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Bewertung einer unfallbedingten Schädigung der Finger der Greifhand in Unfallversicherung

Sozialgericht Gelsenkirchen lehnt Verletztenrente nach Arbeitsunfall ab

Das Urteil des SG Gelsenkirchen Az.: S 13 U 188/13 vom 26.11.2014 befasst sich mit der Klage eines Müllwerkers, der nach einem Arbeitsunfall, bei dem er sich die Finger geklemmt hatte, auf Gewährung einer Verletztenrente pochte. Die Klage wurde abgewiesen, da das Gericht zu dem Schluss kam, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht in rentenberechtigendem Umfang gemindert sei. Es wurde festgestellt, dass nur eine endgradige Bewegungsstörung der betroffenen Finger vorliege, welche keine MdE von mindestens 20% begründe.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  • Arbeitsunfall: Der Kläger erlitt einen Arbeitsunfall, bei dem er sich die Finger klemmte.
  • Unfallfolgen: Diagnostiziert wurden eine Nagelkranzfraktur und eine Bewegungseinschränkung, jedoch keine rentenberechtigende MdE.
  • Gutachten und medizinische Bewertung: Mehrere Gutachten bestätigten die Unfallfolgen, ein CRPS (chronisch regionales Schmerzsyndrom) konnte nicht festgestellt werden.
  • Bewegungseinschränkung: Die Bewegungseinschränkung der Finger wurde anerkannt, führte aber nicht zu einer rentenberechtigenden MdE.
  • MdE unter 10%: Die Minderung der Erwerbsfähigkeit wurde auf unter 10% geschätzt.
  • Kein Anspruch auf Verletztenrente: Das Gericht entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf Verletztenrente hat.
  • Beweislast: Der Kläger konnte nicht überzeugend darlegen, dass eine höhere MdE gerechtfertigt wäre.
  • Klage abgewiesen: Aufgrund der festgestellten Fakten wurde die Klage abgewiesen.

Die Bedeutung der Gliedertaxe bei unfallbedingten Schädigungen der Finger

Unfallversicherung: Finger-Schädigung der Greifhand bewerten
(Symbolfoto: Tero Vesalainen /Shutterstock.com)

Die Gliedertaxe spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewertung von unfallbedingten Schädigungen der Finger in der Unfallversicherung. Sie dient dazu, den Invaliditätsgrad eines Unfallopfers zu bestimmen und somit die Höhe der Leistung der Unfallversicherung festzulegen. Die Bewertung der Finger erfolgt in der Regel nach einem prozentualen Schlüssel, der von der Art und Schwere der Verletzung abhängt.

Laut einer Gliedertaxe Tabelle  kann der Verlust eines Fingers mit einem Invaliditätsgrad von 5% bis 20% bewertet werden, je nachdem, ob es sich um den Daumen, den Zeigefinger oder einen anderen Finger handelt. Die Deutsche Familienversicherung weist darauf hin, dass Gliedertaxen und Invaliditätsgrade bei jeder privaten Unfallversicherung unterschiedlich sein können.

Es ist zu betonen, dass bei der Bewertung der Invaliditätshöhe allein auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung abzustellen ist. Die Gliedertaxe dient somit dazu, die Invalidität eines Fingers objektiv und einheitlich zu bewerten, um eine angemessene Leistung aus der Unfallversicherung zu erhalten.

Ein detaillierterer Einblick in die rechtlichen Herausforderungen und ein konkretes Urteil zu diesem Thema können dabei helfen, die Bedeutung der Gliedertaxe besser zu verstehen und die eigenen Ansprüche im Falle eines Unfalls besser einschätzen zu können.

Wenn Sie Fragen zu einem ähnlichen Fall haben, bei dem es um die Bewertung von unfallbedingten Schädigungen der Finger in der Unfallversicherung geht, fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Ein Arbeitsunfall mit weitreichenden Folgen

Am 20. August 2009 ereignete sich ein Arbeitsunfall, der das Leben eines Müllwerkers nachhaltig verändern sollte. Der Mann, geboren im Jahr 1968, verletzte sich während seiner Tätigkeit für die Stadt an der Greifhand, als er sich die dritten und vierten Finger rechts in einer Ladeluke einklemmte. Der darauffolgende medizinische Befund war ernst: eine Nagelkranzfraktur an den betroffenen Fingern. Trotz sofortiger medizinischer Versorgung, inklusive der Fixierung der Fingernägel mit einer Naht und späterer Berichte über eine leicht geschwollene, aber zunehmend beweglichere Hand, blieben Einschränkungen bestehen. Eine Belastungserprobung ergab, dass der Kläger seine Arbeit nur eingeschränkt verrichten konnte. Die Diagnosen reichten von physischen Beeinträchtigungen bis hin zu psychischen Folgen, darunter eine depressiv gefärbte Anpassungsstörung sowie eine erheblich ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung.

Der Weg durch die Instanzen

Die Anerkennung der Unfallfolgen durch die Unfallversicherung und die Feststellung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Ausmaß standen im Zentrum des Rechtsstreits. Die Beklagte, die Unfallversicherung, lehnte die Gewährung einer Verletztenrente ab, da sie eine MdE von unter 10 v.H. feststellte, was nicht ausreichte, um rentenberechtigend zu wirken. Diese Einschätzung stützte sich auf diverse medizinische Gutachten, unter anderem ein chirurgisches Gutachten, das eine knöchern konsolidierte Nagelkranzfraktur ohne Zeichen einer posttraumatischen Arthrose diagnostizierte, sowie neurologisch-psychiatrische und dermatologische Zusatzgutachten.

Die juristische Auseinandersetzung

Die juristische Auseinandersetzung drehte sich vor allem um die Frage, ob und inwieweit die Unfallfolgen eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit nach sich zogen. Der Kläger forderte die Anerkennung weiterer Unfallfolgen, insbesondere eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS), das seiner Ansicht nach nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Die Beklagte und ihre Gutachter hielten dagegen, dass die vorhandenen medizinischen Befunde eine solche Diagnose nicht stützen würden. Besonders das Ergebnis des Schweißsekretionstests und der skelettszintigraphische Befund wurden als Argumente gegen das Vorliegen eines CRPS angeführt.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Gelsenkirchen

Das Sozialgericht Gelsenkirchen wies die Klage mit seinem Urteil vom 26. November 2014 ab. In seiner Begründung stellte es fest, dass die unfallbedingten Gesundheitsschäden des Klägers zwar zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit führten, diese jedoch nicht das rentenberechtigende Maß von mindestens 20 v.H. erreichte. Das Gericht folgte dabei der Argumentation der Beklagten und ihrer medizinischen Sachverständigen. Es wurde betont, dass die Beweislast für das Vorliegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, die eine höhere MdE rechtfertigen würde, beim Kläger liege. Da dieser einen für die Feststellung eines CRPS notwendigen Gutachtentermin nicht wahrnahm, ging die fehlende Beweisführung zu seinen Lasten.

Fazit

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung umfassender medizinischer Begutachtung und die Schwierigkeiten bei der Anerkennung komplexer Schmerzsyndrome im Rahmen der Unfallversicherung. Die Entscheidung des Gerichts basierte maßgeblich auf der Bewertung medizinischer Fakten und der rechtlichen Beurteilung der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter einer Verletztenrente im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung?

Unter einer Verletztenrente versteht man eine wesentliche Geldleistung der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland, die an Personen gezahlt wird, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls, Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit langfristig, d.h. länger als 26 Wochen, um mindestens 20 Prozent gemindert ist. Für landwirtschaftliche Unternehmer, deren Ehegatten und Familienangehörige gilt ab dem 1. Januar 2008 eine Mindestminderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 Prozent als Voraussetzung für einen Rentenanspruch. Die Verletztenrente soll den Unterhalt des Verletzten und seiner Angehörigen in dem Umfang sichern, in dem die Erwerbsfähigkeit durch die Folgen des Unfalls oder der Berufskrankheit verloren gegangen ist.

Die Höhe der Verletztenrente richtet sich nach dem Grad der Erwerbsminderung und dem vor dem Versicherungsfall erzielten Gehalt. Sie beträgt maximal zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes, wobei der genaue Betrag durch die Formel Jahresarbeitsverdienst x 2/3 x MdE-Prozentsatz berechnet wird. Die so ermittelte Jahresrente wird durch 12 geteilt, um die monatliche Rentenhöhe zu erhalten. Die Verletztenrente ist steuerfrei und unterliegt keinem Abzug von gesetzlichen Krankenkassen- und Pflegebeiträgen.

Für Schwerverletzte, deren Erwerbsfähigkeit um mehr als 50 Prozent gemindert ist, wird eine Zulage von 10 Prozent gewährt. Zudem wird die Verletztenrente jährlich angepasst, um Inflationseffekte auszugleichen.

Die Verletztenrente wird von den Unfallversicherungsträgern, wie den Berufsgenossenschaften, gezahlt und kann unter bestimmten Voraussetzungen auch als Einmalzahlung oder Abfindung geleistet werden. Der Anspruch auf Verletztenrente besteht neben anderen Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, wie dem Verletztengeld oder Übergangsgeld, falls der Berechtigte arbeitsunfähig ist.

Wie wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im Kontext der Unfallversicherung bestimmt?

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist ein zentraler Begriff in der gesetzlichen Unfallversicherung und bezieht sich auf die Verringerung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens eines Versicherten infolge eines Arbeits- oder Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit. Die Feststellung der MdE erfolgt durch Vergleich der Erwerbsmöglichkeiten, die der Verletzte vor dem Unfall hatte, mit denen, die ihm nach dem Unfall auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbleiben.

Die MdE wird in Prozent angegeben und spiegelt den Grad der Beeinträchtigung wider. Bei der Bestimmung des MdE-Grades kommt es nicht darauf an, ob die betroffene Person tatsächlich einen Einkommensverlust erlitten hat, sondern auf die abstrakte Beeinträchtigung der Arbeitskraft. Die MdE wird für jeden Versicherungsfall gesondert festgestellt, und bei mehreren Versicherungsfällen können dementsprechend mehrere Renten gezahlt werden, wobei Prozentsätze unter 10 in der Regel nicht berücksichtigt werden.

Im Laufe der Zeit haben sich Erfahrungswerte für die Bewertung der MdE gebildet, die eine Gleichbehandlung der Verletzten bei vergleichbaren Körperschäden ermöglichen sollen. Allerdings darf keine schematische Anwendung dieser Erfahrungswerte erfolgen, sondern es muss immer auf die individuellen Gegebenheiten des Einzelfalls abgestellt werden.


Das vorliegende Urteil

SG Gelsenkirchen – Az.: S 13 U 188/13 – Urteil vom 26.11.2014

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 20.08.2009. Der 1968 geborene Kläger war als Müllwerker bei der Stadt beschäftigt. Ausweislich des Durchgangsarztberichtes von Privatdozent (PD) Dr. , Gelsenkirchen, vom 20.08.20.09 klemmte sich der Kläger an diesem Tag den dritten und vierten Finger rechts in einer Ladeluke. PD Dr. i diagnostizierte nach Röntgen eine Nagelkranzfraktur des dritten und vierten Fingers rechts. Im Durchgangsarztbericht vom 25.08.2009 führte Dr. , Marl aus, die Fingernägel seien mit einer Naht fixiert worden. Am 08.12.2009 berichtete Dr. , der dritte und vierte Finger sei noch leicht geschwollen. Die Streckung der Langfinger sei mittlerweile möglich, die Beugung des dritten und vierten Fingers noch eingeschränkt. Im Bericht der BGU Duisburg vom 25.03,2010 wurde über eine durchgeführte Belastungserprobung berichtet. Der Kläger könne seine Arbeit sechs Stunden verrichten. Das Heilverfahren sei zum 01.04.2010 abgeschlossen, in einem weiteren Bericht der BGU Duisburg vom 27.04.2010 wurde von einer Steigerung der täglichen Arbeitszeit auf acht Stunden berichtet. Ein eingeschränkter aktiver Faustschluss sei möglich. Arbeitsfähigkeit läge vorab dem 06.04.2010. Eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß werde nicht verbleiben. Eine weitere Therapie sei nicht erforderlich, im Bericht vom 15.11.2010 diagnostizierte der Neurologe und Psychiater Dr. J aus Herne eine depressiv gefärbte Anpassungsstörung sowie eine erheblich ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung. Die Beklagte holte ein chirurgisches Gutachten von Prof. Dr. , vom 28.06.2011 ein. Dieser gelangte zu der Beurteilung, als Unfallfolge läge eine knöchern konsolidierte Nagelkranzfraktur D 3/4 rechts ohne Zeichen einer posttraumatischen Arthrose, endgradige Bewegungseinschränkung D 3/4 mit unvollständigem Faustschluss von 1 cm, eine Verschmächtigung der Handbinnenmuskulatur rechts sowie eine reizlose Narbenbildung vor. Die MdE betrage unter 10 v. H. in einem dermatologischen Zusatzgutachten vom 18.07.2011 konnte Prof. Dr. keine relevante Störung der Schweißsekretion der rechten Hand feststellen. In dem neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachten vom 14.10.2011 führte Prof. Dr. aus der Verlauf, der beklagten Beschwerden und die Temperaturdifferenz spräche für ein chronisch-regionales Schmerzsyndrom, das Ergebnis des Schweißsekretionstestes aber dagegen. Die Durchführung einer 3-Phasen-Skelettsztntigraphie werde empfohlen. Nach Durchführung der 3- Phasen-Skelettszintigraphie führte Prof. Dr. in der ergänzenden Stellungnahme vom 05.12.2011 aus, das ein normaler skelettszintigraphischer Befund vorliege. Dieser schließe ein chronisch-regionales Schmerzsyndrom (CRPS) nicht aus, da die Szintigraphie bei 30 % auch normal ausfallen könnte. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 29.03.2012 führte Prof. Dr aus, der Schwitzversuch sei korrekt durchgeführt worden. Daraufhin holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. vom 16.04.2012 ein. Dieser gelangte zu der Beurteilung, als Unfallfolge läge eine Bewegungseinschränkung am Endglied des dritten und vierten Fingers sowie Schmerzen vor. Eine ab dem 15.10.2010 bestehende Arbeitsunfähigkeit sei nicht unfallbedingt. Die MdE betrage 10 v. H. Daraufhin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 25.04.2012 das Ereignis vom 20.08.2009 als Arbeitsunfall an und lehnte die Gewährung einer Rente ab. Als Unfallfolge erkannte sie an: Bewegungseinschränkung in den Endgliedern des dritten und vierten Fingers der rechten Hand. Es sei eine unfallbedingte MdE von 10 v. H. verblieben. Weitere Unfallfolgen, insbesondere ein komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS) könnten nicht anerkannt werden. Mit weiterem Bescheid vom 21.05.2012 wurde die unter Vorbehalt eingeleitete Verletztengeldzahlung zum 14.05.2012 nach Anhörung eingestellt. Der Kläger legte am 29.05.2012 gegen beide Bescheide Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2013 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.04.2012 (Verletztenrente) zurückgewiesen. Die Beklagte führte aus, es bestünden keine funktionalen Auswirkungen, die eine rentenberechtigende MdE von mindestens 20 v. H. verursacht hätten. Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 15.05.2013 wurde auch der Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.05.2012 (Verletztengeld) zurückgewiesen. Die Beklagte führte aus, ein komplexes regionales Schmerzsyndrom habe nicht im Vollbeweis festgestellt werden können. Somit sei keine weitere unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit festzustellen.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 15.05.2013 (Verletztenrente) hat der Kläger am 17.06.2013 Klage erhoben. Weiterhin hat er ebenfalls am 17.06.2013 gegen den Widerspruchsbescheid vom 15.05.2013 (Verletztengeld) Klage erhoben. Das diesbezügliche Klageverfahren ist unter dem Aktenzeichen S 13 U 189/13 beim Sozialgericht Gelsenkirchen anhängig gewesen.

Der Kläger trägt vor, Prof. Dr. habe darauf hingewiesen, dass ein für ein CRPS typischer Verlauf vorliegen würde. Die Bewertung von Prof. Dr. und der übrigen für ein CRPS sprechenden Befunde sei nicht in die medizinische Feststellung von Prof. Dr. , dass kein CRPS vorliege, eingeflossen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, den Bescheid der Beklagten vom 25.04.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 20.08.2009 Verletztenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Der Kläger überreicht Stellungnahmen von Dr. vom 28.02.2012 und 29.10.2013, einen Bericht des Hautarztes Dr. i vom 27.02.2012 sowie ein Gutachten des Neurologen Prof. Dr. , Kliniken Maria Hilf Mönchengladbach vom 22.04.2013 für das Landgericht Düsseldorf.

Mit Beweisanordnung vom 27.09.2013 hat das Gericht von Amts wegen Gutachten von dem Handchirurgen Dr. , Essen und dem Neurologen und Psychiater Dr. , Dortmund angefordert. In dem handchirurgischen Gutachten vom 11.11.2013 ist Dr. zu der Beurteilung gelangt, dass als Unfallfolge eine knöchern in Verformung konsolidierte Nagelkranzfraktur des rechten Mittel- und Ringfingers vorliege. Nicht Unfallfolge seien: Gravierende Einschränkung der rechtsseitigen Schulterbeweglichkeit, Einschränkung der Ellenbogen-und Handgelenksbeweglichkeit, geminderte Streckfähigkeit der Finger, erheblich geminderte Beugefähigkeit aller Langfinger mit Unfähigkeit einfache Gegenstände festzuhalten, völlige Kraftlosigkeit der rechten oberen Extremität. Arbeitsunfähigkeit liege vor bis zum 05.04.2010 wegen Unfallfolgen. Die MdE wegen Unfallfolgen betrage unter 10 v. H … Hinsichtlich der Begutachtung durch Dr. teilt der Kläger mit, er werde einen Gutachtentermin bei Dr. nicht wahrnehmen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Akten des Parallelstreitverfahrens Aktenzeichen S 13 U 189/13, SG Gelsenkirchen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung der Kammer gewesen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Hinsichtlich des schriftlich formulierten Antrages, dem Kläger Versichertenrente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren, geht das Gericht davon aus, dass der Kläger entsprechend seinem übrigen Vorbringen die Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallrente erstrebt. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Be-scheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 20.08.2009, da seine Erwerbsfähigkeit wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls nicht in rentenberechtigendem Umfang gemindert wird. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wird Teilrente geleistet. Sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII). Die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines Arbeitsunfalls im Sinne von § 8 SGB VII setzt voraus, dass die versicherte Tätigkeit, das Unfallereignis und der geltend gemachte Gesundheitsschaden mit Gewissheit bewiesen sind {BSGE 61, 127, 130; 63, 270, 271; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung [Handkommentar], § 8 SGB VII Rdnr. 10). Die haftungsausfüllende Kausalität als Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind ursächlich oder mitursächlich nur die Bedingungen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSGE, a.a.O.; Mehrtens, a.a.O. Rdnr. 8.2). Dabei muss der Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und dem Gesundheitsschaden, dessen Entschädigung begehrt wird, zwar nicht nachgewiesen, aber hinreichend wahrscheinlich sein; die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG Urteil vom 22.08.2000 – B 2 U 34/99 R -; Mehrtens, a.a.O. Rdnr.10.1). Dieser Zusammenhang ist unter Zugrundelegung der herrschenden unfallmedizinischen Lehrauffassung, die bei der Beurteilung maßgebend ist, erst dann gegeben, wenn mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel an einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG Breithaupt 1963, 60, 61; BSGE 32, 303, 309; 45, 285, 286). Die für den Kausalzusammenhang sprechenden Umstände müssen danach die gegenteiligen deutlich überwiegen (vgl. Schulz-Weidner, SGb1992,59). Von diesen rechtlichen Voraussetzungen ausgehend ist festzustellen, dass als Unfallfolge bei dem Kläger knöchern in Verformung konsolidierte Nagelkranzfrakturen des rechten Mittel- und Ringfingers vorliegen. Weitere Unfallfolgen lassen sich nicht feststellen, insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass bei dem Kläger ein chronisch regionales Schmerzsyndrom (CRPS) vorliegt. Zur Überzeugung des Gerichts ist bereits nicht sicher, dass bei dem Kläger diese Gesundheitsstörung vorliegt. Aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr … unter Berücksichtigung einer 3-Phasen- Skelettszintigraphie und dem dermatologischen Zusatzgutachten von Prof. Dr. ergibt sich lediglich, dass es Gesichtspunkte, wie die beklagten Beschwerden und die bestehende Temperaturdifferenz gibt, die für ein chronisch regionales Schmerzsyndrom sprechen. Gegen das Vorliegen eines CRPS spricht aber das Ergebnis des Schweißsekretionstests und das normale Ergebnis des skelettszintigraphischen Befundes. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung ist dem Gericht nicht möglich, insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht zur Abklärung, ob bei dem Kläger ein CRPS vorliegt, den Neurologen und Psychiater Dr. von Amts wegen zum Sachverständigen ernannt hat. Da der Kläger mitgeteilt hat, er werde einen Gutachtentermin bei Dr. nicht wahrnehmen, trägt er den Nachteil des nicht zu erbringenden Beweises für das Vorliegen eines CRPS. Denn der Kläger trägt die Beweislast für das Vorliegen der für ihn günstigen Tatsachen, wie dem Vorliegen einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls. Soweit der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. eine völlige Kraftlosigkeit der rechten oberen Extremität demonstriert hat, folgt hieraus nicht, dass tatsächlich Gesundheitsstörungen bei dem Kläger vorliegen würden, die es ihm nicht erlaubten, die rechte obere Extremität zu benutzen. Hiergegen spricht schon die völlig normal entwickelte Muskulatur, wobei es gesicherter unfallchirurgischer Lehrmeinung entspricht, dass nach einem Arbeitsunfall, in dessen Folge eine Extremität nicht oder schmerzbedingt nur wenig benutzt werden kann, es in kurzer Zeit zu einem Abbau der Muskulatur kommt. So hat auch Dr. darauf hingewiesen, dass alle festgestellten Muskelumfänge objektivierbar für einen guten Einsatz der rechten oberen Extremität im Alltag sprechen. Auch bei den im Verwaltungsverfahren durchgeführten Umfangsmessungen durch Prof. Dr. und Prof. Dr. haben sich hinsichtlich des linken und rechten Armes keine gravierenden Abweichungen gezeigt. Zudem hat auch der bei der Begutachtung durch Dr. auf Wunsch des Klägers anwesende Bevollmächtigte des Klägers darauf aufmerksam gemacht, dass der Kläger zuhause mit einer 300 – 400 Gramm schweren Hantel trainieren würde. Dies widerspricht aber der von dem Kläger demonstrierten Unmöglichkeit, einen leichten Hammergriff festhalten zu können. Weiterhin ist auch das ca. 40 Mal pro Tag angeblich durch den Kläger durchgeführte Heben einer 300 – 400 Gramm schweren Hantel nicht in der Lage, die bei dem Kläger bestehende gute Bemuskelung der rechten oberen Extremität zu erklären, insbesondere hinsichtlich der Muskeln wie der Beugemuskulatur der Finger oder auch weiterer Muskeln außer der Bizepsmuskulatur und die der anderen Beuger (musculus brachialis) am Oberarm, die durch das Hanteltraining bewegt werden. Die tatsächlich bestehende Muskulatur widerspricht auch der demonstrierten angeblichen Unfähigkeit, einen sehr weichen Therapieball auch nur einzudrücken. Auch findet sich bei dem Kläger keine seitendifferente Veränderung der Schultermuskulatur, so dass davon auszugehen ist, dass bei dem Kläger keine schmerzbedingte Minderbelastung der rechten oberen Extremität stattfindet Es hat sich bei vergleichender Röntgenuntersuchung beider Hände ein völlig normales Handskelett gezeigt in Hinblick auf die Mineralisierung, weiches ebenfalls im krassen Widerspruch zu der demonstrierten extremen Funktionsminderung steht Hieraus ergibt sich, dass als Unfallfolge bei dem Kläger lediglich eine endgradige Bewegungsstörung am dritten und vierten Finger der rechten Hand besteht. Gegen das Vorliegen eines CRPS spricht, worauf Dr …- plausibel hingewiesen hat, das Fehlen einer entsprechenden Muskelminderung sowie die Reduktion des Kalksalzgehaltes. Soweit eine weitere Aufklärung des Vorliegens eines CRPS nicht möglich ist, geht dies zu Lasten des Klägers, wie bereits dargelegt Die bei dem Kläger feststellbare Unfallfolge der endgradigen Bewegungsstörung am dritten und vierten Finger der rechten Hand bedingt keine rentenberechtigende MdE um 20 v. H … Vielmehr besteht wegen dieser Unfallfolgen eine MdE um unter 10 v. H … Völlig plausibel und in Übereinstimmung mit den MdE-Erfahrungswerten (vgl. insoweit z. B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage,-S. 566) hat Dr. darauf hingewiesen, dass der Kläger deutlich besser gestellt ist, als ein Unfallopfer, welches die Endglieder am Mittel- und Ringfinger verloren hat, wobei für diese Unfallfolgen eine MdE um 10 v. H. nach den MdE-Erfahrungswerten empfohlen wird. Soweit ist der Kläger ganz wesentlich besser gestellt. Denn er hat ein voll erhaltenes Mittel- und Ringfingerendglied. Es besteht lediglich röntgenologisch eine Verformung der Nagelkranzregion sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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