Skip to content
Menü

Elterngeld nach Ausreise ins Ausland – Voraussetzungen auf Anspruch

Elterngeldanspruch bei Auslandsaufenthalt: Einblicke in die rechtlichen Feinheiten

Das Hessische Landessozialgericht hat in einem Urteil vom 24.01.2020 über den Anspruch auf Elterngeld eines deutschen Staatsbürgers entschieden, der sich längere Zeit im Ausland aufhielt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: L 5 EG 10/18 >>>

Der Hintergrund des Falles

Der Kläger, ein 1973 geborener deutscher Staatsbürger, war mit einer US-amerikanischen Staatsbürgerin verheiratet und Vater zweier in den USA geborener Kinder. Er war in Deutschland als Postbeamter tätig und zog 2014 in die USA, um bei seiner schwangeren Frau zu sein. Dort nahm er später eine Teilzeitbeschäftigung beim Generalkonsulat an. Nach der Geburt seiner jüngeren Tochter beantragte er in Deutschland Elterngeld Plus, was vom Beklagten abgelehnt wurde, da er keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe.

Die rechtliche Auseinandersetzung

Der Kläger legte gegen die Ablehnung Widerspruch ein und argumentierte, dass er nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) anspruchsberechtigt sei. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück und betonte, dass Elterngeld nur bei einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gewährt werde, wenn es sich um eine Entsendung im Rahmen eines inländischen Arbeitsverhältnisses handle. Der Kläger erhob daraufhin Klage beim Sozialgericht Wiesbaden, welches die Klage abwies.

Die Entscheidung des Sozialgerichts

Das Sozialgericht stellte fest, dass der Kläger seit 2014 in den USA lebt und keinen Wohnsitz in Deutschland hat. Es betonte, dass objektive Verhältnisse und nicht die subjektive Absicht des Klägers entscheidend seien. Der Kläger habe keine eigene Wohnung in Deutschland und auch die Anspruchserweiterung des BEEG gelte nicht für ihn, da er nicht bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig sei.

Die Berufung und das Urteil des Landessozialgerichts

Gegen das Urteil des Sozialgerichts legte der Kläger Berufung ein und argumentierte, dass er seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland habe. Er betonte sein Beamtenverhältnis in Deutschland und seine dauerhafte Steuerpflicht. Zudem sei er nur vorübergehend im Ausland und plane, nach Deutschland zurückzukehren. Das Hessische Landessozialgericht bestätigte jedoch die Entscheidung des Sozialgerichts und wies die Berufung zurück.


Das vorliegende Urteil

Hessisches Landessozialgericht – Az.: L 5 EG 10/18 – Urteil vom 24.01.2020

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 1. November 2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Elterngeld nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig.

Der 1973 geborene Kläger ist deutscher Staatsbürger und mit der 1976 geborenen US-amerikanischen Staatsbürgerin C. A. verheiratet. Beide sind die Eltern der in den USA 2014 geborenen D. A. und der 2016 geborenen E. A. Die Ehefrau des Klägers ist bei der US-Armee beschäftigt.

Der Kläger war in der BRD bei der F. AG als Postbeamter tätig und seit dem 1. September 2011 mit seinem Wohnsitz in der G-Straße in G-Stadt gemeldet. Um mit seiner schwangeren Ehefrau im Juni 2014 in die USA reisen zu können, gewährte ihm sein Dienstherr mit Schreiben vom 23. April 2014 Sonderurlaub ohne Besoldung aus persönlichen Gründen für den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis 30. September 2014 sowie mit Schreiben vom 28. September 2014 Elternzeit für den Zeitraum vom 29. August 2014 bis 29. August 2015. Der Kläger gab die Wohnung in G-Stadt auf und brachte seinen Hausstand bei einer Freundin, H. H., in der H-Straße in H-Stadt unter. Seit dem 13. Juni 2014 ist der Kläger nicht in die BRD zurückgekehrt.

Mit Schreiben vom 8. Juli 2015 genehmigte die F. AG dem Kläger während seiner zwischenzeitlich verlängerten Elternzeit vom 1. August 2015 bis 28. August 2017 die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung bei dem Generalkonsulat A-Stadt. Ausweislich des Arbeitsvertrages vom 26. August 2015 zwischen der BRD, vertreten durch das Auswärtige Amt, vertreten durch den ständigen Vertreter, Herrn J. J., in A-Stadt und dem Kläger wurde letztgenannter zunächst für die Zeit vom 1. September 2015 bis 31. August 2016 als Teilzeitkraft (Pförtner und Bote mit Fahrertätigkeit) eingestellt. Mit Schreiben vom 18. April 2017 gewährte die F. AG dem Kläger weitere Elternzeit für den Zeitraum vom 29. August 2017 bis 13. Mai 2019. Dementsprechend wurde der Arbeitsvertrag des Klägers mit dem Generalkonsulat durch Änderungsvertrag vom 21. August 2017 für die Zeit vom 1. September 2017 bis 13. Mai 2019 verlängert.

Nach der Geburt seiner jüngeren Tochter E. A. beantragte der Kläger am 15. September 2016 die Gewährung von Elterngeld Plus für den 1. bis 24. Lebensmonat aus vorangegangenem Erwerbseinkommen bei dem Beklagten. In dem formularmäßigen Antrag gab er an, deutscher Staatsangehöriger zu sein. Sein Wohnsitz/gewöhnlicher Aufenthalt sei seit dem 13. Juni 2014 im Ausland. Er stehe jedoch in einem inländischen Arbeitsverhältnis.

Mit Bescheid vom 29. September 2016 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Elterngeld für E. A. ab. Der Anspruch hänge unter anderem davon ab, dass der Kläger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall, so dass ihm kein Elterngeld zustehe.

Hiergegen erhob der Kläger am 21. Oktober 2016 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass er nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BEEG anspruchsberechtigt sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Elterngeld werde nach § 1 Abs. 2 BEEG bei einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb von Deutschland nur dann gewährt, wenn es sich um eine Entsendung im Rahmen eines im Inland bestehenden Arbeitsverhältnisses für eine im Voraus begrenzte Zeit handele. Der Kläger sei bei seinem Hauptarbeitgeber, der F. AG, bis einschließlich 28. August 2017 in Elternzeit und habe ein neues Arbeitsverhältnis bei dem Generalkonsulat in A-Stadt (Texas), USA, begründet. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BEEG seien nicht erfüllt.

Hiergegen erhob der Kläger am 27. November 2016 Klage bei dem Sozialgericht Wiesbaden und führte zur Begründung aus, dass die F. AG seiner Tätigkeit bei dem Generalkonsulat zugestimmt habe. Auch besitze er die deutsche Staatsangehörigkeit. Er habe kein neues Arbeitsverhältnis begonnen. Bei dem Generalkonsulat sei er nur vorübergehend beschäftigt. Seine Beamtenlaufbahn bei der F. AG werde er niemals aufgeben.

Mit Urteil vom 1. November 2018 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die zulässige Klage sei unbegründet. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BEEG seien nicht erfüllt. Der Kläger halte sich seit Juni 2014 in den USA auf, weshalb er seinen gewöhnlichen Aufenthalt – was zwischen den Beteiligten auch unstreitig sei – nicht in Deutschland habe. Allerdings habe er auch keinen Wohnsitz in Deutschland. Der Kläger trage vor, dass er bereits bei Geburt seiner Tochter D. A. geplant habe, nach Deutschland zurückzukehren. Bei der Prüfung des Wohnsitzes seien jedoch die objektiven Verhältnisse entscheidend. Der Kläger habe die von ihm zuletzt bewohnte Wohnung in G-Stadt bei seiner Ausreise in die USA aufgegeben und seinen Hausstand in der Wohnung einer Freundin in H-Stadt untergebracht. Über eine eigene Wohnung, die für ihn und seine Familie jederzeit bereitstehe, verfüge er nicht. Das Unterkommen in der Wohnung einer Bekannten für eine Übergangszeit sei nicht ausreichend, um einen Wohnsitz des Klägers im Inland zu begründen. Bereits zum Zeitpunkt seiner Ausreise in die USA sei demnach ein möglicherweise tatsächlich vorhandener Rückkehrwille nicht an objektiven Gegebenheiten erkennbar gewesen. Auch greife die Anspruchserweiterung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BEEG für den Kläger nicht. Zwar besitze er die deutsche Staatsangehörigkeit, sei aber nicht bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig.

Gegen das am 13. November 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Dezember 2018 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Da er seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland habe, sei er Anspruchsberechtigter nach dem BEEG. Dies folge aus seinem derzeit ruhenden Dienstverhältnis bei der F. AG, woraus sich ein außerordentlich hoher und bedeutsamer Stellenwert insbesondere aufgrund des auf Lebenszeit bestehenden Beamtenverhältnisses ergebe. Auch sei er dauerhaft und unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland. Demgegenüber sei die Aufgabe des Wohnsitzes in H-Stadt nur vorübergehend erfolgt. Nach Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses mit dem Generalkonsulat beabsichtige er, mit seiner Familie nach Deutschland zurückzukehren. Er halte sich demzufolge lediglich vorübergehend im Ausland auf. Bei ihm liege ein sogenannter Doppelwohnsitz im In- und Ausland vor. Darüber hinaus gehöre er bereits nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BEEG zum anspruchsberechtigten Personenkreis, da er seit dem 1. September 2015 Beschäftigter des Generalkonsulates in A-Stadt (Texas) sei. Hierbei handele es sich um eine zwischenstaatliche Einrichtung, die im Anhang der Entsenderichtlinie des Bundes genannt sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 1. November 2018 sowie den Bescheid vom 29. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Elterngeld Plus für den 1. bis 24. Lebensmonat seiner Tochter E. A. zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Hierzu verweist er auf die nach seiner Auffassung zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts. Der Kläger verfüge weder über einen gewöhnlichen Aufenthalt noch einen Wohnsitz in Deutschland. Auch sei eine Anspruchsberechtigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BEEG nicht gegeben. Beschäftigte bei deutschen konsularischen Vertretungen im Ausland, die keinen besonderen konsularischen Status hätten und auf dem lokalen Arbeitsmarkt angeworben worden seien (sog. Ortskräfte), hätten grundsätzlich nur Anspruch auf Elterngeld, soweit sie in den beantragten Bezugsmonaten die Voraussetzungen des § 1 BEEG, insbesondere das Wohnsitzerfordernis, erfüllten.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die von dem Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>), da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.

Die Berufung ist allerdings unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 1. November 2018 ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 29. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2016 ist rechtmäßig, sodass der Kläger hierdurch nicht beschwert ist (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Elterngeld Plus für seine 2016 geborene Tochter E. A.

Der Anspruch des Klägers richtet sich allein nach dem mit Wirkung zum 1. Januar 2007 eingeführten BEEG (Gesetz vom 5. Dezember 2006, BGBl. I, 2748). Insbesondere das zwischenstaatliche Abkommen zwischen der BRD und den USA über Soziale Sicherheit (Gesetz zum Abkommen vom 7. Januar 1976, BGBl. II 1976, 1358, i.d.F. des Zusatzabkommens vom 2. Oktober 1986, BGBl. II 1988, 82 und des Zweiten Zusatzabkommens vom 6. März 1995, BGBl. II 1996, 301) enthält keine Bestimmungen zum Elterngeld oder anderen Familienleistungen, welche einer Anwendung des BEEG entgegenstehen würden. In Art. 2 Abs. 1 des Abkommens ist zum sachlichen Geltungsbereich geregelt, dass sich das Abkommen auf die deutschen Rechtsvorschriften über die Rentenversicherung der Arbeiter, die Rentenversicherung der Angestellten, die knappschaftliche Rentenversicherung, die hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung und die Alterssicherung für Landwirte bezieht. Eine Analogie auf das Elterngeld nach dem BEEG verbietet sich, da es sich um völlig anders geartete Leistungen handelt. Die in Art. 2 Abs. 1 des Abkommens aufgezählten Leistungen sind mit einer Beitragsleistung verknüpft. Das Elterngeld stellt dagegen eine freiwillige steuerfinanzierte Leistung des Staates ohne finanzielle Gegenleistung dar. Dies steht einer Übertragung des Abkommens auf das BEEG zwingend entgegen (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 17. Juli 2012, Az. L 11 EG 2929/10, vom 9. Juli 2013, Az. L 11 EG 4734/11 und vom 14. Mai 2019, Az. L 11 EG 4476/18 – alle veröffentlicht in juris).

Der grundsätzlichen Anwendung des BEEG auf den Kläger steht auch nicht der Umstand entgegen, dass er mit einem NATO-Truppenmitglied verheiratet ist. Das Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATOTrStat) vom 19. Juni 1951 (BGBl. II 1961, 1190) und das Zusatzabkommen hierzu (NATOTrStatZAbk) vom 3. August 1959 (BGBl. II 1961, 1218), die in der BRD aufgrund des Gesetzes vom 18. August 1961 (BGBl. II 1961, 1183) sowie der Bekanntmachung über das Inkrafttreten des NATOTrStat vom 16. Juni 1963 (BGBl. II 1963, 745) am 1. Juli 1963 in Kraft getreten sind, sind zwischenstaatliches Recht im Sinne des § 30 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I). Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 NATOTrStatZAbk werden zwischenstaatliche Abkommen oder andere im Bundesgebiet geltende Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge auf Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und auf Angehörige nicht angewendet, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist. Diese Vorschrift ist grundsätzlich auf den Kläger anwendbar. Er ist Angehöriger im Sinne der Vorschrift, denn er ist der Ehemann eines US-amerikanischen Mitglieds einer Truppe der NATO-Streitkräfte. Als Ehemann erfüllt er zweifelsohne die Voraussetzungen des Angehörigenbegriffs nach Art. I Abs. 1c NATOTrStat. Seine Ehefrau ist Angehörige der US-Armee, die Truppe im Sinne des Art. I Abs. 1a NATOTrStat ist. Überdies gehört das BEEG mit dem darin geregelten Anspruch auf Elterngeld zu den im Bundesgebiet geltenden Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 NATOTrStatZAbk enthält somit eine Kollisionsregel, die festlegt, dass deutsches Sozialrecht ausnahmsweise auf die dem internen Bereich der ausländischen Streitkräfte zugeordneten Personen nicht anzuwenden ist, wenn und solange sie sich im Bundesgebiet aufhalten und nur Beziehungen zum Entsendestaat oder untereinander haben (vgl. BSGE 70, 138, 145 = SozR 3-6180 Art. 13 Nr. 2 Seite 13 f.). Welcher Art und welchen Umfangs demgegenüber die ein Eingreifen des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 NATOTrStatZAbk ausschließenden und damit die Anwendbarkeit des deutschen Sozialrechts begründenden Rechtsbeziehungen zur Rechtsordnung der BRD sein müssen, kann sich nur nach dem (streitigen) Anspruch auf eine Sozialleistung bestimmen. Hierbei ist ausreichend, dass für den Anspruch auf die betreffende Sozialleistung ein Tatbestandsmerkmal erfüllt sein muss und erfüllt ist, dass außerhalb des „NATO-Bereichs“ liegt (vgl. dazu allgemein BSG SozR 6180 Art. 13 Nr. 1; BSG SozR 3-6180 Art. 13 Nr. 5). Auf Angehörige von NATO-Truppenmitgliedern ist der Erste Abschnitt des BEEG über das Elterngeld hiernach anwendbar, wenn sie vor der Geburt des betreuten Kindes durch Erwerbstätigkeit Einkommen außerhalb des Bereichs der NATO-Truppen erzielt haben. Dies ist mit den Tätigkeiten des Klägers bei der F. AG und bei dem deutschen Generalkonsulat in A-Stadt/Texas der Fall (so auch: BSG, Urteil vom 30. September 2010, Az. B 10 EG 11/09 R, BSGE 107, 10 = SozR 4-6180 Art. 13 Nr. 1). Der Anwendungsausschluss greift somit nicht für den Kläger.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer

1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,

2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,

3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und

4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

Anspruch auf Elterngeld hat nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BEEG auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BEEG zu erfüllen,

1. nach § 4 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist,

2. Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder

3. die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.

Dies gilt nach § 1 Abs. 2 Satz 2 BEEG auch für mit der nach Satz 1 der Vorschrift berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten, Ehegattinnen, Lebenspartner oder Lebenspartnerinnen.

Das Elterngeld ist schriftlich nach § 7 Abs. 1 BEEG zu beantragen. Nach Satz 2 der Vorschrift wird es rückwirkend nur für die letzten drei Monate vor Beginn des Monats geleistet, in dem der Antrag auf Elterngeld eingegangen ist.

Anspruchsberechtigte können nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BEEG in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes Elterngeld beziehen. Elterngeld Plus kann nach Satz 2 der Vorschrift auch nach dem 14. Lebensmonat bezogen werden, solange es ab dem 15. Lebensmonat in aufeinander folgenden Lebensmonaten von zumindest einem Elternteil in Anspruch genommen wird.

Unter Zugrundelegung dieser Vorschriften ist festzustellen, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld Plus für seine am 14. Mai 2016 geborene Tochter E. A. im beantragten Bezugszeitraum vom 14. Mai 2016 bis 13. Mai 2018 nicht erfüllt. Der Kläger verfügte in dieser Zeit weder über einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BEEG).

Zur Auslegung des Begriffs des Wohnsitzes in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BEEG ist die allgemein im Sozialrecht geltende Regelung des § 30 Abs. 3 SGB I heranzuziehen. Dabei sind gemäß § 37 Satz 1 i.V.m. § 68 Nr. 15 SGB I die Besonderheiten des BEEG zu berücksichtigen. Dementsprechend ist der Begriff des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthaltes nicht nur der sachliche Anknüpfungspunkt für den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs bzw. der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs. Es handelt sich vielmehr um ein materielles Tatbestandsmerkmal (Schlegel in jurisPK-SGB I, § 30 Rdnr. 14; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2019, Az. L 11 EG 4204/18).

Nach § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei sind die objektiven Verhältnisse entscheidend, die den Schluss auf den Willen zur Wohnsitzbegründung zulassen müssen (Hess. LSG, Urteil vom 27. November 2013, Az. L 6 EG 4/11, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Dezember 2013, Az. L 11 EG 4650/12, juris). Ob die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I vorliegen, ist im Wege der vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen. Denn die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bezieht in die Beantwortung der Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, auch ein prognostisches Element mit ein. Dies gilt auch für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltes, den jemand dort hat, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I; BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, Az. B 10 EG 6/08 R = SozR 4-7833 § 1 Nr. 10). Dies setzt zwar nicht unbedingt eine fest angemietete Wohnung oder eine melderechtliche Anmeldung voraus. Die (wie vom Kläger erfolgt) bloße Benennung einer Anschrift zum Zweck der postalischen Erreichbarkeit genügt den an die Dauerhaftigkeit zu stellenden Anforderungen jedoch nicht (z.B. VG Saarlandes, Urteil vom 27. Mai 2011, Az. 3 K 2136/09, juris).

Ein Doppelwohnsitz im In- und Ausland bzw. ein Auseinanderfallen von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt ist nach der Rechtsprechung des BSG im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) möglich (vgl. zum Wohnsitzbegriff des § 8 Abgabenordnung <AO>: BFH, Urteil vom 23. November 2000, Az. VI R 107/99 in BFHE 193, 558 = DStZ 2001, 243 unter Hinweis auf die zitierte BSG-Rechtsprechung BSG SozR 3-5870 § 2 Nr. 36; BFH, Urteil vom 20. November 2008, Az. III R 53/05 in FamRZ 2009, 602; BFH, Urteil vom 5. Januar 2012, Az. III B 42/11 in BFH/NV 2012, 978 und BFH, Urteil vom 17. Mai 2013, Az. III B 121/12 in BFH/NV 2013, 1381). Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 1 Abs. 1 BEEG mit der Formulierung „einen Wohnsitz“ (nicht: „seinen Wohnsitz“). Eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort steht der Beibehaltung des bisherigen Wohnsitzes also nicht entgegen. Bei einem von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt reicht die Feststellung der Rückkehrabsicht und der Möglichkeit der jederzeitigen Rückkehr in die Wohnung allerdings allein nicht aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes annehmen zu können (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 22. Januar 2013, Az. L 11 EG 3335/12 und vom 18. Dezember 2013, Az. L 11 EG 4650/12; BSG, Urteil vom 28. Mai 1997, Az. 14/10 RKg 14/94 = SozR 3-5870 § 2 Nr. 36).

Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass der Kläger seit dem 13. Juni 2014 keinen inländischen Wohnsitz im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I mehr hat. Er hält sich seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen in den USA auf. Seine Wohnung in G-Stadt hat er vor der Ausreise in die USA aufgegeben und seinen Hausstand in der Wohnung der 81-jährigen H. H. in H-Stadt untergebracht. Über eine eigene Wohnung in Deutschland, die dem Kläger und seiner Familie jederzeit bereitsteht, verfügt er nicht. Die Möglichkeit des vorübergehenden Unterkommens bei seiner Bekannten ist zu einer Wohnsitzbegründung in diesem Sinne nicht ausreichend. Eine dauerhafte Rückkehr in diese Wohnung ist nicht möglich. Diese Vorgehensweise war auch von Anfang an so beabsichtigt. Dass der Aufenthalt in den USA mittlerweile tatsächlich erheblich länger als ursprünglich geplant (zunächst bis zum Ende der erstmalig gewährten Elternzeit am 29. August 2015) andauert, ändert an dieser Einschätzung nichts, da bereits der ursprünglich geplante Aufenthalt länger als ein Jahr betrug. Ausführungen zu einem behaupteten Doppelwohnsitz erübrigen sich bei dieser Sachlage. Darüber hinaus hat der Kläger offensichtlich auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Sein Lebensmittelpunkt befindet sich seit nunmehr 5 ½ Jahren in A-Stadt (Texas). Dort lebt er gemeinsam mit seiner Ehefrau und den beiden Töchtern. Durch dieses Zusammenleben mit seiner Familie und der Arbeitsaufnahme in Texas hat er deutlich zu erkennen gegeben, dass er dort nicht nur vorübergehend verweilt.

Weiterhin sind auch nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 BEEG im beantragten Bezugszeitraum durch den Kläger erfüllt. Keiner der abschließend genannten Ausnahmetatbestände ist vorliegend einschlägig.

§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG befreit von dem Erfordernis eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland, wenn der Anspruchsberechtigte unter anderem im Rahmen eines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist. Voraussetzung ist, dass sich der Betroffene auf Weisung seines Dienstherrn vom Inland in das Ausland begibt, um dort für diesen tätig zu werden. Dies ist bei dem Kläger nicht der Fall. Er ist ausschließlich aus privaten Gründen am 13. Juni 2014 ausgereist, um die Geburt seiner älteren Tochter in den USA zu ermöglichen. Sein Dienstherr (F. AG) hat hierzu keine Weisung im Sinne einer Abordnung oder Versetzung erteilt. Vielmehr wurde dem Kläger von diesem lediglich Sonderurlaub ohne Besoldung aus persönlichen Gründen für den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis 30. September 2014 sowie Elternzeit zunächst für den Zeitraum vom 29. August 2014 bis 29. August 2015 gewährt. Dies gilt auch für die Aufnahme der Beschäftigung bei dem Generalkonsulat A-Stadt zum 1. September 2015. Diese erfolgte gleichfalls nicht auf Weisung der F. AG und steht mit der dortigen Tätigkeit in keinerlei Zusammenhang. Letztlich ersetzt auch das vom Dienstherrn erteilte Einverständnis zu der Arbeitsaufnahme während der gewährten Elternzeit nicht die im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG erforderliche Weisung.

Da der Kläger weder Entwicklungshelfer noch Missionar ist, findet auch die weitere Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BEEG keine Anwendung auf ihn.

Schließlich erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BEEG. Dieser Ausnahmetatbestand bezieht sich auf zwei Personengruppen. In der ersten Alternative werden die bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätigen Personen genannt. Diese müssen die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) besitzen. Weiterhin müssen sie bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation arbeiten. Eine zwischenstaatliche Einrichtung ist ein Rechtsträger des Völkerrechts, an dem mehrere Staaten in der Weise beteiligt sind, dass sie Hoheitsrechte auf die zwischenstaatliche Einrichtung übertragen. Die Organe der zwischenstaatlichen Einrichtung können gegenüber den beteiligten Staaten und ihren Bürgern unmittelbar hoheitlich tätig werden (vgl. nur Seidl-Hohenverldern/Loibl, Das Recht der internationalen Organisationen, 7. Auflage 2000, 1 ff.). Bei einer überstaatlichen Einrichtung findet eine Verlagerung rechtlicher Zuständigkeiten von der nationalstaatlichen auf eine höherstehende Ebene statt, die auch als überstaatliche (supranationale) Organisation bezeichnet wird. Insbesondere soll diese erste Alternative in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BEEG für Beamte gelten, die nach den Richtlinien für die Entsendung von Bundesbediensteten in öffentliche zwischenstaatliche oder überstaatliche Organisationen (GMBl. 2005 Seite 1074 ff.) entsandt worden sind. Welche konkreten Institutionen unter dem Begriff der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisationen zu verstehen sind, kann beispielhaft dem anliegenden Verzeichnis zu den Entsenderichtlinien entnommen werden, das aber nicht abschließend ist (GMBl. 2005 Seite 1076 ff.). Das Generalkonsulat in A-Stadt (Texas) fällt nicht in diesen Anwendungsbereich. Ein Generalkonsulat ist eine konsularische Auslandsvertretung eines souveränen Staates, die eigenständig (unabhängig von der Konsularabteilung der Botschaft) organisiert ist (§ 3 Abs. 1 Gesetz über den Auswärtigen Dienst <GAD>). Es erfüllt seine Aufgaben nach Maßgabe des Völkerrechts und der innerstaatlichen Gesetze und Vorschriften. Gemeinsam mit den anderen Auslandsvertretungen koordiniert es in Durchführung der Politik der Bundesregierung die in seinem Amtsbezirk ausgeübten amtlichen Tätigkeiten von staatlichen und anderen öffentlichen Einrichtungen der BRD (§ 3 Abs. 2 GAD). Ihm fehlt es hiernach an dem nötigen zwischen- oder überstaatlichen Charakter. Bei dem Generalkonsulat handelt es sich um eine deutsche Behörde auf exterritorialem Gebiet. Folglich ist auch keine andere Botschaft oder (General-)Konsulat in dem Verzeichnis der Entsenderichtlinie benannt.

Die zweite Alternative in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BEEG bezieht sich auf die nach § 123a BRRG vorübergehend für eine Auslandstätigkeit zugewiesenen Beamten. Allerdings liegt auch eine solche Zuweisung durch den maßgebenden Dienstherrn des Klägers (F. AG) nicht vor. Der Dienstherr hat lediglich der Teilzeittätigkeit des Klägers bei dem Generalkonsulat in A-Stadt während der genehmigten Elternzeit zugestimmt; dies stellt keine Zuweisung dar. Aus dem gleichem Grund kommt auch eine Anwendung von § 29 BBG nicht in Betracht.

Lediglich der Vollständigkeit halber bleibt sodann noch festzustellen, dass auch aus dem Abschluss des Arbeitsvertrages vom 26. August 2015 selbst keine andere Beurteilung folgt. Der Kläger ist von dem Generalkonsulat auf dem lokalen Arbeitsmarkt in Texas/USA als sog. Ortskraft nach den dort maßgebenden gesetzlichen Vorgaben angeworben und eingestellt worden. Weder die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BEEG noch die des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BEEG werden hierdurch erfüllt. Über einen besonderen konsularischen Status verfügt der Kläger nicht.

Im Ergebnis erfüllt der Kläger keine der raumbezogenen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld bzw. Elterngeld Plus. Weder verfügt er über einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, noch kommt eine der Ersetzungsvarianten des § 1 Abs. 2 Satz 1 BEEG in Betracht. Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 BEEG scheidet aus, da es sich um abschließend aufgezählte und mithin restriktiv anzuwendende Ausnahmetatbestände handelt.

Lediglich klarstellend wird darauf hingewiesen, dass die Gewährung von Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) keine Bindungswirkung für die Gewährung von Elterngeld nach dem BEEG für den Kläger hat. Hierzu fehlt es an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. Darüber hinaus kommt es für die Gewährung von Kindergeld nach § 62 Abs. 1 EStG nicht zwingend auf die vorliegend streitentscheidende Frage nach einem Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt im Inland an, da der Kläger unstreitig unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Inland ist.

Dieses Ergebnis unterliegt auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 oder Art. 6 Grundgesetz (GG) ist nicht ersichtlich. Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Diese Regelung verbietet dem Gesetzgeber auch auf dem Gebiet der gewährenden Staatstätigkeit die willkürlich ungleiche Behandlung wesentlich gleicher Sachverhalte. Allerdings ist nicht jede Differenzierung verboten. Vielmehr hat der Gesetzgeber gerade auch im Bereich des Sozialrechts einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (st. Rtsp. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980, Az. 1 BvL 50/79 = BVerfGE 55, 72; BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007, Az. 1 BvL 10/00 = BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7). Umgekehrt verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen. Das Bundesverfassungsgericht legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (zusammenfassend BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1993, Az. 1 BvL 38/92 = BVerGE 88, 87, 96 f.). Insbesondere die Anknüpfung an ein fortbestehendes inländisches Sozialversicherungsverhältnis oder – wie vorliegend – an die Abordnung, Versetzung und Kommandierung im öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis als Voraussetzung für Elterngeld bei einem Auslandsaufenthalt ist sachgerecht. Fallgestaltungen, in welchen sich der Beamte im Interesse seines Dienstherrn vorübergehend ins Ausland begibt, unterscheiden sich evident von der des Klägers, welcher ausschließlich aus privaten Gründen ausreiste. Eine entsprechende Differenzierung ist nur sachgerecht. Soweit der Kläger gegenüber Anspruchsberechtigten, die ihr Kind im Inland erziehen, ungleich behandelt und schlechter gestellt wird, rechtfertigt sich dies sodann aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise für den Leistungsexport an einen hinreichenden Inlandsbezug bei vorübergehender Arbeitsleistung im Ausland anknüpfen durfte (Hess. LSG, Urteil vom 27. November 2013, Az. L 6 EG 4/11 sowie Urteil vom 24. Oktober 2011, Az. L 6 EG 16/08).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Der Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG bezieht hierbei auch Familiengemeinschaften im weiteren Sinne ein (BVerfG, Beschluss vom 19. Februar 2013, Az. 1 BvL 1/11 und 1 BvR 3247/09 = BVerfGE 133, 59). Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992, Az. 1 BvL 51/86 u.a. = BVerfGE 87, 1, 35 f.). Regelmäßig und auch vorliegend erwachsen dabei aus Art. 6 Abs. 1 GG keine konkreten Ansprüche der Betroffenen auf staatliche Leistungen (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 1975, Az. 1 BvR 332/72 = BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr. 1; BVerfG, Beschluss vom 7. Juni 1992, a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015; Az. L 11 EG 559/14).

Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (BVerfG, Beschluss vom 12. März 1996, Az. 1 BvR 609/90 u.a., BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr. 5).

Im Ergebnis hat der Kläger somit unter keinem rechtlichen Aspekt Anspruch auf Gewährung von Elterngeld Plus gegen den Beklagten. Seine Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht zuzulassen. Insbesondere ist grundsätzliche Bedeutung über den vorliegenden Einzelfall hinaus nicht ersichtlich.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Sozialrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Sozialrecht. Wir beraten uns vertreten Sie in sozialrechtlichen Fragen. Jetzt Ersteinschätzung anfragen.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile und Beiträge aus dem Sozialrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!