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Voraussetzungen Weiterbewilligung von Krankengeld – zeitlich befristete Arbeitsunfähigkeit

Kurioses Urteil: Krankengeldanspruch nach ärztlicher Bescheinigung nicht ausreichend

Das Landessozialgericht Hamburg entschied in seinem Urteil vom 11. Juni 2015 (Az.: L 1 KR 13/14), dass der Kläger keinen Anspruch auf Weiterzahlung von Krankengeld über den 07.03.2011 hinaus hat. Trotz der medizinischen Begutachtung, die eine Arbeitsfähigkeit des Klägers für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ab dem 07.03.2011 feststellte, und der daraufhin eingestellten Zahlung von Krankengeld, konnten die später vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen den Anspruch nicht wiederherstellen. Die Gerichte folgten der Argumentation der Krankenversicherung und wiesen darauf hin, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig vor Ende des vorherigen Bewilligungsabschnitts vorgelegt werden muss, um einen nahtlosen Anspruch auf Krankengeld zu gewährleisten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: L 1 KR 13/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Landessozialgericht Hamburg bestätigte, dass der Kläger keinen Anspruch auf Weiterzahlung von Krankengeld über den 07.03.2011 hinaus hat.
  2. Eine Untersuchung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) führte zur Einschätzung, dass der Kläger ab dem 07.03.2011 wieder arbeitsfähig für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sei.
  3. Trotz Widerspruchs und Nachreichung weiterer ärztlicher Bescheinigungen blieb die Entscheidung der Krankenversicherung, die Zahlung des Krankengeldes einzustellen, bestehen.
  4. Die rechtzeitige Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor Ablauf der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ist entscheidend für den Anspruch auf Krankengeld.
  5. Die erneute Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Dr. P. und Dr. D. änderte nichts am Auslaufen des Krankengeldanspruchs nach dem 06.03.2011.
  6. Die rechtliche Grundlage des Urteils bezieht sich auf die Notwendigkeit, dass die Arbeitsunfähigkeit fortlaufend und rechtzeitig vor dem Ende des Bewilligungszeitraums festgestellt werden muss.
  7. Das Gericht sah keine Pflichtverletzung der Krankenkasse in der Kommunikation mit dem Kläger oder dessen Ärzten.
  8. Die Revision wurde nicht zugelassen, womit das Urteil rechtskräftig ist.

Verständnis der Krankengeldregelungen

Krankengeld ist eine wichtige Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Es sichert das Einkommen von Arbeitnehmern, die aufgrund einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit nicht arbeiten können. Die Grundlagen für den Bezug sind klar geregelt, doch bei einer zeitlich befristeten Arbeitsunfähigkeit gibt es einiges zu beachten.

Im Mittelpunkt stehen Fragen zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit und der rechtzeitigen Vorlage ärztlicher Bescheinigungen. Hierbei spielen die Fristen für die Weiterbewilligung eine entscheidende Rolle. Die genauen Voraussetzungen sind nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Arbeitgeber von großer Bedeutung.

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Streit um Fortzahlung von Krankengeld: Die Bedeutung ärztlicher Bescheinigungen

Im Mittelpunkt des Streitfalls am Landessozialgericht Hamburg stand die Weiterbewilligung von Krankengeld aufgrund zeitlich befristeter Arbeitsunfähigkeit. Der Kläger, bis April 2010 in einem Beschäftigungsverhältnis und anschließend arbeitslos, erhielt nach Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit am 10. Januar 2011 bis zum 6. März 2011 Krankengeld. Eine Untersuchung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ergab, dass der Kläger ab dem 7. März wieder zu leichten bis mittelschweren Tätigkeiten in der Lage sei, woraufhin die Zahlung des Krankengeldes eingestellt wurde.

Streit um die Weiterzahlung von Krankengeld

Der Fall zog eine rechtliche Auseinandersetzung nach sich, als der Kläger die Fortzahlung des Krankengeldes über den 7. März 2011 hinaus beantragte. Trotz mehrerer ärztlicher Bescheinigungen und eines Widerspruchs gegen den Bescheid der Krankenkasse blieb die Forderung nach Weiterzahlung des Krankengeldes erfolglos. Das Sozialgericht wies die Klage ab, indem es feststellte, dass der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag endete, an dem die Versicherungspflicht wegen Arbeitslosengeldbezugs auslief und keine weiteren ärztlichen Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig vorgelegt wurden.

Die Rolle ärztlicher Bescheinigungen im Verfahren

Die Auseinandersetzung beleuchtet die Bedeutung und die Verbindlichkeit ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Der Kläger legte nach der initialen Begutachtung durch den MDK und dem darauffolgenden Bescheid der Krankenkasse, der Krankengeldzahlungen zum 7. März 2011 einstellte, weitere ärztliche Bescheinigungen vor, die eine fortwährende Arbeitsunfähigkeit attestierten. Diese wurden jedoch von der Krankenkasse nicht als ausreichender Nachweis für eine Weiterzahlung des Krankengeldes angesehen.

Juristische Begründungen und Entscheidungsfindung

Das Gericht begründete seine Entscheidung vor allem damit, dass die Voraussetzungen für einen Krankengeldanspruch für jeden Bewilligungsabschnitt neu festgestellt werden müssen. Es betonte, dass Versicherte sich am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit erneut ärztlich untersuchen lassen müssen, um eine Fortsetzung der Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen. Im vorliegenden Fall wurde die Arbeitsunfähigkeit zuletzt am 28. Februar 2011 bis zum 6. März 2011 bescheinigt, und eine erneute Feststellung erfolgte erst am 6. April 2011 durch einen anderen Arzt.

Die Rolle der Krankenkassen und medizinischen Dienste

Das Urteil unterstreicht zudem die Rolle der Krankenkassen und der medizinischen Dienste bei der Bewertung der Arbeitsfähigkeit von Versicherten. Während der MDK eine Verbesserung des Gesundheitszustands feststellte, die eine Wiederaufnahme leichter Tätigkeiten ermöglichen sollte, sahen die behandelnden Ärzte des Klägers weiterhin eine Arbeitsunfähigkeit gegeben. Diese Diskrepanz zwischen medizinischer Einschätzung und der Beurteilung durch den MDK verdeutlicht die Komplexität bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und der daraus resultierenden Berechtigung auf Krankengeld.

Zusammenfassend wurde die Berufung des Klägers zurückgewiesen, und es wurde festgestellt, dass kein Anspruch auf Krankengeld über den 6. März 2011 hinaus besteht. Die Entscheidung basiert maßgeblich auf der Notwendigkeit einer lückenlosen und rechtzeitigen Vorlage ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, um den fortlaufenden Anspruch auf Krankengeld zu begründen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie wirkt sich eine zeitlich befristete Arbeitsunfähigkeit auf den Anspruch von Krankengeld aus?

Eine zeitlich befristete Arbeitsunfähigkeit wirkt sich auf den Anspruch von Krankengeld in der Weise aus, dass der Anspruch auf Krankengeld grundsätzlich für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit besteht, jedoch zeitlich begrenzt ist. Im deutschen Sozialrecht ist festgelegt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind, Krankengeld von ihrer Krankenkasse erhalten können. Die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber endet in der Regel nach sechs Wochen, und ab diesem Zeitpunkt springt die Krankenkasse ein und zahlt Krankengeld.

Das Krankengeld wird bis zu 72 Wochen für dieselbe Krankheit innerhalb einer sogenannten Blockfrist von drei Jahren gezahlt. Eine Blockfrist beginnt mit dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit, für die Krankengeld gezahlt wird. Nach Ablauf der 78 Wochen (6 Wochen Lohnfortzahlung und 72 Wochen Krankengeld) für dieselbe Krankheit besteht kein weiterer Anspruch auf Krankengeld für diese Krankheit innerhalb der laufenden Blockfrist.

Wenn während des Bezugs von Krankengeld oder während der darüber hinaus fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit mehrere Krankheiten gleichzeitig vorliegen, werden diese rechtlich nicht als „hinzugetretene Krankheiten“ bewertet. Verursacht später eine dieser Krankheiten für sich allein erneut Arbeitsunfähigkeit, so kann für die Leistungsdauer jeweils nur der Zeitraum der durch die betreffende Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit angerechnet werden. Kommt es während dieses Zeitraums zum Leistungsablauf, so kann während der laufenden Blockfrist für keine dieser Krankheiten mehr Krankengeld gezahlt werden.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass der Anspruch auf Krankengeld nur dann besteht, wenn er innerhalb eines Versicherungsverhältnisses entsteht. Dies kann eine Pflichtmitgliedschaft, freiwillige Mitgliedschaft oder fortbestehende Mitgliedschaft sein. Der Anspruch darf nicht ausgeschlossen sein, wie es beispielsweise bei familienversicherten Angehörigen der Fall ist, die Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielen.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass bei einer zeitlich befristeten Arbeitsunfähigkeit der Anspruch auf Krankengeld nach der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber beginnt und bis zu 78 Wochen für dieselbe Krankheit innerhalb einer dreijährigen Blockfrist andauern kann. Nach Ablauf dieser Zeit oder wenn der Anspruch auf Krankengeld für die betreffende Krankheit ausgeschöpft ist, besteht kein weiterer Anspruch auf Krankengeld für diese Krankheit innerhalb der aktuellen Blockfrist.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 44 SGB V (Krankengeld): Erläutert die Bedingungen für den Anspruch auf Krankengeld, einschließlich der Dauer und Höhe. Im Kontext des Urteils zentral, da es um die Weiterbewilligung von Krankengeld geht.
  • § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V (Versicherungspflicht): Definiert, wer in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig ist. Relevant für den Fall, da die Versicherungspflicht des Klägers als Arbeitsloser für den Krankengeldanspruch ausschlaggebend war.
  • § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V (Fortbestehen der Mitgliedschaft): Bestimmt die Fortdauer der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung unter bestimmten Bedingungen, wie z.B. während des Bezugs von Krankengeld. Wichtig, weil hier die Mitgliedschaft des Klägers trotz Bezug von Arbeitslosengeld I fortbestand.
  • § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V (Ruhe des Anspruchs auf Krankengeld): Beschreibt Fälle, in denen der Anspruch auf Krankengeld ruht, z.B. bei fehlender Meldung der Arbeitsunfähigkeit. Dies betrifft den Zeitpunkt, ab dem der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit hätte melden müssen.
  • Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie: Legt fest, wie und unter welchen Voraussetzungen Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen ist. Im Fall relevant, da die ärztlichen Bescheinigungen und die Rolle des MDK bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit zentrale Punkte sind.
  • § 155 Abs. 3, 4 SGG (Sozialgerichtsgesetz): Regelt das Verfahren vor den Sozialgerichten, einschließlich der Entscheidung durch den Berichterstatter allein. Erwähnenswert im Kontext des Urteils, da es das Verfahrensrecht berührt, welches zur Entscheidungsfindung geführt hat.


Das vorliegende Urteil

Landessozialgericht Hamburg – Az.: L 1 KR 13/14 – Urteil vom 11.06.2015

1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zahlung von Krankengeld über den 07.03.2011 hinaus. Der bei der Beklagten krankenversicherte Kläger stand bis zum 19.04.2010 in einem Beschäftigungsverhältnis. Im Zeitraum vom 19.4.2010 bis 19.02.2011 war er arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld I. Vom 10.01.2011 bis zum 06.03.2011 war er arbeitsunfähig krank und erhielt Krankengeld. Am 24.02.2011 erfolgte auf Veranlassung der Beklagten eine Untersuchung des Klägers durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dieser kam zu dem Ergebnis, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers gebessert habe, so dass er wieder in der Lage sei, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen auszuführen. Mit Bescheid vom 25.02.2011 teilte die Beklagte dem Kläger das Ergebnis der Begutachtung mit und stellte fest, dass er ab dem 07.03.2011 leichte körperliche Tätigkeiten ausführen könne. Sie kündigte an, die Zahlung des Krankengeldes zu diesem Datum einzustellen. Mit Schreiben vom selben Tag wurde der behandelnde Arzt des Klägers, Dr. P, über das Ergebnis der Begutachtung in Kenntnis gesetzt. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass das MDK-Gutachten nach § 7 Abs. 2 Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie grundsätzlich verbindlich sei, aber unter schriftlicher Darlegung der Gründe ein Zweitgutachten beantragt werden könne. Dr. P. widersprach dem Ergebnis der Begutachtung durch den MDK nicht, stellte jedoch am 28.02.2011 eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus, in der er dem Kläger eine bis zum 06.03.2011 bestehende Arbeitsunfähigkeit attestierte. Mit Schreiben vom 22.03.2011 erhob der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 25.02.2011 Widerspruch. Mit Schreiben vom 09.04.2011 übersandte der Kläger der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Orthopäden Dr. D. vom 06.04.2011. Darin bescheinigte dieser dem Kläger eine Arbeitsunfähigkeit bis zum 13.04.2011. Mit Schreiben vom 15.05.2011 übersandte der Kläger zudem ein ärztliches Attest von Dr. P. vom 10.05.2013. Darin widersprach Dr. P. dem Ergebnis des MDK-Gutachtens und bat um eine erneute Begutachtung. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers habe über den 07.03.2010 hinaus bestanden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2011 zurück. Der Kläger habe seine Arbeitsunfähigkeit nur bis zum 06.03.2011 nachgewiesen. Der Anspruch auf Krankengeld ende daher mit Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit. Ein Ausnahmefall, in dem die unterbliebene ärztliche Feststellung ausnahmsweise rückwirkend nachgeholt werden könne, liege nicht vor. Der Kläger hat hiergegen am 05.12.2011 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Befundberichte der Ärzte Dr. P und Dr. D. eingeholt und sie ergänzend zu den Umständen der Terminvergabe bzw. der Beantragung eines Zweitgutachtens befragt. Auf deren Stellungnahmen wird Bezug genommen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.11.2013 abgewiesen. Nach Auffassung des Sozialgerichts endete der Anspruch des Klägers auf Krankengeld mit dem 06.03.2011, denn der Kläger sei nur bis zu diesem Tag mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld ergebe sich nicht durch die Erhaltung der Mitgliedschaft als Bezieher von Arbeitslosengeld. Zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit am 10.01.2011 sei der Kläger als Bezieher von Arbeitslosengeld zunächst versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gewesen. Durch Bestehen dieser Versicherungspflicht sei er gemäß § 5 Abs. 8 Satz 1 SGB V nicht aufgrund seines Anspruchs auf eine Erwerbsminderungsrente in der Krankenversicherung der Rentner versichert gewesen. Die Mitgliedschaft aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld habe auch nicht, wie es § 190 Abs. 11 SGB V vorsieht, mit Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung bezogen wird, mithin am 19.02.2011 geendet. Denn die Mitgliedschaft sei zunächst nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten geblieben. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bleibe die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger unter anderem erhalten, solange ein Anspruch auf Krankengeld bestehe oder in Anspruch genommen werde. Der Erhalt der Mitgliedschaft habe jedoch am 06.03.2011 geendet. Nach dem 06.03.2011 habe der Kläger kein Krankengeld mehr bezogen. Er habe auch keinen Anspruch auf Krankengeld gehabt, denn es habe an der hierfür grundsätzlich erforderlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gefehlt. Die Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs müssten bei zeitlich befristeter Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und dementsprechender Krankengeldgewährung nach ständiger Rechtsprechung des BSG für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden. Versicherte müssten sich somit spätestens am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit wieder bei ihrem Arzt vorstellen und dort die Fortgeltung der Arbeitsunfähigkeit feststellen lassen. Die Feststellung der Fortgeltung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers sei hier nicht rechtzeitig erfolgt. Die Arbeitsunfähigkeit sei zuletzt am 28.02.2011 durch Dr. P. bis zum 06.03.2011 festgestellt worden. Der Krankengeld-Bewilligungsabschnitt habe damit an diesem Tag geendet. Die erneute Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sei erst am 06.04.2011 durch Dr. D. erfolgt. Die Tatsache, dass Dr. P. am 10.05.2011 die Arbeitsunfähigkeit rückwirkend zum 07.03.2011 festgestellt habe, begründe keinen Anspruch auf Krankengeld. Eine rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit lasse einen Krankengeldanspruch grundsätzlich nicht entstehen. Eine Ausnahme, nach der die fehlende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nachgeholt werden könne, liege nach Ansicht des Gerichts hier nicht vor. Der Kläger könne sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, Dr. P. habe die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über den 06.03.2011 hinaus unter Hinweis darauf verweigert, dass ihm dies aufgrund der Feststellungen des MDK nicht gestattet sei. Selbst wenn diese Angaben zutreffend sein sollten, handele es sich hierbei nicht um einen Hinderungsgrund, der in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse falle. Nach der Rechtsprechung des BSG falle es in das Risiko der Krankenkasse, wenn der vom Versicherten rechtzeitig aufgesuchte Vertragsarzt einer medizinischen Fehleinschätzung unterliege. Die Krankenkasse müsse sich aber nicht jedes ärztliche Fehlverhalten zurechnen lassen. Nach der Rechtsprechung des BSG lösten von Krankenkassen nicht veranlasste, unzutreffende rechtliche Ratschläge von zur Behandlung Versicherter zugelassenen Ärzten ausdrücklich keinen Krankengeldanspruch, sondern allenfalls einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Versicherten gegen den Arzt aus. Schließlich könne der Kläger von der Beklagten nicht verlangen, über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so gestellt zu werden, als wäre seine Arbeitsunfähigkeit auch für den Zeitraum vom 06.03.2011 bis zum 06.04.2011 rechtzeitig festgestellt worden, da schon eine hierfür erforderliche Pflichtverletzung der Beklagten nicht erkennbar sei. Der Kläger hat gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 02.01.2014 zugestellte Urteil am 31.01.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird angeführt, dass Dr. P. die über den 06.03.2011 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit bereits am 28.02.2011 festgestellt habe. Er habe diese Feststellung jedoch nicht dem Kläger bescheinigt, da er fälschlicherweise davon ausgegangen sei, aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 25.02.2011 an einer weitergehenden Bescheinigung gehindert zu sein. Dies habe er am 10.05.2011 nachgeholt, nachdem der Kläger ihn darauf hingewiesen habe, dass er auch eine weitergehende Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen habe, wenn er von dieser überzeugt sei. Darüber hinaus sei die rechtzeitige Feststellung und Meldung einer über den 06.03.2011 hinausgehenden Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert worden, die von der Beklagten zu vertreten seien. Denn entgegen der Ansicht des Sozialgerichtes habe Dr. P. keinen unzutreffenden rechtlichen Ratschlag gegeben, sondern seine ärztlichen Befugnisse falsch eingeschätzt.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 18.11.2013, sowie des Bescheides der Beklagten vom 25.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2011 zu verurteilen, dem Kläger Krankengeld für die Zeit ab dem 07.03.2011 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichtes für zutreffend und vermag nicht zu erkennen, inwieweit ein Fehlverhalten des Dr. P. ihr zugerechnet werden könnte.

Das Gericht hat sich erneut an Dr. P. gewandt und ihn zu den Umständen der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers befragt. Diesbezüglich wird auf die schriftliche Stellungnahme des Dr. P. vom 10.11.2014 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe

Es konnte durch den Berichterstatter alleine nach § 155 Abs. 3, 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Die Beteiligten haben sich schriftlich hiermit einverstanden erklärt.

Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Urteil des Sozialgerichts ist sowohl vom Ergebnis als auch von der Begründung her nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld über den 06.03.2011 hinaus. Das Gericht nimmt auf die Entscheidungsgründe des sozialgerichtlichen Urteils nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug und fügt im Hinblick auf die Berufungsbegründung Folgendes hinzu:

Das Gericht vermag sich nicht der Ansicht des Klägers anzuschließen, dass Dr. P. am 28.02.2011 eine über den 06.03.2011 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat. Dr. P. hat an diesem Tag nach Untersuchung des Klägers eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 06.03.2011 ausgestellt. Er hat damit die von ihm getroffenen medizinischen Feststellungen dokumentiert. Hieran ist er festzuhalten. Eine von dieser dokumentierten Feststellung abweichende Feststellung kann im Rechtsverkehr keine Bedeutung haben. Die schriftliche Dokumentation der nach einer Untersuchung getroffenen medizinischen Feststellungen in einer entsprechenden Bescheinigung dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Sie soll insbesondere die Krankenkasse in die Lage versetzen, die dokumentierte Feststellung ggf. mit Hilfe des MDK zeitnah überprüfen zu können. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn es dem Versicherten bzw. behandelnden Arzt möglich wäre, sich zu einem späteren Zeitpunkt darauf berufen zu können, tatsächliche eine von der dokumentierten abweichende Feststellung getroffen zu haben (vgl. BSG, Urt. v. 16.12.2014 – B 1 KR 37/14 R, Rn. 17ff.). Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum ein behandelnder Arzt eine von seinen tatsächlichen Feststellungen abweichende Arbeitsunfähigkeit dokumentieren sollte. Soweit der Kläger behauptet, Dr. P. habe dies unter dem Eindruck des Schreibens der Beklagten vom 25.02.2011 getan, vermag dies keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn in diesem Fall hätte Dr. P., wie in dem Schreiben ausdrücklich angeführt, gegenüber der Beklagten seine abweichende Feststellung mitteilen und um ein Zweitgutachten bitten können. Auf diese Weise hätte er seine Feststellungen in überprüfbarer Weise kundgetan.

Ein Fehlverhalten der Beklagten oder ein der Beklagten zurechenbares Fehlverhalten des Dr. P. ist für das Gericht nicht ersichtlich. Insbesondere kann derlei nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 25.02.2011 abgeleitet werden. Der Inhalt dieses Schreibens gibt lediglich den Inhalt der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie wieder. Es ist nicht ersichtlich, wie daraus rechtliche oder gar medizinische Fehlvorstellungen hervorgerufen werden sollten. Sollte Dr. P. unter dem Eindruck dieses Schreibens daher eine Fehlvorstellung – welchen Inhalts auch immer – gehabt haben, so ist diese nicht der Beklagten zurechenbar, sondern wäre von Dr. P. selbst zu verantworten. Soweit der Kläger sich in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 31.08.2012 (L 4 KR 284/12) bezieht, ist anzumerken, dass diese Entscheidung zwischenzeitlich vom BSG mit Urteil vom 04.03.2014 (B 1 KR 17/13 R) aufgehoben wurde.

Nur ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass selbst bei Annahme einer über den 06.03.2011 hinausgehenden Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Dr. P. kein Krankengeldanspruch des Klägers ab dem 07.03.2011 bestehen würde, da es an einer Meldung der Arbeitsunfähigkeit der Beklagten gegenüber fehlt. Die Feststellung würde daher lediglich zum Ruhen des Krankengeldanspruchs (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) und zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes führen. Ein Anspruch auf Krankengeld könnte dann nur für spätere Zeiten bestehen, für die auch eine Meldung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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