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Verletztenrente – chronisches Schmerzsyndrom – Minderung der Erwerbsfähigkeit

Fußballspieler scheitert mit Anspruch auf Verletztenrente

Die Berufung des Klägers gegen die Ablehnung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls aus dem Jahr 2010, bei dem er erhebliche Knieverletzungen erlitt, wurde vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zurückgewiesen, da keine wesentliche Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10 % festgestellt werden konnte.

Trotz mehrfacher Begutachtungen und medizinischer Eingriffe, einschließlich der Anerkennung von Unfallfolgen wie einer Chondromalazie und einer Bewegungseinschränkung des Kniegelenks, blieb die festgestellte Minderung der Erwerbsfähigkeit unterhalb der für eine Rente erforderlichen Schwelle.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: L 3 U 26/20 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat die Berufung des Klägers gegen die Ablehnung einer Verletztenrente nach einem Arbeitsunfall 2010 zurückgewiesen.
  • Es wurde keine wesentliche Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 10% festgestellt, die für eine Rente erforderlich wäre.
  • Die gerichtlichen und medizinischen Bewertungen basierten auf der Feststellung, dass die verbleibenden Funktionsdefizite und Schmerzen des Klägers keine rentenberechtigende MdE begründen.
  • Trotz anerkannter Unfallfolgen wie Chondromalazie und Bewegungseinschränkung des Kniegelenks erreichte die MdE nicht den rentenberechtigenden Grad.
  • Das Urteil stützt sich auf umfangreiche medizinische Gutachten und berücksichtigt die aktuelle Rechtsprechung zur Bewertung der Erwerbsminderung.
  • Der Kläger hatte nach dem Unfall mehrere medizinische Eingriffe, konnte aber seine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen.
  • Das Gericht wies darauf hin, dass Schmerzen und Funktionsdefizite allein nicht ausreichen, um eine MdE von 10% oder mehr zu begründen.
  • Eine schmerzmedizinische Begutachtung bestätigte, dass kein chronisches Schmerzsyndrom vorliegt, das die MdE erhöht.
  • Die Entscheidung des Gerichts betont die Bedeutung objektivierbarer Funktionsdefizite und deren Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit.
  • Die Revision wurde nicht zugelassen, was die Endgültigkeit des Urteils unterstreicht.

Entschädigung für dauerhafte Gesundheitsschäden

Nach einem Arbeitsunfall stellt sich oft die Frage, ob die erlittenen Verletzungen zu einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit führen. Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen für die finanzielle Entschädigung des Betroffenen in Form einer Verletztenrente.

Besondere Herausforderungen ergeben sich, wenn neben objektiv messbaren Funktionseinschränkungen auch chronische Schmerzsyndrome als mögliche Unfallfolge zu berücksichtigen sind. Ärztliche Gutachten und gerichtliche Entscheidungen müssen dann sorgfältig abwägen, inwieweit die Beschwerden die beruflichen Einsatzmöglichkeiten auf Dauer beeinträchtigen.

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➜ Der Fall im Detail


Verletztenrente nach Arbeitsunfall

Fußballer Verletztenrente
(Symbolfoto: Sergey Nivens /Shutterstock.com)

Ein Fußballspieler erleidet während eines Spiels einen schweren Zusammenstoß, der zu erheblichen Knieverletzungen führt. Es folgen medizinische Eingriffe und langwierige Behandlungen. Der Spieler beantragt eine Verletztenrente, da seine Erwerbsfähigkeit gemindert sei. Das Gericht muss nun entscheiden, ob ein Anspruch auf Rente besteht und wie die Beeinträchtigungen zu bewerten sind.

Der Fall im Detail

Am 13. April 2010 kam es während eines Fußballspiels zu einem Zusammenstoß zwischen zwei Spielern, infolgedessen der Kläger, ein Vertragsamateur-Fußballspieler, einen Pressschlag gegen sein rechtes Knie erlitt. Die Erstuntersuchung am nächsten Tag ergab einen frischen traumatischen retropatellaren Knorpelschaden, der eine Arthroskopie und anschließende Behandlungen erforderte. Der Spieler konnte ab August 2010 wieder seiner beruflichen Tätigkeit nachgehen, seine Tätigkeit als Fußballspieler nahm er im Oktober 2010 wieder auf.

Es folgten weitere, bei der Beklagten versicherte Arbeitsunfälle, für die ärztliche Begutachtungen die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) feststellten. Im September 2011 wurde die MdE für den Unfall vom 13. April 2010 mit 10% eingeschätzt. Die Beklagte gewährte daraufhin eine Rente als vorläufige Entschädigung.

Nach einer erneuten Begutachtung im November 2012 wurde die MdE mit unter 10% bewertet, und die Rente wurde dem Kläger entzogen. Der Kläger beantragte im Oktober 2017 erneut eine Verletztenrente, da sich seine Beschwerden verschlimmert hätten. Es folgten weitere medizinische Begutachtungen, bei denen sich eine geringgradige klinische Verschlechterung zeigte, die jedoch als funktionell nicht maßgeblich eingestuft wurde.

Der Kläger legte Widerspruch ein und argumentierte, dass seine Schmerzsymptomatik und die Auswirkungen auf Stabilität, Belastbarkeit und Beweglichkeit nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück und stützte sich auf die objektiv festgestellten Funktionseinschränkungen, die keine rentenberechtigende MdE begründeten.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin. Das Gericht stützte sich auf mehrere medizinische Gutachten, die zu dem Schluss kamen, dass die Unfallfolgen keine MdE von mindestens 10% bedingen.

Das Gericht betonte, dass die Bewertung der MdE von zwei Faktoren abhängt: den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend sind dabei objektivierbare Funktionsdefizite und deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit.

Die Gutachten stellten zwar fest, dass der Kläger bleibende Beeinträchtigungen am rechten Kniegelenk hatte, darunter eine endgradige Bewegungseinschränkung für die Beugung, eine retropatellare Chondromalazie und Narbenverhältnisse aufgrund der Arthroskopie. Jedoch wurde die MdE aufgrund dieser Beeinträchtigungen als unter 10% bewertet.

Das Gericht berücksichtigte auch die Argumentation des Klägers hinsichtlich eines chronischen Schmerzsyndroms und einer Instabilität im Kniegelenk. Es verwies jedoch auf die geringe Einnahme von Schmerzmitteln und den Umstand, dass keine gezielte schmerztherapeutische Behandlung des Kniegelenks erfolgte. Daher wurde ein chronisches Schmerzsyndrom als weitere Unfallfolge nicht festgestellt.

Zusammenfassend kam das Gericht zu dem Schluss, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers keine MdE von mindestens 10% bedingen und daher kein Anspruch auf eine Verletztenrente besteht. Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht die Bedeutung objektiver medizinischer Bewertungen und die Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit bei der Bewertung von MdE.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist eine Verletztenrente und wer hat Anspruch darauf?

Die Verletztenrente ist eine Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland. Anspruch auf eine Verletztenrente haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Arbeitsunfalls, Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindestens 20% gemindert ist.

Die gesetzliche Unfallversicherung ist eine Pflichtversicherung für Arbeitnehmer, Auszubildende, Schüler und Studierende. Die Beiträge werden allein vom Arbeitgeber bzw. der Schule oder Hochschule getragen. Versichert sind Unfälle, die im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen, also Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten.

Die Höhe der Verletztenrente richtet sich nach dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und dem Jahresarbeitsverdienst vor Eintritt des Versicherungsfalls. Bei völliger Erwerbsunfähigkeit (MdE von 100%) beträgt die Vollrente zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Teilrente wird der entsprechende Prozentsatz der Vollrente gezahlt, mindestens aber 20% (ein Fünftel).

Die Verletztenrente wird zunächst für maximal 3 Jahre als vorläufige Entschädigung geleistet und dann in eine Dauerrente umgewandelt, wenn sich der Gesundheitszustand nicht mehr wesentlich ändert. Sie ist steuerfrei und unterliegt keinen Sozialversicherungsbeiträgen. Bei Arbeitslosigkeit infolge des Versicherungsfalls wird die Rente für maximal 2 Jahre auf das Niveau des Übergangsgeldes aufgestockt.

Wie wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) festgestellt?

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wird durch einen sachverständigen, neutralen medizinischen Gutachter festgestellt. Dieser beurteilt, wie sehr das körperliche und geistige Leistungsvermögen eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall, Wegeunfall oder eine Berufskrankheit gemindert und damit seine Arbeitsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Verglichen wird die Arbeitskraft bzw. Leistungsfähigkeit vor und nach dem Versicherungsfall.

Der Gutachter ermittelt die konkreten Unfallfolgen, wie z.B. Bewegungseinschränkungen, Muskelminderungen oder röntgenologisch erkennbare Veränderungen. Allgemeine Formulierungen wie „Zustand nach Kahnbeinbruch“ reichen nicht aus. Medizinische Tests wie Röntgenaufnahmen sind häufig nötig, um die Auswirkungen von Verletzungen zu beurteilen.

Der Grad der MdE wird in Prozent angegeben. Dabei kommen nur tatsächlich vorhandene gesundheitliche Störungen in Betracht, nicht zukünftig zu erwartende. Die Beurteilung erfolgt unabhängig vom ausgeübten Beruf. Es ist nicht relevant, ob tatsächlich ein Einkommensverlust eingetreten ist, da die Verletztenrente nicht als Ausgleich von Einkommensverlusten, sondern von der Minderung der Erwerbsfähigkeit anzusehen ist.

Die gesetzliche Unfallversicherung prüft dann die Gutachten. Sie darf von der Einschätzung des Gutachters abweichen und sich eigener Erfahrungswerte bedienen. Liegt die MdE über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall in Höhe von mindestens 20% vor, muss die Unfallversicherung Renten- und ggf. weitere Zahlungen an den Versicherten leisten sowie die medizinische Versorgung tragen.

Was versteht man unter einem chronischen Schmerzsyndrom im Kontext der Verletztenrente?

Ein chronisches Schmerzsyndrom bezeichnet anhaltende oder wiederkehrende Schmerzen, die mindestens 3-6 Monate bestehen und den Betroffenen körperlich, psychisch und sozial beeinträchtigen. Dabei hat der Schmerz seine eigentliche Warn- und Schutzfunktion verloren und ist zu einem eigenständigen Krankheitsbild geworden.

Die Ursachen sind vielfältig. Häufig liegt initial eine körperliche Schädigung wie eine Verletzung oder Operation vor. Durch anhaltende Schmerzreize werden die Nervenzellen mit der Zeit überempfindlich, so dass die Schmerzschwelle sinkt. Psychische Faktoren wie Ängste und Depressionen sowie soziale Probleme können die Chronifizierung begünstigen und die Schmerzen verstärken.

Im Kontext der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Anerkennung eines chronischen Schmerzsyndroms als Unfallfolge relevant für die Gewährung einer Verletztenrente. Anspruch auf eine solche Rente haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Arbeits- oder Wegeunfalls über die 26. Woche hinaus um mindestens 20% gemindert ist.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wird dabei durch einen ärztlichen Gutachter festgestellt. Dieser beurteilt, wie sehr das körperliche und geistige Leistungsvermögen durch die Unfallfolgen eingeschränkt ist, unabhängig vom ausgeübten Beruf. Chronische Schmerzen fließen in der Regel nicht in die MdE ein, wenn sie als häufiges Symptom bereits in den Unfallfolgen inkludiert sind.

Eine eigenständige Anerkennung des chronischen Schmerzsyndroms als weitere Unfallfolge kann aber sinnvoll sein, wenn die Schmerzen das vorherrschende Leitsymptom darstellen und zu einer zusätzlichen wesentlichen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit führen. Die Kausalität muss durch ein medizinisches Gutachten nachgewiesen werden.

Kann gegen die Ablehnung eines Antrags auf Verletztenrente Einspruch eingelegt werden?

Ja, gegen die Ablehnung eines Antrags auf Verletztenrente durch den Unfallversicherungsträger kann Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde erhoben werden, die den Bescheid erlassen hat. Eine Begründung ist nicht erforderlich, kann aber sinnvoll sein.

Der Unfallversicherungsträger überprüft dann die Entscheidung. Wird dem Widerspruch nicht oder nicht in vollem Umfang abgeholfen, erlässt er einen Widerspruchsbescheid. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden. Vor dem Sozialgericht besteht kein Anwaltszwang, eine anwaltliche Vertretung kann aber ratsam sein.

Das Sozialgericht trifft seine Entscheidung aufgrund einer mündlichen Verhandlung durch Urteil. Gegen das Urteil ist die Berufung zum Landessozialgericht möglich, wenn sie vom Sozialgericht zugelassen wird. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils eingelegt und innerhalb eines weiteren Monats begründet werden.

Gegen das Urteil des Landessozialgerichts kann unter bestimmten Voraussetzungen Revision zum Bundessozialgericht eingelegt werden. Die Revision muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils eingelegt und innerhalb eines weiteren Monats begründet werden. Über die Revision entscheidet das Bundessozialgericht durch Urteil.

Insgesamt gibt es also mehrere Möglichkeiten, gegen die Ablehnung einer Verletztenrente vorzugehen. Aufgrund der Komplexität der Materie und der Fristen kann es sinnvoll sein, sich von einem auf Sozialrecht spezialisierten Anwalt beraten und vertreten zu lassen. Auch Gewerkschaften und Sozialverbände bieten häufig Unterstützung an.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII
    Regelt den Anspruch auf Rente in der gesetzlichen Unfallversicherung bei Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20% über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus. Direkter Bezug zum Fall, da es um Anspruch auf Verletztenrente geht.
  • § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII
    Definiert, was als Arbeitsunfall gilt. Relevant, weil der Fußballspieler während seiner versicherten Tätigkeit verunfallte.
  • § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII
    Beschreibt, wie die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) zu bewerten ist. Wesentlich für die Entscheidung über die Verletztenrente.
  • § 48 SGB X
    Betrifft die Änderung von Bescheiden bei wesentlicher Änderung in den Verhältnissen. Im Kontext wichtig, da überprüft werden musste, ob eine Änderung der MdE eingetreten ist.
  • § 109 SGG
    Ermöglicht dem Kläger, ein zusätzliches Gutachten einzuholen. Im Fall relevant, da der Kläger von diesem Recht Gebrauch machte.
  • § 200 Abs. 2 SGB VII
    Regelt die Auswahl des Gutachters durch den Versicherten. Für den Fall von Bedeutung, da Diskussionen über die persönliche Untersuchung durch den gewählten Gutachter aufkamen.


Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – Az.: L 3 U 26/20 – Beschluss vom 15.02.2024

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Feststellung weiterer Folgen sowie auf Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls aus dem Jahr 2010.

Der im Jahr 1987 geborene Kläger verunfallte am 13. April 2010 im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als Vertragsamateur-Fußballspieler, als es bei einem Fußballspiel im Zweikampf zum Zusammenprall mit einem Gegenspieler kam und der Kläger einen Pressschlag von vorn gegen das rechte Knie erlitt. Aufgrund anhaltender Beschwerden erfolgte die erstmalige ärztliche Vorstellung am 20. April 2010 bei dem Orthopäden Dr. W. Bei Verdacht auf einen Kniebinnenschaden erfolgte am gleichen Tag eine MRT-Diagnostik mit Nachweis eines frischen traumatischen retropatellaren Knorpelschadens mit Knorpelflake. Daraufhin erfolgte am 10. Mai 2010 eine ambulante Arthroskopie des rechten Kniegelenks mit Flakeentfernung und Knorpelglättung bei bestehender retropatellarer Chondromalazie III. Grades. Es schlossen sich intraartikuläre Behandlungen mittels Hyaluronsäure sowie ambulante Physiotherapie an. Ab dem 10. August 2010 konnte der Kläger wieder seinem Hauptberuf nachgehen. Eine Arbeitsfähigkeit in seiner Tätigkeit als Amateurfußballer erreichte der Kläger zum 10. Oktober 2010.

Im Rahmen seiner Tätigkeit als Fußballspieler hatte der Kläger weitere, bei der Beklagten versicherte Arbeitsunfälle erlitten, für die nach ärztlicher Begutachtung im September 2011 jeweils die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wie folgend festgestellt worden war: Unfall vom 17. Dezember 2008 (Zustand nach Prellung des rechten oberen Sprunggelenks mit Distorsion, MdE unter 10 vom Hundert ), 20. Mai 2009 (Zustand nach Schulterluxation links mit intraartikulärer Verletzung, MdE 10 v.H.), 11. Oktober 2010 (Schulterprellung links, MdE unter 10 v.H.), 04. Februar 2011 (Distorsion des rechten OSG, MdE unter 10 v.H.) sowie vom 13. März 2011 (komplexer Kniebinnenschaden links, MdE 20 v.H. auf unbestimmte Zeit, vgl. Bescheid vom 08. Januar 2014).

Im ersten im Unfallkrankenhaus B (UKB) von Prof. Dr. E (unter Mitwirkung der Oberärztin Dr. S und der Assistenzärztin H) erstellten Rentengutachten vom 14. September 2011 wurde hinsichtlich des Unfalls vom 13. April 2010 die MdE mit 10 v.H. eingeschätzt. Dabei wurden als Unfallfolgen ein direktes Anpralltrauma der rechten Kniescheibe, das zu einem Flake der Trochlea führte mit der Notwendigkeit einer Arthroskopie zur Entfernung des Flakes, sowie eine retropatellare Chondromalazie III. Grades beschrieben.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 03. April 2012 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des versicherten Unfalls vom 13. April 2010 ab dem 10. August 2010, dem Tag nach Ende des Verletztengeldanspruchs, eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 10 v.H.. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: leichte Bewegungseinschränkung beim Strecken und Beugen des rechten Kniegelenks infolge arthroskopisch entferntem Flake der Trochlea sowie Chondromalazie III. Grades nach Kontusion des rechten Kniegelenks.

Zur erstmaligen Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit gab die Beklagte nach Gutachterwahl durch den Kläger bei Prof. Dr. E vom UKB ein zweites Rentengutachten in Auftrag, welches dieser (unter Mitwirkung der Oberärztin Dr. S und der Assistenzärztin E) nach Untersuchung des Klägers am 01. November 2012 erstellte. Dabei zeigte sich als Folge des Unfalls vom 13. April 2010 ein Zustand nach direktem Anpralltrauma des rechten Kniegelenks mit retropatellarer Chondromalazie III. Grades bei freier Funktion. In der Untersuchung fand sich am rechten Kniegelenk kein krankhafter Befund, es wurde lediglich ein Druckschmerz über dem Innenband festgestellt. Das Bewegungsausmaß für Streckung und Beugung betrug rechts und links 0/0/140°. Aktuell und auf Dauer wurde die MdE auf unfallchirurgischem Fachgebiet in Bezug auf den Unfall vom 13. April 2010 mit unter 10 v.H. bewertet. Unfallunabhängig bestehe ein Zustand nach Distorsion des rechten und des linken OSG, Schulterluxation links, Innenmeniskusteilresektion rechtes Kniegelenk 2004 und nach komplexem Kniebinnenschaden links.

Nach Anhörung des Klägers entzog die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. Dezember 2012 dem Kläger mit Ablauf des Monats Dezember 2012 die bisher als vorläufige Entschädigung gewährte Rente und lehnte einen Anspruch auf Rente für unbestimmte Zeit ab. Als Folge des Versicherungsfalls bestehe noch ein Zustand nach direktem Anpralltrauma des rechten Kniegelenks mit retropatellarer Chondromalazie III. Grades bei freier Funktion. Hierdurch werde die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht um wenigstens 10 v.H. gemindert. Nicht als Folgen des Unfalls vom 13. April 2010 anerkannt würden: Zustand nach Distorsion des rechten und linken OSG, Schulterluxation links, Zustand nach Innenmeniskusteilresektion des rechten Kniegelenks, komplexer Binnenschaden des linken Kniegelenks (Folgen des Versicherungsfalls vom 20. Mai 2009 und des weiteren Versicherungsfalls vom 13. März 2011).

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2017 beantragte der Kläger über seinen Bevollmächtigten bei der Beklagten die Feststellung sämtlicher Körperschäden aus dem Arbeitsunfall vom 13. April 2010 sowie die erneute Zahlung einer Verletztenteilrente ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt. Die mit Bescheid vom 03. April 2012 anerkannten Schäden hätten sich in den letzten Jahren progredient entwickelt und inzwischen ein Maß erreicht, das zur erneuten Gewährung einer Verletztenteilrente berechtige. Zur weiteren Begründung reichte der Kläger einen Arztbrief seines behandelnden Arztes Dr. Ze vom 24. August 2017 sowie den Befund der MRT-Untersuchung des rechten Kniegelenks von Dipl.-Med. H vom gleichen Tage zur Verwaltungsakte.

Die Beklagte gab daraufhin am 30. November 2017 bei dem von dem Kläger ausgewählten Gutachter Prof. Dr. E vom UKB ein Rentengutachten zur Nachprüfung der Höhe der MdE in Auftrag. Der Kläger wurde am 22. Januar 2018 im UKB untersucht. Das am 07. Februar 2018 erstellte Gutachten weist als persönlich untersuchende Ärzte die Leitende Oberärztin Prof. Dr. S und den Facharzt Dr. M aus, während Prof. Dr. E mit dem Zusatz unterzeichnet hatte „einverstanden aufgrund eigener Urteilsbildung“. Im Ergebnis des Gutachtens wurden als Folgen des Unfalls vom 13. April 2010 benannt: ein stattgehabtes direktes Anpralltrauma des rechten Kniegelenks mit daraus resultierendem Flake Fracture retropatellar und Notwendigkeit der arthroskopischen Entfernung des Flakes, daraus resultierende Chondromalazie IV. Grades der retropatellaren Gelenkfläche rechts sowie der Trochlea femoris, eine endgradige Bewegungseinschränkung für die Beugung im rechten Kniegelenk sowie verbliebene Narbenverhältnisse aufgrund der durchgeführten Arthroskopie. Die MdE aufgrund der genannten Unfallfolgen wurde mit weniger als 10 v.H. bewertet. Klinisch sei es zu einer geringgradigen Verschlechterung des Bewegungsausmaßes im rechten Kniegelenk im Vergleich zur Voruntersuchung gekommen (Streckung/Beugung: rechts und links 0/0/130°). Diese sei jedoch funktionell nicht maßgeblich.

Mit Bescheid vom 28. März 2018 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13. April 2010 ab. Es liege wegen der Folgen des Arbeitsunfalls nach wie vor keine rentenberechtigende MdE vor. Ihre Entscheidung zu den Folgen des Arbeitsunfalls und zur Höhe der MdE stützte die Beklagte auf das Gutachten von Prof. Dr. E, Prof. Dr. S sowie Dr. M (UKB) vom 07. Februar 2018. Im Vergleich zu den im Bescheid vom 19. Dezember 2012 getroffenen Feststellungen habe sich keine wesentliche Änderung ergeben. Im Rahmen der aktuellen Begutachtung sei im Vergleich zur maßgeblichen Voruntersuchung eine geringgradige klinische Verschlechterung festgestellt worden. Diese sei jedoch als funktionell nicht maßgeblich eingeschätzt worden, mit der Folge, dass die MdE weiterhin im nicht messbaren Bereich bewertet werde.

Hiergegen legte der Kläger über seinen Bevollmächtigten mit am 05. April 2018 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch ein. Er habe sowohl einen Anspruch auf Feststellung weiterer Folgen des Arbeitsunfalls als auch auf Zahlung einer Verletztenteilrente nach einer MdE von wenigstens 30 v.H.. Das von Prof. Dr. E erstattete Gutachten könne schon deshalb nicht überzeugen, weil der von ihm gemäß § 200 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ausgewählte Sachverständige das Gutachten nicht persönlich erstellt habe. Jedenfalls seien weder Prof. Dr. E noch Prof. Dr. S bei der Untersuchung anwesend gewesen. Diese habe nahezu ausschließlich Dr. M durchgeführt. Im Übrigen habe Dr. M seine – des Klägers – Schmerzsymptomatik im Bereich des rechten Kniegelenks und deren Auswirkungen auf die Stabilität, Belastbarkeit und Beweglichkeit nicht hinreichend beachtet.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2018 zurück. Nach nochmaliger Überprüfung seien die Einwendungen des Klägers nicht geeignet, zu einer anderen Auffassung zu gelangen. Die Beurteilung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung richte sich nach objektiv messbaren Funktionseinschränkungen. Schmerzzustände oder Instabilitäten, die die Funktionsfähigkeit beeinflussten, würden dabei berücksichtigt. Das Gutachten selbst sei mit Blick auf die Einwendungen des Klägers in sich schlüssig und überzeugend. Die objektiv festgestellte leichte Verschlimmerung der Unfallfolgen sei erkannt und erfasst worden, bedinge jedoch in Anwendung der im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Erfahrungswerte im Ergebnis noch keine wirtschaftlich messbare MdE. Aus den Untersuchungsbefunden gehe hervor, dass der gesamte Körper untersucht und die vorgetragenen Beschwerden sowie festgestellten Einschränkungen berücksichtigt worden seien. Es bleibe zurzeit unerheblich, dass auf der Gegenseite des Beins eine Knieinstabilität bestehe, die bereits mit einer Verletztenrente entschädigt werde. Die aktuellen Befunde zeigten, dass die auf den Versicherungsfall vom 13. April 2010 zu beziehende Behinderung derzeit keine MdE in wirtschaftlich messbarem Grad verursache. Auch der Einwand, nicht von Prof. Dr. E persönlich untersucht worden zu sein, führe zu keinem anderen Ergebnis. Werde ein Gutachtenauftrag einer Klinikdirektorin oder einem Klinikdirektor bzw. Chefärztin oder Chefarzt erteilt, sei es mit der Pflicht zur persönlichen Gutachtenerstellung vereinbar, wenn die Gutachterin oder der Gutachter einen Teil des Auftrags an qualifiziertes technisches oder medizinisches Hilfspersonal übertrage. Das Gutachten sei mit einer eigenverantwortlichen Schlussbeurteilung einschließlich der Auswertung der erhobenen Untersuchungsbefunde durch den beauftragten Gutachter abzuschließen und zu unterzeichnen. Das der Entscheidung zugrunde liegende Gutachten sei durch Prof. Dr. E geprüft und gegengezeichnet worden, womit die Leitlinien zur Gutachterauswahl und Begutachtung eingehalten worden seien.

Am 20. Juni 2018 hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhoben. Er hat die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente und Feststellung eines chronischen Schmerzsyndroms als weitere Unfallfolge begehrt und dies im Wesentlichen mit den Argumenten aus dem Widerspruchsverfahren begründet.

Das SG hat gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben und bei dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. med. D T ein auf einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 07. Januar 2019 beruhendes und am 14. Januar 2019 erstelltes Sachverständigengutachten eingeholt. Dr. T hat bei einem flüssigen, sicheren Gangbild und stabilen Bändern als krankhaften Befund lediglich eine retropatellare Krepitation und ein diskret positives Zohlen-Zeichen finden können. Die Kniegelenksbeweglichkeit hat er für Streckung/Beugung sowohl rechts als auch links mit 0/0/130° festgestellt. Der Kläger hat bei der Untersuchung angegeben, seit 2017 stärkere Schmerzen im Kniegelenk bei starker Belastung zu spüren; zur Schmerzlinderung nehme er ca. 10 bis 20 mal pro Jahr Ibuprofen 400 ein. Als Folgen des Unfalls vom 13. April 2010 hat Dr. T eine Knorpelverletzung an der korrespondierenden Gelenkfläche der rechten Kniescheibe festgehalten. Die MdE belaufe sich auf weniger als 10 v.H..

Im Hinblick auf die vom Kläger gegen das Gutachten vorgebrachten Einwände ist der Sachverständige Dr. T in seiner vom SG eingeholten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 04. März 2019 bei seiner Bewertung der Unfallfolgen und der MdE geblieben.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das SG ein weiteres Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet bei der Fachärztin für Orthopädie A S, Gelenk- und Wirbelsäulenzentrum B, eingeholt. Die Sachverständige hat den Kläger am 29. Juli 2019 untersucht und ihr Gutachten am 15. August 2019 verfasst. Bei der Untersuchung hat der Kläger angegeben, Ibuprofen 400 bedarfsweise wegen der Schmerzen an der linken Schulter und im Nackenbereich zu nehmen, nicht jedoch wegen der Beschwerden an den Kniegelenken. Die Kniegelenksbeweglichkeit hat die Sachverständige für Streckung/Beugung für rechts mit 2/0/130° (aktiv) bzw. 2/0/140° (passiv) und links mit 5/0/130° (aktiv) bzw. 5/0/140° (passiv) festgestellt. Das Gangbild sei mäßig raumgreifend und flüssig. Die Oberschenkelmuskulatur sei beidseits verschmächtigt, wobei der Umfang rechts eine Differenz von max. -2 cm aufweise. Am rechten Kniegelenk finde sich eine extraartikuläre Schwellung mit einer Umfangsdifferenz von +1 cm. Es zeige sich eine diskrete Hypomobilität der rechten Kniescheibe und eine retropatellare Krepitation; das Zohlen-Zeichen sei negativ. Die Sachverständige S hat die Folgen des Unfalls vom 13. April 2010 wie folgt benannt: Anpralltrauma des rechten Kniegelenks mit traumatischer Knorpelverletzung retropatellar und im Bereich der Trochlea, Arthroskopie des rechten Kniegelenks am 10. Mai 2010 mit der Entfernung einer Flake Fracture an der Trochlea, progrediente Chondromalazie retropatellar und im Bereich der Trochlea im MRT vom 24. August 2017. Die unfallbedingte MdE sei mit weniger als 10 v.H. zu bewerten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung des SG am 08. Januar 2020 hat die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalls vom 13. April 2010 anerkannt: Zustand nach arthroskopischer Entfernung einer Flake Fracture retropatellar mit Knorpelglättung im rechten Kniegelenk, progrediente Chondromalazie IV. Grades retropatellar und im Bereich der Trochlea des rechten Kniegelenks seit Feststellung im MRT vom 24. August 2017, endgradige Bewegungseinschränkung für die Beugung. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 08. Januar 2020 abgewiesen. Die Klage sei zulässig; hinsichtlich des Feststellungsantrags ergebe sich dies aus § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Sie sei jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2018 sei – nach Abgabe des Teilanerkenntnisses durch die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung – rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. In den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vom 19. Dezember 2012 vorgelegen haben, sei keine wesentliche Änderung eingetreten, so dass er nicht mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben sei (vgl. § 48 Absatz 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ). Der Kläger habe gegenüber der Beklagten weder Anspruch auf Feststellung eines chronischen Schmerzsyndroms als weitere Unfallfolge noch gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII auf Gewährung einer (Stütz-)Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13. April 2010.

Zur Überzeugung der Kammer lasse sich beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 13. April 2010 nicht feststellen. Die nachgewiesenen bzw. festgestellten Unfallfolgen begründeten keine MdE von mindestens 10 v.H.. Die Kammer stütze sich bei dieser Beurteilung des Sachverhalts auf das auf einer umfassenden Erhebung der Befunde und einer sorgfältigen Untersuchung des Klägers beruhende, nach wissenschaftlichen Maßstäben erstellte, in sich schlüssige und nachvollziehbare und damit überzeugende Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T vom 14. Januar 2019 in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme vom 04. März 2019 sowie auf das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG bei der Fachärztin für Orthopädie S eingeholte Gutachten vom 15. August 2019, das gleichfalls für schlüssig, eingehend begründet und überzeugend erachtet werde.

Der Sachverständige Dr. T habe beim Kläger bedingt durch das Unfallereignis vom 13. April 2010 im Sinne der erstmaligen Entstehung lediglich eine Knorpelverletzung an der korrespondierenden Gelenkfläche der Kniescheibe feststellen können. Diese Verletzung sei keinesfalls gravierend und höchstwahrscheinlich durch ein direktes Trauma im Sinne eines direkten Schlags bzw. einer Prellung hervorgerufen. Am rechten Kniegelenk bestehe keine Einschränkung der Beweglichkeit, sondern lediglich eine leichte Minderung der Belastbarkeit. Die unfallbedingte MdE belaufe sich aufgrund der Verletzung am rechten Kniegelenk auf weniger als 10 v.H.. Objektive klinische Parameter, die eine MdE in Höhe vom 10 v.H. am rechten Kniegelenk bzw. am rechten Bein hätten rechtfertigen können, seien nicht festgestellt worden.

Diese Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. T stehe in Übereinstimmung mit den allgemeinen medizinischen Erfahrungswerten, wie sie bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit (9. Aufl. 2017, Kap. 8.10.7, S. 685), wiedergegeben seien. Danach seien im Allgemeinen Bewegungseinschränkungen eines Kniegelenks für die Streckung und Beugung von 0/0/120° mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten. Entsprechende Bewegungseinschränkungen habe der Sachverständige Dr. T jedoch am rechten Kniegelenk des Klägers nicht feststellen können. Seine Bewertung der MdE wegen der Folgen des Unfalls vom 13. April 2010 mit weniger als 10 v.H. halte die Kammer damit für nachvollziehbar.

Ein chronisches Schmerzsyndrom im Bereich des rechten Kniegelenks aufgrund der Folgen des Unfalls vom 13. April 2010 habe der Sachverständige Dr. T ebenfalls nicht feststellen können. Zumal Dr. T auch als spezieller Schmerztherapeut tätig sei, erachte es die Kammer nicht für erforderlich, ein weiteres schmerzmedizinisches Gutachten zur Frage des Vorliegens eines chronischen Schmerzsyndroms einzuholen.

Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen Dr. T, die der Kläger vorgebracht habe, halte die Kammer aufgrund der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen vom 04. März 2019 für entkräftet. Der Sachverständige habe hier noch einmal eingehend begründet, weshalb aus seiner Sicht beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom nicht vorliege. Insbesondere nehme er hierzu Bezug auf die nur bedarfsweise erfolgende Einnahme von Ibuprofen 400, eines eher nicht hochpotenten Schmerzpräparats. Durch den Kläger vorgebrachte Symptome der Instabilität am rechten Kniegelenk habe der Sachverständige Dr. T für nicht nachvollziehbar gehalten, indem er auf die fehlende Notwendigkeit der Benutzung von Hilfsmitteln bzw. einer Bandage sowie auf nicht festzustellende relevante Umfangsdifferenzen im Vergleich beider Beinumfänge verwiesen habe, die aufgrund einer unterschiedlichen muskulären Beanspruchung beider Beine indes zu erwarten gewesen wären. Auch diese Begründung des Sachverständigen halte die Kammer für schlüssig.

Die Berücksichtigung des auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG bei der Fachärztin für Orthopädie S eingeholten Gutachtens vom 15. August 2019 führe nicht zu einer abweichenden Sichtweise. Bei der Untersuchung des rechten Kniegelenks des Klägers durch die Sachverständige S habe sich inspektorisch eine geringe extra-artikulare Schwellung mit einer Umfangsdifferenz von +1 cm gezeigt. Seitengleich habe eine Atrophie des Musculus quadrizeps vorgelegen. Palpatorisch sei eine Druckdolenz über dem Ligamentum patellae (Kniescheibensehnenband) sowie medial- und lateralseitig mit Projektion auf den Hoffa‘schen Fettkörper provozierbar gewesen. Des Weiteren habe eine Druckdolenz über der medialen und lateralen Patellafacette vorgelegen. Bei der passiven Bewegungsprüfung habe sich ein ausgeprägtes retropatellares Reiben gezeigt. Im Seitenvergleich habe eine geringe vertikale und horizontale Hypomobilität der rechten Kniescheibe vorgelegen. Das Anspannen der Kniescheibe gegen manuellen Widerstand sei ohne Schmerzprovokation erfolgt, insofern sei das Zeichen nach Zohlen rechts negativ gewesen. Eine wesentliche Bewegungseinschränkung des Kniegelenks habe nicht bestanden. Im Seitenvergleich habe eine geringere Ausprägung der Hyperextension von 2° bei eingeschränkter Beugung auf 130° vorgelegen. Passiv sei ein volles Bewegungsausmaß erzielbar gewesen. Anhand der Röntgenaufnahmen habe sich im Seitenvergleich keine Fehlposition der rechten Kniescheibe gezeigt. Der femoropatellare Gelenkspalt sei frei einsehbar gewesen. Nativradiologisch habe keine Retropatellararthrose, etwa mit Osteophyten oder Konturunregelmäßigkeiten an Patella und Gleitlager nachgewiesen werden können. Eine Instabilität der Patella im Gleitlager habe nicht bestanden.

Insgesamt habe die Sachverständige S am rechten Kniegelenk des Klägers eine endgradige Einschränkung der Beugung feststellen können. Die Beweglichkeit sei mit Extension bzw. Flexion 0/0/130° erhoben worden. Auch die Sachverständige S nehme Bezug auf die bereits oben wiedergegebenen Ausführungen bei Schönberger/ Mehrtens/Valentin und stufe die MdE des Klägers in Einklang mit den medizinischen Erfahrungswerten schlüssig und nachvollziehbar mit weniger als 10 v.H. ein.

Damit hätten die beiden gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten, denen sich die Kammer anschließe, den Anspruch des Klägers nicht begründen können. Die Kammer weise jedoch darauf hin, dass das Gutachten der Sachverständigen S jedenfalls zur Anerkennung einer weiteren Unfallfolge durch die Beklagte, namentlich einer Chondromalazie IV. Grades, geführt und damit zur Aufklärung des Sachverhalts wesentlich beigetragen habe.

Stütze sich die Überzeugung der Kammer bereits auf das Gutachten des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Dr. T vom 14. Januar 2019 in Verbindung mit der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 04. März 2019 sowie auf das Gutachten der Sachverständigen S vom 15. August 2019, so komme es hier nicht mehr entscheidend darauf an, ob auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten des UKB vom 07. Februar 2018 § 407a Zivilprozessordnung (ZPO) im Sozialverwaltungsverfahren Anwendung finde und hieraus gegebenenfalls bei Verstoß ein Verwertungsverbot im sozialgerichtlichen Verfahren folge, bzw. welche Untersuchungsbestandteile ein Gutachter gegebenenfalls delegieren dürfe. Die Kammer weise jedoch darauf hin, dass nach den Ausführungen des Bundessozialgerichts (BSG) mit Urteil vom 07. Mai 2019, Az. B 2 U 25/17 R (veröffentlicht in juris), das von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten jedenfalls dann gegen § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII, der eine Gutachterbenennungspflicht und damit korrespondierend ein Auswahlrecht des Versicherten normiere, verstoße, wenn es – wovon hier in Anbetracht des von der Beklagten unwidersprochenen Klägervortrags auszugehen sei – zutreffe, dass der vom Kläger ausgewählte Gutachter Prof. Dr. E diesen anlässlich der Begutachtung nicht einmal selbst gesehen habe. Aus dem Auswahlrecht des § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII folge zwingend, dass im Verwaltungsverfahren die Kernaufgaben durch den benannten Gutachter selbst zu erledigen seien, weil der Versicherte gerade diesen Gutachter ausgewählt habe. Zu den Kernaufgaben der Gutachtenerstellung zähle zumindest die persönliche Begegnung mit dem Probanden, in der sich der Gutachter einen persönlichen Eindruck des Probanden verschaffe und der Begutachtende seine subjektiven Beschwerden selbst vorbringen könne. Dies gelte aufgrund der Sonderregelung des § 200 Absatz 2 Halbsatz 1 SGB VII im Recht der Gesetzlichen Unfallversicherung auch bei orthopädischen Gutachten (vgl. BSG, a.a.O.).

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 14. Januar 2020 zugestellte Urteil richtet sich der Kläger mit seiner am 01. Februar 2020 beim Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg eingelegten Berufung. Zur Begründung führt er aus, es bestehe neben dem Schmerzsyndrom eine Instabilität im rechten Kniegelenk, ein deutliches Reiben retropatellar und eine Atrophie der Oberschenkelmuskulatur im Sinne einer muskulären Insuffizienz. Daher könne bei der MdE-Bewertung nicht allein auf die Bewegungsausmaße abgestellt werden. Zudem sei im Hinblick auf die BSG-Rechtsprechung die MdE auch wegen der Vorschädigung im rechten OSG aufgrund des Arbeitsunfalls vom 17. Dezember 2008 höher zu bewerten. Es bedürfe einer schmerzmedizinischen Begutachtung zum Umfang des Schmerzsyndroms.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2020 zu ändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. März 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihren Bescheid vom 19. Dezember 2012 mit Wirkung vom 24. August 2017 zu ändern und bei ihm als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 13. April 2010 ein chronisches Schmerzsyndrom im Bereich des rechten Kniegelenks mit Muskelatrophie im rechten Oberschenkel festzustellen und ihm ab dem 24. August 2017 eine Verletztenteilrente nach einer MdE von mindestens 10 v.H. der Vollrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beklagte hat den Bescheid vom 25. Februar 2020, mit dem sie das Teilanerkenntnis vom 08. Januar 2020 ausgeführt hat, zur Akte gereicht.

Der Senat hat die Verfahrensakte L 3 U 46/21 betreffend die Klagen des Klägers auf Gewährung einer (höheren) Verletztenteilrente wegen der Folgen der Arbeitsunfälle vom 17. Dezember 2008 und 04. Februar 2011 beigezogen und die dort nach § 106 SGG bzw. § 109 SGG eingeholten Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. L/der Fachärztin für Orthopädie S vom 23. März 2022 sowie der Fachärztin für Neurologie Dr. H vom 27. September 2023 in Kopie zur Gerichtsakte genommen. Zudem hat die Vorsitzende unter Bezugnahme auf die bei diesen Begutachtungen erhobenen Befunde mit gerichtlichen Schreiben vom 26. Oktober 2023 und 15. Dezember 2023 rechtliche Hinweise zu den Erfolgsaussichten der Berufung erteilt und die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung im Beschlussverfahren nach § 153 Abs. 4 SGG angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie denjenigen der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 15. Dezember 2023 die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückweisen, da die nach dem Geschäftsverteilungsplan des LSG zuständigen Berufsrichter die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hielten.

Die frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 08. Januar 2020 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. In den Verhältnissen seit Erlass des Bescheides vom 19. Dezember 2012 ist keine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 SGB X eingetreten. Weder ist ein chronisches Schmerzsyndrom als Spätfolge des Arbeitsunfalls vom 13. April 2010 feststellbar noch hat der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen einer zwischenzeitlichen Verschlimmerung der anerkannten Unfallfolgen:

In der gesetzlichen Unfallversicherung haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus um mindestens 20 v. H. gemindert ist, nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf Rente. Diese wird bei Minderung der Erwerbsfähigkeit als Teilrente geleistet und in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII).

Der Kläger hat am 13. April 2010 einen Arbeitsunfall gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erlitten. Nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Mithin hängt die Bemessung der MdE von zwei Faktoren ab: Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG, Urteile vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R -, Rn. 12, und 20. Dezember 2016 – B 2 U 11/15 R -, Rn. 18 ff., m. w. N., jeweils in juris).

In die Bewertung der MdE können indes nur diejenigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen einfließen, die rechtlich wesentlich auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden können. Nur solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind auch feststellungsfähig im Sinne des Feststellungsantrags des Klägers. Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache ist allein relevant, ob der Unfall wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben); Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) „wesentlich“ und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als „wesentlich“ anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als „Gelegenheitsursache“ oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlich, eher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteile vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – und 29. November 2011 – B 2 U 10/11 R-, jeweils in juris).

Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und den Folgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen (BSG, Urteile vom 31. Januar 2012 – B 2 U2/11 R -, 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R – und vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, jeweils in juris).

Dies zugrunde gelegt, steht nicht zur Überzeugung des Senats gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG fest, dass bei dem Kläger durch den anerkannten Arbeitsunfall verursachte Gesundheitsfolgeschäden, u.a. in Form eines chronischen Schmerzsyndroms, am rechten Kniegelenk vorliegen, die eine MdE von mindestens 10 v. H. bedingen.

Dies ergibt sich auch zur Überzeugung des Senats schon aus den bei den erstinstanzlichen Begutachtungen durch den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T (Gutachten vom 14. Januar 2019 nebst ergänzender Stellungnahme vom 04. März 2019) und die Fachärztin für Orthopädie S (Gutachten vom 15. August 2019) erhobenen Befunden, die weder die Diagnose eines chronischen Schmerzsyndroms noch das Vorliegen von eine MdE von mindestens 10 v.H. rechtfertigenden Funktionseinschränkungen des rechten Kniegelenkes zu begründen vermögen. Der Senat weist daher die Berufung aus den zutreffenden Entscheidungsgründen des Urteils des SG Berlin vom 08. Januar 2020 als unbegründet zurück und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren wie auch die Erkenntnisse aus den beigezogenen, im Verfahren L 3 U 46/21 nach § 106 SGG bzw. § 109 SGG eingeholten Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. L/der Fachärztin für Orthopädie S vom 23. März 2022 sowie der Fachärztin für Neurologie Dr. H vom 27. September 2023, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwerten konnte, führen zu keiner anderen Beurteilung.

So haben die Sachverständigen Dr. L/Frau S bei ihrer Untersuchung des Klägers am 23. März 2022 ein flüssiges raumgreifendes Gangbild ohne Schonhinken sowie eine Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes von 2/0/130° aktiv bzw. 2/0/140° passiv für Streckung/Beugung festgestellt. Wie bereits 2019 war palpatorisch nur ein Druckschmerz über dem medialen Femurkondylus und dem Ligamentum patallae provozierbar. Es fanden sich keine Anhaltspunkte für eine Bandinstabilität oder ein Reizknie. Das Zohlen-Zeichen war negativ. Die maximale Umfangsdifferenz des rechten Oberschenkels betrug -1,5 cm. Damit fanden sich im Wesentlichen unveränderte Befunde im Vergleich zur Untersuchung von Frau S im Sommer 2019. Die Sachverständige Dr. H hat bei der Untersuchung des Klägers am 13. September 2023 ein flüssiges, hinkfreies Gangbild und eine freie Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes festgestellt. Alle großen Gelenke einschließlich der Kniegelenke zeigten sich frei und nicht schmerzhaft passiv beweglich. Bei der Untersuchung hatte der Kläger als Beschwerden betreffend das rechte Knie lediglich ein Knacken und Knistern sowie gelegentliche Missempfindungen unterhalb der Kniescheibe angegeben, jedoch keine Schwellungen (wie z. Bsp. für das rechte OSG und das linke Knie). Wegen seiner diversen Gelenkbeschwerden nehme er ca. ein- bis zweimal pro Woche Ibuprofen 600 ein und bekomme einmal im halben Jahr Physiotherapie verordnet. Die Sachverständige Dr. H hat in ihrem Gutachten nachvollziehbar und den Senat überzeugend dargelegt, dass sich nach ihrer Untersuchung keine Anhaltspunkte für eine neurologische bzw. psychische Erkrankung oder eine eigenständige Schmerzkrankheit ergäben.

Wie bereits das SG im angefochtenen Urteil vom 08. Januar 2020 zutreffend ausgeführt hat, fehlen hinreichende Anhaltspunkte für ein die MdE-erhöhendes chronisches Schmerzsyndrom. Auch nach dem gerade zur Frage chronischer Schmerzen bzw. Bestehen einer Schmerzkrankheit im Verfahren L 3 U 46/21 auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten der Fachärztin für Neurologie Dr. H ist nicht von einer MdE-relevanten Schmerzbelastung des Klägers auszugehen. Weder die Beschwerdeschilderungen des Klägers bei den Begutachtungen noch die objektivierbaren Funktionseinschränkungen lassen auf ein solches Schmerzsyndrom schließen. Zudem erfolgt keine gezielt schmerztherapeutische Behandlung des rechten Kniegelenkes. Der Kläger gab wiederholt an, nur gelegentlich Ibuprofen, ein niedrigpotentes Schmerzmittel, zu nehmen. Eine regelmäßige, engmaschige Physiotherapie allein für das rechte Kniegelenk wurde und wird nicht in Anspruch genommen.

Die auch von der Sachverständigen S im Gutachten vom 15. August 2019 unter Berücksichtigung der von ihr festgestellten geringen Muskelatrophie des rechten Oberschenkels vorgenommene Einschätzung der MdE mit unter 10 v.H. begegnet im Hinblick auf das unveränderte Funktionsniveau des rechten Kniegelenkes keinen Bedenken.

Für die Bewertung der MdE kommt es weder entscheidend auf das bloße Vorliegen von Diagnosen noch auf bildgebende Befunde an, im Vordergrund stehen vielmehr die objektivierbaren Funktionsdefizite. In der unfallmedizinischen Literatur wird für die Bewegungseinschränkung eines Kniegelenkes bei Streckung/Beugung = 0/0/90° eine MdE von 10 v.H. (vgl. Schiltenwolf/Hollo, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 7. Auflage 2021, S. 810, 812) bzw. eine MdE von 15 v.H. (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Kap. 8.10.07, S. 685; Ludolph/Lehmann/Schürmann, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, Stand Juni 2011, III. – 1.12, S. 17; Thomann/Schröter/Grosser, Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung, 3. Auflage 2020, S. 557, Mehrhoff/Ekkernkamp/Wich, Unfallbegutachtung, 14. Auflage 2019, S. 202) angesetzt. Zum Teil wird schon bei einer Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes bei Streckung/Beugung auf 0/0/120° eine MdE von 10 v.H. angesetzt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.; Mehrhoff/Ekkernkamp/Wich, a.a.O.; Thomann/Schröter/Grosser, a. a. O.). Des Weiteren wird eine MdE von 20 v.H. erst bei einer Bewegungseinschränkung eines Kniegelenkes bei Streckung/ Beugung = 0/0/80° für gerechtfertigt erachtet (vgl. Ludolph/Lehmann/Schürmann, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, a.a.O.). Für eine Lockerung des Kniebandapparates (leichtes Wackelknie) wird, soweit sie muskulär kompensierbar ist, eine MdE von 10 v. H. und, soweit sie nicht kompensierbar ist, eine MdE von 20 v.H. angenommen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 686; Schiltenwolf/Hollo, a.a.O.; Mehrhoff/Ekkernkamp/Wich, a.a.O.; Thomann/Schröter/Grosser, a.a.O.). Eine geringfügige Kniebandlockerung mit einer Aufklappbarkeit am Seitenband und/oder einer Schublade von jeweils weniger als 3 mm begründet noch keine messbare MdE (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 686). Bei einer rezidivierenden Synovitis (Reizknie) wird eine MdE von 10 bis 20 v. H. angesetzt (vgl. Ludolph/Lehmann/Schürmann, a.a.O.; Mehrhoff/Ekkernkamp/Wich, a.a.O.). Zudem sind in den vorgenannten Richtwerten bereits die üblicherweise mit den bleibenden Veränderungen verbundenen Schmerzen eingeschlossen (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Kap. 5.7.5, S. 244). Ausgehend von diesen Werten ist bei einer aktiven Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes von 2/0/130° ohne Zeichen der Lockerung des Bandapparates, einer Instabilität des Knies oder eines chronischen Reizknies eine MdE von 10 v. H. noch nicht gerechtfertigt.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, bei der MdE-Bewertung seien auch die weiteren, arbeitsunfallbedingten Schädigungen der Funktionseinheit rechtes Bein – konkret am rechten OSG – MdE-erhöhend einzustellen, vermag dieser Aspekt nicht zu greifen. So stellt das BSG in dem von Kläger zitierten Urteil vom 05. September 2009 – B 2 U 25/05 R – (juris) wie auch die Literatur (vgl. Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, 4. Ergänzungslieferung 2023, § 56 SGB VII, Rn. 42, 43; Scholz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl. 2022, § 56, Rn. 51, 52) allein auf das Vorliegen eines Vorschadens ab, und auch nur dann, wenn dieser in relevanter Wechselwirkung zu den Folgen des Versicherungsfalls steht. Ein unfallfremder Nachschaden ist dagegen nie zu berücksichtigen. Da hier nach den überzeugenden Ausführungen im Gutachten der Sachverständigen Dr. L/Frau S vom 23. März 2022 die Folgen des Distorsionstraumas des rechten OSG vom 17. Dezember 2008 nach sechs Wochen ausgeheilt und keine strukturellen Veränderungen verblieben waren, gibt es keinen berücksichtigungsfähigen Vorschaden am rechten Bein. Das erneute Distorsionstrauma des rechten Sprunggelenks am 04. Februar 2011 ist als Nachschaden unbeachtlich für die Beurteilung der MdE wegen der Folgen des Unfalls vom 13. April 2010.

Im Hinblick auf die erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten sowie die aus dem vom Kläger zum Aktenzeichen L 3 U 46/21 geführten Berufungsverfahren beigezogenen aktuelleren Gutachten, insbesondere auch zur Frage eines chronischen Schmerzsyndroms, bestand für den Senat kein Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen, worauf der Kläger zuletzt mit gerichtlichem Schreiben vom 15. Dezember 2023 hingewiesen worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und trägt dem Ausgang des Berufungsverfahrens Rechnung.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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