zwangsläufig dazu führten, dass auch die rechtliche Bewertung fehlerhaft sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe er nahezu dauerhaft Lasten auf der Schulter von mehr als 50 kg getragen. Insoweit habe er bereits eine detaillierte und ausführliche Schilderung zu den örtlichen Gegebenheiten und der jeweiligen Körperhaltung zur Akte gereicht. Den Merkblättern komme bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe keine Verbindlichkeit zu, sie seien Interpretationshilfe. Zwar habe der Ärztliche Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ beim BMAS in seiner wissenschaftlichen Stellungnahme aus dem Jahr 2016 insgesamt drei Punkte für die Erfüllung der arbeitstechnischen Anforderungen gefordert. So müsse der Versicherte Lasten mit einem Lastgewicht von 40 kg oder mehr auf der Schulter oder über der Schulter unter Beteiligung des Rückens während eines Schichtanteils von etwa einer halben Stunde oder mehr getragen haben, der Tragevorgang müsse zu einer Kopfbeugehaltung nach vorn oder seitwärts oder zu einer Verdrehung der HWS geführt haben, die arbeitsbedingte Einwirkung müsse mit einer kumulativen Gesamtbelastung in Höhe von mindestens 4,4 × 10.000 kg x h einhergehen. Dagegen sei das Bundessozialgericht (BSG) bereits in seiner Entscheidung vom 04. Juli 2013 (Az.: B 2 U 11/12 R) zu dem Ergebnis gelangt, dass sich eine Mindestexpositionsdauer (von 1 Stunde) pro Arbeitsschicht weder in den Materialien noch im Merkblatt zur BK 2109 finden lasse. Es habe zugleich eine Regelmäßigkeit des Tragen schwerer Lasten als erforderlich angesehen, wobei diese Einwirkung in der ganz überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten stattfinden müsse, wenn auch eine Zeitgrenze pro Arbeitsschicht nicht hergeleitet werden könne. Entgegen der Auffassung des SG in dem angegriffenen Urteil sei also gerade keine Mindestdauer der Einwirkung pro Schicht zu fordern. Es müssten daher die arbeitstechnischen Voraussetzungen einzelfallbezogen unter sachgerechter Abwägung aller Gesichtspunkte geprüft werden. Der Kläger hat unter dem 14. November 2021 eine Aufstellung zu der aus seiner Sicht gegebenen Belastung erstellt. Darin hat er ausgeführt, dass aufgrund von Facharbeitermangel bereits in der Lehrzeit eine volle Integration in die Brigade stattgefunden habe. Es habe Schwerstarbeit geleistet werden müssen. Es sei auch nicht ausreichend darauf eingegangen worden, dass zu DDR-Zeiten kaum technische Hilfsmittel existiert hätten bzw. nicht in jeder Brigade ständig verfügbar gewesen seien. Insbesondere in der Auflistung der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft seien nur 28 Tage enthalten, an denen schwer getragen worden sei. Dies sei nicht nachvollziehbar. Es dürfe nicht vergessen werden, dass auch die Witterung eine Rolle gespielt habe sowie der Untergrund, der nicht immer glatt, sondern uneben und nicht befestigt gewesen sei. Man könne daher nicht pauschal mit einer Tragegeschwindigkeit von 1 m/s rechnen. Es sei außerdem tagelang bei Sanierungsarbeiten Schutt per Hand mit Baueimern links und rechts in den Händen die Treppen von Wohnblöcken runtergetragen worden. Es sei auch oft in gebückter Haltung gearbeitet worden. Nach 38 Jahren körperlich schwerer Arbeit könne man die Arbeit nicht in Minuten aufteilen. Um Sturze z. B. für den Keller eines Eigenheims zu verlegen zu können, seien folgende Arbeitsschritte erforderlich: man bräuchte pro Fenster oder Tür drei Sturze. Diese seien vom Außenbereich in den Bau zu tragen. Man lege sie auf der Rüstung ab, danach könnten sie erst von der Rüstung aus verlegt werden. Dazu brauche man viel mehr Zeit als in den Tabellen erfasst. Bei einem Einfamilienhaus brauche man ca. 50 Sturze. Die Sturze hätten in der Regel auch ein Lastgewicht von 50 bis 70 kg gehabt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. März 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2015 aufzuheben und festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 der BKV vorliegt.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Aufgrund der weiteren vom Kläger im Rahmen des Berufungsverfahrens getätigten Angaben zu seiner tatsächlichen Tätigkeit hat die Beklagte auf Aufforderung des Senats eine ergänzende Stellungnahme Arbeitsplatzexposition ihrer Präventionsabteilung vom 16. Dezember 2021 sowie der Präventionsabteilung der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft vom 10. Dezember 2021 eingereicht. Danach ergebe sich – selbst wenn man annähme, dass der Kläger die 50 Sturze für ein Einfamilienhaus in einer Schicht allein getragen hätte – keine Belastung von mindestens 30 Minuten pro Arbeitsschicht; auch nicht, wenn man die Wegstrecke verdreifache.
Der Senat hat zudem die Akten des Verfahrens L 3 U 59/21 mit dem dort vom Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. T am 07. Februar 2022 nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 20. Januar 2022 erstellten medizinischen Sachverständigengutachten beigezogen. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass die Beschwerden an der HWS und LWS anlagebedingt seien und ein Zusammenhang zwischen Arbeitsschwere und Beschwerden/ Bandscheibenschäden an der HWS/LWS nicht vorliege (S. 34 des Gutachtens). Der Sachverständige hat in der HWS nach ICD-10 ein Zervikobrachial-Syndrom (M53.1) diagnostiziert und ergänzend ausgeführt, dass dies nicht als eine Bandscheibenerkrankung zu verstehen sei, sondern insgesamt ein altersassoziierter Verschleiß bestehe (S. 32 des Gutachtens).
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 30. Mai 2022 und vom 04. Februar 2022 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung (§ 153 Abs.1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten zum vorliegenden Verfahren sowie zum Verfahren L 3 U 59/21 und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheiden, nachdem sich alle Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die gemäß § 151 SGG frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Das SG Cottbus hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erweist sich als statthaft und im Übrigen zulässig. Der Kläger kann wählen, ob er sein Begehren mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) oder mit einer Kombination aus Anfechtungsklage gegen den das Nichtbestehen des von ihm erhobenen Anspruchs feststellenden Veraltungsakt und einer Verpflichtungsklage verfolgen will. Beide Rechtsschutzformen sind grundsätzlich gleich rechtsschutzintensiv (BSG, Urteile vom 05. Juli 2011 – B 2 U 17/10 R – und vom 15. September 2011 – B 2 U 22/10 R -, juris, m.w.N.).
Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung der bei ihm vorliegenden Erkrankungen der Halswirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV.
Berufskrankheiten sind gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zu den vom Verordnungsgeber in der BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I 1997, 2623) bezeichneten Berufskrankheiten gehört nach Nr. 2109 auch die „Bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können“. In der ab dem 01. Januar 2021 gültigen Fassung der BKV vom 12. Juni 2020 (BGBl. I 2020, 1248) wurde die BK 2109 neu gefasst und lautet nach Wegfall des sog. Unterlassungszwangs: „Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der Halswirbelsäule) geführt haben“.
Der Kläger gehört zum versicherten Personenkreis. Er war auf Grund seiner Tätigkeit als Baufacharbeiter bei Bauunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert.
Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass zum einen die arbeitstechnischen Voraussetzungen in der Person des Klägers gegeben sind und dass zum anderen das typische Krankheitsbild dieser Berufskrankheit vorliegt und dieses im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist. Die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht jedoch die bloße Möglichkeit ausreicht. Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und Erkrankungen im Recht der Berufskrankheiten gilt, wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. zum Kausalitätsbegriff in der gesetzlichen Unfallversicherung die ständige Rechtsprechung des BSG, Urteile vom 04. Dezember 2014 – B 2 U 18/13 R -, Rn. 16 ff., vom 13. November 2012 – B 2 U 19/11 R -, Rn. 20 ff., vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R -, Rn. 16 ff., vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, Rn. 15 ff., vom 27. Juni 2006 – B 2 U 20/04 R -, Rn. 18 ff. und vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, Rn. 13 ff., alle zitiert nach juris; siehe auch: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Kap. 1.7, S. 21 f.). Die Nichterweislichkeit bzw. die tatsächliche Unaufklärbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen – einschließlich der Kausalkette – geht nach den Regeln der objektiven Beweislast zulasten des Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R -, Rn. 25, juris m.w.N.).
Vorliegend fehlt es bereits an den arbeitstechnischen Voraussetzungen.
Die BK 2109 setzt arbeitstechnische Voraussetzungen in Form eines langjährigen Tragens schwerer Lasten auf der Schulter voraus. Dabei sind die verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe wie „langjährig“ oder „schwer“ näher zu konkretisieren. Bei Berufskrankheiten ist dabei jeweils der im Entscheidungszeitpunkt aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft zugrunde zu legen (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 2021 – B 2 U 11/19 R -, Rn. 34, juris). Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (BSG, a.a.O.). Hierbei sind u. a. die Merkblätter des zuständigen Ministeriums, die Begründungen des Sachverständigenbeirats und Konsensempfehlungen heranzuziehen und zu würdigen. Wesentliche Bedeutung kommt dabei dem vom BMAS herausgegebenen Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV (Bek. des BMA, BArbBl 3/1993, S. 53) und der Wissenschaftlichen Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ beim BMAS vom 01. Dezember 2016 (GMBl. 31. Januar 2017, S. 29 ff.) zu.
Die in der Wissenschaftlichen Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ beim BMAS vom 01. Dezember 2016 formulierten arbeitstechnischen Voraussetzungen legen den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zu Grunde. Nach dem (ursprünglichen) Merkblatt zur BK 2109 besteht ein erhöhtes Risiko für bandscheibenbedingte Erkrankungen der HWS, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 1. Tragen von schweren Lasten auf der Schulter mit Lastgewichten von 50 kg und mehr, 2. die Lasten müssen langjährig getragen worden sein. Langjährig bedeutet, dass zehn Berufsjahre als die im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit zu fordern sind. In begründeten Einzelfällen kann es jedoch möglich sein, dass bereits eine kürzere, aber sehr intensive Belastung eine bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS verursacht, 3. die Lasten müssen mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten getragen worden sein. Das BSG hat zum Kriterium der Regelmäßigkeit des Tragens schwerer Lasten auf der Schulter ausgeführt, dass das regelmäßige Tragen schwerer Lasten auf der Schulter voraussetze, dass die entsprechende Last in der ganz überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten getragen wurde, ohne dass eine Mindesttragezeit pro Arbeitsschicht zu fordern sei. Das Tragen schwerer Lasten müsse mit einer nach vorn und seitwärts erzwungenen Haltung der HWS einhergehen (BSG, Urteil vom 04. Juli 2013 – B 2 U 11/12 R –, Leitsatz und Beschluss vom 30. Januar 2020 – B 2 U 152/19 B –, Rn. 10 (obiter dictum), juris). Wie bei der Belastungsdauer könnten geringere oder fehlende Einwirkungen in einer Arbeitsschicht durch stärkere oder länger dauernde Belastungen in anderen Schichten ausgeglichen werden. Insoweit lasse sich dem BK-Tatbestand, der Begründung des Verordnungsgebers und dem Merkblatt nur das Erfordernis eines regelmäßigen Tragens, nicht aber eines arbeitstäglichen Tragens von schweren Lasten auf der Schulter entnehmen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 04. Juli 2013 – B 2 U 11/12 R -, Rn. 15, juris). Der Ärztliche Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ beim BMAS hat in seiner wissenschaftlichen Stellungnahme vom 01. Dezember 2016 die Auffassung vertreten, dass ein unteres Abschneidekriterium für die erforderliche Dauer pro Schicht der arbeitsbedingten Einwirkung notwendig sei, da es aus wissenschaftlicher Sicht nicht begründbar sei, dass eine sehr kurzzeitige arbeitsbedingte Einwirkung im Sinne der BK 2109 pro Schicht, z. B. das Tragen einer Schweinhälfte à 50 kg über zehn Meter pro Tag, entsprechend einer Einwirkungsdauer von ca. zehn Sekunden bis allenfalls ca. 20 Sekunden am Tag, eine BK Nr. 2109 verursachen solle. Ferner solle sich die Ableitung einer Mindestvoraussetzung für die Dauer der erforderlichen Einwirkung im Sinne der BK 2109 an der Einwirkung der beiden in der amtlichen Begründung der Bundesregierung (Bundesrat-Drs. 773/92, Seite 9, Absatz 3) zu dieser BK genannten Berufsgruppen (Transportarbeiter in Schlachthöfen und Sackträger) orientieren. Der Sachverständigenbeirat hat sich hinsichtlich der arbeitsbedingten Mindestbelastung in Höhe von 4,4 x 10.000 (kg x h) im Wesentlichen an Schäfer et al. (Vergleich der Belastungen von Fleisch- und Kohleträgern beim Tragen von Lasten auf der Schulter, Zentralblatt für Arbeitsmedizin 58, 82-93) orientiert. Danach lag die Trageentfernung „unter Last“ der untersuchten Fleisch- und Kohleträger im Bereich von 2.000 bis 4.500 m und somit – bei typischen Gehgeschwindigkeiten von etwa einem Meter pro Sekunde – bei Tragedauern von über 30 bis zu 75 Minuten pro Tag. Hiervon wurde eine Mindesttragedauer von einer halben Stunde pro Tag abgeleitet. In Verbindung mit einer Mindestlast von 40 kg je Tragevorgang errechnete sich hieraus eine tägliche Dosis von 20 (kg x h), die als Richtwert für eine tägliche Belastung durch das Tragen schwerer Lasten auf der Schulter oder über der Schulter mit Beteiligung des Rückens im Sinne der BK 2109 definiert wurde. Unter Berücksichtigung einer langjährigen Tätigkeit von mindestens zehn Jahren errechnete sich eine arbeitsbedingte Gesamtbelastung von mindestens 20 (kg x h) pro Tag x 220 Tage pro Jahr x 10 Jahre = 44.000 kg x h. Diese Gesamtdosis von 44.000 kg x h, entsprechend 4,4 x 10.000 kg x h, stelle somit ein Maß für die arbeitsbedingte Gesamtbelastung dar, ab der eine ausreichende Exposition im Sinne der BK 2109 angenommen werde. Sofern die Belastung pro Schicht besonders intensiv ist, reiche auch nach der wissenschaftlichen Stellungnahme aus dem Jahr 2016 eine geringere Expositionsdauer als zehn Jahre aus, sofern die Gesamtdosis in Höhe von mindestens 4,4 x 10.000 kg x h erreicht werde. In Anwendung dieser Maßstäbe hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ beim BMAS nach Auswertung der Fachliteratur als Anhaltspunkt formuliert, dass 1. der Versicherte Lasten mit einem Lastengewicht von 40 kg oder mehr auf der Schulter oder über der Schulter mit Beteiligung des Rückens während eines Schichtanteils von etwa einer halben Stunde oder mehr getragen hat, 2. der Tragevorgang zu einer Kopfbeugehaltung nach vorne oder seitwärts oder zu einer Verdrehung der HWS geführt hat und 3. die arbeitsbedingte Einwirkung im Sinne von Ziffer 1 und 2 mit einer kumulativen Gesamtbelastung in Höhe von mindestens 4,4 x 10.000 (kg x h) einhergeht, wobei alle Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen. Die von BSG in seinem Urteil vom 04. Juli 2013 getroffene Aussage, dass eine Mindestdauer einer Einwirkung pro Schicht nicht zu fordern ist, sieht der Senat durch die nach Auswertung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse erstellten Wissenschaftlichen Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirates „Berufskrankheiten“ beim BMAS vom 01. Dezember 2016 als überholt an. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass es hierzu neuere Erkenntnisse gibt, die einen wissenschaftlichen Konsens darstellen (vgl. auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. November 2020 – L 9 U 3225/15 –, Rn. 38, juris; Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Stand: Dezember 2022, M 2109 Ziff. 4; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 529f).
Bei dem Kläger wurde, wie sich aus den auf der Grundlage der genannten Kriterien erstellten Stellungnahmen Arbeitsplatzexposition des Präventionsdienstes der Beklagten vom 18. September 2020 und der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft vom 19. Oktober 2020 ergibt, mit einer kumulativen Gesamtbelastungsdosis von 1.002 kg x h die erforderliche Mindestbelastung von 44.000 kg x h deutlich unterschritten. Nach den Berechnungen des Präventionsdienstes der Beklagten, war der Kläger unter Zugrundelegung von 220 Arbeitsschichten pro Jahr mit dem Tragen von Lasten mit mindestens 40 kg auf der Schulter in seinen verschiedenen Tätigkeitszeiträumen wie folgt belastet:
01.09.1974 – 31.08.1975 an 106 Arbeitsschichten/Jahr mit je ca. 5 Min.
01.09.1975 – 15.07.1976 an 191 Arbeitsschichten /Jahr mit je ca. 5 Min.
16.07.1976 – 30.06.1977 an 89 Arbeitsschichten /Jahr mit je ca. 5 Min.
18.07.1977 – 04.05.1981 an 56 Arbeitsschichten /Jahr mit je ca. 5 Min.
an 3 Arbeitsschichten /Jahr mit je ca. 17 Min
08.11.1982 – 30.09.1991 an 56 Arbeitsschichten /Jahr mit je ca. 5 Min.
an 3 Arbeitsschichten /Jahr mit je ca. 17 Min
01.04.1992 – 31.08.1995 an 55 Arbeitsschichten /Jahr mit je ca. 5 Min.
01.04.1996 – 04.01.2012 an 33 Arbeitsschichten /Jahr mit ca. 5 Min.
an 3 Arbeitsschichten /Jahr mit 38 Min.
an 5 Arbeitsschichten /Jahr mit 15 Min.
Nach der vom Präventionsdienst der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft am 19. Oktober 2020 für den Zeitraum vom 18. Juli 1977 bis zum 04. Mai 1981 und vom 08. November 1982 bis zum 30. September 1991 erstellten Stellungnahme Arbeitsplatzexposition hat der Kläger in diesen Zeiträumen in 28 Arbeitsschichten pro Jahr Lastengewichte von über 40 kg auf der Schulter getragen, dies jeweils für ca. 1 Minute bis zu 17,5 Minuten pro Arbeitsschicht (20 Arbeitsschichten mit 17,5 Minuten, 3 Arbeitsschichten mit 70 Sekunden, 3 Arbeitsschichten mit 72 Sekunden und 2 Arbeitsschichten mit 100 Sekunden).
Der Senat hält beide Stellungnahmen für nachvollziehbar und schlüssig und legt sie seiner rechtlichen Bewertung zu Grunde. Die Stellungnahmen wurden jeweils auf Grund einer ausführlichen Befragung des Klägers (persönlich oder telefonisch) und dessen detaillierten Angaben erstellt und enthalten die einzelnen in den verschiedenen Zeiträumen verrichteten Tätigkeiten mit den unterschiedlichen auf den Schultern getragenen Lastgewichten. Die Berechnungen zu den Tragedauern sind ebenfalls schlüssig dargelegt. Dabei kann offen bleiben, welcher Berechnung für die Zeiträume vom 18. Juli 1977 bis zum 04. Mai 1981 und vom 08. November 1982 bis zum 30. September 1991 der Vorzug zu geben ist; der der Beklagten mit mehr Arbeitsschichten und weniger Belastung/Schicht oder der der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft mit einer geringeren Anzahl belastender Arbeitsschichten, aber höherer Belastung. Aus beiden Stellungnahmen wird deutlich, dass die Belastung nicht täglich und ganz überwiegend (bzw. für den von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft beurteilten Zeitraum ausschließlich) mit einer deutlich unter 30 Minuten dauernden Belastung je Arbeitsschicht einhergegangen ist. Der Kläger ist der Aufteilung der zugrunde gelegten Arbeiten weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren substantiiert entgegengetreten. Zwar hat er in seiner Stellungnahme vom 14. November 2021 ausgeführt, dass bei den Maurerarbeiten die auf der Schulter getragenen Sturze aus Beton zum Teil 50 bis 70 kg gewogen hätten und beispielhaft für ein Einfamilienhaus 50 Sturze zu transportieren gewesen seien. Nach den Ausführungen in der Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten vom 16. Dezember 2021 vermag dies aber nichts an der Einschätzung zu ändern. Der Senat folgt dieser Bewertung. Selbst unter Zugrundelegung dessen, dass alle 50 Sturze in einer Arbeitsschicht und allein vom Kläger getragen worden wären, ergäbe sich eine Belastung von 8,33 Minuten Tragezeit (50 x 10s). Auch in Addition mit dem übrigen Tragen von Lasten über 40 kg auf der Schulter im Rahmen der vom Kläger ausgeführten Maurerarbeiten – dem Tragen von 50 kg – Zementsäcken in den Zeiträumen vom 01. Juli 1974 bis zum 31. August 1975, vom 01. September 1975 bis zum 15. Juli 1976, vom 16. Juli 1976 bis zum 30. Juni 1977, vom 18. Juli 1977 bis zum 04. Mai 1981, vom 08. November 1982 bis zum 30. September 1991, vom 01. April 1992 bis zum 31. August 1995, die der Präventionsdienst mit etwa 2 Minuten errechnet hat – ergäbe sich nur eine Tragezeit je Arbeitsschicht von etwas über 10 Minuten. Selbst bei einer Annahme der Verdopplung der Wegezeiten, etwa wegen des unebenen Geländes auf den Baustellen, wären 30 Minuten pro Arbeitsschicht bei weitem nicht erreicht. Der Senat hält es darüber hinaus nicht für plausibel, dass alle Sturze (für Keller, Türen und Fenster) an einem Tag, also innerhalb einer Arbeitsschicht, und allein vom Kläger getragen worden sein sollen, so dass es sich bereits um eine im Unfallversicherungsrecht nicht vorzunehmende „worst-case“-Berechnung handelt.
Eine Belastung von mindestens 30 Minuten ist daher nur für drei Arbeitsschichten pro Jahr, an denen der Kläger 30 Sackgebinde mit je 40 kg jeweils über eine Strecke von 50m getragen hat, während einer Beschäftigungsdauer von 13,25 Jahren anzunehmen. Die Berechnung der sich daraus ergebenden kumulativen Belastungsdosis von 1.002 kg x h hat der Präventionsdienst schlüssig dargestellt. Die erforderliche Belastung von 44.000 kg x h wird damit nicht annähernd erreicht.
Aber auch wenn man den Ausführungen des BSG in dessen Urteil vom 04. Juli 2013 (a. a. O.) folgte und keine Mindestexpositionsdauer pro Arbeitsschicht forderte, wären die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt. Das BSG hat eine Regelmäßigkeit des Tragens schwerer Lasten auf der Schulter mit Zwangshaltung als erforderlich angesehen, wobei die Einwirkung in der ganz überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten stattfinden müsse, auch wenn eine genaue Zeitgrenze pro Arbeitsschicht nicht hergeleitet werden könne. An einer erforderlichen Einwirkung in der überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten fehlt es vorliegend ebenfalls. Aus den vom Senat zugrunde gelegten Stellungnahmen der Präventionsdienste ergibt sich, dass der Kläger lediglich in den beiden ersten Jahren seiner beruflichen Tätigkeit (Ausbildung) in mehr als der Hälfte der Arbeitsschichten und damit in der überwiegenden Anzahl (siehe hierzu BSG, Beschluss vom 30. Januar 2020 – B 2 U 152/19 B –, Rn. 11, juris) relevant belastet gewesen wäre. Eine langjährige (mindestens 8 Jahre) Belastung in der überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten ist daher nicht gegeben.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Kläger – wie von ihm anschaulich und nachvollziehbar geschildert – als Baufacharbeiter ganztägig eine körperlich schwere Tätigkeit ausgeübt hat. Zu berücksichtigen ist im Rahmen der BK 2109 aber allein das Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, so dass es auf das von ihm beschriebene Tragen von Eimern mit Schutt, Tragen von Steinen etc. nicht ankommt. Die Tätigkeit des Klägers, der Facharbeiter und nicht etwa Bauhelfer war, ist auch insgesamt nicht mit derjenigen eines hauptberuflichen Trägers vergleichbar. Soweit der Kläger vorträgt, bei seiner Tätigkeit komme erschwerend hinzu, dass er beim Tragen auch Unebenheiten habe ausgleichen müssen, ist dies auf Grund der Tätigkeit auf Baustellen gut nachvollziehbar. Dieser Umstand hat zwar die Arbeit des Klägers erschwert, findet aber in den wissenschaftlichen Stellungnahmen hinsichtlich der Begründung der BK 2109 keine Berücksichtigung und ist daher nicht als maßgebliches Kriterium heranzuziehen.
Darüber hinaus ist die Kausalität der Erkrankung zu der Belastung des Klägers nicht überwiegend wahrscheinlich. Unabhängig davon, dass das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK 2109 nicht nachgewiesen ist, ist auch in medizinischer Hinsicht eine Verursachung der geklagten Beschwerden an der HWS durch eine berufliche Belastung im Sinne der BK 2109 nicht hinreichend wahrscheinlich. Insoweit hat Dr. T in dem im Parallelverfahren zur BK 2108 eingeholten Gutachten vom 07. Februar 2022 nach Auswertung anamnestischer, klinischer und bildmorphologischer Befunde der HWS, BWS und der LWS ausgeführt, dass diese und der Verlauf der Befunddokumentation durch die behandelnde Orthopädin darauf hinwiesen, dass die Beschwerden an der HWS und LWS anlagebedingt seien und ein Zusammenhang zwischen Arbeitsschwere und Beschwerden/Bandscheibenschäden an der HWS und LWS nicht vorliege (S. 34 des Gutachtens). Der Sachverständige hat in der HWS nach ICD-10 ein Zervikobrachial-Syndrom (M53.1) diagnostiziert und ergänzend ausgeführt, dass dies nicht als eine Bandscheibenerkrankung zu verstehen sei, sondern insgesamt ein altersassoziierter Verschleiß bestehe (S. 32 des Gutachtens). Diese Ausführungen erweisen sich für den Senat als überzeugend. Sie beruhen auf der Auswertung der umfangreichen medizinischen Unterlagen und legen anhand des Beschwerdeverlaufs und der Veränderungen an den Bandscheiben und Wirbelkörpern (Randzacken) in den verschiedenen Bereichen der Wirbelsäule schlüssig dar, dass die Veränderungen der HWS und LWS nicht wahrscheinlich durch Belastungen verursacht worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.